Da vertraue ich auch auf den Ministerpräsidenten, den ich auch in zahlreichen Gesprächen auf Bundesebene erlebt habe: Ihre erste Aufgabe als Landesregierung ist es, klarzustellen: Wer bestellt, bezahlt. – Klassischer als über die Verhaltensweise der Bundeskanzlerin in der vorvergangenen Woche kann man dieses Thema nicht deutlich machen. Sie hat veranlasst, dass entgegen den Normen, die wir haben, die Grenzen sogar geöffnet worden sind. Wenn der Bund dieses so veranlasst, dann hat er dafür auch zu 100 % die Kosten zu übernehmen.
Herr Minister, auch da verstehe ich Ihren Redetext nicht: Es wäre eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Man müsste sich darüber unterhalten, wie man die Lasten verteilt. – Die Last der Umsetzung, die Last, den Menschen das zu erklären, haben die Kommunalpolitiker, die Bürgermeister und Sozialdezernenten vor Ort. Das müssen die tun, und ich erlebe das tagtäglich, wenn meine Frau berichtet, was für Lasten das sind. Das sind zeitliche Lasten, das sind teilweise auch ein bisschen kommunale Kosten, und da ist unheimlich viel Menschlichkeit zu vermitteln, sodass auf der einen Seite die Flüchtlinge untergebracht sind und sich zufrieden fühlen und auf der anderen Seite die Zivilgesellschaft zufrieden ist und sogar mithilft. Das ist die Leistung der Kommunen.
Die Leistung des Landes ist, die Organisation bereitzustellen, damit von der Erstaufnahme bis hin zur Verteilung alles funktioniert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aufgabe des Bundes ist es, das zu bezahlen. Das ist doch einfach. Das haben wir in Konnexitätsdiskussionen doch immer wieder besprochen. Ich hatte gestern auch eine alle Parteien übergreifende Diskussion in Langen, bei der es vonseiten der Vertreter des Rechnungshofes und anderen unstreitig war: Die Leistung, Flüchtlingsunterbringung und -betreuung pekuniär abzusichern, ist ausschließlich Aufgabe des Bundes.
Da muss in diese Richtung auch mit aller Macht verhandelt werden. Sie merken, dass ich anders, als das bisher üblich ist, an die Haushaltsdebatte herangegangen bin. Aber ich
habe das Gefühl, diese vielen Spiegelstriche, die wir diskutiert haben und noch diskutieren werden, müssen wir diskutieren. Aber ob wir sie in einer Plenardebatte im Hessischen Landtag so ausführlich diskutieren müssen – ich habe mich dagegen entschieden.
Ich will Ihnen weiterhin sagen, weil es immer wieder gefragt wurde – Kollege Kaufmann hat das exemplarisch durchgeführt –: Wir kennen alle das Wort von Müntefering, der gesagt hat – nicht nur gesagt haben soll –, dass Opposition blöd sei.
Sehr gut, ihr habt aufgepasst. Danke. Es waren nicht nur Sozis, wenn ich das einmal so sagen darf. – „Opposition ist Mist.“ Das bestätige ich. Nur für einen trifft das offensichtlich nicht zu, nämlich für Frank Kaufmann. Für Frank Kaufmann ist offensichtlich Regieren Mist. Ich habe selten einen so sauertöpfischen, sich nur selbst verteidigenden, manchmal Klassiker zitierenden haushaltspolitischen Sprecher der GRÜNEN gehört wie eben Frank Kaufmann.
(Beifall bei der FDP und der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was? Da habe ich einen anderen Eindruck!)
Ich kann mich daran erinnern, wie dynamisch Frank Kaufmann trotz seines schon etwas höheren Alters – das darf ich als Altersgenosse sagen – hier aufgetreten ist, als er Oppositionsabgeordneter gewesen ist.
Bei Frank Kaufmann merkt man, für die GRÜNEN in Hessen – jedenfalls für ihren haushaltspolitischen Sprecher – ist nicht Opposition Mist, sondern Regieren.
