Ulrike Alex
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sagen Danke für die Beantwortung unserer Großen Anfrage. Gut 13 Monate hat es gedauert – das ist selbst nach den großzügigen Maßstäben der Landesregierung eine ziemlich lange Zeit.
Das hängt natürlich damit zusammen, dass es sehr schwer ist, Transparenz in einem Bereich zu schaffen, bei dem es sich um Nebenhaushalte des Landes Hessen handelt, die der Kontrolle weitgehend entzogen sind. Aber immerhin: 7 Millionen € im Schnitt pro Jahr Zuwendungen an die Stiftungen, und über eine halbe Milliarde € an Landesmitteln sind in die Stiftungen geschaufelt worden.
Die älteste Stiftung geht auf das Jahr 1929 zurück, das ist sozusagen vor-Bundesland-hessische Zeit. In den 70 Jahren bis 1999 wurden knapp 75 Millionen € in Stiftungskapital investiert. Seit 19 Jahren – seit wir eine CDU-geführte Landesregierung haben – wird richtig geklotzt: Da gab es über 460 Millionen € dazu, also eine Steigerung durch die CDU-geführte Landesregierung um 85 %. Dass sich dieser Teil der hessischen Steuergelder schwer kontrollieren lässt, sagt uns nicht nur der Rechungshof. Der beste Beweis dafür ist, dass Sie 13 Monate gebraucht haben, um einigermaßen die Antwort auf eine Große Anfrage zusammenzubekommen – eine Antwort übrigens, die wie eine Riesenschildkröte ohne Ende Eier Kleiner Anfragen nach sich zieht, weil vieles nicht geklärt ist.
Deswegen finde ich, dass Sie auch uns ein wenig Danke sagen können, dass wir Sie dazu gebracht haben, sich einmal um das ganze Geld zu kümmern, das dort in irgendwelchen Kassen ruht.
Um das klarzumachen, und weil wir nachher wieder hören werden, was die Stiftungen alles Tolles machen: Ich rede hier eigentlich überhaupt nicht – vielleicht bis auf eine Ausnahme – über die inhaltlichen Zwecke der Stiftungen. Wir setzen einmal voraus, dass sie alle gut und richtig sind. Die Frage ist allerdings, ob eine Stiftung immer der beste Weg ist – sowohl inhaltlich als auch finanziell –, um die Zwecke zu erreichen, die man erreichen möchte.
Da ist die Landesregierung in ihrer Argumentation in den letzten Jahren etwas eingeschränkt worden.
Ehrlich gesagt, habe ich geglaubt, als wir kritisiert haben, dass bei der Herzensangelegenheit des Ministerpräsidenten – der Stiftung „Miteinander in Hessen“ – diese Zustiftungen durch Dritte gar nicht kommen, dass sich die Landesregierung nur geirrt und vielleicht nicht die Mühe gemacht hat, einmal genau zu eruieren, was der Rechnungshof immer fordert, einmal eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zu machen – aber das stimmt ja gar nicht. Die Landesregierung hat ja an der Performance aller ihrer Stiftungen von vorher gesehen, dass es keine Zustiftung durch Dritte bei Landesstiftungen gibt. Wenn es überhaupt einmal welche gibt – ich will es ja nicht verschweigen –, dann ist das unter 1 %.
Also kann man sich fragen, was das damals war: Inkompetenz oder Falschaussage? Das kann ich nicht entscheiden.
Das kann man selbst entscheiden.
Das zweite Argument für die Stiftungen – die immensen Zinsgewinne – können wir sowieso vergessen.
Damit bleibt noch eines übrig: Dauerhaftigkeit und Verlässlichkeit, das wird hier auch explizit genannt. Man will es also ein bisschen vom Haushaltsgesetzgeber fernhalten, oder von einer wechselnden Regierung, man will es auf Ewigkeit anlegen – dass das nicht geht, wissen wir auch. Darauf komme ich später noch.
Interessant ist, dass es, als die Anfrage endlich beantwortet war, eine Pressemitteilung der Landesregierung gab. Diese war zur Hälfte der Stiftung „Miteinander in Hessen“ gewidmet. Danach hatten wir zwar auch gefragt, aber nach über 20 anderen Stiftungen auch. Aber die Herzensangelegenheit des Ministerpräsidenten bedurfte offenbar einer genaueren Erläuterung. Da wurde auch mancherlei erklärt. Es ist auch Herzensangelegenheit der Landesregierung, die es nicht versäumt, in jedem ihrer Geschäftsberichte zu beklagen, dass diese neugierigen Abgeordneten sie immer mit Anfragen bei ihrer Arbeit stören würden.
Ich habe darüber einmal mit jemandem vom Rechnungshof gesprochen: Die wollten es gar nicht wahrhaben. Ich erwiderte, das könne man in jedem Geschäftsbericht nachlesen.
Die FDP hat ja eine interessante Kleine Anfrage dazu gestellt – die gleichen Informationen hatten wir auch –, dass man erst einmal ein Rechtsgutachten einholen wollte, ob man den Abgeordneten überhaupt antworten müsse. Das wurde allerdings von der Landesregierung verneint.
Man erfährt wenig von den Stiftungen. Da gibt es Vorstände – da kommen wir wieder auf die Stiftung „Miteinander in Hessen“ –, die auch Geschäftsführer sind, wobei die Wege bei der Kontrolle nicht so weit sind: Man kontrolliert sich selbst. Dann gibt es Kuratorien, und da kann ich Ihnen sagen, dass wir gebeten worden sind, auch ein Mitglied für das Kuratorium der Stiftung „Miteinander in Hessen“ zu benennen. Natürlich haben wir eines unser langmütigsten, gutmütigsten und diplomatischsten Fraktionsmitglieder dorthin gemeldet.
Komischerweise haben wir nie wieder etwas von dort gehört. Irgendwie muss der Name Günter Rudolph doch wie ein rotes Tuch gewirkt haben.
Herr Hahn wird es uns vielleicht erklären können. Das Kuratorium hat seit eineinhalb Jahren oder so nicht mehr getagt. Aber das kann ich nicht beurteilen. Wie gesagt, gab es bei dieser Herzensangelegenheit ab und zu mal eine Erläuterung, während man bei anderen Sachen doch nur staunen kann.
Man wundert sich z. B. doch über das Verhältnis der Personalkosten zu den Erträgen. Über die Hälfte der Stiftungen – das muss ich auch sagen – kommt mit unter 20 %, sogar unter 10 % aus. Teuer sind die Stiftung „Miteinander
in Hessen“, Stiftung Kloster Eberbach: 49 %, Stiftung Europäische Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt am Main: 65 %, Sporthilfe Hessen: 50 %.
Das sind jeweils die jüngsten Zahlen. Jetzt fragen wir uns, die das lesen: Warum kann die Sporthilfe im Jahr 2013 110 % ihrer Erträge und 2014 sogar 225 % ihrer Erträge für Personalkosten ausgeben? Ich hoffe, der Herr Minister wird ein paar erläuternde Worte haben. Nicht gekommen ist es aus Zuwendungen des Landes Hessen, steht in der Antwort. Gekommen ist es aber auch nicht durch Angriff des Kapitals. Also bleiben nur die Förderer wie die Sparkassen, die Glücksspirale oder Lotto Hessen. Aber das werden wir vielleicht gleich erfahren.
Wichtige Aufgaben werden manchmal in obskure Stiftungen verschoben. Wir werden gleich noch die Große Anfrage zum ländlichen Raum beraten. Der ländliche Raum wird auch von einer Stiftung bearbeitet mit Personal, das zwischendurch aussteigt, mit vollkommen neuen Sachverhalten, mit Leuten, die lange warten müssen, und der Arbeit, die eigentlich ein Berliner Institut macht. Das heißt am Ende „Land mit Zukunft“, und das ist Ihre Lösung für den ländlichen Raum. Das ist eigentlich auch sehr traurig.
