Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Aber es gilt das klassische Werbeprinzip: Je schlechter das Produkt ist, umso intensiver muss die Werbung sein. Diese

Regierung hat wahrlich viel Werbung nötig, meine Damen und Herren.

Ich komme zu dem nächsten von Ihnen dargestellten Schwerpunkt, zur umweltgerechten Sanierung von Landesimmobilien in der Energiewende. Zu den Landesimmobilien will ich eine Vorbemerkung machen, weil das ein echtes Problem der Landesregierung ist. Hier hat die Landesregierung wirklich eine Altlast, und bei dieser Altlast, muss man sagen, schaut Roland Koch noch um jede Ecke. Als die Landesimmobilien verkauft worden sind – Stichwort: LEO 0, I und II –, war das wirklich ein großes Unglück des Landes.

Mit dem Verkauf der Landesimmobilien sind die Mietausgaben des Landes wirklich raketenartig nach oben geschossen. Im Jahr 2003 lagen die Mietausgaben bei 100 Millionen €. Mittlerweile, mit dem Haushaltsplanentwurf, sind sie auf 460 Millionen € hochgeschossen und haben sich fast verfünffacht. Alleine die Mietsteigerungen betragen 50 Millionen €.

Schicken Sie einen Dank an den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Bilfinger. Dort hat er auch seine große wirtschaftliche Kompetenz dargestellt.

(Widerspruch bei der CDU)

Das ist so. Ja, Herr Reif, das hören Sie ungern. Sie waren derjenige, der mit glühenden Augen vor Koch saß, wenn er hier Reden gehalten hat. Wir – der Finanzminister und Sie selbst, das ist ja Ihr Schicksal – müssen diese Altlasten mittlerweile abtragen. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Übrigens, Herr Reif: Was macht eigentlich das Schloss Erbach? Sie haben doch damals Landesimmobilien verkauft und im Gegenzug das Schloss Erbach gekauft. Sie haben das damals verteidigt und von 100.000 Besuchern gesprochen. Wissen Sie, wo wir pro Jahr sind? Bei 16.000 Besuchern. 2,5 Millionen € an Unterhalt haben wir seit diesem Kauf schon in das Schloss stecken müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Clemens Reif (CDU): Zeigen Sie nicht mit nackten Fingern auf Leute! – Michael Boddenberg (CDU): Gehen Sie doch einfach einmal hin! Fahren Sie doch einmal mit Ihrer Fraktion dorthin! – Weitere Zurufe von der CDU – Glockenzeichen des Präsidenten)

Zur energetischen Sanierung der Landesimmobilien, habe ich gesagt, gibt es nichts Neues, keine neuen Ansätze unter Schwarz-Grün.

Jetzt wollen Sie sich für das 36-Millionen-€-Programm „Energie-Agenda 2015“ loben lassen.

(Clemens Reif (CDU): Das müssen Sie halt ertragen!)

Das ertrage ich gerne, Herr Reif, aber Sie müssen jetzt auch meine Antwort darauf ertragen. – Wissen Sie, meine Damen und Herren, dass diese 36 Millionen € nicht einmal die Mittel sind, die wir, Rot-Grün, vor 20 Jahren für diesen Bereich zur Verfügung gestellt haben? Das ist doch keine Wende. Es reicht nicht einmal für eine Kurskorrektur.

(Beifall des Abg. Stephan Grüger (SPD))

Frau Hinz weiß, wie viele Mittel es damals gab, und sie weiß auch einzuordnen, wie viel es heute gibt. Rot-Grün

hat vor 20 Jahren deutlich mehr Mittel bereitgestellt, als es heute für den Bereich der Energiepolitik gibt.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben den Bereich „Soziale Stadt“ und das Programmvolumen genannt. Aber dies sind Bundesmittel, meine Damen und Herren. Dieses Mal war es der Kollege Siebel, der herausgefunden hat, dass in diesem Jahr leider Mittel des Bundesprogramms in Millionenhöhe nicht abgerufen worden sind und dass Sie, Frau Kollegin Hinz, dies auch noch verteidigt haben. Ich würde mich freuen, wenn das in diesem Jahr abgestellt werden würde. Ich hoffe, dass es dabei bleibt. Auf jeden Fall gilt für den Wohnungsbereich insgesamt – das hat überhaupt nichts mit den Flüchtlingen zu tun; lange, bevor die Flüchtlingsströme eingesetzt haben, war das der Fall –, dass ein ganz hoher Nachholbedarf besteht. An dieser Stelle muss mehr getan werden. Über das Wohnungsprogramm zu reden – morgen reden wir über KIP –, reicht längst nicht aus. Dafür wird ein ganz anderes Volumen benötigt.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Bereich Inneres und Justiz. Herr Minister Dr. Schäfer, wie Sie dort einen Schwerpunkt begründen wollen, ist mir, auch nach Ihrer Rede, weiterhin rätselhaft. Man könnte vielleicht von einem Abbauschwerpunkt sprechen.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Das wäre der richtige Begriff. Tatsache ist, dass die hessische Polizei 3,5 Millionen Überstunden vor sich herschiebt. Der Krankenstand ist durchschnittlich auf mehr als 30 Tage gestiegen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): 28 Tage sind der Landesdurchschnitt!)

