Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

Änderung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und weiterer berufsrechtlicher Vorschriften.

(Michael Boddenberg (CDU): Auch für Imker!)

In der Tat: auch für Imker nützlich. – Es ist ein Gesetzentwurf, der der Umsetzung einer EU-Richtlinie in nationales Recht dient, für die eine Frist bis spätestens 18. Januar 2016 festgelegt ist.

Damit – ich meine diese Umsetzungsfrist – bin ich schon bei einem verhältnismäßig ärgerlichen Vorgang im Zusammenhang mit diesem Gesetz. Man kann sagen: Die Spielräume sind eng, bis fast nicht vorhanden. Es geht um die Umsetzung von Bundes- und EU-Recht. Ärgerlich ist aber der Zeitrahmen, den wir dafür haben; denn dieser Rechtsakt in Form einer EU-Durchführungsverordnung ist erst nach Verstreichen von annähernd drei Vierteln der Umsetzungsfrist – muss man schon sagen – veröffentlicht worden: Das war der 25.06.

Das heißt: Wir – das Land, die Landesregierung, das Ministerium – konnten erst ab diesem Zeitpunkt richtig tätig werden, was bei zwei Kabinettsdurchläufen und einer Regierungsanhörung schon etwas bedeutet. Das muss ich Ihnen hier nicht näher erörtern, glaube ich.

Zu den Inhalten der Richtlinie ein paar Bemerkungen. Erstens wird der Europäische Berufsausweis eingeführt. Man darf sich diesen Europäischen Berufsausweis nicht wie ein körperliches Dokument wie einen Führerschein vorstellen. Es ist vielmehr ein elektronisches Dokument, das im Informationssystem der Mitgliedstaaten hinterlegt wird und den Angehörigen derjenigen Berufe, für die dieser Berufsausweis bereits eingeführt ist, den Zugang zu ihrem Beruf in einem anderen Mitgliedstaat erleichtert.

Zweitens regelt die Richtlinie, dass eine elektronische Antragstellung zu ermöglichen ist und das elektronische Antragsverfahren über einen einheitlichen Ansprechpartner geführt werden können muss.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

Drittens trifft die Richtlinie Regelungen zum sogenannten partiellen Berufszugang. Ich will Ihnen Einzelheiten dazu in diesem Moment ersparen und – Herr Kollege Grüttner hat mich ausdrücklich darum gebeten – etwas ausführlicher auf den vierten Regelungsbereich eingehen, der der schwierigste Regelungsbereich ist; es geht um den sogenannten Vorwarnmechanismus. Die EU-Richtlinie legt fest, dass sich die Mitgliedstaaten über das Informationssystem „IMI“ gegenseitig innerhalb von drei Kalendertagen zu unterrichten haben, wenn Angehörigen von Berufen im Gesundheitswesen sowie von erzieherischen Berufen, die dann im Einzelnen aufgeführt werden, die Ausübung des Berufs ganz oder teilweise untersagt oder beschränkt worden ist.

Sie können sich vorstellen, um was es geht. Das ist schon ein sehr ernster Hintergrund. Insoweit ist der Gehalt der Richtlinie in ihrer Bedeutung – das will ich ausdrücklich hervorheben – nicht zu unterschätzen. Dieser Vorwarnmechanismus hat natürlich einen ganz anderen Charakter. Von den Punkten, die ich eben genannt habe, unterscheidet er sich sehr wesentlich, weil es eben nicht um Erleichterungen oder Mobilitätserhöhungen von Berufsangehörigen geht, sondern es geht um sehr deutliche Restriktionen, und da obliegt einem Gesetzgeber natürlich eine besondere Sorgfalt.

Ich glaube, auch das muss man nicht gesondert erwähnen: Es ist wichtig, dass es eine einheitliche Umsetzung im Bund und in den Ländern geben muss. In einem solchen Zeitrahmen ist das bei 16 Bundesländern schon ein ambitioniertes Verfahren. Die Landesregierung hat sich im Dialog mit den anderen Bundesländern intensiv darum bemüht, zu einheitlichen Lösungen zu kommen. Wir sind im Übrigen, und das erleichtert mich ein bisschen, noch schneller als der Großteil der anderen Bundesländer, die bei der Umsetzung ein bisschen hinterherhinken.