Dann will ich mich beeilen. – Im Laufe des kommenden Herbstes wird der Landesrechnungshof die Stiftungen gründlich prüfen. Wir werden dann entscheiden, welche inhaltlich weitergeführt werden können und welche sich rechnen. Eine SPD-geführte Landesregierung wird nach dem 18. Oktober Schluss machen mit 19 Jahren Nebenhaushalten, Verschwendung und Intransparenz. Sie werden stiften gehen, und wir werden die Ärmel ganz weit hochkrempeln müssen. Darauf freuen wir uns.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schalauske, Ihre Kritik an der Von-Behring-Röntgen-Stiftung teile ich nicht. Das ist eine Stiftung, die einen sehr geringen Ausgabenanteil hat. Darüber hinaus ist sie eine der wenigen Stiftungen, die ab und zu eine Zustiftung bekommt. Insofern stimmt es zwar, dass der Rechnungshof die VonBehring-Röntgen-Stiftung kritisiert hat, es stimmt aber auch, dass sich diese ganz gut berappelt hat. Das aber nur am Rande.
Ich möchte kurz auf die Ausführungen meiner Vorredner eingehen. Ich habe den Eindruck, dass ich die Einzige bin, die die Antworten auf die Große Anfrage gelesen hat. Wenn man die 99 % an allgemeinen Ausführungen zum Thema Stiftungen abzieht, wie man sich beim Stiften fühlt und was man für einen ideologischen Hintergrund hat, um für oder gegen Stiftungen zu sein, bleibt zum Thema Stiftungen inhaltlich nicht viel übrig.
Herr Kollege Heinz, ich war von Ihrem Vortrag angenehm berührt. Ich teile Ihre Meinung inhaltlich zwar nicht, aber Sie haben zumindest in angemessener Form vorgetragen.
Ich bin es nämlich gewohnt, wenn ich zu diesem Thema rede und jemand von Ihrer Fraktion, meist Herr Möller, daraufhin spricht, erst einmal eine Rezension über meinen Vortrag zu hören und gesagt zu bekommen, was gut war, was nicht so gut war und was man doch besser nicht macht. Ich frage mich dann immer: Ist das Frauenfeindlichkeit oder schon Altersdiskriminierung?
Diesen Part hat heute Herr Kaufmann übernommen. Er hat mir eine schlechte Note für die Form meines Beitrags gegeben und hat mir unterstellt, dass ich auch inhaltlich nicht Bescheid wisse. Das weise ich zurück.
Ich finde es etwas merkwürdig, dass die Art unserer Fragen als gemein empfunden wurde, als würden wir etwas Zerstörerisches, etwas Böses im Schilde führen. Ich hätte gerne einmal erklärt, was an diesen Fragen perfide gewesen ist.
Herr Heinz, das, was Sie zur Stiftung „Miteinander in Hessen“ gesagt haben, war der offizielle Tenor aus dem Jahr 2013/2014. Das glaubt heute kein Mensch mehr. Das muss ich Ihnen so sagen. Wenn Sie von der „großartigen Darstellung“ der Stiftung berichten, möchte ich Ihnen vom Hessentag in Rüsselsheim berichten. Vor dem Zelt der Landesausstellung stand eine zerrupfte Kiste mit einem Zettel mit der Aufschrift „Bitte mitnehmen“. In der Kiste lagen Taschen der Stiftung „Miteinander in Hessen“. Weit und breit war kein Mitarbeiter zu sehen. Wir haben damals von dieser Kiste ein Foto gemacht.
Richtig, so wurden Verwaltungskosten gespart. Das ist aber nicht gerade die richtige Ansprache der Öffentlichkeit.
Ich frage die Landesregierung, übrigens mit aufrichtiger Neugier:
Welche Maßnahmen plant sie, um die weiterhin stark angespannte Parksituation an der Polizeihochschule Mühlheim zu entschärfen?
Können Sie bestätigen, was Anwohner sagen, wovon ich mich persönlich überzeugen konnte und wovon ich auch Fotos gemacht habe, nämlich dass die Parkplätze auf dem Gelände von manroland nicht genutzt werden, weil da der Pförtner an der falschen Stelle ist und es für die Schüler einen erheblichen Umweg bedeuten würde? Deswegen parken sie dennoch in den Nebenstraßen.
Die Fotos können Sie natürlich gerne haben. Ich möchte Sie fragen, was Sie glauben, was es für einen Eindruck auf die Bevölkerung macht, wenn sich gerade Polizeischüler offensichtlich an keine Regeln halten.
Ich frage die Landesregierung:
Wann wird die im Hessischen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt und auf der Internetseite des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration angekündigte Neuauflage der Broschüre „Homosexualität und Alter“ vorliegen?
Herr Staatsminister, in dem Aktionsplan, der aus dem Mai stammt, wurde bekannt gegeben, dass die neu aufgelegte Broschüre schon vorliegt.
Herr Minister, wie erklären Sie sich dann, dass trotz regelmäßiger Nachfragen diese Broschüre vor der Sommerpause im hessischen Sozialministerium nicht erhältlich war?
Ich frage die Landesregierung:
Was veranlasst sie, die Prüfung der Einhaltung der Förderrichtlinien durch die Landesseniorenvertretung in deren Geschäftsstelle mit erheblichem Personalaufwand, d. h. mit jeweils zwei Vertreterinnen oder Vertretern des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration und des Regierungspräsidiums Gießen, durchzuführen?
Heißt das in der Folge, dass ein Förderbescheid 2017 noch nicht erteilt ist?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Vorsitzender der Senioren-Union, der größten Vereinigung innerhalb der hessischen CDU! Frau Klaff-Isselmann, der Schatzmeisterin der Landesseniorenvertretung Hessen, alles Gute zum Geburtstag. Alles Gute für Sie.
Neuer Blick aufs Alter – Wir geben die passenden Antworten
Ich hoffe, Sie haben sich den Titel Ihrer Regierungserklärung schützen lassen. Es könnte sonst irgendein dubioses Versicherungsunternehmen auf die Idee kommen, dies zu übernehmen.
Herr Minister, zunächst einmal möchte ich aber Ihre Bescheidenheit hervorheben.
Sie haben heute einen neuen Blick aufs Alter versprochen. Die Presse hat das auch schon gebracht. Wir haben jetzt einen neuen Blick aufs Alter.
Dabei hätten die in der Presse Tätigen nur ins Archiv schauen müssen. Den neuen Blick aufs Alter haben Sie schon im Jahr 2011 versprochen. Das war auf der Mitglie
derversammlung der Landesseniorenvertretung Hessen in Oberursel. Das konnte man in der „Frankfurter Neuen Presse“ lesen. Schon damals waren die Positionen, dass die ältere Generation heterogen ist, dass sie unterschiedliche Ansprüche hat und dass man nicht auf die Defizite, sondern auf die Potenziale dieser Generation schauen sollte, Binsenweisheiten. Niemand will dem widersprechen. Was ist an diesem Blick auf das Alter neu? – Nichts.
Ehrlich gesagt, sind wir bei der Ankündigung davon ausgegangen, dass sich die Landesregierung mit dem Siebten Altenbericht der Bundesregierung auseinandersetzt, sich dabei die Handlungsempfehlungen an die Länder anschaut und sagt, wie sie das in Hessen vielleicht umsetzen könnte. Nichts davon. Somit bewegen wir uns im Offensichtlichen und im Klein-Klein.
Ja, ältere Menschen sind keine homogene Gruppe. Ja, es stimmt, im Hessischen Landtag ist ein Drittel der Abgeordneten Jahrgang 1957 oder früher. Sie werden in diesem Jahr 60 Jahre alt oder sind schon 60 Jahre alt geworden.
Wissen Sie, was das Schöne daran ist? Wenn wir alle gesund bleiben, werden es nächstes Jahr noch mehr sein.
