Liebe Kolleginnen und Kollegen – ich spreche jetzt auch die Kolleginnen und Kollegen aller anderen Fraktionen an –, ich rate jedem, sich intensiv mit dem Finanzplan auseinanderzusetzen. Wer sich ihn zu Gemüte führt,
Noch vor einem Jahr war der Finanzminister stolz, dass er angeblich einen Puffer in der Finanzplanung hatte und dass er keine globalen Minderausgaben oder Mehreinnahmen ansetzen musste. Jetzt, im neuen Finanzplan, sieht es ganz anders aus. Dort sind Globalpositionen angesetzt. Ich will das am Beispiel von 2017 verdeutlichen. Dort, wo der Minister letztes Jahr noch von einem Sicherheitsabstand gesprochen hat, muss man sagen: Die Landesregierung ist voll aufgefahren, und zwar ohne massive Zunahme der Flüchtlingszahlen; denn die sind in dem Szenario, von dem ich jetzt ausgehe, zunächst einmal gar nicht dargestellt.
Wenn Sie dann das Szenario 4 betrachten, das durchaus realistisch ist, nämlich 1 Million Flüchtlinge bei rückläufiger Anzahl, würde das einen Mehrbedarf – der Minister hat es eben gesagt – allein für 2017 von einer halben Milliarde Euro bedeuten. Hinzu kommen globale Minderausgaben von 180 Millionen €, zu denen nicht gesagt wurde, in welchen Bereichen sie stattfinden sollen. Über die Vorsorge für die Biblis-Klage will ich gar nicht sprechen.
Das heißt, 700 Millionen € müssten bei dem sehr wahrscheinlichen Szenario für 2017 eingebracht werden. Der Minister sagt, er sei optimistisch, er verhandle mit dem Bund. Da hat er unsere volle Unterstützung. Wir sind der Meinung – da gibt es zwischen dem, was Sie gesagt haben, Herr Minister, und dem, was der Ministerpräsident gestern gesagt hat, und dem, was wir sagen, überhaupt keine Differenz –: Der Bund ist bei der Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung und Flüchtlingsbetreuung in allererster Pflicht.
Ich will das aufgreifen, was der Minister gesagt hat. Es gibt großen Konsens. Da müssen wir gemeinsam helfen. Wir versuchen, Einfluss auf unsere Bundespolitiker zu nehmen. Ich nehme an, Sie versuchen es auch. Alle in ihrer Gesamtheit müssen sich an dieser Stelle bewegen.
Das ist ganz wichtig, weil Länder und Kommunen die Last nicht stemmen können. Denn die Bundesebene hat einen flexibleren Haushalt mit Spielräumen von 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts, wohingegen für die Länder die harte Schuldenbremse gilt. Deswegen ist an dieser Stelle der große Konsens, dass wir gemeinsam etwas erreichen müssen. Das ist ganz wichtig.
Aber auch wenn viel Geld fließt, wird es eng. Ich glaube, an dieser Stelle ziehen wir an einem Strang.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Dieser Haushaltsentwurf ist weder finanzpolitisch ambitioniert, noch zeichnet er sich dadurch aus, Hessen wieder an die Spitze der Bundesländer im Bereich Sozialpolitik oder auch im ökologischen Bereich zu bringen. Durch die Reduzierung bzw. nicht ausreichende Ausstattung bei den Investitionen, die mangelhafte Finanzierung der Infrastruktur, z. B. im Straßenbau oder im Wohnungsbau, aber auch das Negieren der wirtschaftlichen Probleme des Landes wird in Hessen Zukunft verspielt. Was die finanziellen Herausforderungen durch die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung betrifft, sagen wir ausdrücklich eine konstruktive Mitarbeit zu.
Auch ich freue mich auf hoffentlich konstruktive Diskussionen und Verhandlungen in die zweite und dritte Lesung hinein. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Kollege Norbert Schmitt. – Das Wort hat Herr Abg. Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“ lautet, wie sie wissen, der Titel des Koalitionsvertrags dieser Legislaturperiode. Er definiert damit zugleich den Kurs der Politik, den CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für diesen Zeitraum verabredet haben.
Mit exakt derselben Aussage habe ich meine Rede bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2015, also vor knapp einem Jahr, an diesem Pult begonnen. Ich wiederhole dies heute, weil es kaum eine andere Vorlage gibt, die besser geeignet wäre, den Nachweis zu führen, ob und wie der definierte politische Kurs eingehalten wird, als es der Haushalt ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Michael Boddenberg und Holger Belli- no (CDU))
Nach dem, was wir von der Opposition, von dem verehrten Herrn Kollegen Schmitt gerade eben gehört haben, ist es aber auch wichtig, festzustellen, wie letztendlich hilf- und ratlos Sie vor diesem stehen und in eine geradezu komatöse Gedankenblockade verfallen sind. Sie können dem, was die Regierung aus CDU und GRÜNEN hier anbietet und
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Michael Boddenberg und Holger Belli- no (CDU))
Da gab es einmal wieder das übliche kleinkarierte Gemäkel. Aber es war keine politische Alternative zur Regierungspolitik zu vernehmen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Dr. Ralf-Norbert Bartelt und Hans-Jür- gen Irmer (CDU))
Ihnen fällt offensichtlich nichts dazu ein. Ihnen fällt nichts mehr dazu ein, außer vielleicht die Forderung nach mehr Geld, das Sie im Wesentlichen für dieselben Zwecke ausgeben wollen, wie die Vorschläge der Regierung lauten. Sie sagen aber nicht, woher das Geld kommen soll.
