Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

Wir haben mit unserem Koalitionspartner, der CDU, vereinbart, dass wir „die Erfahrungen anderer Länder und des Bundes mit den jeweiligen Informationsfreiheitsgesetzen auswerten und zur Grundlage“ eines Gesetzes für Hessen machen wollen. Das werden wir auch tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – To- bias Eckert (SPD): Wie lange wollen Sie noch warten?)

Da wir die Regierungskoalition sind, entscheiden wir, wann wir welches Gesetz umsetzen, und lassen uns von Ihnen weder hetzen noch treiben.

(Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))

Ich erinnere an Ihre Kritik von gestern, dass Sie uns gesagt haben, wir würden Gesetzesvorhaben zu schnell durchführen.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, bitte.

In diesem Fall ist es Ihnen zu langsam. Entscheiden Sie sich, was Sie wollen. Wir machen unser Tempo, und das ist in jedem Fall vernünftig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Tobias Eckert (SPD))

Schauen wir, worum es inhaltlich eigentlich geht. Klar, die öffentliche Verwaltung handelt immer für das Gemeinwohl und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Deswegen gibt es ein gemeinsames Interesse. Herr Kollege Rudolph, ich würde auch nicht polarisieren zwischen Bürgern und Verwaltung, vielmehr ist es ein gemeinsames Interesse. Das möchte ich betonen. Es ist das Interesse, dass die richtigen Entscheidungen für das Gemeinwohl getroffen werden und dass die Umsetzung dieser Entscheidungen auch gut funktioniert.

Das reicht von der Ausweisung neuer Baugebiete über die Einführung einer Biotonne bis hin zum Bau oder auch einmal zur Schließung von Schulen. Wir können sehen, dass in den letzten Jahrzehnten ein ganz neues Verständnis des Verwaltungshandelns entstanden ist. Dieses alte Amtsgeheimnis, das auch ein Instrument der Macht war, existiert nämlich nicht mehr. Auch das schicksalsergebene Dulden der Bürgerinnen und Bürger ist zum Glück nicht mehr so wie früher da. Das gehört zum Glück der Vergangenheit an.

(Stephan Grüger (SPD): Fahren Sie einmal nach Tiefenbach und fragen Sie die Bürger nach Woolrec!)

Ich finde es interessant und auch sehr gut nachvollziehbar, dass nach den Erfahrungen der Menschen in der DDR mit den abgeschotteten Behörden gerade dort als Erstes auf der Landesebene Informationsfreiheitsgesetze eingeführt wurden.

Sie haben vorhin aufgezählt, wo es das noch nicht gibt, und gesagt, nur in Hessen gebe es das nicht. Was ist mit den von der SPD mitregierten Ländern Baden-Württemberg und Niedersachsen? – Baden-Württemberg befindet sich gerade in der Anhörung. Niedersachsen hat noch keines.

Dem Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger stehen viele Verwaltungen grundsätzlich erst einmal positiv gegenüber. Ich glaube, das kann man so sagen. Das gilt auch auf kommunaler Ebene.

Wir haben in den letzten Jahren viele neue Angebote entstehen sehen. Das sind zum einen Datenangebote im Internet, oder auch Informationen in anderer Art und Weise. Die Kernpunkte, über die die Verwaltung auf kommunaler Ebene jetzt schon immer informiert, sind Wasserver- und -entsorgung, Abfallentsorgung und auch Bauleitplanung. Wir sehen, dass diese Informationsangebote auch wieder das Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger anregen. Deswegen entsteht da ein Austausch, der für beide Seiten sehr fruchtbar sein kann. Das ist kein Gegeneinander.

Richtig ist: In Hessen haben wir bisher kein Gesetz, das die Informationspflicht landesweit regelt. Auf kommunaler Ebene gibt es sehr viele freiwillige Angebote.

Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes gilt nur für die Behörden des Bundes. Das ist klar.

Morgen werden wir den Entwurf des Umweltinformationsgesetzes beraten. Das wird das einzige Gesetz sein, das wir haben werden, das tatsächlich für ganz Hessen als Landesgesetz gelten wird. Aber da geht es eben nur um Umweltinformationen. Das ist der Zugang zu Umweltinformationen.

(Tobias Eckert (SPD): Warum gibt es nichts für den Rest?)

Verehrter Herr Kollege, wir haben im Koalitionsvertrag stehen, dass wir das einführen werden. Wir werden das auch tun.

(Tobias Eckert (SPD): Wann denn? Wie lange müssen Sie denn noch regieren?)

Ich erläutere gerade, warum wir das tun werden und warum wir das für sinnvoll halten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – To- bias Eckert (SPD): Vor den Sommerferien 2018 werden Sie es dann einbringen!)

Wir sehen, dass es auch Kommunen gibt, die schon entsprechende Satzungen haben. Das gilt z. B. für den Landkreis Waldeck-Frankenberg. Da muss dann z. B. auch genau geprüft werden, ob die sich ausschließen würden. Das ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt. In manchen Bundesländern gelten weiterhin die Regelungen der Kommunen, sofern diese günstiger oder besser für die Bürger sind. In anderen ist das nicht der Fall. Auch das werden wir sehr genau prüfen.

