Es gibt weder halbe Konferenzen noch halbe Ausflüge, noch halbe Elterngespräche, noch sonstige halbe Sachen in den hessischen Schulen. Da kommen wir zu einem Punkt, den Herr Rock erwähnt hat. Er hat ganz recht damit. Er hat nämlich gesagt, nicht alles kann man durch Gesetze regeln. Ich würde sagen, nicht alles kann man durch ein Gleichstellungsgesetz regeln. Hier braucht man eine gute Schulpolitik. Hier braucht man eine gute Bildungspolitik. Wenn wir eine schlechte Bildungspolitik haben, werden wir auch in dem Bereich nichts erreichen, und mit Nullrunden locken Sie auch keine Männer in die Grundschulen.
Wenn in dem Bericht zu lesen ist, dass die Gymnasien aufgefordert werden, die Erhöhung des Anteils von Frauen in den Schulleitungen voranzutreiben, dann muss man fragen: Wie sollen die Gymnasien das machen – unter den Rahmenbedingungen, die wir haben? Die Rahmenbedingungen müssen sich ändern.
Aber natürlich kann man mit einem guten Gleichberechtigungsgesetz etwas machen – mit einem Gesetz, das mit den Frauenbeauftragten kommuniziert und beraten wird.
Wir als SPD haben einen Entwurf vorgelegt. Wir waren schnell; wir haben einen guten Entwurf vorgelegt, der hier demnächst diskutiert werden wird. Sie können sich überlegen, ob Sie sich unseren Überlegungen anschließen wollen. Ich will nicht sagen: „Wir mussten Sie zum Jagen tragen“, sonst kommt wieder die Diskussion von gestern Nachmittag auf den Tisch.
Ich gehe einmal davon aus, dass unser Entwurf so gut ist, dass er nicht nur von allen Frauen in diesem Parlament mitgetragen werden wird, sondern auch von allen selbstbewussten Männern in diesem Parlament.
Den Kolleginnen und Kollegen vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte ich noch sagen: Sie haben den Vierten Bericht als „katastrophale Bilanz der schwarz-gelben Regierung“ zerrissen. Sie könnten den Fünften Bericht leise kritisieren, weil ja der Berichtszeitraum nicht in Ihrem Verantwortungsbereich liegt. Aber dem Sechsten Bericht werden Sie doch sicherlich zujubeln wollen. Aber dann müssen Sie auch die entsprechende Zustimmung zu unseren Forderungen zeigen. Wir freuen uns auf die Beratungen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Alex. – Es spricht jetzt für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Ravensburg. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst einmal bei Herrn Staatsminister Stefan Grüttner und vor allem bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die diesen Bericht, um den es heute geht, den fünften Gleichberechtigungsbericht, erarbeitet haben. Dieser Bericht ist nicht einfach nur eine Darstellung und Interpretation von Zahlen, die man einfach aus dem Computer abrufen könnte, nein, die Erstellung erfordert umfangreiche Abfragen, Rückfragen und Nachfragen. Dass sich von den 60 Städten in Hessen lediglich 27 zurückgemeldet haben, finde ich allerdings sehr bedauerlich.
Herr Rock hat viel Richtiges gesagt und sprach von den gesellschaftlichen Veränderungen. Ja, das ist so. Denn wussten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass mittlerweile 60 % der Auszubildenden in der hessischen Landesverwaltung weiblich sind? In den Kommunen sind es sogar 66 %. Frau Alex, wussten Sie, dass sich der Frauenanteil sowohl bei Beamten als auch bei Angestellten stetig erhöht hat und im Landesdienst z. B. im Jahr 2012 54,5 % betrug? Aber auch die Anzahl der vollzeitbeschäftigten Frauen nimmt deutlich zu. Inzwischen arbeiten 42,4 % der Frauen in Vollzeit. Das ist eine Steigerung von 3,4 %.
steigt kontinuierlich. Ich habe hier die Zahlen der B-Besoldung vom Jahre 2005. Damals waren es 8 %. Im Jahre 2012 haben wir 18 %. Daran sieht man, dass auch Frauen Karriere machen wollen und hierzu die Chance bekommen.
