Deswegen scheint aus dem Argumentationsnotstand der Opposition auch herauszuleuchten, dass es bei Ihrer Kritik überhaupt nicht darauf ankommt, was im Haushaltsentwurf tatsächlich steht. Denn Sie haben die Inhalte und das Haushaltsdesign überhaupt nicht verstanden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, ich will es deshalb noch einmal herausstellen: Die Koalition aus CDU und GRÜNEN steht für eine nachhaltige Haushaltspolitik. Das heißt, wir bekennen uns zur Schuldenbremse, und zwar nicht nur, weil die Verfassung des Landes Hessen sie uns aufgibt, was von 70 % der Wählerinnen und Wähler so bestätigt wurde, sondern auch, weil wir sie inhaltlich richtig finden, um den weiteren Weg in den Schuldenstaat zu verhindern.
Damit keine Irrtümer aufkommen: Das heißt natürlich nicht, dass von der öffentlichen Hand auf alle Zeit nichts mehr fremd finanziert werden dürfte. Das heißt aber ganz gewiss, dass wir unsere finanzwirtschaftliche Beweglichkeit wieder verbessern und vor allem auch Vorsorge dafür treffen wollen, dass das Zinsniveau absehbar wieder steigen könnte. Das ist eines der Risiken, die der Finanzminister auch benannt hat.
Bereits im letzten Jahr hatte ich Ihnen in meiner Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfs dargelegt, wie wir derzeit vom niedrigen Zinsniveau profitieren. Wir dürfen dabei aber keineswegs vergessen, dass das wie eine Droge wirkt. Zunächst wird der finanzwirtschaftliche Ansatz bei niedrigen oder gar keinen Zinsen durch billige und einfache Geldbeschaffung versüßt. Die harte Realität wird vernebelt, und alles erscheint im goldenen Schein.
Doch dann bringen steigende Zinsen den Kater und die Entzugserscheinungen schneller, als man denkt. Deswegen brauchen wir eine Prohibition beim Schuldenmachen. Dazu benutzen wir die Schuldenbremse, wenn Sie so wollen, als Dreiklang.
Zunächst geht es um die Reduzierung der Nettokreditaufnahme. Da sind wir auf einem guten Weg. Das ist die derzeitige Phase. Dann werden wir den Schuldengipfel bewältigen.
Schließlich wollen wir als dritten Teil den geordneten Abbau der Altverschuldung. Eine vollständige Beseitigung aller Verbindlichkeiten des Landes ist nicht das Ziel. Eine ausgeglichene Bilanz ohne ungedeckten Fehlbetrag will ich allerdings als Vision hier in den Raum stellen. Ich sage bewusst „als Vision“ und nicht als Utopie. Aber die Vision wird sicherlich erst bei der nächsten Generation der Finanzpolitikerinnen und -politiker in Realitätsnähe rücken. Augenblicklich sind wir davon noch weit entfernt.
Mit dieser Anmerkung komme ich zum Jahresabschluss und der Bilanz des Landes Hessen zum 31. Dezember 2014. Der Finanzminister wird demnächst diesen der Öffentlichkeit ausführlich präsentieren. Die Kerndaten liegen in unserem Finanzplan, der mit zur Beratung ansteht, bereits vor. Deswegen kann ich sie auch kurz ansprechen.
Wie im vergangenen Jahr ist auch das Ergebnis der Jahresrechnung 2014 so, dass wir mit rund 58,5 Milliarden € Verbindlichkeiten und gut 70 Milliarden € an Rückstellungen insgesamt sehr viel Negatives und Passives ausweisen müssen, wodurch der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag in unserer Bilanz wieder einmal angestiegen ist, und zwar um 2,85 Milliarden €. Das zeigt auch, wie nah die angesprochene Vision doch noch an der Utopie liegt.
Damit aber niemand aufgrund dieser Zahlen auf die Idee kommt, unser Engagement in der Schuldenbremse als wirkungslos und damit auch als sinnlos zu erachten – jetzt schaue ich den Kollegen van Ooyen an –,
weise ich darauf hin, dass schon das angesprochene, aktuell besonders niedrige Zinsniveau uns an dieser Stelle auch die Bilanz verhagelt. Steigende Zinssätze würden zwar den Aufwand für die Fremdfinanzierung steigern, aber eben auch den Rückstellungsbedarf deutlich mindern. Dennoch ist unstrittig, dass die Schuldenbremse dem Eigenkapitalverzehr insgesamt entgegenwirkt und insoweit auch aus dem Blickwinkel der Bilanz positive Konsequenzen hat.
