Ja, die Menschen im Riederwald haben eine schnelle Entlastung verdient – genauso wie die an allen anderen verkehrsbelasteten Straßen in Frankfurt und anderswo. Aber Stadtautobahnen sind ein völlig überholtes Konzept.
Der Aus- und Neubau leistungsfähiger ÖPNV-Angebote, also der Ausbau von S- und U-Bahn, ist dagegen eine sinnvolle Alternative. Diese muss man ergänzen, beispielsweise durch Park-and-Ride-Angebote an den Stadträndern und außerhalb, durch gute Radwege und Fahrradabstellmöglichkeiten sowie durch Car- und Bikesharing usw.
Man muss natürlich auch sagen, dass schon heute eigentlich kein Pendler im Riederwald im Stau zu stehen braucht. Es gibt etwas, wofür ich werben würde, statt den Automobilverkehr noch attraktiver zu machen: Am Autobahnende Borsigallee gibt es Park-and-Ride-Parkplätze. Von da aus bringt einen eine U-Bahn in zehn Minuten in die Innenstadt.
Es gilt natürlich auch ein bisschen der Spruch, den man vor einigen Jahren noch auf einem Graffiti der A-66-Brücke lesen konnte, wo es hieß: „Du stehst nicht im Stau, du bist der Stau.“ Von daher brauchen wir da andere Angebote als einen immer stärkeren Ausbau von Straßen.
Man muss dem wachsenden Straßenverkehr entgegenwirken, beispielsweise auch durch eine Erhöhung der LkwMaut. Die Mietwagenprivilegien müssen fallen, PS-Protze müssen zur Kasse gebeten werden, und dann muss in Alternativen investiert werden, damit eine Lenkungswirkung erzielt wird, damit es – selbstverständlich nach den heutigen Regelungen des Lärmschutzes – neue Strecken für den Schienengüterverkehr gibt, das ÖPNV-Angebot verlässlich, attraktiv und flexibel ist und es wenigstens annähernd mit dem eigenen Auto mithalten kann. Drei Schulbusverbindungen am Tag, wie wir sie zum Teil in ländlichen Ge
Auch unter finanziellen Gesichtspunkten ist der ÖPNV oft noch zu unattraktiv. Deutlich günstigere Bus- und Bahnangebote wären notwendig, bis hin zum umlage- und steuerfinanzierten Nulltarif irgendwann. Das würde die Autoschlangen schrumpfen lassen.
Ich finde, das Motto der FDP ist gar nicht so unsympathisch, zu sagen: „Freie Fahrt für freie Bürger“. Aber dieses Motto sollte nicht für das Autofahren und das Rasen gelten, sondern für den ÖPNV, wenn wir über den Nulltarif reden. Das wäre eine gute Forderung: Freie Fahrt für freie Bürger im öffentlichen Personennahverkehr.
Das könnte man finanzieren, indem man z. B. Unternehmensumlagen einführt. Das gibt es beispielsweise in Frankreich, und das gibt es anderswo. Also: Natürlich könnte man durch einen stärker steuer-, aber auch umlagefinanzierten ÖPNV ein größeres Angebot finanzieren. Es ist nicht einzusehen, dass die Nutzer, die sich sowieso schon umweltfreundlicher verhalten als die Autofahrer, den ÖPNV zum großen Teil alleine finanzieren. Deswegen muss beim ÖPNV mehr getan werden.
Das Auto ist leider oftmals noch das günstigste Individualverkehrsmittel, obwohl es die größten gesellschaftlichen Folgekosten hat. Es ist eben nicht so, dass die Autofahrer die Melkkuh der Nation sind, wie FDP, ADAC und andere gern behaupten. Die TU Dresden hat schon vor einigen Jahren ermittelt, dass in Deutschland jedes Auto rechnerisch mit 2.000 € im Jahr von der Allgemeinheit subventioniert wird.
Sie sind ja auch an anderer Stelle gerne für Subventionsabbau. Gerade in Städten muss die Möglichkeit verstärkt werden, auf das Auto zu verzichten, weil die Folgekosten viel zu hoch sind.
Ich komme zum Schluss. Die Verkehrswende ernst zu nehmen heißt, von der Logik des unbegrenzten Wachstums Abschied zu nehmen. Wenn die Autobahnen immer breiter werden – mittlerweile bauen wir Umgehungsstraßen um frühere Umgehungsstraßen, und der Flughafen wird immer weiter ausgebaut –, ist die Grenze der Belastbarkeit für Mensch und Natur irgendwann überschritten. Die FDPVerkehrspolitik bleibt in diesem Sinne unterirdisch. Es zeigt sich mit dem Antrag: Das hat mit intelligenter Verkehrspolitik überhaupt nichts zu tun. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes wirklich ein Tunnelblick, den Sie auf das Auto haben. Daneben sehen Sie nichts richtig.
Daher ist es sicher richtig, den Lärmschutz noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Das kritisieren wir nicht. Aber es darf eben keine symbolische Prüfung mit anschließendem resigniertem Schulterzucken des Ministers sein, wie wir es beim Terminal 3 erlebt haben; wenn diese Stadtautobahn, der Tunnel, schon gebaut wird, muss es mit maximalem Lärmschutz sein, und dann muss es in der Konsequenz heißen: weitestgehende Einhausung für die A 66, die A 661 und das Riederbruch-Dreieck.
