Nun zu den Inhalten der Zielvereinbarungen. Herr Minister, um mit dem Positiven zu beginnen: Es gibt Anreize für die Hochschulen, Frauen zu Professorinnen zu berufen. Die CDU lehnt sonst Frauenquoten in Politik, Wirtschaft und bei sich selbst vehement ab. Vielleicht wären derartige Anreize auch in der Landesregierung ganz sinnvoll – angesichts der Tatsache, dass man Frauen in den Führungsetagen der Ministerin mit der Lupe suchen muss.
Das Grundproblem des Hochschulpakts zeigt aber, dass nicht genug Studienplätze geschaffen bzw. finanziert werden, um der wachsenden Studierneigung gerecht zu werden.
Der Hochschulzugang hängt immer noch sehr stark von der sozialen Herkunft und dem Bildungsgrad der Eltern ab. Die Zahl der Studienplätze nicht signifikant zu erhöhen, bedeutet, diese Ungerechtigkeit zu zementieren und Schulabgängern den Zugang zu einem Studium zu verwehren. Ich frage mich: Was wollen wir den jungen Menschen denn sagen: „Sorry, wir haben hier die Schuldenbremse beschlossen. Deswegen gibt es für euch keine Studienplätze“? Das zeigt einmal mehr, wie absurd das ganze Gerede über Generationengerechtigkeit immer wieder ist.
Die Landesregierung muss dafür sorgen, dass es mehr Studienplätze gibt und dass die Hochschulen mit entsprechenden Mitteln ausgestattet werden. Die Hochschulen sollen die Studienerfolgsquote erhöhen und die Abbrecherquote senken. Aber viele Studierende brechen ihr Studium aus finanziellen Gründen ab. Hier helfen Anreize in der Hochschulfinanzierung gar nichts, weil die Hochschulen gar keinen Einfluss darauf haben. Was hier nötig wäre, wären eine Reform, ein Ausbau des BAföG sowie die Ermöglichung eines Teilzeitstudiums. Wer die Abbrecherquote senken will, muss aber auch die soziale Infrastruktur verbessern und z. B. dafür sorgen, dass es ausreichend Plätze im Studentenwohnheim gibt. Je mehr Studierende für ihre Miete zahlen müssen, desto mehr müssen sie jobben. Hier müsste man ansetzen, wenn man will, dass mehr Studierende die Hochschulen mit einem Abschluss verlassen. Deswegen finde ich diesen Anreiz eher kontraproduktiv, als dass er wirklich hilft.
Meine Damen und Herren, es freut mich, dass es die Gewerkschaften durch ihre Beharrlichkeit erreicht haben, dass beim Thema prekäre Beschäftigung an den Hochschulen zumindest ein Problembewusstsein entstanden ist. Wir reden über junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich von Vertrag zu Vertrag hangeln. Aber wenn man die stetig steigenden befristeten Beschäftigungsverhältnisse eindämmen will, muss man auch über Drittmittel sprechen. Das Problem ist die kurzfristige Projektfinanzierung,
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Wir brauchen gute Arbeitsbedingungen an den Hochschulen. Der Abbau von 450 Stellen an den Hochschulen, trotz steigender Studierendenzahlen, wie das im Hochschulpakt festgeschrieben ist, ist sicher kein Beitrag dazu.
In einigen der von den Hochschulen verfassten Präambeln zu diesen Zielvereinbarungen steht, dass für die Realisierung einiger Planungen zusätzliche Landesmittel nötig wären und deshalb die Bildung – –
Frau Präsidentin, mein letzter Satz. – Die Bildungsausgaben sind, auch gemessen am Bruttoinlandsprodukt, in Hessen und bundesweit viel zu niedrig, aber es gilt: Zu knappe Mittel lassen sich nicht bedarfsdeckend verteilen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein solches Thema wie „Zielvereinbarungen im Lande Hessen“, bei dem Unterschriften von 13 Hochschulen zu leisten waren – Herr Kollege Grumbach, das ist weit mehr als ein Werbeblock in diesem Landtag, das ist ein sehr aktueller Leistungsbeweis der Landesregierung und der sie tragenden Koalition und aller Hochschulen.
Meine Damen und Herren, je selbstständiger Hochschulen sind – und das sind sie im Lande Hessen im bundesweiten Vergleich am weitestgehenden –, desto mehr Verantwortung übernehmen sie auch. Das ist komplementär, nach wie vor bleibt es dabei: Je freier sie sind, desto mehr Verantwortung übernehmen sie: für die Qualität ihrer Einrichtung, für die Abschlüsse an ihrer Einrichtung und auch für die Verwendung der Finanzmittel.