Ohne die Debatte im Haushaltsausschuss vorwegnehmen zu wollen – da werden wir das noch ausführlicher mit den Wirtschaftsprüfern besprechen –, will ich die Gelegenheit nehmen, hier für das Protokoll schon einmal festzuhalten, dass der Gesamtabschluss des Landes zum Ende 2014 wieder einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfer erhalten hat. Das ist eine schöne Bestätigung dafür, dass unser Weg hin zur transparenten und umfassenden Ausweisung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nach streng kaufmännischen Grundsätzen bei aller Kritik an manchem Detail richtig und erfolgreich war und ist. Übrigens würde ich das auch anmerken, wenn ich einen anderen Namen hätte.
Meine Damen und Herren, damit will ich die Kurzbetrachtung der Bilanz verlassen und weiterhin zum aufgerufenen Finanzplan kommen. Der Finanzplan ist unter SchwarzGrün, wie ich auch schon im letzten Jahr darstellen konnte, zu einem nüchternen Planungsinstrument geworden, in dem die Einschätzungen der künftigen Entwicklungen in quantitativer Hinsicht beschrieben werden.
Im Finanzplan finden Sie deshalb weiterhin dargestellt, wie wir den vorgesehenen Abbau der Nettokreditaufnahme vornehmen wollen. Es bleibt nach heutigem Kenntnisstand dabei, dass wir zum Budgetjahr 2018 erstmals seit Jahrzehnten wieder einen positiven Finanzierungssaldo erreichen. Wir stellen fest, dass das hessische Allzeitschuldenhoch nach der gegenwärtigen Kalkulation die Höhe von 44,9 Milliarden € nicht ganz erreichen wird.
Ich stelle dies hier heraus, weil es quantitativ belegt, was wir Schwarz-Grüne unter Verlässlichkeit verstehen: Wir gestalten die vom hessischen Volk beschlossene Aufgabe des Schuldenabbaus kalkulierbar und nachprüfbar und schieben auch unangenehme Entscheidungen nicht auf die lange Bank. Dafür müssen wir Kritik, gelegentlich sogar heftige Kritik entgegennehmen, die häufig auch aus der Enttäuschung heraus formuliert wird, nicht anspruchsgemäß finanziert zu werden. Das ist nicht immer vergnüglich, aber wir halten das aus, weil wir unsere Entscheidungen transparent, damit auch nachvollziehbar und somit begründbar und, wir hoffen, bei sehr vielen Menschen auch verständlich machen.
Meine Damen und Herren, aus dem Finanzplan können Sie entnehmen, wie wir die im Koalitionsvertrag definierten politischen Ziele mit einer Finanzierung hinterlegen und wie wir die unterschiedlichen Bereiche dotieren werden. Damit zeigen wir, wie weit es angesichts knapper Ressourcen gelingt, allen unterschiedlichen Bereichen, soweit das
in Kombination möglich ist, gerecht zu werden. Allerdings will ich an dieser Stelle nicht verhehlen: Selbst wir können nicht zaubern, so gern wir das täten.
(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Demonstrativer Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))
(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Der Anspruch wurde vorher anders vermittelt, vielleicht liegt es daran!)
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Norbert Schmitt (SPD): Kaufmann zauberhaft!)
Deshalb können nicht alle finanzwirtschaftlichen Unwägbarkeiten bereits im Finanzplan einkalkuliert sein, mit denen wir aktuell in den kommenden Jahren konfrontiert werden. In diese Kategorie fällt die Finanzierung der Auswirkungen der rasant steigenden Flüchtlingszahlen – wir haben schon ausgiebig darüber diskutiert –, eine Problematik, die auch im Rahmen der Haushaltsdebatte in diesen Tagen nicht aus den Augen gelassen werden kann.