Ja, die Interessenlagen der älteren Personengruppen sind sicherlich etwas anders. Das gilt auch für die Mitglieder des Hessischen Landtags. Ich gehe nicht davon aus, dass die älteren Abgeordneten die „Bäckerblume“, die „Apotheken Umschau“ oder die „Seniorenblätter“ des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration studieren, um zu erfahren, dass die Sommerzeit Grillzeit ist, wie sie fit durch den Frühling kommen oder was es mit den Onlinerentnern auf sich hat.
Wären sie allerdings obdachlos, dann würden sie als Jahrgang 1957 bereits seit zehn Jahren als alt gelten und wären am Ende ihrer Lebenserwartung angekommen. Hätten sie eine Erwerbsbiografie mit Lücken durch gesundheitliche Einschränkungen oder durch Familien- und Pflegezeiten, müsste ihnen ihre Zukunft als Rentnerinnen und Rentner Angst machen. Wären sie chronisch krank, könnten sie sich keinen angemessenen und gesunden Wohnraum leisten. Sie könnten sich nicht gesund ernähren. Ihre physischen und psychischen Kräfte würden nicht ausreichen, um sich etwas hinzuzuverdienen. Das würde ihre Lebenserwartung deutlich verringern.
Übrigens haben gerade Frauen, die Familienarbeit geleistet haben, geringe Renten. Sie haben von der Verleihung der Pflegemedaille berichtet. Wir dürfen dabei nie aus dem Blick verlieren, dass das die einzige hessische Auszeichnung ist, bei der die Frauen die Mehrheit der Ausgezeichneten stellen.
Eines darf man bei aller Heterogenität der Gruppe der älteren Menschen nicht vergessen. Alt werden ist individuell unterschiedlich immer eine Zeit des Verlustes. Es ist ein Verlust an physischer Kraft. Es gibt den Verlust von Ange
hörigen und Freunden sowie von sozialen Kontakten, von Selbstständigkeit und Mobilität. Alte Menschen sind auch in vielfältiger Form Diskriminierungen ausgesetzt. Sie gehen alle unterschiedlich damit um. Aber sie sind da.
Schauen Sie sich einmal die Werbung an. Schauen Sie sich Werbung an? Schauen Sie vielleicht im ZDF Werbung? Da geht es nur noch um Schmerzmittel und darum, sich fit zu halten. Da ist das Idealbild die fitte Oma, die Voltaren nimmt, damit sie über den Spielplatz toben und abends noch Tango tanzen kann. Diesem Bild haben die Menschen zu entsprechen.
Es gibt den Opa, der mit irgendwelchen Mitteln seinen Ehrgeiz daransetzt, seinen Enkel im Kindergartenalter beim Memory zu besiegen. Wie man weiß, ist das normalerweise unmöglich.
Warum ist das so? – Wir dürfen uns von diesen Bildern des aktiven, des sportlichen und des überall interessierten ehrenamtlichen Rentners nicht verleiten lassen. Wenn er es kann, ist es gut. Aber diejenigen, die es nicht können, sind genauso viel wert.
Aus der Heterogenität der älteren Menschen haben Sie Ihre Schlüsse gezogen. Sie haben Ihre Schlüsse gezogen und gesagt: Wir müssen für jeden ein bisschen anbieten.
Meine Damen und Herren, das reicht nicht aus. Wir können keinen Laden aufmachen, wenn wir eine Gesellschaft gestalten wollen. Wenn wir eine Gesellschaft des langen Lebens wirklich wollen, dann müssen wir schauen, wie eine solche Gesellschaft aussehen soll und wie eine solche Gesellschaft geplant werden kann. Sie können Seniorenpolitik dann nicht als einen kleinen Teil der Aufgaben des Sozialministeriums sehen. Sie können sie nicht als eine Gruppe Menschen sehen, für die man auch etwas tun muss. Denn immerhin sind das alles Wähler. Da sie immer mehr werden, werden es auch immer mehr Wähler sein. Deswegen wollen Sie einmal schauen und sagen: Wir bieten dies, dies und dies.
Ich möchte nicht die Projekte, die Sie gemacht haben, herunterreden. Wir haben sie im Einzelnen gar nicht so beobachten können, als dass uns das zustehen würde. Wenn Sie die Zukunft einer Gesellschaft des langen Lebens gestalten wollen, dann dürfen Sie die Politik für die älteren Generationen nicht in Form von Projekten und Modellprojekten machen, sondern dann müssen Sie das als Querschnittsaufgabe über alle Politikfelder und alle staatlichen Ebenen hinweg begreifen.
Sie haben zu Recht auf die Vereinsamung vieler älterer Menschen hingewiesen. Das haben Sie auf die Individualisierung der Gesellschaft zurückgeführt. Das spielt sicherlich eine Rolle. Aber es gibt handfestere Gründe.
Wer soziale Kontakte haben möchte, muss mobil sein. Er muss Orte aufsuchen können und braucht einen verlässlichen, bezahlbaren und gut erreichbaren Personennahverkehr.
Das erreicht man nicht mit Projekten. Die Förderung des ÖPNV, insbesondere im ländlichen Raum, ist eine seniorenpolitische Maßnahme, die künftig immer bedeutender wird. Auch materiell abgesicherte Menschen, von denen
Sie gerne reden, kommen schnell an ihre Grenzen, wenn sie alle Wege mit dem Taxi zurücklegen müssen.
Sie sprechen über Wohnraum. Es gibt eine Beratungsstelle in ganz Hessen, in Kassel. Der VdK hat Sie dringend gebeten, wenigstens noch in Frankfurt eine Wohnraumberatung zu machen. – Sie weigern sich. Wir fragen: Wie viele Angebote an betreutem Wohnen in Hessen gibt es denn? – Sie wissen es nicht. Sie wissen aber hoffentlich alle, dass betreutes Wohnen und Servicewohnen keine geschützten Begriffe sind und dass sich jeder so nennen darf. Sie wissen aber auch, dass eine freiwillige Zertifizierung möglich ist. Wir fragen Sie: Wie viele Wohnungen sind in Hessen zertifiziert? – Sie wissen es nicht. Wir kommen langsam in die Nähe der Fragestellung: „Wir geben die passenden Antworten“.
Was wir in Hessen brauchen, ist ein geförderter Wohnungsbau, nicht eine Förderung von Projekten und Ideen. Wir brauchen eine starke materielle Förderung von Wohnungsbau, der auch die Bedarfe alter Menschen nach einem barrierefreien Wohnraum und einem guten Umfeld abdeckt. Nicht jeder möchte in eines Ihrer 39 Mehrgenerationenhäuser einziehen oder kann es sich leisten.
Ich möchte noch einmal auf das Thema Projekte und Modellprojekte zurückkommen. Ich glaube, dass jedes einzelne davon seinen Sinn hat und dass einzelne Menschen davon profitieren und profitiert haben, wenngleich die Angebote, wie wir aus einer Anfrage zu Modellprojekten wissen, oft einen stark defizitären Ansatz haben, z. B. was Demenz, Pflege usw. betrifft. Ich glaube sogar, dass die Projekte, die Sie in Zusammenarbeit mit der Stiftung „Miteinander in Hessen“ für Senioren durchgeführt haben, sinnvoll sind. Allerdings glaube ich auch, dass es dort ein sehr schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis gibt.
Aber Modellprojekte und Projekte ohne Bestätigung reichen nicht aus. Das sagen wir Ihnen hier aber nicht nur als SPD. Das ist auch ein Ergebnis des Siebten Altenberichts, den Sie sich ja nun weigern zur Kenntnis zu nehmen. Er beschäftigt sich insbesondere mit der Daseinsvorsorge für die ältere Generation vor Ort in den Kommunen. Er benennt klar Aufgaben, die Bund und Länder dabei haben, die Kommunen zu unterstützen, um die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben der älteren Generation zu schaffen.
