Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Demonstrativer Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Dabei blockiert ihr gar nicht! Ihr baut doch die ganze Zeit über Straßen!)

Genau. – Sie sagen: Die grüne Blockadepolitik beim Straßenbau muss beendet werden. – Große Worte. Man könnte jetzt vermuten, dass es die GRÜNEN geschafft haben, sämtliche Straßenbaumittel für den Radwegebau zu verwenden. Aber: weit gefehlt.

(Zurufe von der FDP)

Man hat auch nicht gehört, dass der Verkehrsminister in einen Hungerstreik getreten ist, weil das Terminal 3 gebaut wird. All das ist nicht der Fall.

(Heiterkeit)

Als Beleg für Ihre Behauptung führen Sie – nicht zum ersten Mal – an, dass der Ausbau der A 49 nicht zügig vorangehe, dass die Mittel für den Straßenbau gekürzt würden, dass beim Terminal 3 angesichts der hohen Investitions

summe noch einmal ein Gutachten in Auftrag gegeben worden ist, und nicht zuletzt die Verzögerung beim Bau des Riederwaldtunnels. Aber auch diesmal wird das nicht verfangen. Wir erklären Ihnen die Welt immer wieder gern aufs Neue, und wir sagen Ihnen gern, was den Unterschied zwischen den GRÜNEN und der FDP ausmacht.

(Jürgen Lenders (FDP): Erklären Sie das nicht mir, sondern Ihren Wählern!)

Sie haben doch den Setzpunkt beantragt. Sie wollten darüber reden. – Wir sind ein verlässlicher Koalitionspartner und setzen mit der CDU das um, was wir im Koalitionsvertrag ausgehandelt haben.

(Lebhafter Beifall des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Zur A 49 steht darin, dass die Abschnitte VKE 30 und VKE 40 rechtssicher planfestgestellt werden müssen und dass, wenn die Finanzierung gesichert ist, gebaut wird. Der Abschnitt VKE 20 ist bereits im Bau und wird fertiggestellt.

Darüber haben wir im Plenum in den letzten zwei Jahren schon zweimal diskutiert. Sie können das gern nachlesen: Drucks. 19/700 und Drucks. 19/1914. Wer in den Jahren zuvor hier Verkehrsminister war, hat Herr Lenders eben noch einmal gesagt: Herr Posch und Herr Rentsch. Anscheinend waren sie aber nicht die besseren Verkehrsminister; denn auch in dieser Zeit gab es vom Bund keine Zusage für die Finanzierung der A 49.

„Grün macht den Unterschied“: Wir waren immer gegen die Autobahn, halten uns aber an Vereinbarungen: Der grüne Verkehrsminister bringt das Projekt zu Ende, während die FDP nur Versprechungen macht.

Das gilt ebenso für den Straßenbau. Auch das haben wir hier schon mehrfach besprochen; aber auch das besprechen wir gern noch einmal. Beim Straßenbau wurde nicht gekürzt. Unter dem Strich steht jetzt sogar mehr Geld zur Verfügung: 90 Millionen € für den Erhalt der Straßen und 40 Millionen € für Planungskosten. Sie haben mehr Geld versprochen, als Sie hatten. Effektiv steht jetzt also mehr Geld zur Verfügung, allerdings mehr für die Sanierung als für den Neubau. Außerdem versprechen wir, im Gegensatz zu Ihnen, den Menschen vor Ort nichts, was wir nicht halten können. Auch da macht Grün den Unterschied.

Wir werden die 4 Millionen €, die für den Radwegebau vorgesehen sind, auch dafür ausgeben. Wir werden nicht wie Sie 2 oder 3 Millionen € für den Radwegebau ausgeben und den Rest für Sonstiges.

(Zurufe von der FDP)

Das können Sie in der Drucks. 19/2203 nachlesen.

Nun kommen wir zum Riederwaldtunnel. Da meldet sich jetzt die „Rechtsstaatspartei“ FDP, die immer nach dem Rechtsstaat ruft, wenn es um Geschwindigkeitsbegrenzungen geht, und bei der Verkehrsfluss immer vor der Verkehrssicherheit kommt.

