Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Wir sind aber im Hessischen Landtag, und deswegen muss ich noch ein paar Punkte zu den Handlungsoptionen auf Landesebene in der Luftverkehrspolitik verlieren. Man muss konstatieren, dass auch nach nunmehr zwei Jahren im Amt die Bilanz des grünen Verkehrsministers in dieser Richtung äußerst dürftig ist – vor allem, wenn man für eine Bewertung die Erwartungen der Menschen zugrunde legt, die Erwartungen, die der Minister selbst geweckt hat. Zum Terminal 3 hat der Minister die Erwartung geweckt, dass es das mit ihm nicht geben würde. Diese Erwartung hat er enttäuscht.

(Beifall bei der SPD)

Bei den Landeentgelten gibt es die Erwartung der Fluglärmkommission, dass der lärmabhängige Anteil auf 30 % angehoben wird. Bis jetzt hat der Minister noch überhaupt keine neue Entgeltordnung vorgelegt. Wir sind sehr gespannt, ob er die Erwartungen erfüllen wird oder nicht.

Die nächste Erwartung, die der Minister vor der Wahl geweckt hat, ist ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Auch diese Erwartung hat er enttäuscht. Stattdessen hat er als Placebo und Ablenkungsmanöver ein Lärmpausenmodell entwickelt, mit dem er wiederum Erwartungen verbunden hat,

(Michael Boddenberg (CDU): Wollen Sie das wieder abschaffen?)

Herr Boddenberg – nämlich eine spürbare Entlastung der Menschen in der Region. Wie ist das Ergebnis? Das Ergebnis nach der Testphase ist: 95 % der betroffenen Menschen spüren überhaupt keine Veränderung, oder sie verspüren gar keine Verschlechterung durch die Lärmpausen.

(Michael Boddenberg (CDU): Wollen Sie das wieder abschaffen? Was haben Sie denn erwartet?)

Auch hier hat sich nichts geändert; bei den Lärmpausen hat der Minister die Erwartungen ebenso enttäuscht wie in anderen Punkten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Lärmpause ist nichts anderes als Haarwasser. Das nützt ebenfalls nichts, schadet aber auch nicht. Es riecht aber ganz gut.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Wenn wir gerade beim „Haarwasser“ sind: Wollen Sie die also wieder abschaffen?)

Der nächste Punkt, bei dem der Minister Erwartungen geweckt hat, ist die Lärmobergrenze. Hier sind und bleiben wir gespannt.

(Wortmeldung des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Kollege Weiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage vom Kollegen Boddenberg?

(Marius Weiß (SPD): Ja, klar!)

Herr Kollege Weiß, ich habe es dazwischengerufen; jetzt mache ich es ordentlich, wie sich das gehört. Ich frage Sie: Wollen Sie die Lärmpausenregelung wieder abschaffen,

entgegen den Empfehlungen der Frankfurter Fluglärmkommission, oder wollen Sie sie beibehalten?

Die Frankfurter Fluglärmkommission hat ganz klar gesagt, dass die Lärmpausenregelung bei zunehmendem Verkehr auf Dauer nicht haltbar sein wird; natürlich stimmt das. Aus unserer Sicht hat sich die Lärmpausenregelung nicht bewährt, weil wir hierbei in einem Bereich sind, wo maximal 5 % der betroffenen Menschen Verbesserungen spüren. Daher ist aus unserer Sicht diese Lärmverteilung nicht geeignet, weitergeführt zu werden.

(Beifall bei der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha!)

Das geht bei der Lärmobergrenze weiter. Hier sind und bleiben wir gespannt. Die Landesregierung hat schon auf Zeit gespielt und will frühestens im Sommer einen Entwurf vorlegen, also erst in der Mitte der Legislaturperiode. Daran sieht man, dass sich Schwarz-Grün mit dem Thema schwertut. Die Frist zur Beantwortung unseres Berichtsantrags, den wir zu dem Thema gestellt haben, läuft in drei Tagen ab. Wir sind sehr gespannt auf die Antworten auf unsere Fragen. Nächste Woche tagt der Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung; dort werden wir uns über das Thema unterhalten. Bis jetzt liegt von der Landesregierung noch nichts Brauchbares zu den Lärmobergrenzen vor. Wir sind gespannt, was uns vorgelegt wird.

Herr Minister, wir werden sehr genau beobachten, wie Sie auch bei diesem Thema mit den Erwartungen umgehen. Wir sind sehr gespannt, wie Sie mit dem Auflagenvorbehalt umgehen werden, wie Sie bei einer einzuleitenden Planänderung die Annahmen der Planfeststellung ändern werden – Stichworte: neuer Prognosehorizont, Berücksichtigung von Fluglärmreduktionspotenzial an den Fluggeräten sowie die Höhe der jährlichen Absenkung des maximalen Lärms –, und ich prognostiziere, dass die Erwartungen und die spätere Festschreibung in der Planfeststellung auch wieder auseinanderklaffen werden. Schauen wir einmal.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt von den letzten Vorrednern vom Pult aus so viel merkwürdiges Zeug erzählt worden, dass es relativ schwerfällt, das irgendwie geordnet zusammenzufassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will einmal mit dem ursprünglichen Titel anfangen: DIE LINKE bringt hier im Mai des letzten Jahres mit zweimonatiger Zeitdifferenz einen Antrag der grünen Bundestagsfraktion ein. Die wesentlichen Änderungen, die Frau Wissler angesprochen hat, bestehen darin, dass aus „Bundesregierung“ „Landesregierung“ wird. Darüber hinaus soll das Land Hessen im Bundesrat eine Initiative ergreifen, weil man dieses Gesetzgebungsverfahren hier

nicht direkt machen kann. Ansonsten ist dieser Antrag im Text identisch.