Aber, Frau Alex, Ihre Äußerungen bezogen sich eigentlich nur auf die Schule. Ich finde, die Landesverwaltung ist sehr viel größer. Sie haben insbesondere auf die Grundschulen hingewiesen. Ja, auch meine Fraktion weiß um die Belastungen der Grundschullehrerinnen und um die hervorragende Arbeit, die diese tun. Deshalb haben wir die Schulleiter und Schulleiterinnen von Grundschulen hochgestuft, sodass sie die Gehaltsstufe A 13 bekommen.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich auf drei Schwerpunkte dieses Berichts konzentrieren, die mir besonders wichtig sind. Da ist zunächst einmal die Teilzeitarbeit. Dazu sollte man wissen – meine Vorredner haben es erwähnt –, dass es im Landesdienst eine sehr hohe Teilzeitquote gibt. 25 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ja, es sind auch Männer – arbeiten in Teilzeit. Davon sind allerdings 87,7 % weiblich. Bei den Kommunen sind sogar 93 % weiblich. Schon diese Zahlen zeigen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer überwiegend eine Sache von Frauen ist.
Es wurde der gesellschaftliche Wandel erwähnt, und dieser zeigt sich meiner Meinung nach auch bei den jungen Müttern. In der Vergangenheit sind sie gerade im öffentlichen Dienst längere Zeit komplett aus dem Beruf ausgestiegen, und genau das hat sich jetzt verändert. So begünstigen die hervorragenden Teilzeitmöglichkeiten im öffentlichen Dienst viele Anstrengungen zur Verbesserung der Kinder
betreuung, z. B. auch in den Ministerien. Aber auch der Ausbau der Kindertagesstätten führt dazu, dass die Elternzeit immer kürzer in Anspruch genommen wird. Deshalb arbeiten die Frauen im Durchschnitt bereits nach eineinhalb Jahren nach der Geburt ihrer Kinder wieder im Landesdienst, und zwar zumeist in Teilzeit.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einen zweiten Punkt näher betrachten: Familie und Karriere. Spannend ist folgendes Ergebnis des vorliegenden Berichts: Die Übernahme von Führungsaufgaben in Teilzeit, ich meine Teilzeit im höheren Dienst, ist fast eine weibliche Domäne. Aus meiner Sicht muss es gelingen, die Last und Freude von Beruf und Familie, von Karriere und Familie, gleichberechtigt auf beide Partner zu verteilen.
Noch immer ist der Anteil der Frauen konstant hoch. – Herr Gremmels, darauf gehe ich gleich ein, denn es muss sich gesellschaftlich etwas ändern, nicht nur in den Köpfen des Führungspersonals, sondern auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und zwar in der gesamten Bundesrepublik. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg. Wir sehen ja bei den Elternzeitmonaten, dass Väter die Elternzeitmonate immer häufiger in Anspruch nehmen und dass dies auch anerkannt wird.
Ich freue mich sehr, dass auch viele Männer Verantwortung übernehmen wollen. Deshalb will auch ich noch einmal erwähnen: Teilzeit bedeutet nicht, dass ich eine halbe Woche arbeite und mich die andere Hälfte um die Kinder kümmere oder von morgens bis mittags arbeite und dann für die Familie da bin. Nein, im Landesdienst sind heute sehr viele flexible Modelle möglich. Man kann z. B. sagen, man nimmt sich einen Familientag pro Woche. Solche Modelle sind für Väter durchaus akzeptabel, und diese streben viele Männer an. Ich denke, in Zukunft wird es unsere Aufgabe sein – wir reden hier ja immer über Zahlen von 2012 –, dass die Akzeptanz von Männern verbessert wird, die Teile ihrer Zeit für ihre Familie einsetzen wollen; denn das kommt auch den Frauen zugute, die diese Zeit, diese Freiräume, nutzen können, um ihre Karriere voranzutreiben.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen, dass der Bereich der Beamtinnen in Führungspositionen auch in Vollzeit kontinuierlich steigt. Bei der A-Besoldung liegt der Frauenanteil jetzt bei 38,6 %. Bei der R-Besoldung, also in der Gerichtsbarkeit, stieg der Anteil der Beamtinnen in Führungspositionen auf 36,2 %.
