Protokoll der Sitzung vom 22.09.2015

Aber okay, es hängt ja meist davon ab, wie das Argument bei Ihnen passt oder nicht. Dann sind die Gewerkschaften zitierfähig oder nicht. Aber vertiefte Sachkenntnis verhindert eben auch hier die muntere Debatte.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie suchen sich Argumente ganz sicher nicht so heraus!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in vielen anderen Bundesländern wird über die Einführung dieser Bodycam diskutiert bzw. steht die Einführung der Bodycam unmittelbar bevor.

In der Anhörung wurde über die Ausweitung der Befugnis über die Identitätsfeststellung hinaus aus datenschutzrechtlichen Gründen Kritik geübt. Mit der jetzt vorgeschlagenen Änderung wird die Befugnis wieder an die Identitätsfeststellung geknüpft. Zudem bleibt es bei den bisherigen Regelungen zur Gefahr und zum Schutzgut. Künftig wird aber mit dem Entwurf der Landesregierung die Möglichkeit geschaffen, auch den Ton aufzuzeichnen. Dies wird unter denselben strengen Voraussetzungen geschehen wie die bisherige Möglichkeit der offenen Beobachtung und Aufzeichnung. Deswegen glaube ich, dass es sinnvoll und begründbar ist.

Meine Damen und Herren, die Tonaufzeichnung ist auch aus Sicht der Polizei erforderlich, da vor dem Beginn von tatsächlichen Auseinandersetzungen meist verbale Attacken stattfinden. Wenn nun potenzielle Gewalttäter wissen, dass ihre Kommunikation mit der Polizei aufgezeichnet wird, kann diese Hemmschwelle für Beleidigungen deutlich vermindert werden. Also dient das auch der Prävention. Wir versuchen, hier präventiv zu wirken.

Dies wiederum kann dazu führen, dass Eskalation bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen verhindert wird. Folglich kann die präventive Wirkung des Bodycam-Einsatzes so erfolgreich erhöht werden.

Herr Kollege Greilich hat gerade etwas zur Pre-RecordingFunktion vorgetragen. Herr Kollege Greilich, das, was Sie vorgetragen haben, ist insofern nicht schlüssig, weil die Einsatzschwelle für die Aufzeichnung die gleiche Einsatzschwelle für die Pre-Recording-Aufzeichnung ist. Pre-Recording-Aufzeichnung heißt, 30 Sekunden werden aufgezeichnet, es wird sofort wieder gelöscht. Da ist die gleiche Einsatzschwelle, wie es sie bei der normalen Aufzeichnung durch den Beamten, also wenn sie gesichert und ausgewertet wird, gibt. Da kann die Pre-Recording-Aufzeichnung kein tieferer Eingriff sein. Darüber müssen Sie, glaube ich, noch einmal nachdenken, Herr Kollege Greilich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, noch einmal: Es ist uns von vielen Beamtinnen und Beamten erzählt worden, dass der Einsatz der Bodycam gerade in den Bereichen, in denen sie eingesetzt worden ist – das ist jetzt ausgeweitet worden –, deeskalierend wirkt. Wir verhindern dadurch Angriffe auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Wir versuchen, hier deeskalierend zu wirken. Ich glaube, es ist eine richtige Maßnahme zum Schutz unserer Beamtinnen und Beamten.

Meine Damen und Herren, wir haben viele Anregungen aufgegriffen, die in der Anhörung vorgetragen worden sind. Aber wie wir gerade wieder gehört haben: Wenn wir Anregungen aus Anhörungen aufgreifen, dann haben wir schlampig gearbeitet. Wenn wir Anregungen aus den Anhörungen nicht aufgreifen, dann wird uns die Arroganz der Macht vorgeworfen. Dann wollen wir angeblich nicht hören, was vorgetragen wird.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Beides stimmt!)

Ich würde mir wünschen, dass Sie sich für eines dieser Argumente entscheiden,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

entweder die Arroganz der Macht oder den Murks, nicht beides zusammen. Bei Ihnen, Herr Kollege Schaus, ist es besonders. Sie benutzen die beiden Argumente in ein und derselben Rede. Von daher sollten Sie grundsätzlich darüber nachdenken, ob das richtig ist. Aber ich glaube, das ist vertane Zeit.

Wir haben sehr viele Anregungen von den Anzuhörenden aufgenommen. Ich glaube, es ist gut, dass wir das machen, gerade auch im Bereich des Datenschutzes. Mit dem Änderungsantrag ändern wir den Gesetzentwurf der Landesregierung in einigen Punkten zum Positiven.

