Die Konsequenz – es gab den Untersuchungsausschuss 18/2 im Hessischen Landtag –: Die Besetzung der Stelle des Präsidenten bei der hessischen Bereitschaftspolizei im Jahr 2009 durch den damaligen hessischen Innenminister und heutigen Ministerpräsidenten Volker Bouffier war rechtswidrig. Die Auswahlentscheidung war materiell rechtswidrig. Der damals unterlegene Bewerber wurde aufgrund des rechtswidrigen Handelns in seinen Rechten aus dem Grundgesetz verletzt. Da der damalige Innenminister, wie er selbst im Untersuchungsausschuss sagte, das Verfahren geleitet hat, liegt die Verantwortung für die Rechtsverletzung ausdrücklich bei ihm.
Der damalige Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Jürgen Frömmrich hat in der Plenardebatte über den Abschlussbericht am 31. Januar 2013 wörtlich Folgendes gesagt:
Herr Ministerpräsident und ehemaliger Innenminister, wenn Sie politischen Anstand hätten, würden Sie daraus Ihre Konsequenzen ziehen und zurücktreten.
Ein weiteres Zitat von Herrn Frömmrich: Bouffier habe als Oppositionspolitiker bei weit nichtigeren Anlässen den Rücktritt von Ministern des rot-grünen Kabinetts gefordert. – Die Älteren wissen das: Wenn ein Knacki ausbrach, war der rot-grüne Justizminister persönlich verantwortlich. Nur weil der damalige Frankfurter Polizeipräsident ein Pferd statt in Frankfurt in Wiesbaden geritten hatte, gab es einen Untersuchungsausschuss und Rücktrittsforderungen des Herrn Bouffier. Herr Bouffier, wenn wir solche Maßstäbe hätten, hätten Sie schon 20-mal zurücktreten müssen – um das einmal deutlich zu sagen.
Ein Innenminister, der gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verstößt, sollte seinen Hut nehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was damals richtig war, kann heute nicht falsch sein – relativ einfach, relativ klar.
Herr Ritter hat das Land Hessen verklagt, und jetzt, nach Medienerkenntnissen, gab es einen sogenannten Vergleich. Das Land Hessen zahlt freiwillig, ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs, 50.000 €.
Das gefährdet die Einhaltung der Schuldenbremse in eklatanter Weise; diese Monstranz tragen Sie schließlich jeden Tag vor uns her. Wer leichtfertig 50.000 € Steuergelder ohne Anerkennung eines Rechtsgrunds zahlt, muss ein Urteil des Landgerichts Wiesbaden in der Sache mehr als fürchten. Das ist der entscheidende Tatbestand.
Der Untersuchungsausschuss 18/2 musste übrigens seine Minderheitenrechte vor dem Staatsgerichtshof erklagen: erneute Zeugenvernahme von Herrn Ritter, Einberufung eines Sachverständigen. All das wurde mit CDU-Arroganz abgelehnt. Wir haben trotzdem recht bekommen; denn in diesem Land gelten noch Recht und Gesetz.
Politische Vetternwirtschaft, damit verbundene Rechtsverstöße und die Verschleierungstaktik des damaligen Innenministers kamen zum Vorschein. Wir haben auch die Erkenntnis gewonnen, dass es im Innenministerium schon damals die papierlose Verwaltung gab: Es gab kaum Unterlagen; Vermerke wurden nachträglich gefertigt. Das wussten wir nicht. Die papierlose Verwaltung war schon in den Jahren 2007, 2008 und 2009 ein Thema in der hessischen Landesverwaltung.
Was bleibt? Es bleibt, dass das Land Hessen 50.000 € an Steuergeldern verschwendet. Wir werden jetzt die moralinsauren Ausführungen der GRÜNEN hören. Wahrscheinlich haben Sie sich bei Herrn Bouffier schon 24-mal dafür entschuldigt, jemals so etwas gesagt zu haben.
Das, was damals richtig war, kann heute nicht falsch sein, nämlich dass es sich um eklatante Rechtsverstöße handelt. Wer früher bei weit nichtigeren Anlässen von anderen gefordert hat, die politische Verantwortung zu übernehmen, muss sich schlicht und ergreifend an diesen Tatsachen messen lassen. Deshalb sage ich: Herr Ministerpräsident Bouffier – Sie sind ja durchaus skandalerfahren und untersuchungsausschusserfahren –, übernehmen Sie die politische Verantwortung, und ziehen Sie die politischen Konsequenzen. Als Steuerzahler des Landes Hessen können wir es uns nicht leisten, 50.000 € für Ihr politisches Fehlverhalten zu zahlen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder einmal wird der erfolglose und hilflose Versuch unternommen, einen normalen Vorgang zu skandalisieren.
