Protokoll der Sitzung vom 22.09.2015

Herr Sozialminister Grüttner.

Herr Abgeordneter, die Landesregierung verfolgt das Ziel, im Laufe der Legislaturperiode das Themenfeld Kinderund Jugendrechte in Hessen weiterzuentwickeln und zu stärken. Die diesbezüglichen Überlegungen, wie dies umzusetzen ist, sind dabei noch nicht abgeschlossen. In diesen Überlegungen ist noch beinhaltet, wie die Ombudsstelle als eine Initiative neben den anderen mit Berücksichtigung finden kann.

Zusatzfrage, Herr Abg. Merz.

Herr Minister, können Sie sicherstellen, dass es nach Auslaufen des derzeit laufenden Modellversuchs, der beim Caritasverband angesiedelt ist, lückenlos eine andere oder eine parallele Struktur geben wird?

Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Abgeordneter, das kann ich hier nicht sicherstellen. Denn die Einrichtung dieser Ombudsstelle, die bei der Caritas ohne Beteiligung des Landes geführt worden ist, ist in die Diskussion der inhaltlichen Ausrichtung dieser Ombudsstelle einbezogen. Den Trägern wurde mitgeteilt, dass es eine finanzielle Beteiligung des Landes an dieser Ombudsstelle nicht geben wird.

Zweite Zusatzfrage, Herr Abg. Merz.

Herr Minister, sehen Sie sich in der Lage, irgendeine Angabe zu machen, bis wann Sie diese zugegebenermaßen nicht ganz einfache Diskussion zu Ende gebracht haben werden?

Herr Staatsminister Grüttner.

Das Ziel der Landesregierung ist es, eine Anlaufstelle, eine Möglichkeit zu installieren, die sich weniger mit den Streitigkeiten zwischen Eltern oder Erziehungsberechtigten auf der einen Seite und Jugendämtern auf der anderen Seite auseinandersetzt, die sich weniger in die Konflikte hineinbegibt, die Jugendliche mit Jugendämtern haben, sondern unser Ansatz ist es, das, was in der UN-Konvention als Kinderrechte beschrieben ist, als Kristallisationspunkt aufzunehmen und die Beratungsstelle tatsächlich auf Kinder und Jugendliche auszurichten. Die Überlegungen zur inhaltlichen Ausgestaltung, welche Aufgaben genau wahrgenommen werden und in welcher Form, sind ein nicht ganz triviales Unterfangen. Deshalb kann ich zum Zeitraum des Abschlusses dieser konzeptionellen Überlegungen zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen.

Frage 352, Frau Abg. Löber.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Auswirkungen auf Hessen erwartet sie aufgrund der Einigung der EU-Staaten und des Europäischen Parlaments zu den Regeln auf dem Telekommunikationsmarkt?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Sehr geehrte Frau Abg. Löber, am 30. Juni 2015 einigten sich Vertreter des Europäischen Parlaments, der EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission im sogenannten Trilogverfahren auf einen Kompromiss zum Telekommunikationsbinnenmarkt. Dieser Kompromiss hat keine spezifischen Auswirkungen auf Hessen, sondern er wird bundesweite Anpassungen nach sich ziehen. Die Umsetzung der Regelungen betrifft insbesondere die Telekommunikationsnetzbetreiber und -diensteanbieter. Sie werden ihre Verträge prüfen und anpassen. Beispielsweise dürfen sie keine Koppelverträge – also Zugangsdienst und Services – anbieten, und sie dürfen keine Endgeräte vertraglich zwingend vorschreiben.

Das betrifft die Bundesnetzagentur, die ein Überwachungssystem aufbauen wird, und die Bundesregierung, die Sanktionsvorschriften festlegen wird.

Zudem enthält der Kompromiss Regeln zu Roaming und Netzneutralität. So sollen die Roaminggebühren innerhalb der EU weiter sinken und, abgesehen von bestimmten Ausnahmen, ab 15. Juni 2017 endgültig wegfallen. Damit könnten auch die Mobilfunkkosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher in und aus Hessen gesenkt werden. Einbußen der Mobilfunknetzbetreiber können nach Ein

schätzung der EU-Kommission durch eine Zunahme des Datenverkehrs ausgeglichen werden.

Hinsichtlich der Netzneutralität gab es die Verständigung auf ein grundsätzliches Recht auf offenen Zugang zum Internet. Qualitätsoptimierte Dienste sollen nur dann angeboten werden dürfen, wenn die Netzkapazität dafür ausreicht.

Allerdings wurde das umstrittene sogenannte Zero-Rating – also die Bereitstellung von qualitätsoptimierten Diensten ohne Anrechnung auf die Volumengrenze – nicht ausdrücklich verboten. Auch enthält dieser Kompromiss keine anteilige Entwicklungsverpflichtung für das Best-EffortInternet, also die schnellstmögliche Datenübertragung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Kapazitäten, wie dies z. B. die Monopolkommission vorgeschlagen hatte. Deshalb bleibt abzuwarten, ob diese Regelung alleine ausreicht, um Netzneutralität zu garantieren.

Zusatzfrage, Frau Kollegin Löber.

Wie würden Sie das bewerten? Sehen Sie die Gefahr, dass es durch diese nicht ganz gegebene Netzneutralität ein Internet der zwei Klassen geben kann?