Ich will aber noch einen dritten Aspekt beleuchten, und das sind die Gremien. Dort bin auch ich nicht zufrieden. Die Besetzung von Gremien könnte sich durchaus verbessern. Dort sehe ich durchaus Handlungsbedarf. Ohne die gezielte Ansprache und die Empfehlung von Vorgesetzten wird es kaum eine Entsendung in die Gremien geben. Umso größer ist die Verantwortung in Bezug auf die Personalentwicklung; Frauen müssen auch Fortbildungen ermöglicht werden, um sie für Gremienbesetzungen vorschlagen zu können.
Deshalb macht unser Gesetzentwurf, über den wir in der kommenden Woche in der Anhörung diskutieren, ganz klare Vorgaben. Wir wollen den Frauenanteil deutlich verbessern. Es liegt nicht etwa daran – Herr Rock hat es erwähnt –, dass sich Frauen nicht um Fortbildungen bemühten, ganz im Gegenteil. Trotz aller Schwierigkeiten in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf melden sich überproportional viele Frauen für Fortbildungen an. Aber ihre Anzahl in Führungs- und Leitungsseminaren könnte sich noch verbessern.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir das Problem lösen können. Deswegen finde ich es richtig, dass es im Landesdienst möglich ist, Inhouseseminare anzubieten, und man nicht mehr eine komplette Woche zum Seminar muss. Das ist für Frauen ein Riesenvorteil. Ich bin davon überzeugt, dass sich der Frauenanteil in Führungspositionen in den nächsten Jahren deutlich verbessern wird.
Was wir mit unserem Gesetzentwurf tun können, das tun wir. In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratungen des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes, das wir eingebracht haben.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Das war nichts Konkretes!)
Vielen Dank, Frau Kollegen Ravensburg. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein solcher Bericht macht sicherlich eine Menge Arbeit. Daher erst einmal vielen Dank an all diejenigen, die sich gemüht haben, uns mit diesen Zahlen zu versorgen. Er scheint aber auch eine Menge Abstimmungsbedarf hervorzurufen, denn es hat schließlich relativ lange gedauert, bis die Zahlen des Jahres 2012 und aus der Zeit davor dem Parlament und der Öffentlichkeit vorgelegt werden konnten.
Das ist schon ein bisschen her, und deswegen frage ich die Landesregierung, ob es nicht möglich wäre, den Landtag und die Öffentlichkeit zeitnaher zu informieren. Wenn wir jetzt die Schlüsse aus dem Jahr 2012 ziehen und dann Anträge dazu formulieren und Ideen einbringen wollen, müssen wir uns am Ende wieder sagen lassen: Wir sind doch schon viel weiter, das haben wir doch längst alles abgear
beitet. Das ist doch alles schon viel besser. – Wenn der Bericht sinnvoll sein soll, dann muss er zeitnah kommen.
Immerhin haben wir die glückliche Situation, dass der Bericht es noch geschafft hat, vor der Änderung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes zu kommen, damit wir ihn noch mit einbeziehen können. – Auch wenn Sie jetzt nicht gelacht haben, es war ein Scherz, wenn auch ein bitterer.
Aufgrund der Verzögerungen ist es notwendig, dass dieser Gesetzentwurf – das erleben wir auch bei anderen Gesetzentwürfen, beispielsweise beim Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch – im Schweinsgalopp durch die Gremien gepeitscht werden muss. Dabei weiß man doch, dass Zeit ein wichtiger Faktor für Demokratie ist. Wahrscheinlich ist das aber nicht gewollt.