Beim Blick in den Finanzplan wirken sich diese und andere offene Fragen unter anderem darin aus, dass wir den finanzwirtschaftlichen Handlungsbedarf in den Jahren 2017 und 2018 noch nicht vollständig abarbeiten konnten und deshalb als Globalposition in den Plan einstellen mussten. Der Kollege Schmitt hat es deutlich markiert. Ich hätte es von mir aus auf jeden Fall angesprochen; denn ich sage klar und deutlich, dies halte ich für einen durchaus argen Schönheitsfehler. Ich will nicht drum herumreden. Es werden alle Bemühungen dahin gehen, das in Zukunft wieder besser zu machen. Nur, dass wir im Augenblick eine Situation haben, die in doppelter Hinsicht unkalkulierbar ist, haben bisher fast alle Redner in den unterschiedlichen Punkten durchaus eingeräumt.
Meine Damen und Herren, wenn ich Kritik übe, wie an dieser Stelle, will ich umgekehrt aber auch Lobenswertes herausstellen. Der Finanzplan stellt sich in sehr transparenter Weise der Problematik, dass uns die weitere Entwicklung der Flüchtlingszahlen nicht bekannt ist und wir sie aus eigenen Erkenntnissen heraus heute kaum abschätzen können. Um die Konsequenzen dieser Entwicklung für den Haushalt 2016 im Finanzplan abgrenzen zu können, werden deshalb mehrere Szenarien betrachtet – der Finanzminister hat es dargestellt –, sodass fortlaufend die reale Entwicklung in die Planung eingepasst werden kann und man jeweils schon sieht, wo es enden könnte, wenn sich die jeweils gemessenen Zahlen dann so weiterentwickeln.
Dies bedeutet für den Haushalt 2016, dass er seit seiner Verabschiedung im Kabinett heute natürlich nicht mehr aktuell sein kann, dass wir heute aber auch die zum Zeitpunkt seiner Verabschiedung durch den Landtag bestehende Situation in quantitativer Hinsicht noch nicht exakt einschätzen können.
Unstrittig sollte sein, auch und gerade nach der gestrigen Debatte und den heutigen Anmerkungen, dass wir uns jen
seits des parteipolitischen Streits alle gemeinsam in dem Bemühen wiederfinden, eine zugewandte, ebenso respektvolle wie angemessene Betreuung der Menschen zu gewährleisten, die zu uns gekommen sind, um Schutz und Hilfe zu finden. Unstrittig ist auch, dass wir hierfür ganz viel Engagement ungezählter Einzelner benötigen, aber auch weitere zusätzliche finanzielle Mittel in erheblichem Umfang einsetzen müssen.
In finanzieller Hinsicht – hierüber reden wir heute – waren die Anstrengungen des Landes in den letzten Haushalten aus der Sicht eines Finanzers bereits außerordentlich. Denn wann gelingt es schon einmal, solche Steigerungsraten in einem Haushalt unterzubringen? Bei anderen Themen sind wir in der Vergangenheit meist gescheitert.
Seit 2012, als insgesamt rund 5.000 Flüchtlinge nach Hessen kamen, bis zu diesem Jahr haben wir die finanzielle Vorsorge im Landeshaushalt bereits knapp verzehnfacht. In keinem anderen Bereich hat es solche Budgetsteigerungen gegeben. Der Haushaltsentwurf 2016, so wie er vorliegt und zu knapp ist, wie wir uns auch einig sind, hat den Sollansatz von 2015 bereits um rund 60 % gesteigert. Die Summen sind nach aktueller Einschätzung – ich sage das noch einmal, damit es keine Zweifel gibt – nicht ausreichend.
Die bereits angesprochenen Szenarien zeigen auf, in welcher Dimension wir uns werden bewegen müssen, und der Finanzminister hat es uns auch mitgeteilt. Für das laufende Jahr ist die allseitige Einschätzung nach Kenntnis der Zahlen: Wir kommen mithilfe überplanmäßiger Ausgaben, die gedeckt werden können, aus. Übrigens, für einen Nachtragshaushalt wäre es von der Zeitabfolge her zu spät. Er würde nur etwas nützen, wenn er vor dem 31.12. im Gesetzblatt steht. Aber wir kriegen das in diesem Jahr wohl hin. Was im nächsten Jahr ist, wird hoffentlich in näherer Zukunft durch viele Entscheidungen deutlicher werden.
Für das Jahr unserer Haushaltsbetrachtung, also für 2016, werden wir sicher Mehraufwand in dreistelliger Millionenhöhe haben, und wir werden diesen als Regierungskoalition – vielleicht machen andere gern mit – in Form von Änderungsanträgen in den Planentwurf vor der Verabschiedung einbringen.