In manchen Präsidien liegt er über 30 Tage. Vielleicht ist sogar die Quelle der GdP an dieser Stelle richtiger. Schauen wir einmal. – Also reden wir von 28 Tagen, aber auch 28 Tage sind eine äußerst hohe Zahl. Mit Verlaub, würden in einem Unternehmen durchschnittlich 28 bis 30 Krankheitstage anfallen, wäre das kritisch. Dazu könnte jetzt Herr Reif etwas sagen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): In der Privatwirtschaft würde es einen Schlag tun!)

Meine Damen und Herren, das hat mit dem Zustrom von Flüchtlingen überhaupt nichts zu tun. Deswegen sage ich Herrn Kollegen Bauer, der ja versucht hat, vor Ort zu zündeln – die Reaktionen waren auch dementsprechend –: Hören Sie auf, Dinge zu vermischen, die nichts miteinander zu tun haben.

(Beifall bei der SPD)

Vor allem beklagen Sie nicht Missstände, die Sie selbst geschaffen haben, sondern helfen Sie endlich, die Missstände zu beseitigen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Ich zitiere den Vorsitzenden der hessischen GdP, Herrn Andreas Grün, der gesagt hat:

Die Landesregierung ist drauf und dran, die gesamte Polizei mit Vollgas vor die Wand zu fahren.

(Michael Boddenberg (CDU): Ach du liebe Zeit!)

Herr Boddenberg, jetzt rufen Sie: „Ach du liebe Zeit!“ – Eine Partei, die immer Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit ruft, sollte das eigentlich zum Nachdenken bringen.

(Beifall bei der SPD)

An Gerichten 147 Stellen zu streichen und dabei von einer Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften zu sprechen, das ist so wahr wie die Behauptung, morgens seien die Berge höher als bei Regen. So absurd ist die Behauptung, Herr Minister. Das ist wirklich absurd.

Ich komme dann zur Steigerung der Zahl von Ausbildungsplätzen im Steuerbereich, den Sie heute nicht angesprochen haben, aber in Ihrer Pressemitteilung bei der Vorstellung des Haushalts.

(Michael Boddenberg (CDU): Jetzt kommt der Bereich Finanzierung, Herr Kollege! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Da schreiben Sie, dass es 35 neue Stellen zur Bekämpfung der Steuerkriminalität geben werde. Ein gutes Programm, wirklich gut. Es hat aber den kleinen Schönheitsfehler, dass in der Steuerverwaltung 75 Stellen im mittleren Dienst abgebaut werden. Das heißt, dass Leute, die momentan die normale Arbeit im Finanzamt machen – übrigens auch das, was draußen ermittelt wird von Betriebsprüfern oder Steuerfahndern –, die das in der Verwaltung umsetzen müssen, jetzt fehlen werden, weil sie die Arbeit von den 75 Leuten irgendwie übernehmen müssen.

Herr Minister, das ist nicht gut. Aus der Antwort auf eine Große Anfrage, diesmal von der CDU, geht hervor, dass 2013 in Hessen weniger Personal für Betriebsprüfungen zur Verfügung gestanden hat als 2009.

(Gerhard Merz (SPD): Wer hat das erlaubt? – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Die erklären doch immer etwas anderes! – Günter Rudolph (SPD): Daran ist bestimmt die SPD schuld!)

Das finde ich interessant. Auch die Prüfungsintervalle für Groß- und Mittelbetriebe werden seit 2011 länger. Deswegen sollten Sie in dieser Stunde überlegen, ob das, was Sie übrigens auch mit der Nullrunde in der Steuerverwaltung ausgelöst haben, wirklich sinnvoll und richtig ist.

Ich möchte nun einige Einzelaspekte aufgreifen, die Sie nicht angesprochen haben, und dabei natürlich den Finanzplan, der zur Beratung mit vorliegt, einbeziehen. Es fällt wiederum auf, dass der Landesregierung die sächlichen Verwaltungsausgaben völlig aus dem Ruder laufen. Die Steigerung beträgt von diesem Jahr auf das nächste Jahr 160 Millionen €. Das sind vor allem die Kosten für IT, also die Vernetzung. Es sind Programme, Lizenzgebühren und auch Computeranschaffungen, die die Steigerung verursachen.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Sie kriegen die Kostensteigerungen in diesem Bereich anscheinend nicht in den Griff. Hier muss angesetzt werden. Hier sind Millionenbeträge einzusparen. Dafür muss man aber natürlich einen entsprechenden Haushaltserlass aufstellen und sagen: Unser Ziel ist es, bei den sächlichen Verwaltungsausgaben einzusparen. – An diesem Haushaltsaufstellungserlass, an dieser Vorgabe fehlt es.

Ebenfalls werden wiederum die Stellen in den Ministerien vom Stellenabbau verschont. Der von Ihnen vereinbarte Stellenabbau findet vor allem in den niedrigen Besoldungs

und Tarifbereichen statt. Das ist die nüchterne Wahrheit. Die notwendige Durchforstung der völlig überbesetzten Ministerien findet nicht statt. Dem Haushaltsstrukturbericht, immer wieder zitiert, ist zu entnehmen: Hessen ist mit 190 Millionen € im Bereich der politischen Führung überbesetzt. Daran muss man Schritt für Schritt herangehen.

(Beifall bei der SPD)

Statt hier anzusetzen, haben Sie für 2015 eine Nullrunde für Beamte verordnet. Das ist unfair. Das ist übrigens auch ein Bruch von Wahlversprechen der CDU, aber auch der GRÜNEN:

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Günter Ru- dolph (SPD): Insbesondere von den GRÜNEN!)