Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

Ohne eine solche Bereitschaft wird es Griechenland niemals schaffen. Nichts anderes macht Fraport hier, im Übrigen – das haben Sie verschwiegen – gemeinsam mit einem griechischen Partner. Es ist also keineswegs so, dass sich ausschließlich die Fraport um die Konzession beworben hat, sondern sie hat es zusammen mit einem griechischen Partner gemacht.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Lassen Sie mich einen Satz zu den Arbeitsplätzen sagen: Glauben Sie wirklich, dass Arbeitsplätze in maroden, defizitären griechischen Staatsbetrieben sicherer sind als Arbeitsplätze in gewinnträchtigen privatwirtschaftlichen Unternehmen?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die sind doch gar nicht defizitär! – Gegenruf des Abg. Manfred Pentz (CDU): Ihr glaubt das! – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Vorsicht, Frau Wissler. Wenn Sie sich das Gesamtpaket anschauen, stellen Sie fest, dass in den beiden Paketen, die jeweils sieben Flughäfen umfassen, Flughäfen enthalten sind, die Gewinne erwirtschaften. Aber die griechische Regierung hat das Paket ausdrücklich so geschnürt, dass auch Flughäfen dabei sind, die defizitär sind. Nur so ist sie auch in der Lage, ein Stück weit defizitäre, aber entwicklungsfähige Flughäfen auf den Markt zu bringen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist einfach nicht wahr!)

Das Konsortium hat einen Betrag von 1,25 Milliarden € geboten und will 300 Millionen € auch in die Infrastruktur solcher Flughäfen investieren, deren wirtschaftliche Existenz ohne eine solche Investition kaum möglich wäre.

Lassen Sie mich noch einen Hinweis geben: Das Auslandsengagement der Fraport kann sich, was die Ergebnisse nicht nur für die Fraport selbst, sondern vor allen Dingen auch für ökonomische Entwicklung in den jeweiligen Ländern betrifft, mehr als sehen lassen.

Ich habe nur ein Beispiel mitgebracht. Das ließe sich fortsetzen. Nehmen Sie den Flughafen in Lima. Der Flughafen in Lima hat im Jahr 2001 Zahlungen an die öffentlichen Hände, also Konzessionsabgaben und Steuern, in der Höhe von 40 Millionen Dollar generiert. 2009 waren es bereits 100 Millionen Dollar. Im Jahr 2014 hat sich der Betrag noch einmal auf 200 Millionen US-Dollar verdoppelt, die

sich aus dem Betrieb durch Fraport, durch den Flughafen in Lima, für die öffentlichen Hände in Peru ergeben haben. Das ist eine klassische Win-win-Situation: dass nämlich jemand, der in der Lage ist, Flughäfen international professionell zu betreiben, einen Flughafen betreibt und daraus einen Vorteil zieht.

(Beifall des Abg. Manfred Pentz (CDU) – Vizepräsident Wolfgang Greilich übernimmt den Vorsitz.)

Aber der Vorteil, der in der Region bleibt, ist um ein Vielfaches höher als das, was Fraport an Benefit zu uns nach Hessen und nach Deutschland zurückzieht. Um das zu verstehen, braucht man keine Eins in Ökonomie, aber möglicherweise die Fähigkeit, ein Stück Realitätsbewusstsein für sich zu akzeptieren, anstatt nur immer diesen gequirlten Unsinn mit ideologiebeladenen Phrasen herunterzudreschen. Das geht nicht.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Schäfer. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann stelle ich fest, dass auch diese Aktuelle Stunde abgehalten ist.

Wie wir beschlossen haben, kommen wir dann zur Abstimmung über den Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE; da soll sofort abgestimmt werden. Ich rufe den Antrag Drucks. 19/2471 zur Abstimmung auf. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? – Das ist der Rest des Hauses. Damit ist dieser Antrag bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und Ablehnung durch alle anderen Fraktionen abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 50:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Tierschutz stärker in Forschung und Lehre verankern – Drucks. 19/2416 –

Hier liegt mir zunächst eine Wortmeldung von Frau Kollegin Hammann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass ich heute zum Antrag „Tierschutz stärker in Forschung und Lehre verankern“ sprechen kann. Ich denke, Sie sehen mir das auch an.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Seit vielen Jahren verfolgen wir GRÜNEN die Entwicklung der Tierversuchszahlen mit Sorge. Die Anzahl der verbrauchten Tiere in Tierversuchen an den hessischen Universitäten stieg seit dem Jahr 2000 von 28.818 auf 50.276 im Jahr 2014. Dies stellt für diese Zeitspanne fast eine Verdoppelung dar. Für uns GRÜNE ist es eine ethische Verpflichtung, sich für den Schutz der Tiere um ihrer selbst willen einzusetzen. Wir sehen es als notwendig an, dass Maßnahmen mit dem Ziel, Tierversuche überflüssig zu machen, erforscht werden. Ich bin sehr froh, dass wir