Das zeigen sie auch in ihren Taten häufig. Aber sie haben gefragt, was denn der Vorschlag der Opposition ist, und haben sich dann ausschließlich mit den Sozialdemokraten beschäftigt. Das ist auch ihr gutes Recht; da gibt es so ein bisschen den Trennungsschmerz zwischen den Roten und den GRÜNEN.
Ich will Ihnen einmal sagen, was ich bei der Haushaltsrede des Staatsministers und auch im Haushalt, soweit ich ihn schon durchkämmt habe, vermisse: Konsolidierungsvorschläge für die hessische Landesverwaltung.
Ich darf ihn loben; er ist der Einzige, der das macht: Thomas Schäfer – indem er in seinem Ressort HBM und HI zusammenlegt. Jetzt will ich nicht darüber diskutieren, dass das gerade erst vor zehn Jahren unter seiner Mithilfe – ich glaube, damals war er Büroleiter des Ministerpräsidenten – auseinanderdividiert worden ist. Aber ich habe das Gefühl, die Entscheidung – –
(Minister Dr. Thomas Schäfer: Es ist nicht auseinan- derdividiert worden! – Heiterkeit bei der FDP und auf der Regierungsbank)
Es ist neu organisiert worden. Da hat er recht, da bin ich bei ihm. Für den Hinweis bedanke ich mich auch. Das habe ich schon wieder ein bisschen verdrängt. Das ist richtig: Wir haben es anders organisiert, als es vorher war.
Aber zurück: Ich lasse mich gern ablenken, aber habe immer noch den Faden in der Hand. Es ist die einzige Konsolidierungsmaßnahme im gesamten Haushalt. Ansonsten: Mutlosigkeit beim Weiterschreiben der Verwaltungsstrukturen aus dem letzten Jahrtausend. Das ist die Marschrichtung der Christdemokraten und der GRÜNEN,
Mutlosigkeit beim Umschalten der Strukturen aus dem letzten Jahrtausend. Dort, wo in den letzten fünf Jahren Umstrukturierungen vorgenommen worden sind, wie in der Schulverwaltung – ich sage bewusst: in der Schulverwaltung –, werden die wieder rückgängig gemacht. Allein 2,5 Millionen € – das ist eine sehr vorsichtige Berechnung – werden jetzt zusätzlich für Verwaltungen im Lande Hessen ausgegeben. Das geht doch irgendwie in die falsche Richtung.
Das ist doch nicht das, was auch die Bevölkerung von uns erwartet. Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Dr. Schäfer, dass Sie gestern – so wurde mir von Frau Beer berichtet – auf der Veranstaltung der Unternehmer festgestellt haben, dass es einen ehemaligen Kabinettskollegen gegeben habe, der eine Umstrukturierung gewagt und auch durchgeführt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie auf der Regierungsbank sitzen: Und weiter?
Das habe ich schon befürchtet. Aber es ist egal. Das will ich gar nicht problematisieren. – Ich will nur sagen: Und weiter? Wo geht es denn an die weiteren Strukturentscheidungen? Wie ist das denn in der Umweltverwaltung mit dem Nebeneinander der Strukturen?
Wie ist das denn in der Sozialverwaltung mit dem Nebeneinander und Übereinander von Strukturen? Wie ist das denn in der Justiz? – Da gab es doch Pläne, die Justizvollzugsanstalten anders zu organisieren, sie günstiger und effektiver zu machen. Wir lesen in der „HNA“ – war das heute, oder war das gestern? –, dass der Betreuungsschlüssel von Bediensteten zu Inhaftierten erhöht worden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wo wird denn hier umstrukturiert? Da ist ein Stillstand eingetreten. Aber vielen Dank, dass Sie mich und damit die FDP, die in der vergangenen Legislaturperiode die Regierungsverantwortung hatte, gelobt haben. Man kann Millionen, und zwar im zwei- und dreistelligen Bereich, einsparen, wenn man es aufrechnet, wenn man weiter an die Umorganisation dieser Verwaltung geht. Im Jahre 2015 kann man nicht mehr erfolgreich mit den Strukturen des Jahres 1995 agieren. Da muss eine Veränderung durchgeführt werden. Machen Sie doch wenigstens endlich dort weiter, wo liberale Minister begonnen haben, wenn schon die Schwarzen und GRÜNEN nicht den Mut haben, damit einmal in ihren eigenen Ressorts anzufangen.