Da gilt es unter anderem – wie ich schon gesagt habe –, einen Wohnungsbau und einen ÖPNV zu fördern. Da gilt es aber vor allem, die Kommunen mit Beratung und allen nötigen Mitteln auszustatten, damit die Daseinsvorsorge wirklich gelingt. Davon ist in der Regierungserklärung nicht zu hören. Es gilt, Seniorenpolitik zu einer Querschnittsaufgabe zu machen, und es gilt, die Kommunen von dem Sparzwang zu befreien, damit sie eine gute Daseinsvorsorge vor Ort anbieten können.
Andere Bundesländer haben sich aufgemacht, alle staatlichen Einrichtungen und Einrichtungen des Landes gesetzlich darauf zu verpflichten, die Teilhabe an gesellschaftlichem Leben und Mitwirkungsrechte der älteren Generation zu stärken. So hat Thüringen schon 2012 ein Seniorenmitwirkungsgesetz beschlossen. Das waren nicht die bösen Rot-Rot-Grünen in Thüringen, sondern die schwarz-rote Koalition mit Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, CDU. Bei den Mitwirkungsrechten der älteren Generation bleibt Ihre Rede im Vagen: Wir wollen zwar mit den Leuten reden, und irgendwie dürfen sie auch etwas dazu sagen. Aber Sie werden nicht konkret. Ein Wort hat mir besonders gefehlt, wenn es um den Umgang mit der älteren Generation geht: Respekt.
Respekt ist das, was Sie fordern. Diesen Respekt kann ich oft nicht erkennen.
Ich komme nun zum zweiten Teil des Titels Ihrer Regierungserklärung. Der ist nun wirklich mutig: „Wir geben die passenden Antworten“. Wenn ich einmal vorüberziehen lasse, was wir als SPD-Fraktion an Anfragen im seniorenpolitischen Bereich gestellt haben, dann sieht das so aus: Häufig haben Sie keine Antworten. Oft haben Sie sachlich falsche Antworten. Manchmal passen die Antworten nicht wirklich. Wenn wir z. B. fragen: „Gibt es eine Suizidprävention in Hessen?“, dann bekommen wir die Antwort: „Nein, es gibt keine Suchtprävention.“ Man kann da nur hoffen, dass diese Antwort falsch ist. Sie geben sich keine Mühe.
Im vergangenen Jahr wollte die SPD einen Überblick über die Lage und Arbeitsbedingungen der Seniorenbeiräte in Hessen erlangen. Ihre Antwort strotzte vor Fehlern. Wir haben uns im Ausschuss damit auseinandergesetzt. Es hat etwas mit Respekt zu tun, wenn die Landesregierung Anfragen der Abgeordneten ordentlich beantwortet – auch wenn die Abgeordneten unter 60 Jahre alt sind. Aber es hat auf jeden Fall etwas mit Respekt zu tun gegenüber den vielen ehrenamtlichen Seniorinnen und Senioren, die sich in ihrer Freizeit für das Gemeinwohl und den Dialog zwischen den Generationen einsetzen.
Zu dem Respekt. Das möchte ich Ihnen einmal ans Herz legen: Wenn die Regierungsfraktionen zur Jahreshauptversammlung des Landesseniorenrats, wo jeder ein Grußwort sprechen darf, jemanden schicken, der sich überhaupt nicht für die Themen interessiert, sondern der sich vor diese gestandenen Seniorenpolitiker aus ganz Hessen hin stellt und sagt: „Meine Damen und Herren, das Wichtigste, was wir tun müssen, ist, den Salafismus zu bekämpfen“, dann frage ich mich: Was soll das?
Wenn die letzte Aussage dann ist: „Meine Damen und Herren, schicken Sie Ihre Kinder und Enkel in die Kirchen, um zu beten“, dann sage ich mir: So schlimm ist diese Landesregierung auch wieder nicht.
Sie werfen mir Kabarett vor. Ich finde, man kann ernste Sachen auch manchmal etwas unterhaltend vortragen.
Es würde diesem Hause guttun, wenn wir das alles nicht so verbissen sehen würden. Ich glaube, dass Sie an der Ernsthaftigkeit meiner Vorschläge trotzdem nicht zweifeln werden – das hoffe ich zumindest.
Ich möchte Ihnen aber gerne die Geschichte von dieser verpfuschten Seniorenanfrage weitererzählen: Ein halbes Jahr später erfahren wir, dass die Landesregierung eine Abfrage bei den Kommunen macht, die sich genau aus dieser Anfrage speist – wir hatten ein paar Fragen mehr. Ich habe spaßeshalber eine Tabelle erstellt, die ich allen zeigen kann. Unsere Fragen wurden 1 : 1 übernommen. Da muss man einmal sagen: Der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen ist zwar bekannt geworden durch den Spruch: „Opposition ist Mist.“ Aber manchmal kann man auch aus der Opposition heraus doch tatsächlich erreichen, dass die Regierung arbeitet, wenn man nur lange genug bohrt. – Wir sind also gespannt, wenn wir das Ergebnis bekommen.
Ich habe leider überhaupt nicht aufgepasst, wie viel Redezeit ich noch habe.
Zwei Minuten? Dann muss ich ja schon zur Zusammenfassung kommen. Ich hatte meinen Kollegen auch noch ein paar persönliche Geschichten versprochen – die müssen jetzt entfallen.
Meine Damen und Herren, die Aktivitäten der Landesregierung im Seniorenbereich sind nicht falsch. Sie sind aber kleinteilig und wenig nachhaltig. Der Antrag, den wir vorliegen haben, ist nicht der Rede wert. Seniorenpolitik ist keine Nische im Sozialbereich, sondern eine Querschnittsaufgabe über alle Politikfelder und staatlichen Ebenen hinweg.
Seniorenpolitik muss bei jeglichem staatlichen Handeln mitgedacht werden. Die passenden Antworten haben Sie nicht. Sie haben noch nicht einmal die richtigen Fragen. Auch diese sind bei uns abgekupfert. – Danke schön.
Ich frage die Landesregierung:
Warum führt sie bei hessischen Kommunen eine Abfrage zu Seniorenvertretungen durch?
Da dieser Fragebogen, den Sie erarbeitet haben, zu 100 % mit einer Anfrage der SPD-Fraktion aus dem vergangenen Sommer identisch ist, würde ich gerne wissen, vor welchem Informationshintergrund damals diese Anfrage beantwortet wurde.
Können Sie uns denn vielleicht Hoffnung machen, dass wir – wenn wir im Sommer noch einmal nachfragen – nächstes Mal eine ordentliche und gesicherte Antwort auf unseren Berichtsantrag bekommen, sodass wir dann von den Erkenntnissen profitieren können, die Sie jetzt aus der Abfrage gewinnen?
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung der Großen Anfrage vom 17. Juni 2016, die wir schon heute, nur sieben Monate später, doch wirklich hier besprechen können. Zwischenzeitlich sind natürlich ein paar Dinge geschehen. Ich werde darauf zurückkommen.
Die heute vorliegende Antwort auf die Große Anfrage beschreibt eine Chronologie des Scheiterns.
Sie beschreibt auch den Aufbruch in eine fragwürdige Zukunft. Ich beginne mit Letzterem.
Das Einzige, was bisher bei der Stiftung nicht in Kritik stand, waren die Projekte, die gefördert wurden. Genau diese Projektförderung soll jetzt zurückgefahren werden.
Es wird immer darauf verwiesen, dass wir eine Kooperation mit der Herbert-Quandt-Stiftung hätten. Dass das schon lange nicht mehr der Fall ist, wird unterschlagen. Die Herbert-Quandt-Stiftung hat sich aus Eigenprojekten vollkommen zurückgezogen. Das ist eine Stiftung, die mehr als das Doppelte an Stiftungskapital hat. Sie sagen: Eigenprojekte lohnen sich nicht. Wir fördern nur noch Projekte.
