(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So viel Selbstkritik habe ich von Ihnen noch nie gehört! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist Heuchelei!)
Ich würde mir wünschen, dass nach Kompromissen gesucht würde, damit der Aufklärungsauftrag des Hessischen Landtags umgesetzt wird.
Wir haben einen Vorschlag vorgelegt, der einen Weg aufzeigt, wie man mit Schwärzungen umgehen kann. Nun kann man vonseiten der Opposition sagen: Das reicht nicht. – Aber vor einem Gespräch über die Frage, wie weit man noch Kompromisse eingehen muss, schon einmal einen Setzpunkt einzureichen, zeigt nicht, dass die gemeinsame Lösung im Mittelpunkt gestanden hat. Das muss man auch einmal feststellen.
Ich finde es wenig hilfreich – ich habe es gerade schon gesagt –, vor den Kameras die Statements abzugeben und dann genau andersherum und parteipolitisch motiviert zu handeln. Ich wünsche mir, dass wir diesen Ausschuss tatsächlich zu einem überparteilichen Ausschuss machen würden.
Das gilt im Übrigen auch für die angesprochene Thematik der Schwärzungen. Den PUA des Bundestages für seine gute Arbeit loben, wenn aber in Hessen noch offenere Regelungen für Schwärzungen vorschlagen werden, dann kri
tisieren Sie das als Behinderung und als Nicht-Aufklärungsinteresse – das ist doch nicht nachvollziehbar.
Noch einmal: Was kann man im Umgang mit Akten anders machen, als anzubieten, die ungeschwärzte Akte hinzulegen und den Mitgliedern des Ausschusses und den Stellvertretern den Einblick in die offene Akte zu gewähren? Was geht offener? – Ich verstehe es nicht. Es wäre sinnvoll, wenn Sie es einmal erklären würden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie verstehen es ganz genau!)
Herr Schaus, vielleicht kommen Sie in einer solch wichtigen Debatte einfach einmal runter und spielen nicht so Ihre parteipolitische Art und Weise in diesem Hessischen Landtag vor. Seien Sie einfach einmal ruhig.
(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist eine Unverschämtheit! Ich versuche das seit eineinhalb Jahren! Das sind doch heuchlerische Erklärungen, die Sie abgeben!)
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Schaus, wir wollen wieder zu einem normalen parlamentarischen Verfahren zurückkommen. Alle sollen ihre Worte wägen. – Herr Kollege Frömmrich hat das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich verstehe die Kritik an diesem Punkt nicht. Es soll auch hier im Aktenraum im Hessischen Landtag geschehen und nicht wie beim Treptow-Verfahren – PUA Berlin ist gelobt worden –, dass man in die Außenstelle des Verfassungsschutzes fahren muss. Die Mitarbeiter der aktenführenden Behörden und die Vertreter der Landesregierung sollen dann erläutern, warum die Schwärzungen vorgenommen wurden. Das soll plausibel geschehen.
Sollte es zu unterschiedlichen Auffassungen über diese Schwärzungen kommen, das ist unser Vorschlag, berät der Ausschuss über das weitere Verfahren zum Umgang mit diesen Aktenteilen. Natürlich wird es auch zu schriftlichen Begründungen kommen, warum es zu diesen Schwärzungen aus Sicht der herausgebenden Behörde gekommen ist. Natürlich wird das schriftlich begründet. Das ist doch auch logisch. Es ist auch aus Oppositionssicht richtig, das zu fordern, dass man verständlich erklärt bekommt, warum das so ist, damit man ein Rechtsschutzinteresse geltend machen kann. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit, darüber brauchen wir doch nicht zu streiten.
Damit wird doch Ihr Interesse am Rechtsschutz gewahrt. Im Konfliktfall brauchen Sie natürlich eine schriftliche Begründung, um die Angelegenheiten rechtlich überprüfen zu lassen. Das ist eine Selbstverständlichkeit.
Die Ausschussmitglieder werden nicht nur Klarnamen und nicht nur sensible Informationen, sondern dann auch offene und ungeschwärzte Akten bekommen. Sie werden also auch Dinge sehen, die vom Untersuchungsauftrag gar nicht gedeckt sind. Ich frage mich, wo der Konflikt ist, wenn wir anbieten, ein Verfahren zu finden. Im Konfliktfall wird die offene Akte hingelegt. Man kann die gesamte Akte ungeschwärzt einsehen und kann sich einen Überblick über den Gesamtzusammenhang verschaffen. Ich verstehe nicht, wo der Konflikt ist.