Das will ich vorweg sagen: Es kann auch durchaus sein, dass wir dann, wenn wir einmal alles vorliegen haben, an der einen oder anderen Stelle werden nacharbeiten müssen. Insoweit werbe ich für ein gestrafftes Verfahren. Ich bin Ihnen – das will ich ausdrücklich sagen – sehr dankbar dafür, dass Sie sich bereits zu einem gestrafften Verfahren bereit erklärt haben. Insoweit ist veranlasst worden, dass Ihnen die Stellungnahmen der Regierungsanhörung zur Verfügung gestellt worden sind. Alles Weitere können wir dann in den zuständigen Gremien erörtern. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abg. Dr. Sommer für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz gibt Fachkräften aus dem Ausland das Recht, dass ihr Berufsabschluss auf Gleichwertigkeit mit dem deutschen Referenzberuf überprüft wird, sowohl auf Bundes- als auch Landesebene. Das Gesetz gilt für reglementierte, aber auch für nicht reglementierte Berufe. In der Zuständigkeit des Bundes sind das etwa 600 Berufsgruppen.

Aber auch in Hessen gibt es Berufe, die landesrechtlich geregelt sind. Damit auch diese Qualifikationen anerkannt werden können, müssen die Länder hierfür eigene gesetzliche Regelungen schaffen. Wir haben es jetzt – Herr Minister Rhein hat es schon gesagt – mit einem Änderungsgesetz zu tun. Es setzt die EU-Richtlinie um, um einfach eine Vereinheitlichung auf Bundesebene zu schaffen. Diese wurde immer wieder gefordert, und dieser Forderung kommt man nunmehr nach. Dies macht dann auch eine gesteigerte Aussagekraft der für 2019 geplanten Evaluation der Berufsqualifikationsfeststellung möglich.

Unter den landesrechtlichen Berufen – Sie haben relativ verkürzt berichtet – sind beispielsweise Berufe wie Lehrer, Erzieher, Ingenieure, technische Assistenten sowie Gesundheitsberufe subsumiert. Ohne die Bestätigung der Gleichwertigkeit ihrer im Ausland erworbenen Qualifikationen können sie hier nun mal nicht arbeiten. So müssen wir das in Hessen regeln, und das Gesetz gewährt daher natürlichen Personen einen Rechtsanspruch auf Prüfung ihrer im Ausland erworbenen Qualifikation. Es gewährleistet aber auch die zeitnahe Mitteilung darüber, ob der betreffende Abschluss dann auch anerkannt wird.

Meine Damen und Herren, das Ziel, das damit verbunden ist, ist zum einen die Verbesserung der auf den Arbeits

markt bezogenen Integration von Zuwanderern, damit zusammenhängend aber auch eine Verringerung des Fachkräftemangels. Viele Unternehmen, Handwerksbetriebe, Krankenhäuser, aber auch Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sind auf ausländische Fachkräfte angewiesen. Das Gesetz, das Entscheidungen zur Gleichwertigkeit der Berufsqualifikationen treffen soll, wird so zu einem Instrument der Fachkräftesicherung sowie zu einer Starthilfe für die Integration. Aus Sicht von Ökonomen profitiert Deutschland und damit Hessen schon heute von seinen Einwanderern. In den nächsten Jahren wird der Arbeitsmarkt verstärkt auf sie angewiesen sein, urteilt unter anderem das Institut der deutschen Wirtschaft.

Was ist neu? Zum einen ist es § 13a – Herr Staatsminister Rhein hat es schon erwähnt –, der Europäische Berufsausweis, in dem nun einschlägige Befähigungsnachweise Berücksichtigung finden.