Meine Damen und Herren, angesichts der aktuellen intensiven Beratungen über die Flüchtlingsproblematik auf allen politischen Ebenen an diversen politischen Orten ist es im Augenblick natürlich nicht möglich, eine belastbare Größe für unseren Haushalt zu nennen. Aber klar soll und muss auch sein, dass neben dem Land zunächst die kommunale Seite mehr Unterstützung benötigt
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das weiß ich nicht!)
Das sage ich ja gerade. – Ich kann verstehen – Herr Kollege Schmitt freut sich vielleicht darüber –, dass manch ein Landrat oder Bürgermeister zurzeit etwas unruhig ist. Ich will zur Beruhigung beitragen; das mache ich nicht oft, aber gelegentlich gern.
Oberste Priorität unter den finanzwirtschaftlichen Aspekten hat eindeutig das Thema Flüchtlinge, und im Thema Flüchtlinge, dass wir es erreichen – es ist von allen schon
gesagt worden –, dass der Bund seine Verantwortung in Form eines dauerhaften substanziellen Finanzierungsbeitrags übernimmt und damit einen strukturell abgesicherten Anteil am Gesamtaufwand der Länder und Kommunen leistet. Um das zu schaffen, müssen und wollen – sie haben es auch versichert – alle zusammenstehen.
Alle Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die dennoch unruhig werden, was man auch verstehen kann, seien noch einmal an die Anfang Juli zwischen dem Land und den Kommunalen Spitzenverbänden klar getroffene Vereinbarung erinnert. In der Begründung des Änderungsantrags zum Finanzausgleichsgesetz haben wir es auch schriftlich fixiert – ich zitiere –:
Die aktuellen Herausforderungen der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen sind auch finanziell sehr bedeutsam. Sie sind aber aus systematischen Gründen nicht Gegenstand des Kommunalen Finanzausgleichs, sodass eine Berücksichtigung dieser Belastungen im Kontext der Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs nicht in Betracht kommt.
Dem gleichwohl bestehenden monetären Handlungsbedarf an dieser Stelle wird im Rahmen der laufenden Gespräche zur Angemessenheit der Pauschalen nach § 7 des Landesaufnahmegesetzes noch in diesem Jahr Rechnung zu tragen sein.
Meine Damen und Herren, ich bin deshalb ganz sicher, dass wir bis zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes auch diese Frage geregelt haben werden. Auch der Ministerpräsident hat es gestern im Rahmen der Regierungserklärung schon sehr deutlich gemacht. Selbstverständlich wissen wir um das Problem, und selbstverständlich lassen wir die Kommunen nicht im Regen stehen. Hier und heute kann deshalb zum Thema Flüchtlingsbetreuung nichts Sinnvolles mehr beigetragen werden. Zu der Kritik, man hätte mindestens schon irgendetwas hineinschreiben sollen: Vernünftigerweise trifft man erst die Vereinbarung zwischen den Beteiligten; dann stellt man fest, was das in Zahlen zur Folge hat; und dann berücksichtigt man die Zahlen in dem entsprechenden Planwerk. Das ist die Reihenfolge, die wir haben werden, und das werden wir schaffen, wie gesagt, vor der Verabschiedung des Haushalts noch in diesem Jahr.
Bevor ich zu einigen konkreten Inhalten des von der Landesregierung vorgelegten Entwurfs komme, will ich kurz noch einmal die finanzwirtschaftlichen Eckpunkte zusammenfassen. Wir haben eine konsequente Orientierung unserer Finanzpolitik an der Schuldenbremse. Wir setzen die im Koalitionsvertrag angekündigten Konsolidierungsmaßnahmen konsequent um. Wir orientieren die Finanzplanung mit Sorgfalt an den erwartbaren Entwicklungen und ihren Risiken, fokussieren sie auf eine Absicherung der Konsolidierungsziele und vergessen dabei keineswegs unsere Pflichten auch Dritten gegenüber, z. B. den Kommunen.
Das ist alles in sich schlüssig aufgebaut, sehr solide und schafft deshalb für unsere Politikerinnen und Politiker – der Finanzbranche, hätte ich beinahe gesagt –, die sich mit dem Haushalt befassen, eher ein gewisses Problem bei der öffentlichen Wahrnehmung. Die hessische Finanzwirt