Ausgerechnet die Landesstiftung „Miteinander in Hessen“ will genau den umgekehrten Weg gehen. Sie will jetzt die gelobten Projekte nicht mehr machen. Vielmehr möchte sie dafür eigene Projekte machen. Warum will sie das machen? Das ist logisch. Denn dann kann ich die Personalkosten bei den Projektkosten verbuchen. Ich kann dann sagen: Wir haben das Personal reduziert. – Das Personal sitzt trotzdem in der Geschäftsstelle, aber unter einem anderen Namen.
Ein großer Kritikpunkt in der Vergangenheit, der auch eingeräumt wurde, waren die schwerfälligen Strukturen der Gremien. Da wurde eine Änderung vorgenommen. Die Struktur wurde vorgestellt. Ich glaube, am 8. Februar 2017 soll der Herr Ministerpräsident die Akteure dem Kuratorium vorstellen. Die Akteure, die wir dann haben werden, gehören entweder der CDU an, arbeiten in einem Ministerium
oder sind der CDU in Dankbarkeit verbunden. Das ist auch in der Öffentlichkeit bekannt. Geschenkt. Ich kann gut verstehen, dass niemand anders da hingehen und für das geradestehen will, was da läuft.
Ich verstehe auch, dass sich der Koalitionspartner da zurückhält. In der letzten Rede hat Frank Kaufmann eigentlich kein Wort zu der Stiftung gesagt, als es um diese ging. Er sagte jedenfalls nichts zu den Details.
Ich versuche einmal zu erläutern, wie das jetzt läuft. Es gibt einen Vorstand, der die Vorgaben macht. Er besteht aus drei Personen. Er sagt der Geschäftsführerin, was zu tun und zu lassen ist. Da ist es sehr praktisch, dass eine der drei Personen des ehrenamtlichen Vorstands die Geschäftsführerin selbst ist.
Zur Seite steht ihr ein Beschäftigter des Innenministeriums, der so interessante Sachen wie die verbreitet hat, die Stiftung solle einer anderen Stiftung helfen, ihr Geld auszugeben. Gott sei Dank haben wir erfahren, dass darauf niemand eingegangen ist.
Der Zweite, der die Geschäftsführerin bzw. den Vorstandsvorsitzenden unterstützt, ist ein leitender Mitarbeiter aus der Staatskanzlei. Da ist der Staatsminister direkt weisungsbefugt. Das ist der Staatsminister, der ihn sowieso zusammen mit diesem Stiftungsrat kontrollieren soll, in dem, wie gesagt, die wohlgesonnenen Leute sitzen.
Transparenz ist offenbar schwierig. Aber da muss man auch einmal den Koalitionspartner fragen. Es reicht nicht, immer nur wegzuschauen.
Man muss doch konstatieren, dass es hier einen Nebenhaushalt gibt. Das ist ein Nebenhaushalt mit direktem Durchregieren der Staatskanzlei. Die Staatskanzlei hat hier einen Nebenhaushalt, der der Kontrolle des Parlaments vollkommen entzogen ist. Damit kann über öffentliche Gelder gesetzgeberunabhängig entschieden werden.
Von 2011 bis 2014 war die Stiftung ein Aushängeschild und eine Herzensangelegenheit der Landesregierung. Sie war eine großartige Werbemaschine. Sie erinnern sich, sie war eine Herzensangelegenheit. Ich habe aber festgestellt, dass das nicht etwas Besonderes ist. Wenn Sie einmal „Ministerpräsident Bouffier“ und „Herzensangelegenheit“ googlen, dann bekommen Sie 3.500 Treffer.
Bei „Herzensbrecher“ sind es 1.000 weniger.
Ich habe es gesagt: Sie war natürlich auch eine große Werbemaschine. – Schauen wir einmal auf die Jahre 2012 und 2013, also auf den Vorwahlkampf. Da wurden 800.000 € – ich wiederhole: 800.000 € – für Werbung ausgegeben. Ein Großteil davon wurde für eine Zeitungsbeilage ausgegeben, die in dieser Vorwahlkampfzeit in jeden zweiten hessischen Haushalt kam. Darin wurden die guten Absichten der Landesregierung verbreitet.
Ich will einmal die 800.000 € in einen Vergleich stellen. Im Jahr 2015 betrugen die Erträge der Stiftung 270.000 €.
Ich sage das einfach nur einmal, um die Relation zu zeigen.
Wir haben drei Jahre lang Jubelnachrichten gehört. Dann wurden ein paar Anfangsschwierigkeiten zugegeben, nachdem sich die Opposition, der Rechnungshof und die Öffentlichkeit dafür interessierten. Dann musste festgestellt werden, dass alles, von dem ohne Prüfung ausgegangen wurde, als die Stiftung sozusagen aus dem Boden gestampft wurde, nämlich Zinsgewinne, Zustiftungen, kompetentes Personal und kurze Entscheidungswege, Fehleinschätzungen waren. Ich habe es schon gesagt: Positiv bewertet wurde allein die Projektförderung. Ausgerechnet die soll jetzt eingestellt werden.
Natürlich bleiben nach der Beantwortung der Großen Anfrage viele Fragen offen. Wir werden aber jetzt nach und nach mit Kleinen Anfragen versuchen, das aufzuarbeiten. Wir haben damit schon begonnen. Das geschieht jedenfalls in den Fällen, in denen unsere Informationen und die der Landesregierung nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.
Wir haben großes Interesse daran, zu erfahren, wie viele solcher Nebenhaushalte es noch gibt und wie viele Stiftungen nach diesem Prinzip ohne Kontrolle regiert werden. Auch dazu haben wir bereits etwas auf den Weg gebracht.
Weil sich ein Kollege das letzte Mal beschwert hat, wir sollten doch einmal Ruhe geben, es wäre doch immer das Gleiche, will ich Ihnen noch einmal sagen: Wir hätten uns viel Zeit sparen können. Kurz vor Weihnachten kam ein Heft der Hessischen Kulturstiftung heraus. Es sah nicht nur wunderschön aus. Ich konnte im hinteren Teil viele Informationen nachschlagen. Sie waren dort übersichtlich aufgelistet. Hier muss man sich das mühsam mit Anfragen zusammensuchen.
Meine Damen und Herren, der Jubel ist vorbei. Die freudigen Pressemitteilungen zum ersten, zweiten und dritten Geburtstag der Stiftung sind Geschichte. Der fünfte Geburtstag wurde vor wenigen Wochen in aller Stille gefeiert. Die Beerdigung ist in Sicht.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Entwurf der Regierungsfraktionen für eine Änderung des Denkmalschutzgesetzes wurde durch eine Reihe von Anregungen aus der Anhörung ergänzt. Wir werden dem Entwurf mit einigen Abstrichen zustimmen, die ich Ihnen gerne vortragen möchte.
Was das Gesetz nicht leistet und nicht leisten kann, ist die Sicherung der personellen Kompetenzen und der Ressourcen vor Ort. Dazu bedürfte es des mehrheitlichen Willens in diesem Hause, die hessischen Kommunen und ihre vielen Aufgaben angemessen zu finanzieren.
Ich will Ihnen in der Kürze der Zeit nur einige Beispiele aus dem „Kommunalbericht 2013“ des Rechnungshofs zur Vergleichenden Prüfung im Denkmalschutz nennen. Neun Landkreise wurden untersucht. In den neun Landkreisen gab es insgesamt nur ca. 17 Vollzeitäquivalente. Nur 1,8 Stellen waren mit Menschen besetzt, die eine Ausbildung in den Bereichen Geschichte, Kunst oder Architektur haben. Weniger als die Hälfte der Mitarbeiter hat eine Zusatzausbildung. Meine Damen und Herren, das ist zu wenig.
In den letzten 30 Jahren sind in Deutschland 30.000 Denkmäler verschwunden. Beratung wird daher immer wichtiger – auch das geht aus dem Bericht hervor –: Beratung in Bezug auf den Wohnraum und auf den Erhalt des kulturellen Erbes sowie eine angemessene Abwägung der unterschiedlichen Interessen.
