Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Wissler hat zu Recht mit ihrer profunden Art gerufen, dass es nicht um die Mineralölsteuer gehe. Ja, landläufig wird sie Mineralölsteuer genannt. Korrekterweise muss man sagen, dass es hier um das Energiesteuergesetz geht, das ab dem Jahr 2006 diesen Steuertatbestand

abgelöst hat. Da haben Sie völlig recht. Landläufig reden die Menschen aber von der Mineralölsteuer.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich den Schlenker machen. Herr Kollege Boddenberg, ich glaube, dass wir an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, dass wir heute in dieser Sitzung ein Dankeschön an die Menschen in Hessen loswerden sollten. Es ist ein Land, dessen Bürgerinnen und Bürger 1,4 Milliarden € Steuermehreinnahmen erwirtschaftet haben.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Diesen Bürgern sind wir zum Dank verpflichtet. Das war nicht der Staat, sondern es waren die Menschen in diesem Land. Ein herzliches Dankeschön dafür. Das ist wirklich eine große Leistung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

In diesen Zeiten sind die Kassen so voll, wie sie es noch nie waren. Die Steuern des Bundes für das Jahr 2016 werden auf 682 Milliarden € geschätzt und werden wahrscheinlich, wie die Prognose sich anlässt, auf über 700 Milliarden € steigen. Das bedeutet, die öffentlichen Kassen sind so voll wie noch nie.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es sicherlich eine Frage wäre, zu klären, ob man sogar Steuersenkungen in Betracht ziehen müsste, ob der Soli noch eine Zukunft hat, ob man nicht bei diesem wirtschaftlichen Erfolg sagt: Man gibt den Bürgern ein Stück zurück.

(Beifall bei der FDP)

Das wäre sicherlich eine Diskussion wert, aber die will ich an der Stelle gar nicht führen, Herr Kollege Boddenberg.

Mir ist wichtig, dass der Hessische Landtag ein klares Signal auch nach Berlin sendet, und wir können dieses Signal senden; denn der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist Mitglied dieses Parlaments, und der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende ist Mitglied dieses Parlaments. Meine Damen und Herren, welches Parlament ist besser prädestiniert als dieses, Signale nach Berlin zu senden?

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb sollten wir sagen: Die Bürgerinnen und Bürger in Hessen können sich auf dieses Parlament verlassen. Wir tun alles, damit die Menschen in Hessen nicht noch mehr belastet werden.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Frömmrich, ich sehe Zustimmung von Ihrer Seite. Ich freue mich darüber. – Wir alle wissen aus der Historie, dass die Mineralölsteuer immer wieder erhöht worden ist. Dabei ist keine Partei ausgenommen. Natürlich ist es besonders traurig, dass die letzten fünf Erhöhungen von der rot-grünen Bundesregierung gemacht worden sind – 1999, 2000, 2001, 2002 und 2003 – und dass die Menschen an der Kasse der Tankstelle gemerkt haben, dass es von Jahr zu Jahr teurer geworden ist.

Wenn wir über Konjunktur reden, dann ist der wichtige Punkt: Konjunktur hat auch etwas damit zu tun, wie die Rahmenbedingungen sind. Wir wollen nicht darum herumreden, dass die hohen Steuermehreinnahmen, die wir in

diesem Land verbuchen können, zentral damit zu tun haben, dass wir einen günstigen Rohölpreis haben, dass wir niedrige Zinsen haben und dass diese Rahmenbedingungen auch dafür sorgen, dass teilweise schlechte Politik der Bundesregierung ausgeglichen wird. Gott sei Dank ist das so.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Kanzlerin hat versprochen, dass es keine Steuererhöhung gibt. Dass das Wort der Kanzlerin gilt, ist für mich eigentlich Gesetz. Daran sollte nicht gerüttelt werden.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Ich glaube aber auch, dass es Gift für die Konjunktur wäre, wenn in diesem Land jetzt Steuererhöhungen eintreten würden und die Menschen dafür bestraft würden, dass sie in den letzten Jahren so fleißig waren.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wenn der Staat über die Einnahme- und Ausgabensituation spricht, dann weiß man, dass das, was die Hessische Landesregierung mit ihren Steuererhöhungen gemacht hat, ob das auf der kommunalen Ebene ist oder bei der Grunderwerbsteuer, schon eine starke Belastung für die Menschen in unserem Land gewesen ist. Aber überdrehen Sie diese Spirale nicht.

In der Weihnachtssitzung sollte es Einigkeit geben. In diesem Parlament sollte niemand Zweifel daran lassen, dass dieses Parlament an der Seite der Menschen in Hessen steht und dass wir klar sagen: Es wird mit uns keine Steuererhöhung geben.

Deshalb zum Schluss. Ich habe den Antrag der Koalition gerade gelesen, und ich muss zugeben, das ist ein bisschen so wie die Variante, Frau Kollegin Dorn: Niemand hat die Absicht, die Mineralölsteuer zu erhöhen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist in einem historischen Kontext, der mich fast sprachlos macht. Ich glaube, dass Sie den Menschen in Hessen nicht ernsthaft sagen wollen, das sei nur eine Sache des Bundes, wir hätten damit nichts zu tun. Der hessische Finanzminister ist in der Bundespolitik hervorragend eingebunden, der stellvertretende SPD-Vorsitzende ist es, der CDU-Landes- und stellvertretende Bundesvorsitzende ist es. Sie können uns heute sagen, dass es diese Gespräche gar nicht gibt.