An erster Stelle des Titels der Koalitionsvereinbarung steht übrigens nicht ohne Grund die Verlässlichkeit. Das drückt nämlich aus, dass wir fest entschlossen sind, das, was angekündigt und vertraglich vereinbart wurde, auch in die Wirklichkeit umzusetzen. Deswegen finde ich es erstaunlich, dass wir einerseits immer erleben, dass an den Absichten der Regierung und der Koalition gezweifelt wird, dass aber andererseits die Behauptung lautet, das müssten gefühlte sein, es würde sich überhaupt nichts ändern.
Insbesondere in Richtung der Opposition will ich es noch einmal unterstreichen: Ja, wir machen das, was wir vereinbart haben. Wir sind verlässlich. Sie können davon ausgehen, dass das, was im Koalitionsvertrag steht, in Hessen schon teilweise Wirklichkeit geworden ist. Wenn nicht, werden wir daran arbeiten, es umzusetzen.
Deswegen kann man nur raten: Beerdigen Sie Ihre Zweifel an der Zuverlässigkeit des Regierungskurses. Streiten Sie doch lieber mit uns über die besseren Lösungen für die Probleme, die es in dieser Zeit gibt. Bislang haben wir von Ihnen noch keine Lösung gehört. Die 40 Minuten, die Herr Kollege Schmitt gerade hier vorne gestanden hat, waren auch völlig frei von inhaltlichen Vorschlägen.
Die Anmerkungen, irgendwas klappe nicht, es komme zu spät, es sei zu wenig oder zu viel – je nachdem –, es komme in der falschen Reihenfolge, am falschen Ort, in der falschen Farbe oder werde von den falschen Leuten erledigt, das alles kann man erzählen. Das ändert aber nichts für die Hessinnen und Hessen und an dem Schicksal dieses Landes. Es zeigt bei Ihnen vor allem nichts weiter als eine gähnende Leere, was Vorschläge angeht.
Auf wenigstens einen realitätstauglichen Vorschlag oder eine Idee dazu könnte die Opposition doch wirklich einmal kommen. Ich denke, wir würden uns alle dann sehr freuen.
Es ist wirklich ein Trauerspiel. Deswegen denke ich immer wieder an die wegweisenden Worte des großen Franz Müntefering, des Pragmatikers unter den Vordenkern der Sozialdemokratie unserer Tage:
Diese Klage gibt es doch vor allem deshalb, weil man in der Opposition gehindert ist, das eigene Konzept, den eigenen Plan und die eigene Politik zu verwirklichen. Wenn man aber all dies, wie unsere SPD, gar nicht hat, wenn man weder ein Konzept noch einen Plan hat, dann ist es doch auch kein Mist, dass man in der Opposition ist. Denn dann hat man doch gar keine Vorstellungen davon, wie sich die Welt in Hessen entwickeln soll. Dann macht die Opposition höchstens Mist.
Zumindest sagen Sie es uns nicht. Tun Sie das doch einmal. Das wäre doch viel sinnvoller, als immer nur herumzumäkeln. Das würde auch in der Debatte mehr Spaß machen.
Mir scheint, Franz Müntefering hat da unrecht. Opposition ist nicht Mist, sondern eher eine Erholungspause für die hiesige Sozialdemokratie, um Kraft zu sammeln. Denn das Ziel Regierungsfähigkeit haben Sie leider noch nicht erreicht. Da müsste noch ein ambitioniertes Fitnessprogramm her. Denn es liegt ein erheblicher Trainingsrückstand vor.
Die Opposition qualifiziert den Haushaltsentwurf der Regierung für das Jahr 2016 in ihren Pressemitteilungen wie folgt – ich zitiere die Stichworte –: „ohne Ambitionen“, „perspektivlos“, „eine finanzpolitische Kapitulation“, „unambitioniert“, „ein politisches Armutszeugnis“, „gestaltungsarm“. Ich habe damit nur einige der veröffentlichten Beschreibungen genannt.
Diese Beispiele stammen nicht alle nur aus diesem Jahr. Manche sind auch aus dem vergangenen Jahr. Ich frage Sie: Können Sie herausfinden, welche aus welchem Jahr stammen? Merken Sie einen Unterschied? – Die Antwort lautet Nein.
Lieber Kollege Schmitt, auch nach zehn Monaten, vom letzten Haushaltsentwurf bis heute, ist es Ihnen nicht gelungen, dasselbe Gequengel, das Sie damals abgesondert haben, irgendwie weiterzuentwickeln. Argumente fehlen offensichtlich weiterhin vollständig.
Fazit: Es gibt leider keine intellektuelle Weiterentwicklung der Kritik der Opposition. Dies ist sehr zu bedauern. Denn wer so wenig fit wie die hessische Opposition ist, der bleibt auf der Bank sitzen und kommt nicht ins Spiel. Wir hätten ein muntereres Parlament, wenn wir darüber streiten könnten.