Wir begrüßen an diesem Gesetzentwurf ausdrücklich die Aufnahme des Klima- und Ressourcenschutzes. Warum? In der Anhörung wurde gesagt, darauf müsse sowieso geachtet werden. Nein, das soll ins Bewusstsein gebracht werden, und das finden wir richtig. Wir finden es deswegen richtig, weil der Denkmalschutz immer gerne als Speerspitze gegen Änderungen missbraucht wird, die irgendetwas mit dem Klima- und dem Ressourcenschutz zu tun haben, z. B. Fotovoltaikanlagen oder Windkraftanlagen. Sie haben in Ihrer Koalition Leute, die in solch einem Fall eine Kleine Anfrage stellen – wie der Abg. Irmer, der aus dem Wissenschafts- und Kunstminister herauskitzeln möchte, dass der Denkmalschutz den Bau einer Windkraftanlage doch wohl verhindern müsse. Da wissen wir also, woher der Wind weht.
Aber wir wissen auch, dass er niemals Strom erzeugen wird.
Herr Hofmeister hat die Barrierefreiheit angesprochen. Da haben wir uns wirklich gewünscht, Sie würden unserem Antrag zustimmen. Sie wollen die Barrierefreiheit aber auf öffentlich zugängliche Gebäude beschränken. Sie gehen nur den halben Weg.
Dabei ist es in der Abwägung mit dem Denkmalschutz doch gerade bei privatem Wohnraum wichtig, dass behinderte und ältere Menschen in ihren angestammten Wohnungen bleiben und die nötigen Hilfsmittel – unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes – einbauen können. Herr Staatsminister, darüber hätte sich auch Ho Chi Minh gefreut, der 79 Jahre alt geworden ist.
Was ein erfülltes Leben ist, werden Sie wissen, wenn Sie einmal so alt sind und einen Wohnraum haben möchten, in dem Sie sich noch selbstständig bewegen können.
Ich will Ihnen dazu ein Zitat einer sehr bekannten Paralympionikin, der Schwimmerin Kirsten Bruhn, vortragen. Sie hat bei einer Preisverleihung durch Herrn Staatsminister Grüttner an Firmen, die sich für Schwerstbehinderte besonders engagieren, einen Vortrag gehalten. Auf die Frage, was sie sich denn wünschen würde, hat Kirsten Bruhn sinngemäß geantwortet: Ich würde mir weniger Schlaumeierei und mehr Mut zum Handeln wünschen. – Sie hat zwar nicht „Schlaumeierei“, sondern ein Wort gesagt, dass mit „klug“ anfängt, aber das halte ich für unparlamentarisch.
Auch wir hätten uns bei der Barrierefreiheit mehr Mut zum Handeln gewünscht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beginne mit einem Zitat des Ministerpräsidenten Volker Bouffier von Ende 2014:
Die Gründung unserer Landesstiftung war für mich eine Herzensangelegenheit.
Nach drei Jahren hat „Miteinander in Hessen“ schon viel in unserem Land bewegt:...
Das ist eine sehr feine Ironie.
Denn damals haben das natürlich nur diejenigen verstanden, die wussten, dass die Stiftung in einer katastrophalen Lage ist. Erst heute, nachdem durch eine Anfrage der SPDFraktion zutage gekommen ist, dass die Situation so ist, wie sie ist – mit dem Missverhältnis von Förderung und Verwaltungsaufwand, mit der Personalfluktuation usw. –, erst heute können wir alle diese Ironie würdigen.
Die Landesstiftung hat natürlich viel bewegt. Sie hat Steuergelder bewegt:
17 Millionen € Kapital, jedes Jahr 1 Million € operative Mittel, jedes Jahr Zugriff auf Sach- und Personalkosten in Höhe von 200.000 €. Behalten Sie das bitte im Hinterkopf, wenn Sie nachher hören, welche großartigen Förderungen damit geleistet werden.
Die Stiftung hat auch jede Menge Personal bewegt, nachdem sich herausgestellt hat, dass das CDU-Parteibuch als alleinige Qualifikation für die Leitung der Stiftung dann doch nicht ausreicht.
Sie hat sich selbst bewegt, nämlich von der Staatskanzlei ins Schenk´sche Haus. Die Stadt Wiesbaden freut sich jedes Jahr: Im Jahr 2015 erhielt sie allein 45.000 € Miete und Nebenkosten für zwei Etagen überwiesen – für eineinhalb bis zwei Leute. Das ist ein guter Mieter.
Im Wahljahr 2013, als sie in der Öffentlichkeit noch gerne aufgetreten ist, was sie jetzt weniger tut, hat die Stiftung vielleicht den einen oder anderen Wähler von dieser herzensguten Landesregierung überzeugen können.
Was sie nicht bewegt hat, ist der Bürgerbus in Homberg.
Im Jahr 2015 hat sie dann – nächste Schwierigkeit – das Stiftungsvermögen nicht erhalten können. Sie hat es real nicht erhalten können; das wäre für den Landesrechnungshof eigentlich schon von großem Interesse. Sie hat es aber auch nominal nicht erhalten können. Das verstößt gegen das Stiftungsgesetz.
Das ist ein Gesetzesverstoß, der folgendermaßen begründet wird: Momentaufnahme.
Sie kommen mir vor wie ein notorischer Raser, der jedes Mal, wenn er geblitzt wird, sagt: Ich fahre eigentlich ganz ordentlich. Dieses Beweisfoto ist ja nur eine Momentaufnahme.
Jetzt wollen Sie Transparenz schaffen, aber es ist nur eine Transparenz der Worte. Wir haben eine Große Anfrage gestellt, deren Beantwortung Ende dieser Woche fällig geworden wäre. Sie ist aber auf Ende November verschoben.
Deswegen haben wir heute eine Aktuelle Stunde. Sie wollen keine Transparenz schaffen.
Sie beklagen vielmehr genau jene Dinge, die Sie selbst eingerichtet haben, z. B. das große prominente Kuratorium. Sie beklagen Voraussetzungen, mit denen Sie geworben haben, nämlich die Zustiftungen von Dritten, die nicht kommen, oder die niedrige Rendite. Das haben Sie zu verantworten.
Meine Damen und Herren, deswegen fordern wir Sie auf: Zeigen Sie bei der Stiftung wirklich Transparenz. Gehen Sie mit der Herzensangelegenheit des Ministerpräsidenten ordentlich um.
Verpassen Sie der Herzensangelegenheit einen Herzschrittmacher.
Wenn Sie die Herzensangelegenheit auch zu einer Verstandesangelegenheit machen, dann sind wir zufrieden. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir erinnern uns alle noch lebhaft an die spektakuläre Beschlussfassung zum Bibliotheksgesetz vor einem halben Jahr. Damals wurde im Omnibusverfahren die Geltungsdauer des Denkmalschutzgesetzes um ein Jahr verlängert, weil umfassende Anpassungen ins Haus standen.
Offenbar ist das Ministerium mit all seinen Ressourcen überfordert gewesen, das rechtzeitig zu machen, und ist auch in diesem Jahr wieder in die Bredouille geraten, sodass die Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aushelfen mussten und einen Gesetzentwurf vorgelegt haben.
Ich stimme mit dem Abg. Hofmeister überein, dass wir einen klaren, einen geordneten und einen sicheren Denkmalschutz in Deutschland brauchen, vor allem in Hessen. Ich war neulich in einer südhessischen Großstadt und habe dort einen Vortrag gehört, in dem deutlich wurde, wie dort zu Zeiten vor dem Denkmalschutzgesetz ganze Ensembles von Fachwerk, die im Krieg erhalten wurden, zerstört wurden und der Geschichtsverein noch dazu gejubelt hat, dass man jetzt so modern geworden sei. – Ich will den Namen der Stadt aus Rücksicht auf eine hier anwesende Landtagsvizepräsidentin und zwei Minister nicht nennen.
