Protokoll der Sitzung vom 21.02.2017

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung und darf Sie erst einmal bitten, einer Erklärung zuzuhören, die ich abgeben möchte.

Zu Beginn dieser Sitzung möchte ich zur Kritik der türkischen Zeitung „Sabah“ Stellung nehmen. Diese Zeitung hat in der vergangenen Woche unsere Kollegen Abg. Mürvet Öztürk und Abg. Turgut Yüksel, also Abgeordnete des Hessischen Landtags, durch Veröffentlichungen angegriffen. Die Beschuldigung, die darin zum Ausdruck kommt, als „Verräter der Türkei“ oder die Beleidigung, sie seien „verwirrt“, weil sie für eine Ablehnung der neuen Verfassung der Türkei eintreten und dafür öffentlich werben, ist unangemessen und völlig inakzeptabel.

(Lebhafter allgemeiner Beifall)

Ich versichere unseren beiden Kollegen unsere selbstverständliche und uneingeschränkte Solidarität, und dies will ich auch bis nach Ankara bekunden. Wir stehen zu diesen Kollegen, weil sie etwas tun, was in diesem Land erlaubt ist, nämlich öffentlich Kritik zu üben.

(Allgemeiner Beifall)

Wir werden nicht akzeptieren, dass sie im Zusammenhang mit derartigen erlaubten Äußerungen als politische Mandatsträger in der Bundesrepublik Deutschland und in Hessen unter Druck gesetzt werden.

Meine Damen und Herren, unsere Tätigkeit, die wir hier als gewählte Vertreter vollziehen, ist in unserer Verfassung begründet, geschützt und garantiert. Jeder einzelne Abgeordnete in diesem Haus ist demokratisch gewählt und ist schon dadurch legitimiert, seine politische Meinung öffentlich zu sagen. Dieses Recht wird der Hessische Landtag ohne Wenn und Aber verteidigen – für die Abgeordneten dieses Hauses allesamt und darüber hinaus für jeden, der sich in unserem Land politisch und demokratisch äußert. – Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, ich stelle jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. – Dem widerspricht keiner. Dann ist das Haus beschlussfähig.

Ich komme zur Tagesordnung. Die Tagesordnung vom 14. Februar 2017 sowie ein Nachtrag vom heutigen Tag mit insgesamt 52 Punkten liegen Ihnen vor.

Wie Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung, Tagesordnungspunkte 45 bis 49, entnehmen können, sind fünf Anträge betreffend eine Aktuelle Stunde eingegangen. Gemäß § 32 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung werden wir sie mit je fünf Minuten pro Fraktion behandeln, und das beginnt am Donnerstag um 9 Uhr.

Interfraktionell wurde vereinbart, dass Tagesordnungspunkt 5 von der Tagesordnung abgesetzt wird.

Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Mobilisierung pensionierter Polizeikräfte für Abschiebungen belegt völlig verfehlte Personalplanung und inhumane Flüchtlingspolitik der Landesregierung, Drucks. 19/4556. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird er Tagesordnungspunkt 53 und kann,

wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 2 aufgerufen werden.

Frau Kollegin Dorn, Sie haben das Wort zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident! Wir widersprechen der Zuordnung. Mit dem Antrag werden zwei völlig unterschiedliche Themen vermischt, zum einen die Mobilisierung pensionierter Polizeikräfte und zum anderen die grundsätzliche Frage, ob nach Afghanistan abgeschoben werden soll. Wir sind gern bereit, erneut eine Debatte über Abschiebungen nach Afghanistan zu führen, aber am Ende der Tagesordnung und nicht vermischt mit einem Thema, bei dem es um Sicherheit und die Kriminalstatistik geht.

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Schaus.