Das passt natürlich von Anfang an vom ganzen Ansatz der linken Seite dieses Parlaments überhaupt nicht ins Bild. Deswegen kämpfen Sie sich auch jedes Mal wieder neu daran ab.
Wenn man allerdings ein bisschen zurückschaut, auch in andere Bundesländer: Frau Kollegin Wissler, so einfach ist es nicht, dass in allen Bundesländern die Einnahmen der Hochschulen so hoch wären.
Sie sind vielleicht so hoch wie noch nie, aber doch deutlich unter den Steigerungsraten in unserem Bundesland. Wenn Sie alle Hochschulverbände der Republik hören, dann hören Sie unisono überall das Lob des Landes Hessen für diese Ausgaben. Wenn Sie im Vergleich hören, dass in anderen Bundesländern allzu häufig die Autonomie ein Instrument zur Mangelverwaltung gewesen ist – und auch noch heute ist –, dann ist es nicht hoch genug zu veranschlagen, dass im Lande Hessen in dieser Phase des Hochschulpakts mittlerweile 9 Milliarden € zur Verfügung stehen, und zwar planbar – und das, Frau Kollegin Wissler, ist auch gut so: über die Legislaturperiode hinaus planbar, unabhängig von politischen Konstellationen.
Ich möchte es nochmals unterstreichen: Selbstständigkeit baut auf Selbstverpflichtung auf, und sie muss das auch. Denn es gilt, mit den unterschiedlichen Profilen der Hochschulen des Landes koordinierend umzugehen. Es gilt auch, die verschiedenen Phasen aufeinander abzustimmen: Nach der Phase der vielen Studenten – die wir gewollt haben und die wir den Hochschulen auch vorgegeben haben – geht es jetzt im Wesentlichen darum, in einer neuen Phase stärker die Qualität und den Studienerfolg – den Studienerfolg bei zumindest gleicher Qualität – in den Blick zu nehmen, möglich zu machen und sicherzustellen.
Meine Damen und Herren, es geht eben auch darum, dass wir in einem Hochschulpakt und den daran anschließenden Zielvereinbarungen nicht nur das in den Blick nehmen, was singulär im Lande Hessen stattfindet, sondern dass wir schauen, welche Entwicklung in Lehre und Forschung wir allgemein haben, auch in Projekten außerhalb Hessens: durch den Bund und durch Europa, mit EU-Forschungsinitiativen, mit der Vielzahl von Förderinstrumenten auf Landes- und Bundesebene, mit der Clusterbildung, die wir mittlerweile haben. Denn wir haben mittlerweile einen Hochschulpakt 2020 des Bundes mit den Ländern und dazu einen eigenen Hochschulpakt des Landes. All das muss koordiniert und zusammengeführt werden – eben auch in Zielvereinbarungen, auf die sich die Hochschulen, und zwar jede einzelne Hochschule, verlassen können, mit denen sie umgehen können.
Deswegen will ich mich namens meiner Fraktion ausdrücklich bei allen Hochschulen bedanken und beim Ministerium, das in mühevoller, langwieriger, aber erfolgreicher Arbeit zu 13 Zielvereinbarungen gekommen ist, die mittlerweile transparent und nachvollziehbar im Netz stehen.
Meine Damen und Herren, ich will am Beispiel der TU Darmstadt – die mir natürlich völlig fern liegt – deutlich machen, wie das zu kennzeichnen ist. Zum einen haben wir eine Bündelung im Bereich des Übergangs zwischen Schule und Hochschule, in diesem Fall der Universität. Das geschieht in drei Phasen: Es gibt eine Orientierungsphase schon vor der Studienwahl, vor dem Studium; es gibt eine Orientierungsphase 2 zwischen Einschreibung und Studienbeginn; und es gibt eine Studieneingangsphase.
Meine Damen und Herren, dafür gibt es einen Plan: zu Beginn des Studiums, beim Übergang zwischen Schule und Hochschule eine Verbesserung zu erreichen und junge Menschen nicht nur in die Hochschule hinein zu bekom
men, sondern deren Studienerfolg in den Blick zu nehmen und vorzubereiten, und zwar, wie gesagt, unter gleichen qualitativen Verhältnissen.
dass wir mehr Professorinnen brauchen. Aber vorher brauchen wir, gerade in den MINT-Fächern, mehr weibliche Studierende, und wir brauchen eine Vermehrung der Promotionen – und die ist auch vorgesehen, mit Zahlen unterlegt.