Kollege Rentsch, kommen Sie bitte zum Schluss.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Dann gehen wir beruhigt in die Weihnachtspause mit den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land. Dann ist die Weihnachtspause auch gerechtfertigt. Alles andere würde uns doch in große Aufregung versetzen, wenn Sie ernsthaft Ihren Antrag heute abstimmen lassen wollten.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Der nächste Redner ist Kollege van Ooyen, DIE LINKE.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sag uns mal etwas zum Hessenbezug!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe, als ich den Antrag gesehen habe, überlegt: Was wäre passiert, wenn wir als Fraktion DIE LINKE einen Antrag zur Aktuellen Stunde mit dem Thema „Aktuell niedrige Mineralölsteuer entlastet auch hessische Bürger und Wirtschaft – klare Absage an Erhöhung der Mineralölsteuer – Einnahmeausfälle müssen anders kompensiert werden“ gestellt hätten?

(Florian Rentsch (FDP): Wir hätten zugestimmt! Da gibt es keinen Widerspruch!)

Dann hätte die Verwaltung dieses Hauses unseren Antrag zurückgewiesen, weil außer der Vokabel „hessische Bürger“ kein realer Hessenbezug erkennbar ist.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Die Energiesteuer ist eine Bundessteuer, und ich nehme keine wirkliche Debatte um die Erhöhung der Mineralölsteuer wahr. Ich weiß, eine Expertenkommission der Bundesregierung hat es am Wochenende in die „Bild“-Zeitung geschafft. Möglicherweise hat aber auch das Ergebnis des Klimagipfels von Paris die Autofahrerpartei FDP ein bisschen aufgeschreckt, und Sie, Herr Rentsch, haben von Sonntag auf Montag schlecht geschlafen und dann am Montagmorgen diesen Antrag eingebracht. Es wäre hilfreich gewesen, neben der „Bild“-Zeitung auch eine andere Zeitung zu lesen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich diskutieren wir über sinnvolle Mobilität und ihre Kosten. Wir favorisieren im Gegensatz zur FDP den öffentlichen Nahverkehr, der besser ausgestattet und kostengünstiger für die Bürgerinnen und Bürger werden muss. Dazu gehören auch die Priorisierung von umweltgerechteren Fahrzeugen und eine deutliche Reduzierung des CO2Ausstoßes. Dazu sollen auch Steuermittel eingesetzt werden, etwa indem endlich Flugbenzin besteuert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber neben der Erhöhung der Mineralölbesteuerung sind dafür sicherlich andere Steuermittel erforderlich. Bei den Steuern in Europa liegen wir an drittletzter Stelle. Hinter uns kommen nur noch Belgien und Frankreich. Wir denken an gerechte Verteilung der öffentlichen Einnahmen und daher eher an die Vermögen- und Erbschaftsteuer als an die Mineralölsteuer. Wir sehen allerdings auch, dass die Kosten für den individuellen Pkw-Verkehr nicht unnötig entlastet werden sollen. – So weit zu dieser Aktuellen Stunde. Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Klose, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Abg. Nancy Faeser (SPD) betritt mit ihrem Sohn im Arm den Plenarsaal. – Minister Tarek Al-Wazir: Nancy, traumatisiere das Kind doch nicht so früh im Leben!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss zugeben: Ratlos war ich, obwohl er so lang ist, als ich den Titel der Aktuellen Stunde der FDP das erste Mal gelesen habe: „Aktuell niedrige Mineralölsteuer entlastet auch hessische Bürger und Wirtschaft – klare Absage an Erhöhung der Mineralölsteuer – Einnahmeausfälle müssen anders kompensiert werden“.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hurra, hurra, hurra!)

Was will uns der Künstler damit sagen, und seit wann befinden die Länder über die Mineralölsteuer, die im Übrigen schon seit 2006 die Energiesteuer ist? Wirklich klarer geworden – sorry – ist mir das auch nach Ihrem Vortrag, Herr Rentsch, nicht. Es hat sich lediglich der Eindruck verfestigt, dass der Hessische Landtag als Ersatzbühne herhalten muss, weil die FDP aus dem Deutschen Bundestag gewählt worden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Was bleibt einem in einer solchen Situation zur Vorbereitung einer Aktuellen Stunde übrig? Man setzt sich mit dem Titel auseinander, zunächst mit dem ersten Teil: „Aktuell niedrige Mineralölsteuer entlastet auch hessische Bürger und Wirtschaft“. Aktuell niedrige Mineralölsteuer? Fakt ist, die Mineralölsteuer wurde zuletzt vor fast 13 Jahren im Rahmen der ökologischen Steuerreform und zur Entlastung der Sozialkassen angehoben, übrigens unter großem Geschrei unter anderem der FDP.

(Florian Rentsch (FDP): Auch von der CDU!)