Nun noch einmal konkret zu dem Bericht im Einzelnen. Der öffentliche Dienst bietet viele Arbeitsplätze, die für Frauen interessant sind. Somit ist der Anteil der Frauen höher als der der Männer. Damit hört aber die stärkere Frauenbeteiligung leider schon auf.
Wenn wir uns die Beamtinnen und Beamten ansehen, das sind 72 % der Beschäftigten, stellen wir fest, der Anteil der Frauen ist geringer als in der Mitarbeiterschaft. Diese Zahl muss vor dem Hintergrund des hohen Anteils der Teilzeitbeamtinnen relativiert werden.
Jetzt zu den Auszubildenden. An der Stelle stimmt der Spruch: „Traue nie der Statistik, …“ Hier kann man nämlich deutlich sehen, wie unterschiedlich man einen solchen Bericht lesen kann. Man kann nämlich sagen, bei den Auszubildenden liegen wir gut, da haben wir einen Frauenanteil von 60 % und in den Gemeinden von 66 %. Das liest sich erst einmal richtig gut. Wenn man aber genauer hinschaut, stellt man fest, dass es in den letzten Jahren 13.225 Azubis weniger gegeben hat als in den Jahren zuvor. Das ist ein deutlicher Rückschritt und eigentlich ein Skandal, weil das Land Vorreiter sein sollte. Dass von diesen 13.000 Auszubildenden 75 % Frauen waren, zeigt, dass ein guter Trend zurückgefahren worden ist. Am Ende kann man immer noch sagen: Wir haben 60 bzw. 66 % Anteil von Frauen. – Das finde ich schon relativ fragwürdig, wenn man das so unkritisch darstellt.
Interessant wäre, zu erfahren, warum dies so ist. Bewerben sich weniger junge Frauen als früher? Wie ist das mit den Beamtenstellen, kommen dafür weniger Frauen infrage? – Das wären die Fragen, die ein Gleichstellungs-, oh pardon, es heißt ja Gleichberechtigungsbericht, beantworten sollte. Nur dann können wir sehen, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, um wirklich eine Gleichstellung zu erhalten.
Interessant ist weiterhin, in welchen Gehaltsstufen Frauen arbeiten. Schauen wir uns die B-Besoldung an, also den Teil, wo es um Geld und Bedeutung geht. Da gibt es die, laut Bericht, positive Entwicklung von einem Frauenanteil von 14,8 % auf einen von 18,4 % innerhalb von fünf Jahren. Da hat sich aber nur in einer Besoldungsgruppe etwas getan, in der fünf neue Stellen geschaffen wurden. Das ist zwar ein kleines bisschen besser als vorher, aber wahrlich kein Erfolg. Da fällt mir nur der Spruch ein, der als Motto für diesen Bericht gelten kann: Der Fortschritt ist eine Schnecke.
Exemplarisch will ich dies an zwei Bereichen aufzeigen. Das eine ist der richterliche und der staatsanwaltschaftliche Dienst. Dort gibt es zwar Steigerungsraten, was die Frauenbeschäftigung betrifft. Diese finden weitgehend bei den Sozial- und Arbeitsgerichten statt, aber nicht bei den Finanzgerichten. Sind keine Frauen bereit, an diese Gerichte zu gehen? Oder liegt dies an den Strukturen, dass die Gerichte keine Frauen nehmen wollen? – Das sind Fragen die ich in dem Bericht, nicht beantwortet finde.
Wenn man sich die Zahlen aber genau ansieht, wird man auch hier erkennen, dass es für die Beamtinnen mit der Gleichstellung noch lange dauern wird. Wenn es, wie in diesem Bereich, im aktuellen Schneckentempo weitergeht, wird es sage und schreibe 27 Jahre dauern, bis tatsächlich eine paritätische Verteilung vorhanden ist.