Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zurufe der Abg. Alexander Bauer und Holger Bellino (CDU))

Ob das Ihnen persönlich passt oder ob in China ein Sack Reis umfällt, das ist mir egal. Wir starten die Informationsoffensive 2022. Sie planen Straßen bis zum Jahr 2022 und binden dabei gleich den Landtag der nächsten Wahlperiode. Wir hoffen, dass wir in Hessen irgendwann einmal den Bürgern die Gelegenheit schaffen, dass sie hier Akteneinsicht nehmen können.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

„Jede Vollmilch ist haltbarer als eine Politikeraussage“. Das hat vor ein paar Tagen ein Reporter der „HNA“ geschrieben. Dabei ging es um das Informationsfreiheitsgesetz, Transparenzgesetz, nach dem Motto: Was in der Oppositionszeit angeblich noch wichtig war, rückt in der Regierungszeit ganz nach hinten.

Das passt nahtlos in das Bild. – Jetzt ist Frau Goldbach schon weg – auch bemerkenswert –, die Debatte ist noch nicht zu Ende.

(Alexander Bauer (CDU): Die hat einen Termin! – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Jedenfalls ist sie bei dieser Debatte nicht mehr anwesend. – Bei Herrn Bauer ist es das typische CDU-Verhalten. Da wird dann gesagt, wir hätten ein pauschales Misstrauen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Demokratie muss es möglich sein – selbst, wenn es Einzelnen nicht passt –, dass der Bürger in die Akten Einsicht nehmen und staatliches Handeln nachvollziehen kann. Was ist an dieser Grundeinstellung falsch? Sie wollen es nicht,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und die GRÜNEN stellen sich hierhin, verbrämt: Ja, wir prüfen das.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Innenminister, in elf Bundesländern gibt es derartige gesetzliche Bestimmungen.

(Clemens Reif (CDU): Warum nicht in zwölf?)

Das weiß ich nicht. Wir sind für Hessen zuständig, Herr Reif. Dass Sie von diesen Themen nichts halten, weiß ich doch. Aber auch das ist kein Maßstab für unser politisches Handeln. Wenn es Ihnen nicht passt, dass Fraktionen Gesetzentwürfe einbringen dürfen, müssen Sie diese Bestimmung in der Geschäftsordnung abschaffen.

Herr Kollege Greilich, der Gesetzentwurf basiert auch auf den Ergebnissen der Anhörung im Jahre 2013, z. B. an dem Punkt, dass der Datenschutzbeauftragte eine besondere Funktion bekommen soll, weil er für uns eine sehr neutrale Instanz ist, die die Rechte der Bürger mit der Handlungsfähigkeit der Behörden vernünftig in Einklang bringen kann. Dieses Verhältnis muss vernünftig austariert werden. Das trauen wir dem Datenschutzbeauftragten zu, der eine neutrale Position einnimmt.

(Beifall bei der SPD)

Nach achtjähriger Diskussion darüber in Hessen muss es möglich sein, das gesetzlich zu regeln. Herr Staatsminister Al-Wazir, ich denke, jetzt darf ich etwas zitieren, denn es ist nichts Geheimes. Herr Al-Wazir hat mir per SMS den Hinweis geschickt, er habe schon als jugendlicher Abgeordneter, das wird so sein, da waren die Haare vielleicht noch nicht so grau, aber das ist altersbedingt

(Minister Tarek Al-Wazir: Du hattest noch einen Schnurrbart! – Heiterkeit)

das war auch nicht besser –,

(Heiterkeit)

versucht, bei Gerhard Bökel, dem damaligen Innenminister, eine solche Regelung durchzukriegen. Es macht das Ergebnis aber nicht besser, wenn Sie nach 17 Jahren sagen: „Weil ich das 1998 nicht hinbekommen habe, ist das auch 2015 noch falsch.“

(Minister Tarek Al-Wazir: Nein, im Gegenteil!)

Natürlich verändert sich vieles mit der Zeit. Wir haben einen anderen Ansatz im Demokratieverständnis. Wir wollen den mündigen Bürger, der auch staatliches Handeln überprüfen kann.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben nicht die Abwehrhaltung der CDU, des Herrn Bauer und des verehrten Herrn Innenministers, die pauschal sagen, das sei alles nicht nötig.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Seien Sie doch so ehrlich, und sagen Sie, dass Sie es nicht wollen. Spinnen Sie doch keine Märchenträume, dass Sie „ernsthaft prüfen“, sondern sagen Sie, ob Sie es wollen oder ob Sie es nicht wollen. Uns ist kein Bundesland bekannt, wo die Verwaltungen unter der Last der vielen Tausend Anfragen von Bürgern, die staatliche Akten sehen wollen, zusammengebrochen sind. Das ist unsere Erkenntnis, Herr Innenminister. Wenn Sie mehr wissen, dann sollten Sie es hier einbringen.

