Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Die Beamtinnen und Beamten protestieren zudem zu Recht gegen die Disziplinierungsmaßnahmen, mit denen derzeit 6.000 Lehrerinnen und Lehrer von der Landesregierung überzogen werden, weil sie sich unter Berufung auf die europäische Rechtsprechung im Sommer letzten Jahres an einem eintägigen Streik gegen diese Nullrunde beteiligt haben.

Herr Minister, ich kann Ihnen aufgrund meiner gewerkschaftlichen Erfahrungen sagen: Der Druck, den Sie momentan gegenüber diesen Lehrerinnen und Lehrern erzeugen, löst Gegendruck aus. Er führt eben nicht zur Disziplinierung, sondern dazu, dass weiterhin Unruhe in der Lehrerschaft bestehen wird. Daran können Sie kein Interesse haben. Daran kann niemand im Hessischen Landtag ein Interesse haben. Stellen Sie also endlich diese unsäglichen Disziplinierungsmaßnahmen ein.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. Die öffentlichen Haushalte müssen durch eine gerechte Steuerpolitik, also durch die Einführung einer Vermögensteuer und eine angemessene Besteuerung der Erbschaften, also durch Einnahmen, dazu gebracht werden, dass sie ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Das betrifft sowohl die kommunalen als auch die Landeshaushalte. Wir hätten dann keine Probleme, die Bildung zu verbessern und die Beamtinnen und Beamten in Hessen angemessen zu bezahlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kollege Schaus, vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es fast befürchtet. Die Debatte ist genau so, wie die letzten zu diesem Thema auch geendet haben.

Herr Kollege Rudolph und auch Herr Kollege Schaus, Sie haben nichts Neues vorgetragen. Das Einzige, was Sie hier gesagt haben, sind die Argumente von früher.

Ich will das noch einmal ganz deutlich sagen: Natürlich muss jeder, der in diesem Haus Verantwortung trägt, ein Interesse daran haben, dass wir motivierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Wir haben auch Verständnis dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht darüber erfreut sind, dass man bei den Personalkosten und beim Personal Einsparungsmaßnahmen durchführen muss. Es ist ganz selbstverständlich, dass wir den Unmut der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstehen.

Aber die Aufgabe der Mitglieder eines Parlaments, die Aufgabe des Haushaltsgesetzgebers ist es, diese beiden Dinge gegeneinander abzuwägen, nämlich die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Interessen der Haushalts- und Finanzpolitik.

Meine Damen und Herren, daher finde ich: Sie werden dieser Aufgabe nicht gerecht, indem Sie immer wieder die gleichen Reden hier am Pult halten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Einkommensentwicklung ist das eine, aber das andere ist der Auftrag, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Ich erinnere daran, dass die Sozialdemokraten auch dafür waren, die Schuldenbremse in die Hessische Verfassung aufzunehmen. Es macht Regierungskoalitionen natürlich keinen Spaß, Maßnahmen gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschließen, die Einschnitte in oder die Aussetzung von Gehaltssteigerungen beinhalten. Das macht natürlich keinem in der Koalition Spaß. Das macht keiner gerne. Lieber würden wir über das Land gehen und aus dem Füllhorn verteilen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Machen Sie das doch!)

Aber das lässt der Haushalt des Landes nicht zu. Meine Damen und Herren, Sie geben im Prinzip ungedeckte Schecks auf morgen aus. Das ist nicht die Politik dieser Landesregierung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich will ausdrücklich sagen: Wenn die Finanzlage und die Haushaltsdaten besser werden, dann werden wir uns natürlich auch Gedanken darüber machen, dieses Mehr an Einnahmen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben. Wir werden uns natürlich am Alimentationsprinzip, das Verfassungsrang hat, orientieren. Wenn es Mehreinnahmen gibt, werden wir natürlich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligen. Das hat damit zu tun, dass zurzeit die Wirtschaftslage gut ist und die Zinsen niedrig sind und dass die Haushalte besser sind als erwartet.