Zum anderen ist der Vorwarnmechanismus – Sie haben ihn genannt – neu. Dieser ist, finde ich, ganz wichtig, wenn die Berufsausübung untersagt wurde; das ist gerade bei Berufsgruppen, die mit Patienten, Kindern, Schülern, also mit allen Schutzbedürftigen, zu tun haben, ein ganz wichtiger Paragraf.

So auch § 13c – Herr Rhein, Sie haben ihn auch schon genannt –, der partielle Zugang. Sie wollten es nicht weiter skizzieren, aber ich möchte dies ganz kurz tun. Dieser eröffnet die Möglichkeit, Eignungsprüfungen oder Anpassungslehrgänge nachzuholen, sodass fehlende Bestandteile zur Anerkennung vorliegen. Diese neue Ausgestaltung soll der Harmonisierung der Regelungen dienen und vermeidet im Bezug zum Fachrecht Doppelregelungen.

Meine Damen und Herren, das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz – ich finde dieses Wort ganz furchtbar, Anerkennungsgesetz würde es auch tun – ermöglicht eine Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen und geht in die richtige Richtung. Ich freue mich bereits jetzt auf die Beratungen im Ausschuss, basierend auf fundierter Sachlichkeit, die ich heute in mancher Debatte leider sehr, gar schmerzlich, vermisst habe. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos) – Minister Stefan Grüttner: Na, na!)

Das Wort hat Herr Abg. Schwarz für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Vor gut drei Jahren trat das Bundesgesetz in Kraft, das erstmalig einen Rechtsanspruch auf Überprüfung der Gleichwertigkeit eines ausländischen Berufsabschlusses mit einem deutschen Referenzberuf hergibt. Mitte des Jahres zog die Bundesregierung eine erste positive Zwischenbilanz. Mit Ihrem Einverständnis, Herr Präsident, zitiere ich die Bewertung, die Stellungnahme der Bundesregierung vom 10.06.2015. Dort heißt es:

Die Zahl der aus dem Ausland Zugezogenen, die über einen beruflichen Abschluss verfügen, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Wenn unser

Wohlstand dauerhaft gesichert werden soll, ist Deutschland auf diese gut qualifizierten Menschen angewiesen. Ihr Potenzial müssen wir bestmöglich nutzen. Das Anerkennungsgesetz ist ein wichtiges Instrument zur Integration in den Arbeitsmarkt.

Das ist eine klare Aussage. Wenn man einmal genauer auf die Zwischenbilanz schaut, stellt man fest: In den ersten beiden Jahren, zu welchen jetzt auch eine amtliche Statistik vorliegt, sind 26.500 Anträge gestellt worden. Nahezu 96 % dieser Anträge sind positiv beschieden worden, mit der Feststellung: „vollständig“ bzw. „teilweise gleichwertig“.

Die Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen ist in zweierlei Hinsicht eine wichtige Fragestellung: Einerseits ist diese ein Instrument zur Integration, andererseits aufgrund der demografischen Entwicklung eine wichtige Stellschraube, um den Fachkräftebedarf im Land zu decken. Insofern profitieren wir als Gesellschaft insgesamt, aber natürlich auch die betroffenen Personen davon.

Nach einer nicht repräsentativen Umfrage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge haben 21 % der zwischen 2013 und August 2014 nach Deutschland gekommenen Syrer in ihrem Heimatland einen Hochschulabschluss erworben. Aber eine im Oktober dieses Jahres erschienene Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung stellt fest, dass die Flüchtlinge mittlerweile sogar niedrigere Qualifikationen haben als die bereits hier lebenden Ausländer.

Die vorhandenen Qualifikationen müssen wir aus verschiedenen Gründen so schnell wie möglich für uns nutzbar machen. Das kann nur sinnvoll sein. Das ist eine wichtige Maßnahme, die durch dieses Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz gewährleistet wird.