(Alexander Bauer (CDU): Warum können Sie den Aufwand dann nicht beziffern?)

Der Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht vernünftig. Er ist gut austariert. Deswegen halten wir eine Anhörung für angebracht, in der man die Facetten noch einmal beleuchten kann. Wenn Sie das aber nicht wollen, dann tun Sie doch nicht so scheinheilig, indem Sie behaupten, dass Sie das „ernsthaft prüfen“ würden. An die GRÜNEN gewandt, sage ich: „Vor Tische las man‘s anders.“ Diese Worte aus Schillers „Wallenstein“ treffen mehr denn je auf Sie zu.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wundere mich schon über die Aufregung in dieser Debatte. Herr Kollege Rudolph, an der Art, wie Sie hier vorgetragen haben, und an der Art, wie Sie versuchen, die beiden Koalitionspartner gegeneinander zu stellen, sieht man doch,

(Timon Gremmels (SPD): Das machen Sie schon selbst mit Ihrem Verhalten!)

dass es Ihnen in der Sache gar nicht darum geht, etwas zu erreichen, sondern dass es Ihnen darum geht, politische Spielchen zu machen und die CDU und die GRÜNEN gegeneinander auszuspielen. Dieses Spielchen wird Ihnen aber nicht gelingen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Lachen des Abg. Flo- rian Rentsch (FDP))

Herr Kollege Rudolph, auch ich finde, Sie als Fraktionsgeschäftsführer sollten mit der Kollegin Goldbach fair und korrekt umgehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben mit Ihnen vereinbart, die Tagesordnung umzustellen. Dadurch haben wir dafür Sorge tragen müssen, dass ein Minister an Bord ist. Die Kolleginnen und Kollegen mussten ihre Termine verlassen und hierher kommen, damit wir ermöglichen konnten, dass die Opposition einen Tagesordnungspunkt zu ihren Wunschzeitpunkt behandelt bekommt. Das haben wir Ihnen zugestanden.

(Widerspruch bei der SPD)

Herr Kollege Rudolph, vor diesem Hintergrund zu versuchen, die Kollegin Goldbach vorzuführen, weil sie dringend zu einem Termin gehen musste, was ansonsten nicht der Fall gewesen wäre, weil die Debatte zu einem anderen Zeitpunkt stattgefunden hätte, finde ich billig. Einen solchen billigen Populismus sollten Sie als Fraktionsgeschäftsführer lieber lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Jetzt noch etwas zur Sache.

(Heike Hofmann (SPD): Darauf warten wir schon die ganze Zeit!)

Die GRÜNEN und die CDU haben, wie Sie wissen, eine Koalitionsvereinbarung geschlossen. Die GRÜNEN und die CDU sind zwei unterschiedliche Parteien. In dieser Koalitionsvereinbarung sind wir Verpflichtungen zu den Themen Informationsfreiheitsgesetz und Transparenz eingegangen. Die Koalitionsvereinbarung ist verabschiedet. Wir werden diese Koalitionsvereinbarung umsetzen. Wir werden Ihnen auch zum Punkt Transparenz einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Wir haben aber vor, bis zum Ende der Legislaturperiode, die fünf Jahre dauert, zu regieren, und wir werden nicht alle Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag in den ersten eineinhalb Jahren abarbeiten können.

Von daher haben wir uns vorgenommen, in diesem Bereich erst einmal zu eruieren, was da läuft, welche Erfahrungen die anderen Länder gemacht haben. Aus diesen Erkenntnissen heraus werden wir einen abgewogenen Gesetzentwurf einbringen. Das werden wir zwischen der CDU und den GRÜNEN sehr intensiv und sehr kollegial besprechen, und dann werden wir dem Landtag einen Gesetzentwurf vorlegen. Dann hoffe ich auf Ihre rege Mitdiskussion, und dann werden wir auch eine Anhörung durchführen. Bleiben Sie ruhig. Der Koalitionsvertrag ist nicht für eineinhalb Jahre, sondern für fünf Jahre geschlossen. Wir werden das, was wir vereinbart haben, auch umsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Timon Gremmels (SPD): So eine Arroganz! Uns bindet Ihr Koalitionsvertrag nicht!)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Greilich, FDP-Fraktion.

Ich wundere mich über die Aufgeregtheit, die hier bei einem sehr sachlichen und wichtigen Thema eine Rolle spielt. Die Aufregung ist aber überall in diesem Hause zu spüren, lieber Holger Bellino.

(Holger Bellino (CDU): Ich bin ganz entspannt!)

Ich will eines festhalten, Herr Kollege Frömmrich: Das war ja ein netter Versuch, aber zu erzählen, man habe mit Rücksicht auf die Opposition hier einen Punkt geschoben, das ist ja wohl ein Ding.