Meine Damen und Herren, mit den Zielvereinbarungen übernehmen wir als Land, übernehmen aber auch die Hochschulen Verantwortung, nicht als billige Erklärungen, sondern in Verantwortung. Das ist für die Entwicklung von Lehre und Forschung in Hessen wichtig und gut. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Ausführungen der Kollegin Wissler haben mich jetzt doch darin bestärkt, bei der ansonsten sehr konsensualen Diskussion über den Einsatz von Ziel- und Leistungsvereinbarungen zur Hochschulsteuerung nochmals einen Schritt zurückzugehen. Ich möchte in diese Debatte einführen, warum wir uns heute überhaupt mit Ziel- und Leistungsvereinbarungen auseinandersetzen.
Frau Kollegin Wissler, die Grundlage besteht nämlich schlicht darin, dass wir in der Legislaturperiode von 1999 bis 2003 einen sehr radikalen Wechsel in der Hochschulpolitik hingelegt haben, Sie werden sich erinnern: damals unter der Ägide der Wissenschaftsministerin Ruth Wagner. Damals ging es nämlich darum, die Hochschulen statt als nachgeordnete Behörden des Landes als autonome Einrichtungen in diesem Land zu positionieren.
Dieser Übergang von der zentral gesteuerten Behörde zu einer wissenschaftsadäquaten Autonomie der Hochschulen verlangt eben neue Steuerungsinstrumente. Frau Kollegin Wissler, zwar sind die Hochschulen als staatlich finanzierte Einrichtungen natürlich weiter in einer Verantwortung, insbesondere gegenüber dem Steuerzahler, der doch die Basis für ihre Arbeit liefert; auf der anderen Seite aber hat das Land auch eine Verantwortung gegenüber seinen Hochschulen und gegenüber denjenigen, die an diesen Hochschulen ausgebildet werden, studieren, forschen und
auch lehren. Dabei sind eben Zielvereinbarungen das Steuerungsinstrument einer modernen Hochschulpolitik, die den Hochschulen die Freiräume für wissenschaftliches Arbeiten – sowohl in der Lehre als auch in der Forschung – geben, auf der anderen Seite dabei aber gleichzeitig der Verantwortung des Landes nachkommen, eine Planungssicherheit – und zwar nicht nur von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr, sondern über einen längeren Zeithorizont – zu geben. Frau Kollegin Wissler, das ist eben die moderne Fassung, Hochschulpolitik zu machen.
Deshalb ist das nicht mit einer Planpolitik à la DDR zu verwechseln, wenn sich hier nun Hochschulen und das Land als Verhandlungspartner auf Augenhöhe begegnen und das Land als Besteller von Leistungen an den Hochschulen auftritt.
Ja, Frau Kollegin Wissler, als Leistung. Das Land muss eben definieren, was es als Leistung von seinen Hochschulen erwartet. Gleichzeitig müssen auch die Hochschulen deutlich machen – und da bin ich durchaus bei Ihnen, wenn es um die finanzielle Ausstattung geht –, was sie mit dem zugewiesenen Budget tatsächlich erreichen können und dass es dort möglicherweise entsprechende Defizite und Lücken gibt.
Das ist in dem alten Steuerungsinstrument der nachgeordneten Behörde noch anders gewesen. Da wurde zugewiesen, und dann hieß es: „Vogel, friss oder stirb“. Jetzt haben wir eine Vereinbarung, und da müssen autonome, durchaus selbstbewusste Hochschulen diese Rolle übernehmen.
Zweiter Punkt. Bei Ziel- und Leistungsvereinbarungen besteht natürlich immer die Gefahr, dass sie zu sehr zwischen zwei sehr entgegengesetzten Polen aufgehängt sind, auf der einen Seite die reine Prosa und auf der anderen Seite eine übertriebene Detailverliebtheit. Ich muss gestehen, wenn man heute Morgen den Kollegen May gehört hat und quer durch die Ziel- und Leistungsvereinbarungen blickt, sieht man schon, dass die Gefahr von Detailsteuerung nicht völlig ausgeschlossen ist.
Herr Kollege Grumbach hat das auch in seinen Worten kurz angerissen, dass es offenbar der Ausweg ist, der an der einen oder anderen Stelle schnell gesucht wird, wenn man bei den Grundsätzen eher unklar oder, ich will es vorsichtig formulieren, noch eher suchend ist.