Eines muss auch gesagt werden, und das will ich hier deutlich tun: Mit diesem Gesetzentwurf, wenn wir ihn in dritter Lesung beschließen, schaffen wir eine Umweltlotterie. Das ist gut für Umwelt- und Naturschutz in Hessen. Ich glaube, dass wir den Gesetzentwurf dann in der geänderten Fassung beschließen sollten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Danke, Herr Frömmrich. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatsminister Beuth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein paar wenige Ergänzungen seitens der Hessischen Landesregierung zur Debatte. Ich kann mir eine Bemerkung am Anfang nicht verkneifen. Wenn man inhaltlich nicht so wahnsinnig viel zu bieten hat, muss das Verfahren herhalten. So waren zumindest die Oppositionsredebeiträge.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann Sie und die Öffentlichkeit beruhigen. Wir hatten hier auch zur späten Stunde eher eine Märchenstunde, was die Frage der Motivforschung für diesen Gesetzentwurf angeht. Es ist schlicht und ergreifend pragmatischen Erwägungen geschuldet, dass hier einige Gesetze in einem Gesetzgebungsverfahren zusammengefasst worden sind. Es ist doch klug, wenn die Abgeordneten nicht in drei oder vier Anhörungen mit denselben Anzuhörenden zusammenkommen – mit dem Datenschutzbeauftragten, mit den Mitarbeitern der Polizei, mit den Gewerkschaften, mit den Kommunalen Spitzenverbänden –, sondern wenn man das bei ungefähr ähnlichen Verfahrensfragen in einer Anhörung macht. Ich finde, das ist ökonomisch. Das zu kritisieren finde ich nicht sonderlich gut. Aber bitte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bleibe dabei, die Begrifflichkeiten von Schlampigkeit, Murks, Schnarchnasen und Ähnlichem, die hier gefallen sind, finde ich, ehrlich gesagt, ungehörig. Aber das fällt am Ende auf diejenigen zurück, die solche Begriffe gebrauchen.

Meine Damen und Herren, beim Thema Bodycam – das will ich schon sagen – läuft der eine oder andere Oppositionsabgeordnete der Entwicklung in unserem Lande deutlich hinterher. Das ist, wie man auf Neudeutsch sagen würde, State of the Art. Die Einführung der Bodycam bei uns ist ein großer Erfolg. Wir sind diejenigen, die es erfunden haben. Es gibt rot-grüne Regierungen in anderen Bundesländern, die das in ihre Gesetzgebung aufnehmen, weil sie sagen: Das, was die Hessen gemacht haben, ist klug und hilft unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. – Das zu kritisieren, das finde ich ziemlich töricht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Eckert, dann noch daran herumzukritisieren, in welcher Reihenfolge die Kolleginnen und Kollegen im Innenausschuss über was auch immer informiert worden sind – da kann man die Krümelsuche, warum man zwingend gegen das Gesetz sein muss, förmlich im Raume greifen.

Ich darf noch ein paar wenige Punkte ansprechen. Wir haben während der Anhörung das Thema Melderecht, das hier nicht weiter gehend kritisiert worden ist – ich will es trotzdem kurz ansprechen –, miteinander sehr ausgiebig diskutiert. Es war schon überraschend, dass ausgerechnet der Hessische Städtetag die Beibehaltung der Gebühren für die kommunale Ebene gegenüber den Wohnungsvermietern kritisiert hat. Wir haben aber zur Kenntnis nehmen können, dass der andere Kommunale Spitzenverband, der Hessische Städte- und Gemeindebund, sich dieser Kritik nicht angeschlossen hat. Gleichwohl will ich Ihnen zusagen: Die Landesregierung wird sich im Rahmen der Evalu

ierung der Verwaltungskostenordnung mit dieser Frage erneut auseinandersetzen.

Wir haben bei diesem Thema einen Kritikpunkt, der uns beschäftigt hat. Es geht um die Erweiterung der Datenübermittlung an die Religionsgemeinschaften, eine Erweiterung, die über das hinausgeht, was das Bundesmeldegesetz ermöglicht. Das war auf Wunsch und Vortrag der Religionsgemeinschaften in den ursprünglichen Gesetzentwurf aufgenommen worden. Als für den Datenschutz zuständiger Minister kann ich es selbstverständlich mittragen, wenn das unter dem Gesichtspunkt der Datensparsamkeit durch den Koalitionsantrag wieder herausgenommen wird.

Dass das Gefahrenabwehrrecht immer eines ist, das besonders kontroverse Diskussionen hervorruft, das ist nicht sonderlich ungewöhnlich.

