Wir setzen sogar noch 800 zusätzliche Stellen ein. Trotzdem können wir nicht alles zusätzlich finanzieren. Das räume ich ein. Dann muss man den Menschen erklären, welche Prioritäten man setzt, warum nicht alles gleichzeitig geht und warum man eine Sache vorzieht und die andere dann etwas später macht. Das ist Politik und nichts Kritikwürdiges. Dass wir uns hier als schwarz-grüne Koalition
gegenüber dem linken Teil des Hauses rechtfertigen müssen, dass wir für mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit sind, hätte ich mir vor zwei Jahren nicht träumen lassen.
Vorsicht, Vorsicht. Lieber Kollege Wagner, Sie wissen schon, dass der, zu dem das in Shakespeares „Sommernachtstraum“ gesagt worden ist, zu einer traurigen Hanswursttruppe gehört. Also Vorsicht, Vorsicht.
(Beifall bei der SPD und des Abg. René Rock (FDP) – Zurufe der Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Michael Boddenberg (CDU))
Erstens. Ich verwahre mich dagegen, dass über die parlamentarischen Anträge der Opposition in dem Stil geredet wird, den Sie hier veranstalten.
Wenn wir in diesem Ton reden: Herr Kollege Wagner, im Gegensatz zu Ihnen nehme ich das parlamentarische Geschäft sehr ernst. Wenn wir über „Veranstaltung“ reden, dann könnten wir einmal über die Regierungserklärungen reden,
(Holger Bellino (CDU): Da können Sie doch etwas lernen! – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Zweitens. Wir haben hier über die gymnasialen Oberstufen geredet – und darüber haben Sie kein einziges Wort gesagt.
Wir haben über gymnasiale Oberstufen geredet – das hat mit dem Thema Gesamtschule und dreigliedriges Schulsystem überhaupt nichts zu tun.
Natürlich nicht. Mein Kind geht auf eine integrierte Gesamtschule und wird dann selbstverständlich in eine gymnasiale Oberstufe gehen; ich nehme jedenfalls an, dass es das tun wird. Also haben diese beiden Dinge gar nichts miteinander zu tun.
Drittens. Sie haben beklagt, wir hätten heute hier nichts über die Hauptschule gesagt. Darf ich Sie daran erinnern, dass es die SPD-Fraktion war, die eine Große Anfrage zur Situation der Hauptschule gestellt hat, die im letzten Plenum besprochen wurde?
Viertens. Sie haben beklagt, wir hätten nichts zur Inklusion gesagt. Darf ich Sie daran erinnern, dass wir einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Inklusion in den hessischen Schulen vorgelegt haben, der genau das zum Ziel hatte, das Thema Inklusion immer und immer wieder auf der Tagesordnung zu halten? Wir haben das zu einem zentralen Thema bei dieser Bildungsgipfel-Veranstaltung gemacht und sie deshalb abgelehnt
Herr Kollege Merz, wenn ich das Maß Ihrer Aufregung als Indikator für die Richtigkeit meiner Argumente nehme, dann muss ich sehr viel Richtiges gesagt haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)
Ich bin froh, dass mein Redebeitrag dazu geführt hat, dass sich die Debatte jetzt etwas geweitet hat
und wir nicht nur über Gymnasien und Oberstufen reden – so wichtig sie sind –, sondern auch die anderen Schulen in unserem Land in den Blick nehmen. Denn genau das ist der Kern dieser Debatte. Der Kern dieser Debatte ist, dass wir in unserem Bildungssystem große Herausforderungen haben – im Gymnasium in der Oberstufe, aber eben auch in der Hauptschule, in der Realschule, in der Gesamtschule, in der Förderschule – und dass wir uns entscheiden müssen, welche Herausforderungen wir in welcher Reihenfolge angehen. Natürlich wünschen auch wir GRÜNE uns, wir könnten alles gleichzeitig angehen. Natürlich wünschen wir uns,
man könnte alles mit zusätzlichem Geld und mit zusätzlichen Stellen machen. Meine Damen und Herren, die Kunst
der Politik aber beginnt da, wo es trotz zusätzlicher Stellen und trotz zusätzlichen Geldes einer Prioritätensetzung bedarf.
Da kann man es so machen wie die FDP und sagen: Es muss alles so bleiben in diesem Bildungssystem. – Dann bleibt es auch bei der sozialen Ungerechtigkeit des Bildungssystems.
Oder man hat den Mut, etwas zu verändern und endlich nicht nur in Sonntagsreden über Bildungs- und Chancengerechtigkeit zu reden, sondern auch mittwochs im Plenum etwas dafür zu tun. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat sich offensichtlich an der diesjährigen Oscar-Verleihung ein Beispiel genommen: Da gab es die Auszeichnung als bester Hauptdarsteller für einen Wiedergänger. Und so beschäftigen auch wir uns mit einem Thema, zu dem wir eigentlich genau dieselbe Debatte schon im letzten Sommer geführt haben.
Warum tun wir das? Nun, weil die Opposition in diesem Hause eine Chance gesehen hat, eine Protestbewegung von Eltern – die wir in der Landesregierung durchaus auch sehen und die wir sehr ernst nehmen – für die Kommunalwahl nutzbar zu machen,
obwohl das definitiv kein kommunalpolitisches Thema ist. Der Oppositionsführer hat das dankenswerterweise auch ganz offen zugegeben. Wenn man der Zeitung an dieser Stelle glauben darf, hat Herr Schäfer-Gümbel als bekennender Fußballfan sinngemäß erklärt: Wenn man den Ball so vorgelegt bekommt, dann muss man ihn auch versenken.
Nun, das ist politisch legitim und nicht zu kritisieren. Ob es ihm am Sonntag wirklich so viel genutzt hat, das lasse ich jetzt dahingestellt.
Aber das zeigt natürlich, worum es bei dieser Debatte eigentlich geht: Es ist ein Nachkarten aus dem Wahlkampf.