Wir haben es hier mit sensiblen Unterlagen zu tun. Es geht doch bei diesem Untersuchungsausschuss nicht nur um die Akten des Landes Hessen. Es geht auch um Akten von Behörden, auf deren Zusammenarbeit wir angewiesen sind. Das sind Bundesbehörden und andere Landesverfassungsschutzämter. Neulich war ein Artikel in der Zeitung, und als Reaktion darauf haben wir prompt ein Schreiben des BMI bekommen:
Sollte dieses Vorgehen tatsächlich praktiziert werden und auch für Unterlagen gelten, die vonseiten des BfV vorgelegt werden, wird dieser Verfahrensweise vonseiten des Bundesministeriums des Innern entschieden widersprochen. Die weitere Zusammenarbeit mit dem Untersuchungsausschuss 19/2 wäre dann grundsätzlich zu überdenken.
Man kann doch nicht so tun, als gäbe es kein Problem. Das ist doch keine grüne Bundesregierung, sondern eine rotschwarze Bundesregierung,
die ein solches Schreiben schickt. Da muss man doch einfach mal Einsicht in die Problemlagen haben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Vizepräsidentin Heike Habermann über- nimmt den Vorsitz.)
Das Verfahren ist doch nicht in Stein gemeißelt. Wenn es bei dem Verfahren zu Problemen kommt, reden wir darüber, ändern wir etwas, suchen wir ein neues Verfahren. Unser Interesse, Ihr Interesse war immer, dass wir sagen: Wir wollen schnelle Aktenlieferung, damit wir schnell anfangen können, zu arbeiten.
Ein Verfahren, jede einzelne Schwärzung plausibel zu erklären, würde dazu führen, dass die Akten nicht so schnell geliefert werden. Wir müssen eine Regelung finden zwischen schneller Aktenlieferung und Anspruch auf Geheimhaltungsinteresse. Das ist unser Vorschlag.
Was ist daran schlimm, wenn wir einen Problemfall haben, eine offene Akte anzuschauen und alles nachlesen zu können? Ich verstehe die Kritik nicht, meine Damen und Herren.
Auch in anderen Bundesländern wird das diskutiert. In Nordrhein-Westfalen werden z. B. keine Personalakten herausgegeben. Wir haben deren Herausgabe in der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses beschlossen.
In Nordrhein-Westfalen gibt es einen Streit über den Umgang mit Schwärzungen, genau wie hier. Die Frage der plausiblen Erklärung ist dort auch streitig. In Baden-Württemberg wird auch über die Schwärzungen diskutiert. Es ist keine Sache, die nur die hessischen Behörden betrifft.
Wenn Sie hier so eine konfrontative Diskussion aufziehen, tun Sie so, als beschäftigten nur wir in Hessen uns mit dem Problem. Es ist insgesamt ein Problem, Aufklärung in einem Zusammenhang mit hochsensiblem Material von Verfassungsschutzbehörden zu betreiben, wo man letztlich Abwägungsprozesse zu treffen hat. Das betrifft alle, die sich mit diesem Themenkomplex beschäftigen.
Deswegen bitte ich darum, dass wir in dieser Frage einmal über die Parteigrenzen hinweg eine Lösung finden. Wir haben einen Vorschlag gemacht. Wir sind bereit, darüber zu diskutieren. Wir sind auch bereit, noch Kompromisse in dieser Frage zu machen. Kommen Sie auf uns zu. Und hören Sie bitte auf, in dieser konfrontativen Art hier vorzugehen.
Wir haben ein gemeinsames Interesse. Das betonen Sie immer, dann handeln Sie auch so hier im Landtag, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Frömmrich, Sie haben gesagt, man solle in der Debatte nicht kleinkariert sein.
Ich fand, das war der beste Beitrag in Ihrer Rede. Den haben Sie sicherlich auf Herrn Bellino gemünzt. Herr Bellino, ich würde mich freuen, wenn Sie eine Minute Zeit fänden und sich hier vorne doch noch einmal für einen gewissen Passus Ihres Redebeitrags entschuldigten.
(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Da denke ich im Traum nicht dran!)
Dass Sie die persönliche Lebenssituation von Abgeordneten nicht respektieren und an dieser Stelle zum Thema machen – insbesondere, nachdem wir am Dienstag über die Gleichberechtigung von Männern und Frauen sowie über ein modernes Familienbild gesprochen haben – und hier kritisieren, dass Abgeordnete diesem Familienbild Rechnung tragen wollen, spricht für Sie selbst.
Die Frau arbeitet, und man kann nicht erwarten, dass sie ihren Job aufgibt, weil ihr Mann Abgeordneter ist. Man kann auch Verpflichtungen bei der Betreuung von Kindern haben.
Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie die Größe hätten – so etwas kann ja mal passieren –, eine Minute nach hier vorne zu gehen und zu sagen: An der Stelle war das nicht so gemeint, und darüber wird auch keiner mehr ein Wort verlieren.