Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Herr Kollege Rock, FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schön, wenn man als Abgeordneter aus dem Landkreis Offenbach im Hessischen Landtag wieder einmal über den Flughafen sprechen kann. Die GRÜNEN machen das ja nicht mehr so oft. Das haben sie früher zu diesem Thema öfter gemacht.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das stimmt!)

Von daher hat sich das ein bisschen verschoben. Ich möchte natürlich noch einmal deutlich machen – das hat man bei den anderen Fraktionen nicht ganz so deutlich herausgehört wie vielleicht früher einmal –, dass wir als Freie Demokraten zum Ausbau des Frankfurter Flughafens stehen. Er ist natürlich eine Belastung für die Region. Das wissen wir alle.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Aber wir wissen den Frankfurter Flughafen zu schätzen, und wir wissen auch, was er für die persönliche Mobilität der Einwohner Hessens, vor allem des Rhein-Main-Gebiets, bedeutet, was für ein wirtschaftlicher Standortvorteil für die Region er ist und was für positive Auswirkungen er dort hat. Wir wissen, was für einen enormen Wirtschaftsfaktor er ausmacht, auch für die eine oder andere größere Kommune in Hessen, und wir wissen natürlich auch, was er für den Arbeitsmarkt bedeutet. Das kam bei der Debatte ein bisschen zu kurz. Ich glaube, das muss auch an dieser

Stelle einmal gesagt werden. Der Frankfurter Flughafen ist nicht der Teufel im Rhein-Main-Gebiet, sondern er ist ein großer Vorteil für das Rhein-Main-Gebiet.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Für den Tourismus!)

Für den Tourismus, genau. – Wir wissen allerdings auch, dass er natürlich auch Nebenwirkungen hat, wie viele Themen in der modernen Gesellschaft. Menschen, die in Ballungsgebieten leben, haben auch Nachteile. Sie haben Vorteile, aber sie haben auch Nachteile. Diese Nachteile, die Menschen betreffen, die in Ballungsgebieten leben, sind oft gesundheitlicher Art: Es ist vor allem Lärm, es ist Schadstoffbelastung, und es ist eine kumulierte Belastung, die sich nicht allein auf einen Belastungsträger zuspitzen darf, was wir uns noch einmal in der NORAH-Studie anschauen konnten.

Ich möchte auch noch den kleinen Schlenker zu den Lärmpausen machen. Meine Fraktion hat sich dazu auch schon mehrfach geäußert: Diese große Innovation des hessischen Wirtschaftsministers, dass man an dieser Stelle von einer Lärmumverteilung sprechen muss, ist auch entsprechend zu würdigen.

Es wird nicht in Summe leiser, sondern die Belastungssituationen werden auf der einen Seite heruntergeschraubt und auf der anderen Seite erhöht, und diese Verschiebung, diese Umverteilung der Belastungen, kann für den einen Betroffenen einen Gewinn bedeuten; aber sie bedeutet an anderer Stelle für einen anderen Bürger im Rhein-MainGebiet immer auch einen Verlust. Von daher sind diese Jubelmeldungen oder auch diese als sehr positiv dargestellten öffentlichen Äußerungen des Ministers, glaube ich, doch kritischer zu bewerten.

(Beifall bei der FDP)

Das Thema Umverteilung von Lärm, das ganze Thema Umfliegung von Ballungsräumen, Städten oder stark besiedelten Wohngebieten, muss man als Abgeordneter aus dem Landkreis Offenbach ein bisschen kritischer sehen. Wenn sich ein Offenbacher Landtagsabgeordneter und ein Frankfurter Landtagsabgeordneter zusammenfinden und überlegen, wie Flugzeuge am klügsten fliegen sollten, sodass stark besiedelte Zentren entlastet werden, dann kann man als Abgeordneter aus dem Landkreis Offenbach nur sagen: Na ja, schön, dann sind jetzt alle bei uns. – So ähnlich kann man das ja beobachten, und von daher gibt es bei dieser ganzen Umverteilungsdebatte und bei der Umfliegungsdebatte immer Gewinner und Verlierer, und es ist immer ein Problem für die Region, das zu akzeptieren.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ja, ja!)

Ich finde, es gibt bei dem Thema immer noch eine große Solidarität in der Region. Ich habe das auch im Kommunalwahlkampf nicht mehr als so enorm diskutiertes Thema erlebt, wie es das einmal war. Es ist ein Thema – aber nicht mehr in dieser Intensität präsent, wie wir es vielleicht vor einigen Jahren noch erlebt haben. Unser Fokus – ich denke, der Fokus aller, die sich mit dem Thema der Belastungen und der gesundheitlichen Belastung durch den Fluglärm auseinandersetzen – muss die Reduzierung des absoluten Lärms sein.