uns mit unserem Koalitionspartner geeinigt haben und dass wir ein gemeinsames Ziel haben. Wir sind uns einig: Die Tierversuche sollen deutlich reduziert werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Daher haben wir in der Koalitionsvereinbarung nicht nur beschlossen, eine Stiftungsprofessur für das sogenannte 3-R-Verfahren einzurichten, sondern auch die Verankerung der 3-R-Prinzipien bei den Forschungseinrichtungen durch das neue Hessische Hochschulgesetz. Für die, die es nicht wissen: Was bedeuten die „3 R“? Das bedeutet Replacement – dies bezeichnet den Ersatz von Tierversuchen –, Reduction – das bedeutet Verringerung von Tierversuchen –, und Refinement – das beinhaltet nichts anderes als die Verfeinerung von Versuchen und führt somit zu weniger belastenden Versuchen bei den Tieren.

Meine Damen und Herren, ich bin sehr stolz darauf, dass Hessen die Anliegen des Tierschutzes in der Hochschulpolitik verwirklicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es ist nicht nur gelungen, eine Stiftungsprofessur auf den Weg zu bringen, sondern es wurden sogar zwei Stiftungsprofessuren geschaffen. Ich finde, das ist eine Leistung, die man anerkennen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Es gibt nicht nur zwei Stiftungsprofessuren, sondern zusätzlich erfolgt auch die Wiederbesetzung einer Professur für den Tierschutz an der veterinärmedizinischen Fakultät der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Damit wird ein von uns GRÜNEN lang verfolgtes Ziel verwirklicht. Wir freuen uns sehr, dass Wissenschaftsminister Boris Rhein die Einrichtung einer entsprechenden Professur an der Goethe-Universität Frankfurt und einer Juniorprofessur an der Liebig-Universität Gießen bekannt gegeben hat und – das ist wichtig – auch die entsprechenden Bewilligungsbescheide übergeben hat.

Eine der Professuren ist für die Entwicklung tierversuchsfreier Methoden vorgesehen, um neue Wirkstoffe zu prüfen. Sie wird in der Goethe-Universität Frankfurt künftig zur Reduktion von Tierversuchen beitragen können. Die andere Professur in Gießen sowie die neu besetzte Professur für den Tierschutz werden sich sowohl mit der Leidensreduktion bei Tierversuchen als auch mit tierversuchsfreien Methoden beschäftigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies ist ein bedeutender Fortschritt für den Tierschutz. Er wird dazu führen, dass die Tierversuche in Hessen deutlich reduziert werden können. Es kann auch ein Signal an andere Bundesländer ausgehen, um deutlich zu machen, welche Möglichkeiten bestehen, alternative Verfahren zu erforschen und einzusetzen, um dann auch die Not und das Tierleid nach unten zu drücken und Tierversuche zu reduzieren. Vielleicht schaffen wir es auch irgendwann einmal, ganz auf die Tierversuche zu verzichten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Uns ist klar, dass es eine Vielzahl von Tierversuchen gibt, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Dazu zählen die ge

samte Palette der Giftigkeitsprüfungen für neue Chemikalien sowie auch die Arzneimittelprüfungen. Es gibt die Tierversuche, die in den Bereichen der Diagnostik, der Ausbildung, der Grundlagenforschung und der Arzneimittelentwicklung vorgenommen werden.

Es ist jedoch auch erkennbar, dass Tierversuche oft eine falsche Sicherheit bedeuten können: Es ist erwiesen, dass viele im Tierversuch getestete Medikamente im späteren klinischen Einsatz die Unbedenklichkeit nicht bestätigen, die sich zuerst durch den Tierversuch ergeben hatte. So wurden und werden – das ist Ihnen auch bekannt – immer wieder Medikamente vom Markt genommen, da Menschen durch sie gesundheitlich geschädigt wurden. Also: Ihnen wurde nicht geholfen, sondern es trat sogar noch ein gesundheitlicher Schaden ein.

Die Liste dieser Medikamente mit gesundheitlicher Schädigung ist sehr lang. Wer sich dafür interessiert: Es gibt eine Ausführung dazu. Ich war, als ich mich mit diesem Thema auseinandergesetzt habe, selbst darüber erstaunt, wie viele Medikamente wieder vom Markt genommen werden mussten, weil sie eben nicht die Wirkung erbracht hatten, die man sich von ihnen erhofft hatte. Besonders bekannt geworden ist zum Beispiel Contergan – das liegt schon eine Weile zurück. Aber in der neueren Zeit waren es Trasylol, Vioxx und auch Lipobay. So wurde Lipobay als Cholesterinsenker im Tierversuch getestet und als sicher befunden. Es gab vorher zahlreiche Tierversuche. Beim Menschen führte dieses Medikament jedoch zu Muskelzerstörung und zu Todesfällen.

