Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

Die einzelnen Bestandteile dieses Kommunalinvestitionsprogramms bestehen aus folgenden Punkten:

Erstens. Der Gesetzentwurf beinhaltet die Weiterleitung der Bundesmittel aus dem Bundesinvestitionsprogramm in Höhe von 317 Millionen €. Damit verbunden – das wissen wir aus dem Bundesprogramm – ist die Komplementärfinanzierung von ca. 35 Millionen €, der Eigenanteil, den die Kommunen im Rahmen des Bundesprogramms zu erbringen haben. Wir bieten den Kommunen an, diese Komplementärfinanzierung über ein Darlehensprogramm mit zehn Jahren Laufzeit bei der WIBank zu finanzieren. Im Falle der Darlehensaufnahme der Kommunen zur Komplementärfinanzierung übernimmt das Land die Zinsaufwendungen für diese zehn Jahre. Damit haben die Kommunen jeweils 1 % des Eigenanteils zu tilgen. Mit dieser Regelung stellen wir sicher, dass die Forderung des Bundes in diesem Bundesinvestitionsprogramm erfüllt wird, dass den Kommunen die Möglichkeit gegeben werden muss, an dem Bundesprogramm teilzunehmen und die Komplementärfinanzierung darzustellen. Denn – auch das ist ein wichtiger Punkt – die Bundesmittel und das Bundesprogramm richten sich ausschließlich an finanzschwache Kommunen.

Wir haben im Land Hessen aufgrund der Steuereinnahmekraft in den einzelnen Gruppen, die wir aus dem Kommunalen Finanzausgleich kennen, und aus den Arbeitslosenkennzahlen die Bedürftigkeit und die Finanzschwäche der Kommunen ermittelt. Von dem Bundesprogramm werden im Land Hessen 248 Kommunen profitieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der zweite Bestandteil ist ein Landesprogramm mit einem Volumen von 370 Millionen €. Das Bundesprogramm ist in einzelnen Teilen restriktiv und darf nur für bestimmte Investitionen verwandt werden. Das hat dazu geführt, dass wir gesagt haben: Wir wollen das Bundesprogramm durch ein Landesprogramm mit einem Volumen von 370 Millionen € ergänzen.

Von diesen 370 Millionen € stehen 25 Millionen € den Kommunen zur Verfügung, die Standort für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge sind. Diese Kommunen wollen wir mit dem Betrag von 25 Millionen € gesondert unterstützen.

Die weiteren 345 Millionen € stehen allen – ich wiederhole: allen – hessischen Kommunen zur Verfügung. Für dieses Programm übernimmt das Land 80 % der Tilgung. 20 % der Tilgung verbleiben bei den Kommunen. Das Land zahlt für die ersten zehn Jahre die Zinsen für diese Darlehen. Für weitere zehn Jahre werden die Zinszahlungen auf Antrag gewährt.

Dieses Programm ist bundesweit einmalig. Das Land Hessen, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sind die Einzigen in der Bundesrepublik Deutschland, die

das Bundesprogramm mit einem entsprechenden Landesprogramm ergänzen. Auch dies ist ein deutliches Zeichen an die Kommunen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Weltweit!)

Nächster Bestandteil ist ein Darlehensprogramm von 75 Millionen € für Investitionen in die Krankenhausinfrastruktur. Bei diesem Programm übernimmt das Land die Tilgung zu zwei Dritteln. Der Rest bleibt bei den Krankenhausträgern. Die Zinsregelung ist identisch mit der im Landesprogramm. Auch hier werden für die ersten zehn Jahre die Zinsen übernommen.

Im Gesetzentwurf ist auch festgehalten, dass diese Investitionen in die Krankenhausinfrastruktur Krankenhäusern, die unverzichtbare Notfallstandorte außerhalb von Ballungsräumen sind, und Spezialkliniken mit überregionaler Bedeutung zugutekommen. Dafür sollen diese 75 Millionen € eingesetzt werden.