(Beifall bei der FDP)

Der absolute Lärm muss reduziert werden. Nicht die Umverteilung sollte vorangetrieben werden, in der es immer Gewinner und Verlierer gibt. Wie gesagt, wenn sich Offenbach und Frankfurt da zusammentun, kann man sich relativ leicht ausrechnen, wo das dann alles landet.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass das Thema Lärmdeckel natürlich kein ungefährliches ist. Wenn ich hier höre, dass wir dieses Jahr dazu noch im Plenum etwas vorgestellt bekommen, habe ich schon eine gewisse Befürchtung. Ich habe bis jetzt erlebt, dass der zuständige Minister bei dem Thema Terminal 3 doch relativ orientierungslos hier im Plenum herumgestolpert ist und auch den Weg zum Spatenstich nicht gefunden hat. Das scheint irgendwie schwierig gewesen zu sein.

So wie die GRÜNEN bis jetzt in dieser Landesregierung auftreten, kann ich mir aber nicht vorstellen, dass sie nicht noch irgendein Ass im Ärmel haben, das sie ihren Wählerinnen und Wählern und Mitgliedern auch verkaufen wollen. Ich befürchte, dass es dieser Lärmdeckel sein wird, wo die CDU den Preis für das Terminal 3 zahlen muss. Ich bin einmal gespannt, was wir hier vorgelegt bekommen, und ich kann nur sagen, man soll nicht versuchen, die Politik der LINKEN zu machen: durch die Hintertür, indem wir durch einen entsprechenden Lärmdeckel die Möglichkeiten des Frankfurter Flughafens zu sehr einschränken. Darauf werden wir genau achten, und die Bewertung werden wir an der Stelle auch hier im Plenum an diesem Pult vornehmen. Da bin ich mir sicher.

Der entscheidende Punkt ist, wie gesagt, die Frage, wie ich außer durch technische Innovation vorantreiben kann, dass Lärm absolut reduziert wird. Da spielen aus unserer Sicht natürlich die Lärmentgelte eine entsprechend wichtige Rolle, da spielt aber auch Europa eine Rolle.

Mir graut es immer ein bisschen, wenn wir den Frankfurter Flughafen rein als hessisches Unternehmen oder maximal noch als deutsches Unternehmen sehen und diese Infrastruktur dadurch vielleicht nicht so würdigen, wie sie gewürdigt werden muss; denn es ist eine Infrastruktureinrichtung, die eine wichtige Bedeutung für unser Bundesland und für die Bundesrepublik Deutschland hat, die aber nicht im Wettbewerb mit Düsseldorf oder mit Egelsbach – sage ich einmal – steht, sondern sie steht im Wettbewerb mit großen internationalen Flughäfen,

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

und das bedeutet: Wenn dieses Unternehmen erfolgreich arbeiten soll, muss man schauen, dass man dieses Unternehmen auch wettbewerbsfähig hält.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe schon etwas zu der Bedeutung für die Wirtschaft und für die Prosperität des Landes gesagt. Von daher kann die Debatte über Beschränkungen und diesen schrecklichen Antrag, den die LINKEN jetzt hier noch einmal eingebracht haben und den die GRÜNEN im Bundestag unterbreitet haben, zur Vergewisserung, wo die GRÜNEN heute stehen und ob sie sich noch an ihre eigene Politik erinnern, jeder hier für sich selbst bewerten. Das erspare ich mir. Aber wenn die Frage, die da aufgeworfen wird, und die ganzen Punkte, die dort aufgeführt sind, wirklich die

Meinung des Wirtschaftsministers des Landes Hessen wären, wäre das sehr bedenklich.

(Beifall bei der FDP)

Ich muss sagen, es wird außer Acht gelassen, dass ein Unternehmen, das in Deutschland solche Bedeutung hat, hier mit 14 Punkten, die in der Regel reine administrative und gesetzliche Eingriffe sind, beschränkt wird.

Ich glaube, dass wir nur in der Partnerschaft mit diesem Unternehmen wirklich vorankommen können, und ich glaube, dass wir uns nicht als Gegner dieses Unternehmens sehen dürfen, das eine Heimat und eine Existenzgrundlage für ganz viele Menschen hier in Hessen ist. Wir sind vielmehr fest davon überzeugt, dass Fraport kein Interesse daran hat, die Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet ohne Not und über die Maßen gesundheitlich zu belasten, und wir glauben, dass Fraport Partner der Region sein will. Das haben sie auch bewiesen.

Wir wollen auch Partner von Fraport sein, damit dieses Unternehmen bei minimaler Belastung der Bevölkerung erfolgreich sein kann. Dazu gehört, dass man sich miteinander austauscht, aber kein Vorschlag mit 14 Punkten, die fast alle dazu dienen sollen, dieses Unternehmen zu behindern und zu schädigen.