Wir haben jetzt die Eilausfertigung des Gesetzentwurfs vorliegen. Wir werden uns sicher sehr schnell einig, dass ein Gesetz möglichst Missverständnisse vermeiden soll, dass es geschlechtsneutral formuliert sein soll, dass die geltende Rechtschreibung berücksichtigt werden soll – da bin ich mir nicht bei allen so sicher, ob wir uns da einig sind – und dass das Wort „Buch“ wie im Bibliotheksgesetz den modernen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung nicht mehr gerecht wird. Möglicherweise werden wir dieses Wort irgendwann unter Denkmalschutz stellen müssen.
Dann gibt es zwei Punkte, mit denen die Regierungsfraktionen dem Gesetzentwurf einen machtvollen Stempel auf
gedrückt haben. Der eine Punkt ist das Ehrenamt. Es kommt in der alten Fassung natürlich auch vor, aber dieses Mal bekommt es einen eigenen Paragrafen.
Das ist wieder einmal ein materiell äußerst günstiger Weg, das Ehrenamt in den Mittelpunkt zu stellen, ohne dass es etwas kostet. Wer für den Denkmalschutz vor Ort zuständig ist, kann man der Mustersatzung entnehmen, sowohl was die Sach- und Verwaltungsunterstützung als auch die Denkmalbeiräte betrifft.
Ich habe heute mit Interesse die Ausführungen zum Thema Soll- und Mussvorschriften gehört, dass das nicht das Gleiche sei. Hier wird eine Soll- in eine Mussvorschrift umgewandelt, und wir werden erfahren, welchen Sinn das in diesem Zusammenhang hat.
Der zweite Punkt ist der Klima- und Ressourcenschutz, der heute schon zweimal angesprochen wurde. Da muss man schon ganz genau hinschauen; denn den Klima- und Ressourcenschutz gab es auch schon in dem vorangegangenen Gesetz. Nach der alten Fassung sind „die Belange des Klima- und Ressourcenschutzes … in angemessener Weise zu berücksichtigen“, nach der neuen Fassung sind „die Interessen des Klima- und Ressourcenschutzes besonders zu berücksichtigten“. Was das in der praktischen Anwendung z. B. in Bezug auf Solaranlagen bedeutet, werden wir in der Anhörung diskutieren.
Ebenso beruft sich das Gesetz in Abgrenzung, in Erweiterung oder in Füllung einer Schutzlücke auf das BundesKulturgutschutzgesetz von 1999, das, wie wir wissen, seit Kurzem überlebt ist und über das wir schon muntere Diskussionen im Wissenschaftsausschuss geführt haben. Sicherlich werden wir auch in diesem Rahmen ausführlich darüber sprechen.
Frau Beer, Sie hatten Vermutungen angestellt, warum das ein Fraktionsentwurf ist. Ich will eine Vermutung hinzufügen. Möglicherweise ist den Regierungsfraktionen der Minister ideologisch nicht so gefestigt, dass man ihm die Federführung überlassen könnte.
Möglicherweise haben sie Befürchtungen.
Sie sagen es, Herr Minister. – Aber Sie haben nicht nur Ho Chi Minh zitiert. Jetzt muss ich einmal petzen: Sie haben am 41. hessischen Denkmalschutztag auch Karl Marx zitiert.
Es ist mein letzter Satz, lassen Sie mich zum Ende kommen. – Der Herr Minister hat in einer populären Form Karl Marx mit den Worten zitiert: „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“, und er hat auch – ganz im Gegensatz zu dem, was Herr Hahn heute gesagt hat: „Lassen Sie das Eigentum in Ruhe, hören Sie auf, das Eigentum anzugreifen“ – dar
auf hingewiesen, dass der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ im Grundgesetz eigentlich viel zu wenig Bedeutung einnimmt, dass man ihn in den Vordergrund stellen sollte.
Das kann ich nur unterstützen. – Sie haben vielleicht Angst gehabt, das sei zu revolutionär, und haben gesagt, das machen Sie lieber selbst. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich, dass wir anlässlich des Weltfrauentags in diesem Plenum über Frauenpolitik diskutieren; das finden wir gut. Staatsminister Al-Wazir wollte gerne Lob hören,
und erstaunlicherweise hat mich sogar – obwohl es ein frauenpolitisches Thema ist – mein parlamentarischer Geschäftsführer vorgestern dazu aufgefordert, diesen Antrag zu loben.
Er hat es nicht ganz mit diesen Worten getan.
Ich will es aber gerne tun: Dieser Antrag hat nicht nur eine hervorragende Rechtschreibung, sondern ruft auch einige wichtige frauenpolitische Punkte auf. Allerdings ist ihm auch anzusehen, dass er – ich weiß es nicht – aus zwei verschiedenen Federn zu stammen scheint, von zwei Gruppen, die frauenpolitisch auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen agieren
und die jetzt einen Kompromiss finden mussten. Man könnte es sogar absatzweise zuordnen, obwohl ich jetzt nicht mehr ganz so sicher bin, weil eben die Falschen den entsprechenden Absatz verteidigt haben, den ich anders zugeordnet hätte.
Wir freuen uns auch immer, zu hören, dass bei uns das Grundgesetz gilt – daran müssen wir im Hessischen Landtag immer mal erinnert werden. Deswegen ist es gut, dass es im Antrag formuliert wurde.
Vor einem halben Jahr haben wir hier gestanden und über den Gleichberechtigungsbericht der Landesregierung gesprochen. Dabei haben wir festgestellt, dass es erstens nicht so schnell vorangeht und zweitens bei der Besetzung von Führungspositionen im öffentlichen Dienst noch deutlich Luft nach oben ist.
Da könnte ein Hessisches Gleichberechtigungsgesetz natürlich eine Vorbildfunktion haben, wie Sie zu Recht sagen. Aber es muss dann auch ein weitgehendes, modernes Gleichberechtigungsgesetz sein.
Ich gehe davon aus, dass die Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die diese Postkartenaktion für ein gutes Gleichberechtigungsgesetz unterschrieben haben, nicht gedacht haben, dass ihr Gesetzentwurf damit gemeint sei, sondern, dass es sich auf unseren Gesetzentwurf bezogen habe.
Aber ich finde es nett, dass Sie trotzdem unterschrieben haben.
Sie fordern – und das finden auch wir richtig, da sind wir einer Meinung – eine Verbesserung des Sexualstrafrechts; das ist richtig. Richtig ist auch, dass das Bundesjustizministerium im Sommer einen Entwurf vorgelegt hat. Ferner ist es richtig – und damit stimme ich ausdrücklich überein –, dass dieser Entwurf noch Luft nach oben hat.
Dann soll man das aber bitte inhaltlich diskutieren, statt das Ganze erst einmal im Bundeskanzleramt zu versenken und über ein halbes Jahr zu blockieren.
Man sollte sagen, was man geändert haben möchte – da gibt es einiges –, und dann muss man so vorgehen. Es ist angesprochen worden: Frau Erfurth, es geht nicht, dass man sagt: „Es ist eben Bundesgesetz, und da kann man nichts machen“, sondern es gibt nun auch noch den Bundesrat, es gibt die Bundesratsinitiative von Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, der sich auch NordrheinWestfalen und Thüringen angeschlossen haben. Das hätten Sie auch gut machen können; denn Hessen fehlt.
Dann steht in Ihrem Antrag: Wir „bitten die Landesregierung“, diesen Prozess „zu begleiten“. Werden Sie doch mal aktiv, nach dem Motto: „Wir fordern die Landesregierung auf, diesen Prozess voranzutreiben.“
Ich höre Sie nicht, ich bin lauter als Sie.