Vielleicht machen Sie sich trotzdem einmal Gedanken darüber: 40 % Personalkostenanteil, 9,1 Milliarden € Personalkosten, davon 2,55 Milliarden € für Versorgungsempfängerinnen und -empfänger, 44 Milliarden € Verschuldung des Landes Hessen. Wir nehmen noch immer neue Schulden auf. Wir haben allein 60 Milliarden € an Rückstellungen für zukünftige Pensionsverpflichtungen. Meine Damen und Herren, da können Sie doch nicht allen Ernstes über das Land gehen und so tun, als hätten wir in der Finanzpolitik kein Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben Ende letzten Jahres 600 Millionen € mehr eingenommen. Das hat auch etwas mit der guten Wirtschaftslage und den niedrigen Zinsen zu tun. In der gleichen Zeit gibt die Sozialdemokratie 3,5 Milliarden € mehr aus. Meine Damen und Herren, das ist die Haushaltspolitik der Sozialdemokratie: 600 Millionen € mehr einnehmen und dafür 3,5 Milliarden € mehr versprechen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Ich will auch einmal deutlich sagen, dass Kollege Rudolph ganz anders geredet hat, als er noch die Hoffnung hatte, in die Koalition eintreten zu können. Ich würde einmal empfehlen, das Protokoll der 148. Sitzung der 18. Wahlperiode vom 19. November 2013 nachzulesen. Damals hat man noch gedacht, dass man in die Koalition eintritt. Da hat man zur Linkspartei – in Richtung der Kollegin Wissler, glaube ich – gesagt: „Wer fordert, muss auch Lösungsvorschläge anbieten.“ Herr Kollege Rudolph, wo sind denn Ihre Lösungsvorschläge?

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Dann sagt der Kollege Rudolph: „Wir wollen, dass die Mitarbeiter für ihre gute Arbeit ordentlich entlohnt werden. Da müssen wir auch für Einnahmen sorgen.“

Was war mit den Einnahmen? Wir haben die Grunderwerbsteuer hier in diesem Haus erhöht: 155 Millionen € Mehreinnahmen.

(Unruhe bei der SPD und der LINKEN – Glocken- zeichen des Präsidenten)

Wer hat das abgelehnt? Die Sozialdemokratie in diesem Hause. Meine Damen und Herren, so sieht das aus: herausgehen und versprechen, und wenn es Mehreinnahmen zu generieren gibt, dagegen sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das wird sich nie bei Ihnen ändern!)

Meine Damen und Herren, wir haben sehr viel Verständnis dafür, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Einkommensentwicklung teilhaben wollen. Wenn die Haushaltslage so ist, dass man das machen kann, wird man das auch zu tun haben. Aber über das Land zu reisen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Versprechungen machen, die nicht – –

Kollege Frömmrich, darf ich Sie ganz kurz an die Redezeit erinnern? – Mehr wollte ich nicht.

Herr Kollege Rudolph, das ist keine vernünftige Politik. Wir machen das deutlich anders. Meine Damen und Herren, solide Finanzpolitik sieht anders aus als das, was die Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie hier machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Das Wort hat Herr Abg. Greilich, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Thema der Besoldungspläne von Schwarz-Grün haben wir Freien Demokraten uns immer klar positioniert. Wir haben die Nullrunde 2015 abgelehnt, und wir lehnen auch die pauschale Vorfestlegung der schwarz-grünen

Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen auf eine Deckelung der Besoldungserhöhung auf 1 % jährlich bis 2018 aus einem relativ einfachen Grund ab. Dies ist nicht nur ungerecht, sondern es stellt einen Verstoß gegen das Alimentationsprinzip und damit ein verfassungswidriges Sonderopfer der Beamtinnen und Beamten dar.

(Beifall bei der FDP)

Damit koppeln Sie die Beamtinnen und Beamten des Landes Hessen von der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und mit Blick auf die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst ab. Wir haben gerade über die dpa gehört, dass massive verfassungsrechtliche Bedenken nicht nur von uns, sondern auch von Prof. Battis vorgetragen wurden, dessen Kompetenz hier wohl keiner in Abrede stellen wird.