Herr Staatsminister Al-Wazir.

Ich habe es gesagt: Es bleibt abzuwarten, ob das ausreicht, was jetzt vereinbart worden ist. Es könnte die mögliche Auswirkung haben, dass das, was im Mobilfunk schon gang und gäbe ist – nämlich eine Drosselung oberhalb einer bestimmten Kapazität für einen bestimmten Zeitraum –, zunehmend auch im Festnetz Vertragsbestandteil werden könnte. Aber das war jetzt der doppelte Konjunktiv. Man weiß heute nicht, was die Auswirkungen dieser Regelung sein werden.

Ich will ausdrücklich sagen, dass wir natürlich auch noch sehen müssen, ob die sogenannten Verkehrsmanagementmaßnahmen – wenn ich das einmal auf die anderen Bereiche übertragen darf – wirklich nur dazu genutzt werden, die bestmögliche Ausnutzung der bestehenden Infrastruktur zu gewährleisten, oder ob das dazu führen könnte, dass manche Leute anders behandelt werden, nämlich die, die mehr zahlen als andere.

Das bleibt abzuwarten. Es kommt sehr darauf an, wie dieser Kompromiss in die Realität umgesetzt wird und inwieweit es der Bundesnetzagentur gelingt – das ist ganz wichtig –, ein Überwachungssystem aufzubauen, das wirklich dazu beiträgt, dass das, was vereinbart wurde, auch eingehalten wird.

Ich rufe Frage 353 auf. Herr Abg. Merz.

Ich frage die Landesregierung:

Wie viele der im Landeshaushalt 2015 veranschlagten Mittel für die Gemeinwesenarbeit in Höhe von 1,8 Millionen € wurden bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf welchem Weg an welche Träger verausgabt?

Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Abgeordneter, der Landesarbeitsgemeinschaft Soziale Brennpunkte e. V. ist – im Rahmen ihrer Tätigkeit als Servicestelle – als freiwillige Leistung im Rahmen der Investitions- und Maßnahmenförderrichtlinie eine erste Rate in Höhe von 20.000 € überwiesen worden.

Mittlerweile wurden auch die Fach- und Fördergrundsätze für das Förderprogramm Gemeinwesenarbeit veröffentlicht.

Die Antragsfrist läuft noch bis zum 31. Oktober 2015. Bereits heute liegt eine Vielzahl diesbezüglicher Anträge vor. Die Auszahlung der Fördermittel wird nach Ablauf der Frist zeitnah an die Projekte erfolgen, die gefördert werden.

Zusatzfrage, Herr Abg. Merz.

Herr Minister, werden denn die 1,8 Millionen € ausreichen, um die beantragten Summen abzudecken, oder ist das Antragsvolumen größer als die zur Verfügung stehenden 1,8 Millionen €?

Herr Sozialminister Grüttner.

Eine valide Aussage kann ich erst nach Ablauf der Antragsfrist, also nach dem 31. Oktober 2015, treffen.

Herr Kollege Merz.

Im Moment könnten noch alle Anträge bedient werden? Ich verstehe den Hinweis, aber vielleicht kann man eine Tendenzaussage treffen.

Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Abgeordneter, auch diese Aussage lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht treffen, weil es zwar Anträge gibt, aber noch nicht überprüft worden ist, ob alle schon jetzt vorliegenden Anträge den Fach- und Fördergrundsätzen entsprechen. Deshalb kann ich keine Aussage treffen. Würde ich sie treffen, würde ich möglicherweise Antragsteller in den Glauben versetzen, dass ihr Antrag förderfähig sei. Ich denke, Sie sehen nach, dass das von dieser Stelle aus so nicht dargelegt werden kann, bevor die Prüfungen abgeschlossen sind.

Frage 354 rufen wir mit Tagesordnungspunkt 69 auf.

Frage 355, Frau Abg. Arnoldt.

Ich frage die Landesregierung:

Wie bewertet sie die aktuellen Entwicklungen zum automatischen steuerlichen Informationsaustausch über Finanzkonten?

Herr Finanzminister Dr. Schäfer.

Frau Abg. Arnoldt, die Landesregierung begrüßt den gewaltigen Vorschub, den die Entwicklung im Bereich des automatisierten steuerlichen Informationsaustausches über Finanzkonten in den letzten Monaten genommen hat. Die in kürzester Zeit auf europäischer und internationaler Ebene erreichten Fortschritte sind höchst bemerkenswert.

Fast 100 Staaten haben sich inzwischen dazu bekannt, den neuen Auskunftsstandard ab dem Jahre 2017 – zum Teil ab 2018 – anzuwenden. Darunter sind wichtige Finanzzentren, wie z. B. die Schweiz, Singapur, Hongkong, Liechtenstein und auch die Überseegebiete Bermudas und Cayman Islands.

Die Kooperation dieser Staaten lässt die Möglichkeit deutscher Steuerflüchtiger, Kapitaleinkünfte im Ausland zu verschweigen, geringer werden. Dies ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem deutlichen Signal an alle NochSteuersünder, dass das Netz immer enger wird.

Keine Zusatzfragen.

Dann kommen wir zu Frage 356. Herr Abg. Roth.