Ich lasse über den Gesetzentwurf abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzei
chen. – Das sind Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Fraktionen SPD und DIE LINKE. Wer enthält sich? – Abg. Öztürk. Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung in dritter Lesung angenommen und wird zum Gesetz erhoben.
Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Melderechts, des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und des Hessischen Glücksspielgesetzes – Drucks. 19/2462 zu Drucks. 19/2425 zu Drucks. 19/ 1979 –
Frau Präsidentin, die Beschlussempfehlung lautet: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SPD, DIE LINKE und FDP, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/2460 in dritter Lesung anzunehmen.
Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich, für die Berichterstattung. – Als Erster hat sich Kollege Greilich von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort. Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es nicht in die Länge ziehen, aber doch noch einmal ein paar Punkte ansprechen. Wir haben die Debatten hier und in zwei Ausschusssitzungen geführt, ohne dass dabei sonderlich viel herausgekommen ist.
Ich will es nochmals erwähnen: Zum Meldegesetz haben Sie die Erkenntnisse aus der Anhörung aufgenommen und sich davon verabschiedet, Auskunftsrechte der religiösen Glaubensgemeinschaften bezüglich nicht Angehöriger aufzunehmen. Das findet unsere Zustimmung. Das ist Bestandteil sowohl des Änderungsantrags der FDP – den wir natürlich aufrechterhalten – wie auch des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen.
Beim Thema Bodycams haben Sie die Kritik aufgenommen, die daran geübt wurde, dass Sie die Eingriffschwelle absenken wollten. Insoweit sind unsere beiden Änderungsanträge ähnlich oder jedenfalls so, dass wir in diesem Punkt auch dem Koalitionsantrag zustimmen könnten. Wir halten den Einsatz von Bodycams für eine sinnvolle präventive Maßnahme, um Übergriffe auf Polizisten möglichst zu verhindern. Die Erfahrungen, die wir damit ge
macht haben, sind durchaus positiv. Deswegen bekenne ich mich dazu: Vorher haben wir für die Einführung der Bodycams in der jetzigen Form gestimmt. Nach wie vor halten wir das für eine richtige Entscheidung. Das aber, was Sie jetzt machen, ist in mehrfacher Hinsicht katastrophal. Deswegen werden wir, wenn Sie bei Ihrer Haltung bleiben, diesen Gesetzentwurf ablehnen müssen.
Zum einen wollen Sie eine 30 Sekunden lange Aufzeichnung in einer Schleife einführen, bevor überhaupt feststeht, ob die Eingriffsvoraussetzungen gegeben sind. Das ist anlasslos. Sie wollen diese 30-Sekunden-Schleife laufen lassen, ohne dass dafür ein Anlass gegeben ist, sondern aus der bloßen Annahme heraus, es könnte zu einem Anlass kommen; dann soll diese auf Vorrat gespeicherte Filmaufnahme auf Knopfdruck Bestandteil einer anschließend mit Eingriffsermächtigung gemachten Aufzeichnung werden. Das ist eine anlasslose Filmaufnahme auf Vorrat.
Ich hätte gedacht, dass Sie aus dem Rausch Ihrer absoluten Mehrheit, die Sie einmal hatten, gelernt haben, welche Fehler Sie damals gemacht haben, und dass Sie so etwas nicht wiederholen. Aber anscheinend funktioniert das nicht.
Genauso ist das bei der zweiten Komponente, die eine Rolle spielt, eine ganz erhebliche Rolle: In der Anhörung haben wir einhellig festgestellt und von allen Anzuhörenden gehört: Die Tonaufzeichnung, die Sie jetzt neben der Prerecording-Funktion einführen wollen, hat überhaupt keine präventive Wirkung. Hier geht es ausschließlich um Beweissicherung, um bei entsprechenden Beleidigungen gegenüber Polizisten anschließend in der strafrechtlichen Verfolgung über Beweismittel zu verfügen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe es hier schon einmal gesagt, auch im Ausschuss: Das ist eine rein strafprozessrechtliche Maßnahme. Strafprozessrechtliche Maßnahmen gehören nicht zur Gesetzgebungskompetenz des Hessischen Landtags. Deswegen ist das ein zweiter Punkt, in dem Sie ein verfassungswidriges Gesetz verabschieden.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Sie wiederholen den Fehler, den Sie seinerzeit – entgegen der Warnung des Kollegen Hahn, der das damals vor allem bearbeitet hat – bei der Aufnahme der Kennzeichenlesegeräte gemacht haben. Sie machen wieder einen Gesetzgebungsschritt, der über das Ziel hinausschießt und damit das eigentliche Ziel konterkariert. Das führt dazu, dass Sie zum Schluss weniger in der Hand haben als dann, wenn Sie auf unseren Rat hören. Wenn Sie damals auf unseren Rat gehört hätten, dann hätten Sie eine verfassungskonforme Regelung zu den Kennzeichenlesegeräten gehabt. Würden Sie jetzt auf unseren Hinweis hören, dann hätten Sie eine verfassungsgemäße Regelung zu den Bodycams. So werden Sie erleben, dass Sie gar nichts in der Hand haben und damit der Polizei einen Bärendienst erweisen.