Ich habe sowohl bei dem Kollegen Heinz als auch bei dem Kollegen Frömmrich – bei dem es etwas weniger deutlich herauszuhören war, aber wenn man auf die Worte geachtet hat, so kann man doch gewisse Mechanismen beobachten, die offensichtlich in dieser Landesregierung wirken – sehr genau zugehört. Insofern hat Herr Kollege Rudolph vielleicht doch recht, wenn er das hier immer wieder auf die Tagesordnung setzt. Ich stelle fest, dass man offensichtlich auch unter dem Eindruck der Katastrophe, die man sich bei den Schulen eingefangen hat, jetzt langsam einmal nachdenklich wird und immerhin sagt: Wir könnten noch einmal darüber nachdenken, ob unsere Koalitionsvereinbarung wirklich so in Stein gemeißelt ist, wie wir das immer darstellen.

(Beifall bei der FDP)

Insofern geben wir die Hoffnung nicht auf, dass die Angst vor dem Wähler letztlich doch dazu führen wird, dass man auf den Pfad der Tugend zurückkehrt.

Meine Damen und Herren, wir haben stets deutlich geäußert, dass es mit Blick auf die Einhaltung der Schuldenbremse weitere Einsparbemühungen im Landeshaushalt geben muss. Wir haben offen gesagt, dass wir den kommenden Generationen unter keinen Umständen einen Schuldenberg hinterlassen dürfen, den sie realistischerweise kaum abtragen können, wenn sich die Verschuldungsspirale in den öffentlichen Haushalten weiterdreht. Zur Ehrlichkeit gehört daher dazu – etwas anderes kann eine Fraktion auch in der Opposition nicht behaupten, wenn sie den Anspruch hat, redlich zu sein, und das nehmen wir für uns in Anspruch –, dass natürlich auch der öffentliche Dienst dabei nicht gänzlich ausgespart werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne die Themen gegeneinander auszuspielen, will ich aber in aller Deutlichkeit sagen: Gerade die Flüchtlingskrise und die Debatten, die wir hier in diesem Zusammenhang geführt haben, haben gezeigt, dass die Landesregierung doch in der Lage ist, für zweifelsohne wichtige Projekte – angesichts von Rekordeinnahmen und Haushaltsverbesserungen im Milliardenbereich – noch finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.

Die im Rahmen dieses Aktionsprogramms für Flüchtlinge beschlossenen positiven Änderungen, wie etwa die Vergütung eines sehr kleinen Teils der über 3,5 Millionen Überstunden bei der Polizei, die Anhebung der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten und andere Maßnahmen – so sinnvoll sie im Einzelnen auch sein mögen –, sind nicht dazu geeignet, den grundlegenden Fehler Ihrer leistungsfeindlichen Politik auszumerzen, der die Motivation der

Beamten reduziert und darüber hinaus – was noch viel problematischer ist – der Gewinnung von Nachwuchs einen Bärendienst erweist.

(Beifall bei der FDP)

Ich will nur am Rande und der Vollständigkeit halber die Kürzung bei der Beihilfe um 20 Millionen € jährlich erwähnen, die nicht zur Attraktivität des Beamtentums in Hessen beigetragen hat.

(Günter Rudolph (SPD): Stimmt!)

Die von Schwarz-Grün geschaffene Möglichkeit, dass sich die Beamten mit einem eigenen Beitrag von 18,90 € die Wahlleistung sozusagen zurückkaufen können, stellt sich als fauler Kompromiss dar, der nicht über die erheblichen Mehrkosten für die Betroffenen hinwegtäuschen kann.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Nancy Faeser und Günter Rudolph (SPD))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung muss den beschrittenen leistungsfeindlichen Irrweg, der immer noch faktische Kürzungen des Einkommens um mindestens 6 % bis 2019 vorsieht, verlassen, um letztlich der Gefahr zu begegnen, dass wir Nachwuchsprobleme bekommen – wie es in einigen Bereichen schon jetzt der Fall ist. Ich verweise einmal auf die Bereiche Rechtspflege und technischer Dienst, wo schon heute die Rekrutierung von Nachwuchs schwierig ist. Für den Erhalt der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes müssen auch weiterhin hervorragend qualifizierte Menschen gewonnen werden können. Etwas anderes ist gerade bei den Lasten, die in der Flüchtlingskrise auf dem öffentlichen Dienst liegen und auch weiterhin liegen werden, kaum zu vermitteln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Schwarz-Grün in Frankfurt ist abgewählt. Das ist schon einmal ein guter Anfang.

(Beifall bei der FDP)