Wir haben es mit einem – ich bin eben von Herrn Kaufmann getadelt worden, als er die Zitate der Presseerklärung vor den Sommerferien zu diesem Werk vorgelegt hat – sehr unwuchtigen System der Einnahmen und Ausgaben zu tun. Die Einnahmen sind, vergleicht man die Jahre 2015 und 2016, gemäß dem Haushaltsplan um 1,4 Milliarden € höher. Bei 1,4 Milliarden € könnte man auf die Idee kommen, dass man jetzt doch einmal kräftig in die Reduzierung der Nettokreditaufnahme geht. Das macht man aber nicht. Von den 1,4 Milliarden € werden gerade einmal 142 Millionen €, also 10 %, genutzt, um die Nettokreditaufnahme zurückzufahren. Ist das wirklich mutig? Sie merken, das ist eine rein rhetorische Frage, denn es ist überhaupt nicht mutig. Es ist auch nicht von einem Gestaltungswillen geprägt, sondern es ist ein Fortschreiben der Situation in der Hoffnung, es werde noch besser.
Dann lassen sich für die Kollegen, die die groben Hausnummern in Diskussionen viel besser nutzen können, zwei Zahlen gegenüberstellen: Im Jahre 2016 wird die Nettokreditaufnahme um 142 Millionen € gesenkt; und in den Jahren 2017/18/19 wird die Nettokreditaufnahme um 588 Millionen € gesenkt. Im Jahre 2016 ist es also weniger als im Durchschnitt der Jahre 2017/18/19. Wo ist denn da der Mut? Gerade jetzt, wo es sprudelt – wir haben vor einigen Tagen ja wieder die Steuerzahlen bekommen –, muss man doch darangehen, Vorsorge für die Zukunft zu treffen, und Vorsorge für die Zukunft zu treffen, heißt nicht, Rücklagen zu schaffen. Vorsorge zu treffen, heißt, dass man Schulden abbaut, jedenfalls dann, wenn man es kann. Aber das machen Sie nicht.
Ich muss Ihnen sagen, auch wenn ein Großteil meiner Arbeit schon vom Kollegen Schmitt übernommen wurde; bis auf den Verweis auf die Arbeit der Liberalen war es ja auch ein fachlich fundierter Vortrag von dir – –
Ach, liebe Kollegen, dann habe ich das falsch verstanden. Dann ärgern wir uns als Liberale nicht mehr darüber, sondern nehmen es bei der Beratung des Haushaltsplans 2016 sozusagen als Koalitionsangebot an.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber ganz im Ernst: Das, was Sie im Straßenbau machen, ist unverantwortlich.
Das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Es stimmt auch nicht, dass Sie dem Gebot „reparieren vor neu bauen“ folgen. Die Antwort des hessischen Wirtschaftsministers hat deutlich gemacht, dass Sie sogar bei der Quote der Reparaturerfolge noch geringer liegen als in der Zeit, in der noch zusätzlich gebaut worden ist, nämlich unter Dieter Posch und Florian Rentsch.
Dass Sie sich trauen, dies auch noch zu sagen, benennt man mit einem jüdischen Wort, das ich hier aber nicht benutzen will. Darüber hinaus sind nicht nur die Investitionen
für den Straßenbau runtergefahren worden, sondern die Bauinvestitionen insgesamt, nämlich um 50 Millionen €. Ich weiß nicht, was daran nachhaltig sein soll. Ich habe immer gelernt und bin überzeugt davon, dass ich dies auch als Jurist richtig verstanden habe, dass Investitionen eine Gabe in die Zukunft sind, dass es für künftige Generationen etwas bringt. Und da sind Sie stolz darauf, dass Sie 50 Millionen € weniger investieren?