Ein weiterer Bestandteil – das ist in den letzten Tagen wiederholt angesprochen worden – ist ein Darlehensprogramm über 230 Millionen € für Investitionen in Wohnraum, zur Schaffung von günstigem Wohnraum. Bei diesem Programm übernimmt das Land Hessen für zehn Jahre die Zinszahlungen.

Da in den letzten Tagen die eine oder andere Kritik gerade an dem Teil genannt worden ist, will ich Ihnen eine Vergleichszahl nennen, um deutlich zu machen, was das Land Hessen – und wir – in diesem Programm macht. Die KfW hat ein exakt gleiches Programm für Investitionen der Kommunen in Wohnraum. Das Gesamtvolumen des KfWProgramms für die gesamte Bundesrepublik Deutschland beträgt 300 Millionen €. Wir als Koalitionsfraktionen in diesem Landtag stellen dafür 230 Millionen € zur Verfügung. Ich glaube, das kann sich sehen lassen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für alle Darlehensprogramme gilt – diese Regelung ist vernünftig –, dass die kommunalaufsichtsrechtliche Genehmigung für die Kreditaufnahme als erteilt gilt. Damit können die Kommunen handeln und entsprechende Planungen vorantreiben.

Diese Programme, die ich vorgestellt habe, das gesamte Kommunalinvestitionsprogramm, ermöglichen Investitionen in vielen Bereichen: für den Bau von bezahlbarem Wohnraum, für Schulen, für schnelles Internet, für Straßen und für andere kommunale Infrastruktur. Das Programm von 1.027 Millionen € bietet den Kommunen die Möglichkeit, die Heimat unserer Bürgerinnen und Bürger noch lebenswerter zu machen, sich weiter nachhaltig zu entwickeln und auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren.

Herr Schork, kommen Sie bitte zum Schluss?

Das ist aus unserer Sicht ein guter Gesetzentwurf, den ich für die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier eingebracht habe. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Beratungen in den Ausschüssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Schork. – Bevor wir mit der Debatte fortfahren, möchte ich gerne Herrn Gottfried Milde als früheres Mitglied dieses Hauses auf der Besuchertribüne begrüßen. Herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Schmitt das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das vergangene Woche mit großer Trompete angekündigte Investitionsprogramm – heute waren die Töne etwas leiser – ist eher Ausdruck schlechten Gewissens als wirklich Abhilfe für die Finanznot der Kommunen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es ist in der Tat so, dass das Bundesprogramm, das sehr hilfreich ist, ergänzt wird mit drei Landesprogrammen, wie Herr Schork sie gerade dargestellt hat. Aber wenn man sich die drei Landesprogramme genauer ansieht und vor allem rechnet, wird man schnell feststellen, dass diese Landesprogramme im Gegensatz zum Bundesprogramm reine Darlehensprogramme sind und dass diese Programme die Kommunen teuer zu stehen kommen werden. Darlehensprogramme sind auf 30 Jahre angelegt. In 30 Jahren wird manche Investition, die getätigt worden ist, nicht mehr bestehen, aber es muss noch abfinanziert werden.

Herr Kollege Kaufmann hat gestern in der ihm typischen Art gesagt, wir sollten uns erst besser informieren, als ich davon gesprochen habe, dass es in der Tat ein teures Programm werden könnte.

Wir haben das nachgerechnet, und ich würde gerne eine andere Rechnung von Ihnen sehen, Herr Kaufmann. Wir haben festgestellt, dass diese drei Darlehensprogramme mit Zins und Tilgung zu 53 % von den Kommunen finanziert werden müssen. Das Land lässt sich wieder feiern – Herr Schork spricht wieder von einem Superprogramm –, ist aber nur mit weniger als der Hälfte beteiligt. Herr Kaufmann, wenn das falsch ist und Sie Sachgründe haben, dann kommen Sie nach vorne und sagen das nachher. Ich denke, Sie werden dazu sprechen.

Sieht man das gemeinsam mit dem Bundesprogramm, dann tragen die Kommunen 45 % der Kosten. Der Landesanteil liegt nicht einmal bei 33 % und der Bundesanteil – immerhin ein Zuschussprogramm – bei 20 %.