Herr Präsident! Der Tagesordnungspunkt 2 heißt: „Erfolgreiche Polizeiarbeit: Hessen leben sicher“. Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es also eindeutig um die Polizeiarbeit und nicht um die Kriminalstatistik, so wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Zur Polizeiarbeit gehört selbstverständlich die Frage der Reaktivierung pensionierter Polizeikräfte für diejenigen, die ausreisen wollen oder abgeschoben werden sollen; denn ausschließlich für diese Tätigkeit sollen pensionierte Polizeikräfte wieder eingesetzt werden, wie es die „Frankfurter Rundschau“ heute berichtet hat. Insofern gehört dieses Thema zweifelsohne zu diesem Tagesordnungspunkt, weil es um Polizeiarbeit und den Einsatz von Polizeikräften geht, die auch in Abschiebungsfällen tätig werden sollen. Deshalb beantragen wir, das mit Tagesordnungspunkt 2 zu behandeln.

Das Wort hat Herr Abg. Bellino.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Ansinnen werden auch wir nicht folgen können; denn anders, als der Kollege Schaus das darstellt, geht es bei der erfolgreichen Polizeiarbeit darum, den Polizeibeamtinnen und -beamten für ihre erfolgreiche Arbeit zu danken und darauf hinzuweisen, dass wir aufgrund der richtigen personalpolitischen, materialpolitischen und gesetzlichen Entscheidungen

(Lachen bei der LINKEN)

hier eine Erfolgsbilanz vorzulegen haben. – Wer es dann, wie Sie es jetzt machen, Frau Kollegin Wissler, ins Lächerliche zieht, um es erstens mit einem so wichtigen Thema wie Abschiebungen nach Afghanistan zu vermischen und zweitens noch klamaukhaft zu begleiten, der meint es nicht ernst.

(Beifall bei der CDU)

Wir meinen es sehr wohl ernst, und deshalb folgen wir dem, was Frau Kollegin Dorn beantragt hat. Wir nehmen es auf die Tagesordnung, und wir werden es debattieren, als eigenen Tagesordnungspunkt mit eigenen Reden. Am Donnerstagabend zum Ende des Plenums werden wir ausreichend Zeit haben, dieses wichtige Thema mit Würde und Anstand zu bearbeiten.

Herr Kollege Rudolph.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie erfolgreich die Arbeit des Innenministers ist, werden wir in der Regierungserklärung und der anschließenden Debatte ausreichend diskutieren. Deshalb könnte man zu Punkt 1 der Zuordnung zustimmen. Punkt 2, Abschiebungen nach Afghanistan, ist ein wichtiges Thema; das gehört sicherlich auch in den Landtag. Aber auch wir sind der Auffassung, dass das getrennt diskutiert werden muss, zumal der einzelne Polizeibeamte das nicht selbst entscheidet, sondern ausführendes Organ ist. Ich finde, diese Differenzierung muss man an der Stelle vornehmen. Die inhaltliche Ausrichtung, ob Abschiebungen nach Afghanistan zulässig sind, kann nicht auf dem Rücken von Polizeibeamtinnen und -beamten ausgetragen werden. Deswegen können wir diesem Ansinnen so nicht zustimmen.

Meine Damen und Herren, damit ist die Geschäftsordnungsdebatte beendet. Wir müssen jetzt entscheiden.

Es gibt den Antrag, ihn nicht mit Tagesordnungspunkt 2 aufzurufen; das ist der weiter gehende. Wer diese Auffassung teilt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, GRÜNE, SPD. Wer ist dagegen? – Das sind die LINKEN. Wer enthält sich? – Die Freien Demokraten und Frau Kollegin Öztürk. Damit wird er nicht mit Punkt 2 behandelt

(Wortmeldung des Abg. Hermann Schaus (DIE LIN- KE))

langsam, ich stelle erst einmal das Ergebnis fest –, sondern am Ende der Tagesordnung, so wie von Frau Dorn vorgetragen.

Jetzt zur Geschäftsordnung, Herr Kollege Schaus.