(Beifall bei der FDP)

Ich hoffe, dass der zuständige Minister diesem Unternehmen auch noch einmal ein deutliches Wort dazu sagt, wie die Landesregierung zu diesem Unternehmen steht, dass sie dieses Unternehmen positiv begleiten will und erkennt, welche wichtige Bedeutung es für das Rhein-Main-Gebiet aber auch für die gesamte Bundesrepublik Deutschland hat. Ich denke, eine wichtige Maßnahme wäre, z. B. die Frage der lärmabhängigen Entgelte vielleicht einmal auf ganz Europa auszudehnen. Wenn man nur einen Flughafen hat, in dem das eine solche Rolle spielt, fällt es kaum ins Gewicht: Ältere Maschinen werden umso schneller aus dem Verkehr gezogen, je mehr Flughäfen dort mitziehen.

Das sind alles Themen, die man angehen könnte und um die man sich kümmern kann. Es ist ganz wichtig, die absolute Lärmbelastung zu reduzieren, statt die Umverteilung voranzutreiben, und es ist auch gefährlich, wenn man versucht, hintenherum über einen Lärmdeckel das zu tun, was die LINKEN hier immer wieder ins Gespräch bringen und was bei allen anderen Abgeordneten hier ein bisschen Kopfschütteln auslöst: einen Rückbau der Nordwestbahn. Wenn man das durch die Hintertür durch einen Lärmdeckel vorantreibt, ist das natürlich keineswegs besser, und da muss man sich hinterher fragen, welche Politik man eigentlich für dieses Land macht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Weiß, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eben gehört, dieser Antrag ist ein bisschen älter sowie von den GRÜNEN im Bundestag abgeschrieben. Aber seit Frau von der Leyen, seit gestern, wissen wir, dass es nur Folgen hat, wenn man etwas Relevantes abschreibt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Frau Wissler, von daher dürfen Sie Ihren Doktortitel behalten. Über anwesende Staatssekretäre mache ich jetzt nicht noch einen zweiten Kalauer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, bei so alten Anträgen gibt es das Problem, dass sie oft überholt sind. So läuft z. B. gerade das Gesetzgebungsverfahren der Bundesregierung zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes. Die Anhörung im Ausschuss für Verkehr fand am 24. Februar statt, also gerade einmal vor zwei Wochen.

(Günter Rudolph (SPD): DIE LINKE bekommt eben auch nicht alles mit!)

Ihr Antrag hat darüber hinaus, abgesehen davon, dass er in vielen Punkten überholt ist, einige weitere Probleme, von denen ich hier vier benennen will:

Erstens. Er berücksichtigt aus unserer Sicht nicht ausreichend, dass es auch für den Bundesgesetzgeber Schranken für Änderungen der Gesetzgebung gibt; in diesem Falle z. B. auf europäischer Ebene die Verordnung für Betriebsbeschränkungen an Flughäfen.

Zweitens. Ihr Antrag differenziert nicht ausreichend, ob nur der Bau bzw. Ausbau von Flughäfen gemeint ist oder auch der Bestand.

Drittens. Aus meiner Sicht werden unzutreffende Anlehnungen an den Lärmschutz bei Straßen und Eisenbahnen gemacht. Es gibt z. B. keinen Vorrang des aktiven Schallschutzes bei Eisenbahnen. Es gibt im Moment nicht einmal die Möglichkeit, und das bedauere ich als Anwohner des Rheingau-Taunus-Kreises, auf Bestandsstrecken Betriebsbeschränkungen einzuführen. Nicht zuletzt seit der NORAH-Studie wissen wir, wie wichtig es ist, bei Lärmquellen ganz genau zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern zu differenzieren.

Viertens. Meines Erachtens ist es für die Bewertung dieses Antrags im Hessischen Landtag entscheidend – das ist das Problem, das alle Anträge der LINKEN haben –, dass er keine ausgewogene Beurteilung und Abwägung von Lärmschutz und der Interessen der Menschen enthält in Bezug auf Mobilität und Freiheit in der Mobilität sowie der Interessen und des Bedarfs der Wirtschaft nach einem attraktiven Angebot im Luftverkehr. Deswegen kann Ihr Antrag nicht unsere Zustimmung finden.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Die Bundesregierung handelt im Übrigen bereits im Bereich der Luftverkehrsgesetzgebung. Die von mir angesprochenen Änderungen des Luftverkehrsgesetzes, die gerade in der Beratung sind, beinhalten z. B. einige wichtige Änderungen. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung bei Flughäfen wird jetzt ein deutlich größerer Bereich mit aufgenommen werden. Außerdem wird durch die Änderung des § 8 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz insgesamt eine größere Transparenz hergestellt werden.

Die hessische SPD macht keinen Hehl daraus, dass wir uns größere Änderungen gewünscht hätten, als sie in der Koalition mit der Union auf Bundesebene erreichbar waren. Dies gilt für den Vorrang des aktiven Schallschutzes vor passivem Schallschutz, für ein allgemeines Lärmminimierungsgebot und für eine Verbesserung des gesetzlichen Schallschutzes in der gesamten gesetzlichen Nacht. Ich bin froh darüber, wenn ich mir die Stellungnahme der ADF zu dem Gesetzentwurf durchlese, dass wir als SPD 1 : 1 bei

der Position der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen liegen.