Meine Damen und Herren, der Kollege Frömmrich hat es eben angedeutet: Anhörungen sind natürlich auch dazu da, dass der eine oder andere ein paar Anregungen gibt, die vielleicht nicht von vornherein gesehen worden sind. Einmal unter uns Pfarrerstöchtern: Beim Zitiergebot hätte man das so oder so machen können. Für die Rechtssicherheit nehmen die Koalitionsfraktionen das jetzt auf. Auch das, finde ich, ist nicht zu kritisieren, wenn die entsprechenden Anregungen aus der Anhörung aufgenommen werden.

Zur Eilbedürftigkeit unseres Gesetzentwurfs. Da geht es nicht nur um das Melderecht, sondern wir haben mit diesem Gesetzentwurf auch die Gelegenheit, das Thema Zuverlässigkeitsüberprüfung in den Flüchtlingsunterkünften aufzunehmen. Ich will deutlich sagen: Das ist sicherlich eine Frage, die dringlich ist. Denn es ist wichtig, dass wir uns anschauen, wer in unseren Flüchtlingsunterkünften letztlich Dienst tut. Wenn wir das möglichst schnell in ein Gesetzgebungsverfahren aufnehmen, wie es der Datenschutzbeauftragte von uns gewünscht hat, dann ist das der Sicherheit eher dienlich als abträglich. Auch dazu gibt es keinen Anlass zur Kritik.

Meine Damen und Herren, die positiven Erfahrungen zum Thema Bodycam sind schon angesprochen worden. Wir werden auch hier die Diskussion aus der Anhörung mit aufnehmen.

Ich komme zum Thema Pre-Recording. Herr Kollege Greilich, bei dem Gefahrenabwehrrecht ist es fast natürlich, dass man sich da mit einer besonderen, auch akademischen Inbrunst in die Diskussion hineinkniet. Ich teile eher die Auffassung des Herrn Kollegen Frömmrich, dass die entsprechenden Eingriffsschwellen korrekt dargestellt sind und dass durch das Pre-Recording letztendlich kein tiefer gehender Eingriff da ist.

Ich will es für die Kolleginnen und Kollegen von der praktischen Warte aus hier noch einmal sehr deutlich machen. Was bewirkt denn die Pre-Recording-Situation? In der Recording-Situation, also dann, wenn der Polizeibeamte den Knopf drückt, wenn eine entsprechende schwierige Situati

on stattfindet, wird vor allem die Reaktion der Kolleginnen und Kollegen aufgenommen, die sich eines Angriffs erwehren.

Mit der Pre-Recording-Funktion haben wir die Möglichkeit, auch den Vorgang 30 Sekunden zuvor zu betrachten. Dann sieht man auf der entsprechenden Aufnahme wenigstens auch, wie der Angriff auf den Polizeibeamten erfolgte. Ich finde, dass wir das nicht kritisieren sollten, sondern dass wir das so zulassen sollten, wie wir es jetzt in das Gesetz aufnehmen wollen.

Ich will das Thema Berufsgeheimnisträger hier nicht noch einmal bemühen. Ich glaube, Herr Kollege Eckert hat es angesprochen. Seien Sie mir nicht böse: Ein pöbelnder Rechtsanwalt oder ein pöbelnder Arzt sind nicht sonderlich schutzbedürftig. Deswegen wollten wir dieser Fragestellung nicht nähertreten. Ich finde, dass das die Situation beim Einsatz der Bodycam nicht hergibt. Deswegen wurde das nicht in unseren Änderungsantrag aufgenommen.

Ich bin Ihnen dankbar, dass wir gleich in der Sitzung des Innenausschusses die Frage miteinander schlussendlich diskutieren werden, damit wir am Donnerstag den Gesetzentwurf zum Gesetz machen können.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen einen schönen Abend. – Danke.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Innenminister, danke. – Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen mitteilen, dass wir am Ende der zweiten Lesung angekommen sind, obwohl noch sehr viel Redezeit übrig ist.

Es wurde dritte Lesung beantragt. Deswegen überweisen wir den Gesetzentwurf Drucks. 19/2425 zu Drucks. 19/ 1979 und die dazu eingegangenen Änderungsanträge zur Vorbereitung der dritten Lesung dem Innenausschuss.

Bevor ich die Sitzung für den heutigen Tag schließe, möchte ich Sie daran erinnern, dass der Innenausschuss jetzt sofort in Sitzungsraum 301 P zusammentrifft. Der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss wird sich in Sitzungsraum 501 A treffen.

Allen anderen Kolleginnen und Kollegen wünsche ich einen schönen Abend, bis morgen früh.

(Schluss: 20:53 Uhr)