Insgesamt müssen die hessischen Kommunen für diese Programme in der Frist von 30 Jahren für Zins und Tilgung 735 Millionen € aufbringen. Dann sieht etwas, was als Geschenk dargestellt wird, schon ein bisschen anders aus.

(Beifall bei der SPD)

Das Land wird rund 600 Millionen € aufbringen. Herr Kaufmann, ich gehe sogar von 600 Millionen € aus, während Sie in der Gesetzesbegründung von 547 Millionen € ausgehen. Ich komme an dieser Stelle auf ein paar Euro mehr, als es das Land bilanziell darstellen wird. Das können wir noch austragen. Möglicherweise hängt das mit den

unterschiedlichen Zinsannahmen zusammen. Der Bund ist immerhin mit 317 Millionen € beteiligt.

Im Gegensatz zu den Landesprogrammen ist das Bundesprogramm wirklich hilfreich. Der Eigenanteil beträgt nur 10 %, und es sind keine Zins- und Tilgungsleistungen fällig. Das ist ein echtes Hilfsprogramm.

(Beifall bei der SPD)

Auch da, beim Stichwort Hilfe für die Kommunen, sieht man wieder den Unterschied zwischen Großer Koalition und Schwarz-Grün.

Es gilt der berühmte Satz: Noch ein Zuschuss, dann sind wir pleite. – Meine Damen und Herren, angesichts der Laufzeiten kann es sein, dass das eher für die hessischen Darlehensprogramme gilt: Noch ein Darlehen, und wir sind wirklich pleite.

Trotzdem rate ich den hessischen Kommunen, dort zuzugreifen, wo es geht, wo es sich auf lange Sicht darstellt. Dieser Landesregierung würde ich keinen Pfennig schenken,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

zumal es das Geld der Kommunen ist. Denn das ist alles über die 344 Millionen € finanziert, die seit fünf Jahren im Kommunalen Finanzausgleich abgezogen worden sind.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Das wird jetzt großzügig verliehen. Sie wissen doch selbst, dass dieses Programm keine Abhilfe bei den kommunalen Finanzproblemen schafft.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist „nur“ 1 Milliarde €!)

Dieses Programm müsste eigentlich SGP – Schlechtes-Gewissen-Programm – heißen. Es ist Ausdruck Ihres schlechten Gewissens gegenüber den Kommunen.

(Beifall bei der SPD)

Sie wissen, dass bei den hessischen Kommunen ein Investitionsbedarf von 8 Milliarden € bis 10 Milliarden € besteht.

Meine Damen und Herren, das ist auch Ausdruck Ihres schlechten Gewissens. Denn Sie haben unseren Änderungsantrag zum Gesetzentwurf zur Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs, der eine Förderung der Investitionen vorgesehen hatte, noch vor drei Monaten mit der Begründung abgelehnt, das sei nicht notwendig. Jetzt schießen Sie es mit einem eigenen Programm nach. Das ist doch lächerlich und eine durchsichtige Argumentation.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Die Kommunen haben das wirklich nötig. Allein in den vier Jahren von 2010 bis 2014 wurden die kommunalen Investitionen angesichts des Drucks und der unzureichenden finanziellen Ausstattung durch das Land um 750 Millionen € zurückgefahren. Ich habe das gestern schon gesagt. Meine Damen und Herren, das, was Sie jetzt auflegen wollen, entspricht gerade einmal einem Jahr des Zurückschraubens. Dafür wollen Sie sich besonders loben lassen. Nein, das hat kein Lob verdient.

Beim Krankenhausprogramm wird es z. B. offenkundig, worum es wirklich geht. Die Krankenhausfinanzierung geschah bisher als Zuschuss. Das soll jetzt auf eine Pauschal

förderung umgestellt werden. Dadurch können einige wichtige Projekte nicht mehr finanziert werden. Dafür müsste jahrzehntelang angespart werden, um sie zu finanzieren.