Das ist der letzte Satz, vielen Dank. – Das wäre dann wenigstens einmal ein Licht am Ende des Tunnels. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abg. Wissler. – Es hat als Nächster für die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Herr Kollege Frankenberger das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was für Nordhessen die A 49 und die A 44 sind, nämlich Beispiele dafür, wie schwierig Infrastrukturprojekte in Deutschland mittlerweile umzusetzen sind, scheint für die Rhein-MainRegion der Riederwaldtunnel zu sein.
Die Chronik ist ein plastisches Beispiel dafür, in welchen großen Zeiträumen wir heute denken müssen, wenn es um die Realisierung großer Infrastrukturprojekte geht. Die Grundsatzentscheidung für den Riederwaldtunnel ist bereits in den Achtzigerjahren gefallen, genau wie bei der A 44 und der A 49. Meine Damen und Herren, passiert ist seitdem wenig.
Kollege, an der Regierung ist seit 1999 die CDU, zeitweise mit der FDP. Das Versprechen „Wenn wir regieren, kommen morgen die Bagger“ von Roland Koch ist nicht eingelöst worden: Die Menschen warten seit 16 Jahren darauf, dass es beim Ausbau der A 49 endlich ein Stück weitergeht.
Im Jahr 1989 begann das Planfeststellungsverfahren des Riederwaldtunnels, und von Beginn an gab es Gegner gegen dieses Vorhaben. Wen wundert es nicht – natürlich waren die GRÜNEN dabei. Sie erklärten, dass die Verhinderung des Riederwaldtunnels eines ihrer großen verkehrspolitischen Ziele sei. Doch nach 1995 wurden die Planungen vorangetrieben, und 1996 erfolgte die erste Anhörung.
2001/2002 wurden die Pläne für die mittlerweile erweiterten Tunnel ausgelegt, und 2005 erfolgte eine weitere Anhörung. Im Jahr 2006 gaben die GRÜNEN ihren Widerstand gegen den Riederwaldtunnel auf.
Was war passiert? – In Frankfurt gab es Schwarz-Grün, und auf einmal galt für die GRÜNEN wieder: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?
(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos) – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ich weiß, Kollegin Wissler wird das bedauern – aber ich denke, das muss man hier noch einmal ansprechen: Der Spatenstich erfolgte im September 2009. Er war aber eher Symbolik; denn der eigentliche Baubeginn steht noch bis heute aus, und – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – die Fertigstellung sollte 2017/2018 erfolgen.
Das galt im Jahr 2009. Meine Damen und Herren, wir haben mittlerweile Ende 2015. Optimisten – das sind dann wohl eher Zweckoptimisten – gehen von einem Baubeginn im Jahr 2018 aus, und nicht wenige sind der Auffassung, dass der eigentliche Baubeginn sich noch Jahre hinauszögern wird; denn zu Beginn des Novembers dieses Jahres erklärte der zuständige Wirtschaftsminister Al-Wazir, dass sich die Planungsgrundlagen für den Bau des Riederwaldtunnels verändert haben und sich der Baubeginn weiter verzögern wird. Die Pendler in der Region sind entsetzt, weil sie sich weiterhin durch Wohngebiete quälen müssen, und die Bewohner dieser Wohngebiete werden den Verkehrslärm noch viele Jahre lang ertragen müssen.
Jetzt kommen wir zu einem Punkt nicht weniger Regionen. Ich unterstelle dem Minister keine sachlichen Gründe für die Erarbeitung der Planungsgrundlagen, sondern politische Gründe. Auf die vorhandene Ablehnung der GRÜNEN habe ich bereits hingewiesen. Wir Sozialdemokraten sind gegenüber dem Minister zuerst einmal gutgläubig.
Wir können auch nicht mit Sicherheit entscheiden, ob politische oder tatsächlich sachliche Gründe für die Überarbeitung der Planungsunterlagen maßgeblich sind;
denn so viel Zeit muss sein. Die Überarbeitung von Planungsgrundlagen ist zwar nicht unbedingt die Regel, aber bei Vorhaben dieser Art durchaus nichts Ungewöhnliches. Das war z. B. auch beim Frankfurter Flughafen so.
Es ist richtig, dass man bei einer derartigen Maßnahme, die auf massive Widerstände stößt, so sorgfältig arbeiten muss, dass die vorgelegten Unterlagen auch vor Gericht Bestand haben. Wer hier nämlich schlampig arbeitet, gefährdet das bestehende Baurecht und damit die gesamte Maßnahme.
Herr Staatsminister, wenn man die ganze Haltung der GRÜNEN zum Landesstraßenbau und zu Neubauprojekten im Straßenbau kennt und die Positionen der GRÜNEN nimmt, die sie einmal beim Riederwaldtunnel vertreten haben, muss man sich nicht wundern, dass nicht nur bei Mitgliedern der FDP, sondern auch bei vielen von dem späten Baubeginn betroffenen Pendlern und den betroffenen Menschen in den Wohngebieten der Eindruck entsteht, dass hier nicht sachliche, sondern tatsächlich politische Gründe im Vordergrund sind, die mit der Kommunalwahl 2016 zu tun haben.
Das ist, wie ich finde, politisch wirklich ärgerlich: Es gibt Menschen in diesem Land, die einem grünen Minister zutrauen, dass bei einer Abwägung von Infrastrukturprojekten nicht sachliche, sondern politische Gründe Prioritäten besitzen.