(Tobias Eckert (SPD): Bis wann eigentlich?)

Wir müssen eben auch feststellen und sehr genau abgrenzen, wo die Grenzen der Informationsfreiheit sind. Das sind klar personenbezogene Daten sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.

Ganz klar ist aber auch: Das wird nicht für solche Personen und Unternehmen gelten, die Auftragnehmer der Verwaltungen sind. Denn gerade da wollen wir eine Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger hinbekommen, damit sie sehen, wie die Steuergelder und das Geld der öffentlichen Hand verwendet werden, wer die Aufträge bekommt und wer sie ausführt.

Weiterhin werden Daten der Gerichte, der Steuerbehörden, der Strafverfolgungsbehörden und des Verfassungsschutzes ausgenommen sein. Herr Rudolph, ich glaube, da waren Sie mit uns einig.

Ich komme zum Zeitplan für die Umsetzung. Wir arbeiten an einem sehr guten Gesetzentwurf, so wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wir lassen uns nicht hetzen. Wir lassen uns nicht treiben. Ich habe ein paar Themen aufgeführt, die gründlich zu prüfen sind. Vor allen Dingen wollen wir auch den Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes oder des Transparenzgesetzes – je nachdem, wie wir es nennen werden – intensiv mit den Vertreterinnen und den Vertretern der Kommunen und der Kommunalen Spitzenverbände diskutieren. Wir wollen es ihnen nicht einfach vor die Füße werfen.

Das werden wir machen. Dafür werden wir uns die angemessene Zeit nehmen. Wir freuen uns darauf, zusammen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Opposition hier dann die parlamentarischen Beratungen durchzuführen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Judith Lannert und Claudia Ravens- burg (CDU))

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Abg. Rudolph das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie stand es so schön in einer Wiesbadener Zeitung: „Vor Tische las man‘s anders.“ Das ist frei nach Schillers „Wallenstein“.

Das, was Sie hier vorgetragen haben, ist schon eine ziemliche Heuchelei.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Was haben Sie nicht alles vor der letzten Landtagswahl auch zu diesem Thema versprochen? Jetzt hören wir uns an, man müsse prüfen und dürfe der kommunalen Ebene nichts vor die Füße werfen.

Sie nehmen doch sonst auf die keine Rücksicht, wenn es Ihnen passt. Denn Sie wissen, dass die Kommunalen Spitzenverbände bei diesem Gesetzentwurf nicht Hurra schreien werden.

Auch das ist für uns kein Grund, es nicht einzubringen. Seit dem Jahr 2007 gab es diverse Gesetzentwürfe von der SPD, von der LINKEN und von den GRÜNEN.

Was für Erfahrungswerte wollen Sie aus elf Bundesländern sammeln?

(Tobias Eckert (SPD): Vor allem: Wie lange noch?)

Mir ist es auch ziemlich egal, wie es in den anderen SPDregierten Bundesländern ist. Wir sind für das Bundesland Hessen zuständig. Deswegen frage ich mich ernsthaft: Bis wann wollen Sie denn einen Gesetzentwurf vorlegen? Wollen Sie das am 16. September 2018 tun, wenn die Wahlperiode zu Ende geht? Oder wollen Sie das am 18. Januar 2019 tun?

Sagen Sie doch gleich: Ihr Koalitionspartner hält davon nichts. – Das ist die bekannte Position der CDU. Denn man könnte ja in den Akten etwas finden. Wir sehen es im Untersuchungsausschuss 19/2, was wir dort alles an interessanten Dingen finden. Wir sehen da, wie Behörden arbeiten und wie die Behörden versagen. Nein, die Mitglieder der CDU und der GRÜNEN wollen den mündigen Bürger nicht. Das ist die Kernbotschaft, die dahinter steckt.

(Beifall bei der SPD)

Als vor ein paar Wochen ein Reporter der „Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen“ beim Innenministerium einmal nachfragte, wussten sie gar nicht, dass sie so einen Gesetzentwurf erarbeiten sollen. Der Reporter war ganz entsetzt.

Wir leben im Jahr 2015. Es soll ein Umweltinformationsgesetz mit nur stark eingeschränkten Möglichkeiten geben. Wenn dann die Informationen auch noch halb wahr und, na ja, gefiltert dargeboten werden, wird das auch nicht die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger finden. Das kann man an dem Beispiel Woolrec deutlich machen.

Bitte kommen Sie zum Ende.

Entweder Sie wollen mehr Bürgerrechte, dann kann man das umsetzen, oder Sie wollen es nicht. Sie wollen es nicht. Die GRÜNEN sind wieder einmal umgefallen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP))

Zur Antwort erteile ich Frau Kollegin Goldbach das Wort.

Herr Kollege Rudolph, bleiben Sie doch einfach einmal ganz entspannt. Ich weiß nicht, worüber Sie sich aufregen. Vielleicht liegt Ihr Problem ganz einfach darin, dass wir das umsetzen werden, was Sie hier gerade gefordert haben.