Herr Präsident! Ich hatte Kollegin Dorn so verstanden, dass unser Antrag auf jeden Fall noch behandelt werden soll, sodass er zumindest als letzter Punkt am Donnerstag auf die Tagesordnung kommt, dass das ihr Begehr war. – Sie nicken. Dann bitte ich, das einvernehmlich so festzustellen.

(Holger Bellino (CDU): Das haben wir gerade beschlossen!)

Jein. Die Nachfrage von Herrn Kollegen Schaus ist korrekt. Denn wenn wir es nur angeschlossen hätten, hätten

wir es auch für die nächste Sitzung versenken können. Wir nehmen es auf alle Fälle noch am Donnerstagabend mit hinein. – So wird es gemacht. Konsens. Damit ist das auch so beschlossen.

Können wir die Tagesordnung so durchgehen lassen? – Das ist der Fall. Damit ist sie genehmigt.

Halt, ich habe noch einen anderen Punkt. Kollege Rudolph weist mich darauf hin. Tagesordnungspunkt 27, der Setzpunkt der CDU, wird verbunden mit Tagesordnungspunkt 22 von der SPD und Tagesordnungspunkt 15 von der FDP. Das haben wir heute Morgen angedeutet, und jetzt wird es vollzogen. Die SPD hat mir das mitgeteilt. Also werden die Tagesordnungspunkte 15, 22 und 27 gemeinsam aufgerufen. – Damit ist die Tagesordnung jetzt endgültig genehmigt.

Wir tagen heute bis 19 Uhr. Wir beginnen mit der Fragestunde, Drucks. 19/4465. Dann kommen wir zur Regierungserklärung.

Entschuldigt fehlt nicht mehr Herr Dr. Schäfer. Herr Staatsminister, Sie sind zu früh, jedenfalls nach meinem Plan hier.

Ich möchte Sie auf die Ausstellung „70 Jahre VdK“ hinweisen, die in dieser Woche an allen drei Plenartagen in der Ausstellungshalle aufgebaut ist. Bitte nehmen Sie sich die Zeit, die Ausstellung dieses wichtigen Verbandes in unserem Land anzuschauen. Im Übrigen gibt es auch den parlamentarischen Abend des VdK, zu dem Sie eingeladen sind.

Während der jetzigen drei Plenartage – das ist jetzt für Sie wichtig – sind die Geräte für die neue Mandatsausstattung vor den Räumen 120 M bis 122 M, also quasi hinter uns, aufgebaut und zu besichtigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des IT-Bereichs stehen Ihnen dort für Fragen zur Verfügung. Nutzen Sie die Gelegenheit.

Das waren die amtlichen Mitteilungen.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 1:

Fragestunde – Drucks. 19/4465 –

Wir beginnen mit der Frage 712. Frau Kollegin Waschke.

Ich frage die Landesregierung:

Gab es bereits Gespräche zwischen den Bundesländern Hessen, Bayern und Thüringen mit dem Ziel, das Biosphärenreservat Rhön als Nationalpark ausweisen zu lassen?

Frau Staatsministerin Hinz.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, es gab noch keine offiziellen Gespräche darüber. Ich habe zwei kurze Telefongespräche mit meiner bayerischen Kollegin, Ministerin Scharf, zu dem Thema mögliche Ausweisung eines weiteren Nationalparks in Bayern geführt. Die bayerische Landesregierung in Person von Frau Ministerin Scharf führt

derzeit Gespräche mit den kommunal Verantwortlichen der vier möglichen Standorte in Bayern. Eine Entscheidung darüber, welcher in Frage kommt, ist noch nicht in Sicht. Die Hessische Landesregierung geht davon aus, dass die bayerische Landesregierung erst im weiteren Verlauf dieses Jahres zu einer Entscheidung gelangt.

Ich gebe zu bedenken, dass das Biosphärenreservat Rhön im Übrigen weit überwiegend Kulturlandschaft ist. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines Nationalparks nicht oder nicht in vollem Umfang erfüllt wären.