Ich kritisiere hier überhaupt nicht irgendwelche Plagiatsfragen. Ich finde es eher sehr gut, und ich bedanke mich dafür, dass wir durch DIE LINKE Unterstützung für unsere guten Gedanken und Vorstellungen zum Thema Lärmschutz im Flugverkehr erhalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- ruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Lieber Herr Kollege Schaus, dann stellt sich allerdings auch die Frage: Warum haben Sie dafür neun Monate lang gebraucht, um es am Ende hier aufzurufen?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Warum habt ihr es nicht eingebracht?)

Sie haben ja schon gehört, dass er dadurch bedauerlicherweise teilweise veraltet ist und nicht mehr den aktuellen Stand der Dinge wiedergibt. Sie haben den Antrag zuerst eingebracht und ihn dann schubladisiert. Es ist gut, dass wir es endlich diskutieren. Aber erlauben Sie mir die Feststellung: Ein bisschen beleidigt sind wir schon, dass unsere guten Ideen so lange gelagert wurden, ohne hier der Debatte zugeführt zu werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie hatten die Möglichkeit, das einzubringen!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, der Antrag ist überschrieben mit den Worten: „Fluglärm wirksam reduzieren“. Ich darf Ihnen Folgendes vorlesen:

In dieser Situation ist es vorrangiges Ziel der Landespolitik, die mit dem Betrieb des Flughafens einhergehenden Belastungen für Mensch und Umwelt in einem höchstmöglichen Maß rasch wirksam zu verringern.

Das steht im Koalitionsvertrag zwischen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie wissen, dass „reduzieren“ und „verringern“ im Wortsinne identisch sind.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Mit Papier wird es nicht leiser!)

Das, was Sie über Ihren Antrag geschrieben haben, haben wir schon ein Jahr vorher gemeinsam mit der CDU im Koalitionsvertrag als Ziel festgehalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Kommen wir jetzt zu den in dem Antrag festgehaltenen Inhalten. Da ist zum einen die Rede davon, dass die Belastungen durch Fluglärm nach oben hin zu begrenzen sind. Herr Kollege Weiß hat es angesprochen, das sind die Lärmobergrenzen – wenn man also Fluglärm nach oben hin begrenzen will. Da kann ich auch den Koalitionsvertrag zitieren:

Entsprechend den Empfehlungen der Mediation wird vereinbart, eine Lärmobergrenze für den Flughafen Frankfurt einzuführen. Ziel ist es, eine deutliche Lärmreduzierung gegenüber den im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Werten zu erreichen.

Mit anderen Worten: Sie merken, das ist nicht nur eine Einheit zwischen den Gedanken der GRÜNEN auf Bun

desebene und dem, was wir hier tun. Sie merken darüber hinaus sogar, dass es uns gelungen ist, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner dies als gemeinsame Ziele festzuhalten.

Dann geht es weiter in dem Antrag, den Sie zitiert und so gut gefunden haben:

… aktivem Schallschutz vor passivem Schallschutz Vorrang einräumen.

Das ist leider, wie wir gerade von Kollege Weiß gehört haben, auf Bundesebene nicht gelungen. Bei uns ist es gelungen. Im Koalitionsvertrag steht – ich zitiere erneut –:

Dabei haben Maßnahmen zum aktiven Schallschutz gegenüber passiven Schallschutzmaßnahmen eine eindeutige Priorität.

(Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))

Ich will die Beispiele jetzt nicht zu weit vorantreiben, sonst fürchten die Kolleginnen und Kollegen der CDU, wir hätten sie komplett für die grüne Programmatik eingefangen. Sie merken daran doch ganz eindeutig, dass wir unser Programm des Lärmschutzes ernst nehmen und im Gegensatz zu manch anderen nicht nur Forderungen in die Welt stellen, sondern tatsächlich, und zwar alltäglich, engagiert daran arbeiten, den Zustand zu verbessern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Verehrter Herr Kollege Rock, verehrte Frau Kollegin Wissler, genau deswegen sind die Vorwürfe in Sachen Lärmpausen Unfug. Sie sollten als Grundlage zur Kenntnis nehmen, dass die Erweiterung des Flughafens Frankfurt durch die neue Nordwestlandebahn bis zum heutigen Tage aus Lärmbedeutungssicht nichts anderes war und ist als eine Lärmverschiebung. Wir haben nicht mehr Flugbewegungen, als wir im Jahr 2007 hatten. Wir haben zurzeit sogar deutlich weniger. Es ist also eine Lärmverschiebung.

Wenn die Lärmverschiebung zusätzliche Betroffenheiten und Belastungen erzeugt, dann ist es das erste sinnvolle Mittel, zu sagen, man prüft, ob man diese Verschiebungen drehen oder rückgängig machen kann, um die Lärmbelastung zu verringern. Genau das sind die Lärmpausen. Genau das ist geschehen. Genau das ist auch erfolgreich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)