(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und der LINKEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ein normaler Vorgang!)
Ich weiß nicht, was Sie heute Morgen gefrühstückt haben. Aber wenn ich zur Erheiterung beitragen kann, mache ich das gern.
Wenn sich Herr Rudolph hierhin stellt und sagt, ein Betrag von 50.000 € gefährde die Haushaltskonsolidierung, frage ich mich, was Sie zu den Haushaltsanträgen sagen, die Sie gestellt haben – 500 Millionen € nicht gedeckt –,
und dazu, dass gerade die SPD-Fraktion 50.000 € zusätzlich zu den Mitteln, die die Fraktionen erhalten, haben wollte. Fünf mal 50.000 € ergeben 250.000 €. Dann können wir das Land Hessen wohl verkaufen, oder wie ist das, wenn ich Ihrer Logik folge, Herr Kollege Rudolph?
Fakt ist, dass der beste der damals drei Bewerber, Herr Langecker – den Namen darf man sagen –, ausgewählt und bestellt wurde. Er führte das Amt bis zum Ende seiner Dienstzeit beanstandungsfrei. Mit Vetternwirtschaft, so, wie Sie es suggerieren, hat das nichts zu tun. Es existieren weder verwandtschaftliche Beziehungen, noch spielte das Parteibuch eine Rolle.
Fakt ist auch, dass damals, 2013, von 22 Führungskräften der hessischen Polizei drei oder vier mit einem Parteibuch der CDU ausgestattet waren. Das wäre bei Ihnen anders gewesen.
Fakt ist, dass der schlechteste der drei Bewerber auch bei dem zweiten Auswahlverfahren unterlag. Fakt ist, dass bei dieser Personalauswahl – bei diesen Beurteilungen – Minister und Staatssekretär nicht beteiligt waren, sondern dass diese Entscheidung von Fachleuten aus Polizei und Ministerien getroffen wurde.
Das eigentliche Auswahlverfahren war eben nicht rechtswidrig. Ganz im Gegenteil, es wurden Zugeständnisse en
masse gemacht. Hier von Willkür zu sprechen ist unverschämt. Es gab eine Ausschreibung, obwohl das bei solchen Positionen nicht üblich ist. Es gab ein zweites Auswahlverfahren, obwohl dies nicht notwendig war. Die Vorgesetzten des unterlegenen Bewerbers verzichteten auf seinen Wunsch auf die Teilnahme an den Beurteilungs- und Auswahlgesprächen. Der Unterlegene und sein Rechtsanwalt akzeptierten damals, dass man nach anderen Verwendungsmöglichkeiten suchte, und es galt, dringend eine Vakanz bei der Bereitschaftspolizei zu schließen.
Fakt ist auch, dass der hier angesprochene Vergleich kein Schuldeingeständnis darstellt. Es ist zweifelhaft, dass man nach sechs Jahren in einem Gerichtsprozess, der lange dauert und viel Geld kostet, weitere Erkenntnisse gewinnen kann.
Schon im Untersuchungsausschuss konnten damals, 2013, sogenannte Beurteilungslücken nicht geschlossen werden, da 2013 bereits sieben von zehn Beurteilern, die den unterlegenen Kandidaten begleitet hatten, im Ruhestand waren.
Der vom Gericht vorgeschlagene Vergleich reflektiert auch dies und sieht zumindest ein Mitverschulden des unterlegenen Bewerbers. Nur so ist der Vorschlag des Richters zu verstehen.
Schließlich forderte der unterlegene Bewerber einen dreimal so hohen Betrag. Er erhält gerade einmal ein Drittel der geforderten Summe, und er muss zwei Drittel der Verfahrenskosten tragen. Auch dies zeigt, dass dieser Vorschlag alles andere als ein Urteil über das Auswahlverfahren ist. Durch diesen Vergleich – deshalb hat man sich wohl auch darauf eingelassen – können Zeit und Kosten gespart werden; denn die Chancen, nach weiteren sechs Jahren neue Erkenntnisse zu gewinnen, sind mehr als gering.
Deshalb ist ein langer und teurer Prozess nicht gerechtfertigt. Das ist ein verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern, wohl wissend, dass die Opposition auch dies wieder skandalisieren würde.