(Florian Rentsch (FDP): Unerhört!)

Wir konnten uns in der letzten oder in der vorletzten Sitzung des Wirtschafts- und Verkehrsausschusses den Bericht zu einem Berichtsantrag anhören, der mit dem Duktus „Auf welcher Rechtsgrundlage hat denn der Verkehrsminister Geschwindigkeitsbegrenzungen durchgeführt?“ for

muliert worden war. Auch da mussten Sie feststellen, es ist nichts dran an irgendwelchen Unterstellungen.

Jetzt kommt also die „Rechtsstaatspartei“ FDP und erklärt, es gebe Planänderungen, und die Pläne müssten nicht mehr ausgelegt werden.

(Florian Rentsch (FDP): Wir haben die Frage gestellt!)

Sie wissen ganz genau, dass es jetzt eine Anhörung geben muss und dass das Projekt dadurch gerade nicht verzögert wird; denn wenn das nicht gemacht würde, wäre eine Klage sicher, und der Bau des Riederwaldtunnels würde weiter verzögert werden. An Ihren Unterstellungen ist also nichts dran.

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich genauso wie für den Riederwaldtunnel und den Straßenbau auch einmal für Schieneninfrastrukturprojekte eingesetzt hätten, beispielsweise für die Nordmainische S-Bahn. Das würde nämlich den Verkehr im Ballungsraum Frankfurt ebenfalls erheblich entlasten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abschließend kann ich nur sagen: Überlegen Sie sich für das neue Jahr neue Themen. Wir blockieren Sie nicht in Ihrer Kreativität. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Müller. – Als Nächste hat Frau Abg. Wissler, Fraktion DIE LINKE, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist heute im wahrsten Sinne des Wortes ein unterirdischer Antrag der FDP-Fraktion.

(Heiterkeit bei der LINKEN und der SPD)

Es geht um Tunnel. – Wir finden es richtig, dass der Baubeginn des Riederwaldtunnels aufgeschoben wurde, um den geplanten Lärmschutz sowie die allgemeine Verträglichkeit für Natur und Mensch noch einmal zu überprüfen. Neben dem Tunnelabschnitt gehören auch neue oberirdische Strecken an A 66 und A 661 sowie ein neues oberirdisches Autobahndreieck mitten in der Stadt zu dem Bauprojekt. So etwas würde man heute zu Recht nicht mehr planen, weil die Belastungen für Mensch und Natur einfach viel zu hoch sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Leider haben wir die berechtigte Befürchtung, dass diese vom Minister angekündigte Prüfung wieder eines der grünen Scheinmanöver ist, wie wir sie beispielsweise auch beim Terminal 3 am Frankfurter Flughafen erlebt haben: Sie sagen: „Wir müssen innehalten, wir müssen noch einmal streng prüfen, und wir bedauern, dass alles so geplant ist“; aber am Ende bauen Sie es doch.

Deswegen sage ich ganz ehrlich: Den Vorwurf der FDP, dass die GRÜNEN hier Blockadepolitik betreiben, muss man zurückweisen. Das ist ein völlig unfairer Vorwurf gegenüber den GRÜNEN. Was blockieren die denn? Der

Flughafen wird ausgebaut, Straßen werden ausgebaut, Autobahnen werden ausgebaut.

(Heiterkeit bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es dauert eben ein bisschen länger, weil vorher noch scheinbar geprüft wird. Aber dass die GRÜNEN Blockadepolitik betreiben würden, kann ich überhaupt nicht erkennen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde, gegen ungerechtfertigte Vorwürfe muss man die GRÜNEN wirklich in Schutz nehmen. Ich finde, sie blockieren nichts.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und bei Ab- geordneten der SPD)