Als letzte Bemerkung will ich noch auf Folgendes hinweisen. Sie sind auch selbst schuld. Sie sind selbst schuld, weil Sie ein Sammelsuriumgesetz vorgelegt haben, bei
dem dann wegen der notwendigen Anpassung des Melderechts ein Zeitdruck entstanden ist, der Ihnen die Luft genommen hat, einmal gründlich über das nachzudenken, was in der Anhörung gesagt wurde und was wir hier debattiert haben. Weil Sie deswegen ein ganzes Jahr verpennt haben, kommen Sie jetzt in diese Situation einer selbst verursachten Hektik. Das tut mir leid. Das tut mir vor allem um die Polizeibeamten leid, die unter dem Strich damit eines wichtigen Einsatzmittels beraubt werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat haben wir die Anhörung ausgewertet und ernst genommen, und in einigen Bereichen haben wir auch Korrekturen vorgenommen.
Ich möchte mich ausdrücklich auf die Anhörung beziehen, in der Sie, Herr Kollege Greilich, Ihre kritischen Fragen gestellt haben. Dazu verweise ich auf den Stenografischen Bericht, Seite 19. Dort hat der Jurist der Universität Bremen, Herr Dr. Kipker, auf Ihre Frage Folgendes gesagt, ich darf zitieren: Aber wenn die tatsächliche Eingriffsschwelle „hinreichend eng gefasst“ wird, „so, wie ich das jetzt sehe, könnte man es legitimieren, eine theoretische Daueraufzeichnung durchzuführen“. Wir haben das also sehr wohl gefragt.
Und wenn Sie fragen, warum wir das eigentlich tun – strittig ist doch nur noch das Thema Bodycam –, dann sage ich: Wir machen das, weil die Praktiker, nämlich die Polizeibeamtinnen und -beamten, die dieses hervorragende Modell selbst entwickelt haben, sagen, sie brauchen es für ihre Einsatzmöglichkeiten,
zum besseren Schutz der Polizeibeamten. Deshalb erweitern wir die Möglichkeit um eine solche Tonaufnahme,
weil uns der Schutz von Polizeibeamten lieb und teuer ist und wir alles dafür unternehmen, damit diese Menschen, die für uns ihren Kopf hinhalten, besser geschützt werden.
Dazu dienen nicht nur die Bildaufnahmen, dazu dienen auch die Tonaufnahmen. Es ist doch ein Treppenwitz, wenn wir das in Hessen erfinden, das in einem Modell auf die Fläche ausweiten – dann aber plötzlich Hamburg ein Gesetz erlässt, das Bild- und Tonaufnahmen erlaubt, uns also quasi rechts überholt. Was in Hamburg rechtlich möglich ist, muss doch auch in Hessen möglich sein. Mit diesem Gesetz schaffen wir die rechtlichen Grundlagen dafür.
Das sagt ein Polizeibeamter. Meine Damen und Herren, er hat recht. Wenn Sie fragen: „Warum?“, dann sage ich Ihnen: Der Polizeimeister – den genauen Titel kenne ich nicht –, Dirk Peglow, der stellvertretende Landesvorsitzende des BDK,
hat selbst erklärt, warum man das braucht: Wenn die Polizei erst dann aufzeichnet, wenn sie reagiert, dann weiß man nicht, welche provozierenden Handlungen vielleicht vorausgegangen sind. Man sieht nur das Eingriffshandeln der Polizei, nicht aber die Ursache dafür. Er sagt in seiner Stellungnahme – Sie können das auf Seite 10 nachlesen –, dass sich gerade Widerstandshandlungen nicht ankündigen, sondern, aus Sicht der Praktiker, sehr häufig spontan und unvermittelt passieren. Deshalb ist eine PrerecordingFunktion in einem ganz eng begrenzten rechtlich zulässigen Rahmen, nämlich zum Schutz der Polizeibeamten und zur Identitätsfeststellung, durchaus angebracht und legitim. Wir halten das auch für äußerst sinnvoll.
Wenn ich noch den letzten Vertreter der Polizeigewerkschaft als Kronzeugen anführen darf, den Herrn Schmitt von der DPolG: Der sagt auf Seite 13, und damit bin ich auch gleich am Ende:
Alles das, was hier zu Bodycam-Aufzeichnungen gesagt wurde – das will ich noch einmal unterstreichen –, begrüßen wir ausdrücklich, und wir bedanken uns auch dafür. Wir bedanken uns für alles, was der Gesetzgeber unternimmt, um gewaltsame Übergriffe gegen unsere Kolleginnen und Kollegen möglicherweise zu minimieren. Insofern auch herzlichen Dank für diesen Gesetzentwurf – in der Hoffnung, dass er auch tatsächlich Gesetzeskraft erlangt.
(Günter Rudolph (SPD): Also alles, was die Gewerkschaften wollen, wird gemacht? – Gegenruf des Abg. Holger Bellino (CDU): Nein, wir können ja differenzieren!)