Wir brauchen eine bessere Strafgesetzgebung in diesem Bereich. In den bisherigen Reden wurden zu Recht die Strafbarkeitslücken aufgeführt. Wenn ich allerdings immer höre und auch in diesem Antrag lese: „Nein heißt Nein“, dann muss ich sagen, dass „Nein heißt Nein“ nicht reicht. Frau Erfurth hat ein Beispiel gegeben. Es ist wirklich pervers, wir müssen uns das einmal überlegen: Die Juristen könnten es vielleicht begründen, aber der gesunde Menschenverstand kann es nicht verstehen: Wenn jemand einen Juwelier überfällt und ihm ein Collier abnimmt, wird hinterher niemand zum Juwelier gehen und fragen: „Hast du auch ausreichend deutlich gemacht, dass du das nicht wolltest?“,
und ob das nicht vielleicht eine einvernehmliche Handlung gewesen sei, dass er das Collier ausgehändigt habe. – Niemand würde das verlangen. Aber im Sexualstrafrecht ist das durchaus noch üblich. Auch die Tatsache, dass es eine große Dunkelziffer gibt, kann man nicht genug betonen. Während Psychologen sagen: „Wehrt euch besser nicht, um es nicht noch schlimmer zu machen“, steht man dann bei der Polizei, die sagt: „Ihr habt gar keine Chance mit eurer Anzeige, ihr habt euch ja nicht gewehrt“, weil die Gesetzeslage ist, wie sie ist. Ich glaube, wir stimmen alle darin überein, dass das dringend geändert werden muss.
Jetzt kommen wir zu dem Absatz über den kulturellen und religiösen Hintergrund, der soziale und individuelle Dispositionen in einer patriarchalischen Gesellschaft befördert.
Das ist nicht von mir, ja?
Warum stört man sich daran? Ich versuche einmal zu vermitteln, warum man sich daran stört, Frau Dorn: Es geht doch um das Sexualstrafrecht. Da gibt es Täter.
Was Sie zu beschreiben versuchen, könnte man – teilweise hat man es schon getan – soziologisch-gesellschaftspolitisch aufarbeiten und es als Handlungsanweisung für eine Prävention, für eine Aufklärungspolitik nutzen. Aber mit der Strafe hat es nichts zu tun; denn es kann uns völlig egal sein – –
Herr Präsident, ich warte jetzt, bis die Abg. Dorn fertig ist.
Es muss für die Strafe und die Gesetzgebung völlig egal sein, ob am Kölner Hauptbahnhof Nordafrikaner junge Mädchen belästigen oder in Berlin ein Promi eine Journalistin. Das ist strafrechtlich das Gleiche. Die Schwierigkeit bei unserem Sexualstrafrecht ist die, dass wir immer auf das Verhalten des Opfers schauen statt auf das Verhalten der Täter. Das sollten wir nicht zum Maßstab nehmen.
Sie brauchen sich gar nicht so aufzuregen, wir sind ja bei Ihnen. – Deswegen fordern Sie die Landesregierung dazu auf, entsprechend tätig zu werden. Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, das machen wir gern. Aber wir können keine Verantwortung für das Agieren im Kanzleramt übernehmen, so weit ist es nun noch nicht.
Ich möchte gerne versöhnlich schließen.
Ich möchte gerne versöhnlich schließen zum Weltfrauentag mit den Kolleginnen und Kollegen. Bei allen solchen Initiativen haben Sie die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag auf Ihrer Seite. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus Zeitgründen werde ich mich im Wesentlichen auf eine der untersuchten Stiftungen beschränken, aber die hat es in sich.
Zu Anfang erst einmal ein herzlicher Dank. Es waren vier Ministerien damit beschäftigt, diese Große Anfrage zu beantworten. Die Federführung hatte Staatsminister Wintermeyer, und Staatsminister Wintermeyer ist ein guter Mensch.
Sie haben sicher alle das tolle Foto gesehen, als die Plattform „People like me“ von der Stiftung „Miteinander in Hessen“ übernommen wurde. Zufälligerweise haben wir auch heute die Superpressemitteilung zu dieser gelungenen Sache. Außerdem ist Staatsminister Wintermeyer derjenige, den man immer mit den riesigen Schecks sieht, also „riesig“ im Hinblick auf die Papierfläche, nicht in Bezug auf den Inhalt. Da freuen sich dann die Kleinen Füchse in Dietzenbach oder ein Integrationsprojekt in Frankfurt über Zuwendungen.
Was aber auch klar ist: Den Kleinen Füchsen oder den Frankfurtern kann es eigentlich egal sein, woher das Geld kommt. Ob es von Herrn Wintermeyer persönlich, ob es aus einer Stiftung oder aus dem Landeshaushalt kommt, kann den Empfängern völlig egal sein – Hauptsache, es gibt etwas.
Wenn ich allerdings bei der Stiftung „Miteinander in Hessen“ Kosten und Wirkung in Einklang zu bringen versuche, dann muss ich sagen: Das Verhältnis ist absurd. Ich sage es ein bisschen poetisch: Die Landesregierung erwärmt mit der Stiftung die Herzen; sie tut dies allerdings über dem Feuer verbrannter Steuergelder.
Im Jahr 2014 hat die Stiftung rund 160.000 € Fördergelder ausgezahlt. Dagegen stehen Verwaltungskosten von ungefähr 360.000 €,
Kosten für Vermögensverwaltung von ungefähr 40.000 € und den Stiftungssitz mit 41.000 €, also etwa 440.000 € Nebenkosten.
Ganz genau kann man vieles nicht sagen; denn die Beantwortung dieser Fragen ist leider nicht besonders transparent. Zum Beispiel ist dort von der Herbert Quandt-Stiftung die Rede. Ich habe es nachgelesen, ein tolles Projekt mit Zusammenarbeit/Kooperation: 540.000 € in vier Jahren, von 2014 bis 2018. Ist 2014 schon etwas geflossen? Ist von diesen 540.000 € schon Geld bei diesen 160.000 € dabei, oder fällt in den nächsten Jahren mehr an? Wir wissen es nicht.
Die Verwaltungskosten der Stiftung werden erst seit 2014 ausgewiesen. Früher waren das sonstige Aufwendungen oder sonstige Stiftungsaufwendungen. Das heißt, wenn ich mir überlege, dass die Verwaltungskosten 2013 vielleicht ungefähr genauso hoch waren und 2013 mehr Geld ausgeschüttet wurde, nämlich um die 450.000 €, dann kann man sagen: Selbst da ist für jeden Euro, mit dem etwas getan wurde, ein anderer Euro für etwas anderes ausgegeben worden. Das ist, glaube ich, keine gute Lösung. Da sollte man wirklich überlegen, ob man so etwas nicht sinnvoller über den Haushalt finanziert.
Um so viel Geld auszugeben, braucht man Personal.
Das ist klar. Jetzt könnte man denken: Das Personal, wo kommt das her? Die Stiftung hat kein eigenes Personal, sondern sie bekommt es gestellt. Das Finanzministerium sagt ordnungsgemäß: Ich möchte das Geld wiederhaben. Es stellt die Ist-Personalkosten in Rechnung. Die anderen Personalkosten werden gestiftet, und zwar vom Umweltministerium und von der Staatskanzlei.
Wir reden bei dieser Stiftung über einen halben Geschäftsführer, einen ganzen Geschäftsführer, zwei Referenten und ein Sekretariat. Zum Vergleich: Die Von-Behring-Röntgen-Stiftung mit einem Stiftungsvolumen von über 100 Millionen € kommt mit zwei Hauptamtlichen aus.
Der Auslöser dieser Anfrage war die Kritik des Landesrechnungshofes. Interessanterweise hat er nur die VonBehring-Röntgen-Stiftung und die Landesstiftung „Natura 2000“ kritisiert und hat nur Vermutungen über „Miteinander in Hessen“ geäußert. Es wäre interessant, was der Rechnungshof zu „Miteinander in Hessen“ sagen würde.
Ich finde, es geht hier nicht um kleine Summen, auch wenn Sie sagen: „Wenn sie sonst nichts zu tun haben“.