Gerade beim Riederwaldtunnel erkenne ich keine Blockadehaltung seitens der GRÜNEN. Die GRÜNEN sind in Frankfurt schon 2006 eingeknickt. Damals wurde in Frankfurt der schwarz-grüne Koalitionsvertrag beschlossen. Die GRÜNEN haben dem Riederwaldtunnel ihr Okay gegeben und im Gegenzug auf einen U-Bahn-Lückenschluss verzichtet. Autobahn statt U-Bahn – so sieht schwarz-grüne Verkehrspolitik in der Praxis aus. Wenn einmal etwas blockiert wird, ist es der Ausbau des ÖPNV, aber nicht der Ausbau von Straßen und Flughäfen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn man sich die schwarz-grüne Verkehrspolitik in Frankfurt anschaut, stellt man fest, es ist nur logisch, dass die Stadt Frankfurt im November von der Deutschen Umwelthilfe vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden verklagt wurde, weil die Stickstoffdioxidgrenzwerte immer wieder nicht eingehalten würden.

Jetzt wird im Riederwald noch einmal ganz streng geprüft. Eine richtige Prüfung wäre in der Tat notwendig. Die zu großen Teilen in den Achtzigerjahren genehmigten Planungen und die damals erstellten Prognosen sind nämlich, wie wir meinen, heute hinfällig und müssten dringend überprüft werden. Insbesondere auch für den durch den Tunnel notwendig gewordenen Ausbau der A 661 wäre ein neuer Planfeststellungsbeschluss – mit den aktuellen Lärmschutzregelungen – nötig; denn der aktuelle stammt aus dem Jahr 1980 und wurde lediglich im Jahr 1994 ergänzt.

Damals gingen die Planungen noch davon aus, dass auch der Tunnel – also eine unterirdische Verbindung der beiden A-66-Enden quer unter der Stadt – unter dem Frankfurter Alleenring gebaut würde. Da dieses schon immer etwas wahnsinnige Projekt mittlerweile auch offiziell beerdigt ist, wird die dann sechsspurig ausgebaute Stadtautobahn A 661 auch noch den Verkehr der A 66 aufnehmen. Dazu gehört auch der Durchgangsverkehr, z. B. auf der Strecke Fulda – Basel, der heute auf den bestehenden Autobahnen um die Stadt herumgeführt wird.

Das heißt, es würden mehr Autos als vorher durch Frankfurt fahren. Das zeigt, wohin diese Ausbaulogik führt. Das war ein Credo der GRÜNEN, als sie noch in der Opposition waren: Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten. – Der weitere Ausbau von Straßen führt dazu, dass der Verkehr zunimmt; denn mehr Straßen verursachen mehr Verkehr. Diese Binsenweisheit können wir nicht oft genug wiederholen. Wer immer mehr Umgehungen, Abkürzungen und

Rennstrecken baut, während der Schienenverkehr weitgehend stagniert – oder die Schienenstrecken, wie im ländlichen Raum, sogar abgebaut werden –, sorgt dafür, dass die Pkw-Nutzung und auch der Lkw-Verkehr zunehmen. Man treibt damit einen Teufelskreis aus immer mehr Straßen und immer mehr Autos voran; denn man muss ständig neue Ausweichstrecken finden.

Für den neuen Bundesverkehrswegeplan 2015 wurde aus Hessen – damals noch unter Verkehrsminister Rentsch – der Bedarf angemeldet, die Stadtautobahnen 661, 648 und 66-West sechsspurig auszubauen, die A 66 zwischen Frankfurt und Hanau achtspurig und die A 3 und die A 5 zehnspurig. So könnte es immer weitergehen, bis wir hier eine Region haben, die vor allen Dingen durch Beton und Lärm in Stadt und Land gekennzeichnet ist. Eine immer weitere Zunahme des motorisierten Individualverkehrs ist keine zukunftsfähige Politik.

Das müssen wir gerade heute sagen, da wir über die Ergebnisse des Klimagipfels in Paris reden. Wer dafür sorgt, dass immer mehr CO2 ausgestoßen wird, indem er noch mehr Menschen veranlasst, Auto zu fahren, macht eine Politik, die überhaupt nicht zukunftsfähig ist.

(Beifall bei der LINKEN)