Es ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die bereits von Staatsminister Boris Rhein beschrieben worden sind. Als Instrumente haben wir einmal die elektronische Antragsabgabe, das ist wichtig in Zeiten wie diesen. Außerdem gibt es das Instrument einer partiellen Berufszugangsberechtigung. Zudem gibt es das eben schon beschriebene Vorwarnsystem. Das sind alles Dinge, die von ganz großer Bedeutung sind, damit das Ganze dann tatsächlich auch besser funktioniert.

Tatsache ist, dass wir ein zügiges Verfahren brauchen. Wir haben einen gewissen Zeitdruck. Ich bin deswegen dankbar dafür, dass es unter den Obleuten eine Abstimmung darüber gegeben hat, dass man wohl auf eine Anhörung verzichten kann. Somit können wir in der Ausschusssitzung direkt die zweite Lesung vorbereiten. Darüber bin ich froh.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Ich würde mich freuen, wenn das Ganze im Bundesrat auch weiter befördert würde. Ich danke dem Haus dafür, dass wir uns darin einig sind, dass wir an der Sache orientiert schnell die Resultate herbeiführen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Alles Gute.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Das Wort hat Herr Daniel May für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Hessischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes sowie weiterer Vorschriften des Berufsrechts vollzieht die Landesregierung – bzw. wir als Landtag – im Wesentlichen Gemeinschaftsrecht.

Die Beweggründe des EU-Gesetzgebers sind im Wesentlichen schon erläutert worden. Ich sehe in der Umsetzung, die uns die Landesregierung jetzt vorschlägt, keine unangemessene Ausdeutung des EU-Rechts.

Ich begrüße, dass sich die Obleute darin einig geworden sind, dass wir jetzt die Regierungsanhörung auswerten und damit das Verfahren beschleunigen können.

Wir als GRÜNEN-Fraktion stehen dem Gesetzgebungsverfahren grundsätzlich positiv gegenüber. Damit möchte ich meine Ausführungen beenden. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter, für Ihre beispielgebende Rede. – Frau Kollegin Wissler für die Fraktion DIE LINKE, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wurde gesagt, es geht um die Anpassung des hessischen Rechts an europäisches Recht, nämlich an die neuen Europäischen Berufsausweise.

Diese elektronischen Ausweise sollen die Freizügigkeit vereinfachen, indem sie Berufsqualifikation und Abschluss vergleichbar machen. Damit soll die Anerkennung von im EU-Ausland erworbenen berufsqualifizierenden Abschlüssen erleichtert werden. Das ist im Grundsatz sicher sinnvoll und ein richtiger Schritt. Es nutzt den Unternehmen, die ihren verfügbaren Personalpool vergrößern. Es nutzt aber natürlich auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, wenn die Arbeitnehmerfreizügigkeit, wohlgemerkt die freiwillige, erleichtert wird.

Es kann auch der Gesellschaft nutzen, weil wir in einigen Berufen einen Mangel haben. Der Europäische Berufsausweis kann durch eine freiwillige Freizügigkeit mit vereinfachtem Verfahren unterstützen und gleichzeitig gesicherte Qualitätsstandards einziehen. Von daher war für die Landesregierung nicht so viel Bewegungsspielraum.

Was wir zum einen ein bisschen kritisch sehen, ist der Vorwarnmechanismus. Das können wir im Ausschuss länger diskutieren. Kritisch sehen wir auch die Frage von Gebühren, die anfallen können. Wir müssen darauf achten, dass sie keine Hürden darstellen.

Natürlich muss die Qualität von Ausbildung und Beruf gesichert werden. Die Standards müssen nach oben und nicht nach unten angeglichen werden. Insgesamt ist das sinnvoll.

Natürlich muss man auch sehen, dass es für viele Menschen, die jetzt nach Deutschland kommen, also die vielen Flüchtlinge, nichts hilft, weil es sich um die im EU-Ausland erworbenen Qualifikationen handelt. Da könnte man sicherlich über den Rahmen dieses Gesetzes hinaus noch etwas machen.

Größtenteils handelt es sich also um die Umsetzung europäischen Rechts in hessische Gesetze. Wir sollten das im Ausschuss entsprechend beraten. – Vielen Dank.