Selbst Erkenntnisse oder Ergebnisse aus klinischen Studien, die meist an Menschen mittleren Alters vorgenommen werden, zeigen bereits, dass sie nicht auf Kinder oder alte Menschen übertragbar sind. Wenn schon die Übertragungen der Ergebnisse anhand eines Menschen auf einen anderen Menschen aufgrund von alters- und geschlechtsspezifischen Unterschieden problematisch sind, besteht zu Recht die Frage: Wie sollen dann Ergebnisse anhand von Ratten und Fischen Sicherheit schaffen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie der Abg. Barbara Cárdenas (DIE LINKE))

Der Mensch unterscheidet sich nun einmal von den verschiedenen Tierarten – hinsichtlich des Körperbaus, der Organfunktion und des Stoffwechselprozesses von Substanzen. Die Erkenntnisse aus einem Tierversuch sind daher – das muss ich betonen – immer mit einem Risiko behaftet. Ein Tier ist nun einmal kein Mensch. Daher können die Ergebnisse niemals eine hundertprozentige Sicherheit für den Menschen beinhalten.

Aber was wir brauchen, sind sichere Medikamente. Dafür brauchen wir verlässliche und für den Menschen relevante Forschungsergebnisse. Schon seit Längerem reift auch die Erkenntnis, dass Studien über Zell- und Gewebekulturen gegenüber Tierversuchen betrachtet zuverlässige, gut reproduzierbare und eindeutige Ergebnisse bringen können.

Es ist auch feststellbar, dass In-vitro-Systeme nicht nur schnelle Ergebnisse bringen, sondern oftmals auch wesentlich empfindlicher auf giftige Einflüsse reagieren als z. B. die Versuchstiere. Als Beispiel nenne ich den Episkin-Test mit künstlicher menschlicher Haut, der zur Bestimmung der Ätzwirkung von Chemikalien auf der Haut eingesetzt wurde. Dieser Test wurde sonst an Kaninchen und Meerschweinchen vorgenommen. Oder der Transformationstest,

der eine Prüfung auf Tumorbildung mit permanenten Zelllinien beinhaltet. Dieser Test ersetzt die Verabreichung von Substanzen bei Ratten und Mäusen, und dies über einen längeren Zeitraum.

Ich sage aber auch ganz deutlich: Der Kostenfaktor spielt natürlich auch eine Rolle, gerade bei den Versuchstieren. Wenn sich die tierversuchsfreien Verfahren erst einmal etabliert haben, sind sie, das ist die Erkenntnis von vielen, wesentlich kostengünstiger als Versuche mit Tieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen alles daransetzen, dass dieser Weg zu einer Forschung mit sicheren Erkenntnissen und ohne Tierleid führt. Diesen Weg wollen wir in Hessen mit den 3-R-Stiftungsprofessuren begehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Als Nächste hat Abg. Müller (Schwalmstadt) für die Fraktion der Sozialdemokraten das Wort. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Zahl der für Tierversuche verwendeten Tiere hat noch immer eine mehr als fragwürdige Größenordnung. Im Jahr 2013 etwa sprechen wir von rund 3 Millionen Tieren in der Bundesrepublik. Hessen kommt im Ländervergleich dabei auf Platz 6. Hier geht es um etwa 250.000 Tiere. Natürlich ist auch uns klar, dass bestimmte Tierversuche z. B. durch Vorgaben des Bundes in der Medikamentenentwicklung derzeit nicht nur schwierig zu ersetzen sind, sondern im Verfahren sogar gefordert werden. Gleichwohl lassen diese Zahlen natürlich Beunruhigung, Unzufriedenheit und Mitleid zurück. Es geht um 3 Millionen Lebewesen. Dies sage ich ausdrücklich nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Tierschutzes als unser Verfassungsziel.

Daher bewerten es meine Fraktion und ich als Schritt in die richtige Richtung, wenn sich der Landtag für eine deutliche Verringerung der Tierversuche und zugleich für zwei Professuren der 3-R-Aspekte – Frau Kollegin Hammann hat eben benannt, wofür die drei R stehen: Replacement, Refinement und Reduction – ausspricht. Dies ist übrigens eine Forderung, die schon seit Längerem von der Tierschutzbeauftragten Frau Dr. Martin erhoben worden ist. Ich nehme dies zur Gelegenheit, ihr und ihrem Team für ihre Arbeit, für ihren Einsatz und für das Bohren wirklich dicker Bretter ganz herzlich zu danken.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Manfred Pentz (CDU))