Trotzdem waren diese Maßnahmen nicht einfach. Sie waren manchmal sogar schmerzhaft. Dafür gebührt den Verantwortlichen in den Kommunen allerhöchster Respekt und Anerkennung.
Wir hören immer wieder, dass die Steuererhöhungen vom Land aufgezwungen worden und den Bürgerinnen und Bürgern nicht zuzumuten seien. Aber lassen Sie uns doch einen kurzen Blick darauf werfen, warum die Kommunen überhaupt Gebühren erheben und Steuern festsetzen. Nun, sie tun das deshalb, weil sie Leistungen erbringen: Sie schaffen Infrastruktur für Unternehmen. Die Kommunen sind dazu verpflichtet, die öffentlichen Güter und Einrichtungen der Daseinsvorsorge jederzeit vorzuhalten. Das hat eben einen Preis. Die Frage lautet vielmehr: Welchen Preis zahlen die Bürgerinnen und Bürger dafür?
Bei den Gebühren ist es relativ einfach, das hatten wir eben schon: Die sind weitgehend kostendeckend und müssen das auch sein. Für meine Müllgebühren wird der Müll abgeholt und fachgerecht entsorgt. Das ist einfach. Bei der Grundsteuer dagegen ist es schon ein bisschen schwieriger. Denn hier erhalten die Bürgerinnen und Bürger keine besondere Gegenleistung – aber alle profitieren doch von den Leistungen der Gemeinde. Sie nutzen Straßen, den örtlichen Nahverkehr, den Bus; sie können erschlossenes Bauland erwerben; sie gehen in Schwimmbäder – um nur einiges zu nennen. Über die Grundsteuer leisten alle Bürger und Bürgerinnen ihren Beitrag, um genau diese Einrichtungen, diese Vorhaltung durch ihre Kommune zu finanzieren.
Es ist also keine Zumutung des Landes Hessen, wenn die Grundsteuer erhöht wird, sondern es ist eine Vereinbarung zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie der Kommune, welchen Beitrag jede und jeder Einzelne zur Finanzierung des Gemeinwohls leistet. Im Gegensatz zur Gewerbesteuer ist die Grundsteuer eine verlässliche und planbare Einnahme, die nicht einmal eben durch eine Standortentscheidung eines einzelnen Unternehmens völlig einbrechen kann.
Wenn wir über das Verhältnis staatlicher Ebenen reden – ich habe bisher nur über Land und Kommunen gesprochen –, dann dürfen wir auch den Bund nicht ganz außen vor lassen. Denn viele Aufgaben haben die Kommunen tatsächlich durch den Bund erhalten.
Als Beispiel möchte ich die U-3-Betreuung nennen. Die Gemeinden sind vom Bund dazu verpflichtet worden, Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder bereitzustellen. Der Bund hat einen Rechtsanspruch für die Eltern geschaffen, nicht aber die Finanzierung übernommen. Das ist eine echte Ausgabenausweitung. Zwar gab es für die Einrichtung dieser Plätze vom Land Hessen und vom Bund zusammen etwa 300 Millionen €, aber die laufenden Kosten müssen von den Städten und Gemeinden getragen werden.
Das ist nur ein Beispiel. Wir müssen deshalb weiterhin die Forderung an den Bund erheben: Wenn er den Kommunen neue Aufgaben zuweist oder eine Aufgabenerweiterung vornimmt, muss er auch für die Finanzierung sorgen und sie sicherstellen.
Finanzminister Schäfer hat es dargestellt: Im Moment ist die Lage in den hessischen Kommunen gut. Die Einnahmesituation ist sehr gut, und die Prognosen sehen eine positive Entwicklung. Nach wie vor haben wir aber das Problem, dass die Einnahmen in den hessischen Kommunen sehr unterschiedlich sind. Während in manchen Kommunen die Steuereinnahmen sprudeln, sind in anderen Kommunen die Gewerbesteuereinnahmen sehr, sehr niedrig. Hier nun greift – und das ist ein weiterer Vorteil dessen, was das Land Hessen macht – der neue Kommunale Finanzausgleich. Denn erstmals zahlen die sehr steuerstarken, einnahmestarken Kommunen eine moderate Solidaritätsumlage, und daraus wird eine stärkere Unterstützung der schwachen Kommunen finanziert.
Das gab es in Hessen bisher nicht, aber das ist ein richtiger Schritt. Denn diese Spreizung, die wir in Hessen schon immer hatten, wird dadurch ein Stück zurückgenommen und führt zu einer Gerechtigkeit zwischen den hessischen Kommunen.
Schließlich die zukunftsgerichteten Investitionen. Natürlich, Investitionen in den Kommunen sind nötig. Es muss vieles verändert werden. Es geht nicht nur darum, in den hessischen Kommunen Neues zu bauen, sondern wir müssen auch schauen, oft gerade im ländlichen Raum: Wie bauen wir Infrastruktur um? Wie passen wir unsere Einrichtungen den Erfordernissen an, die wir in Zukunft haben werden? Wir werden viele ältere Menschen haben. Es muss barrierefreier werden. Wie können wir auf großer Fläche Einrichtungen, Angebote erhalten? – All diese Aufgaben müssen wir erfüllen. Dafür sind Investitionen notwendig. Und auch hier unterstützt das Land Hessen die Kommunen: mit dem Kommunalinvestitionsprogramm. Der Programmteil, der tatsächlich vom Land Hessen finanziert wird, bietet den Kommunen eine viel größere Entscheidungsfreiheit und Bandbreite von möglichen Investitionen als das Bundesprogramm. Auch hier gilt wieder: Die Teilnahme ist freiwillig. Es ist eine Unterstützung der Kommunen, aber die Entscheidungen über die konkreten Maßnahmen – was braucht die einzelne Kommune? – werden in den Kommunen, in den Kommunalparlamenten getroffen.
Der Dreiklang aus Schutzschirm, KIP und KFA hilft den Kommunen. Er hilft ihnen beim Abbau der Altschulden, garantiert die Finanzierung der laufenden Ausgaben und ermöglicht die Zukunftsfähigkeit der Investitionen. Bei all diesen Paketen unterstützt das Land die Kommunen: Beim Schutzschirm und beim KIP berät es die Kommunen und setzt auf Freiwilligkeit. Die Entscheidungen aber werden, wie gesagt, in den Kommunen getroffen.
Das ist das Wesentliche: Das Land Hessen möchte keine Vorschriften machen; schon gar nicht gängelt es die Kommunen oder nötigt sie zu irgendetwas, sondern es unterstützt, hilft und berät die hessischen Kommunen.
Dieser eben genannte Dreiklang erklingt in einem strahlenden C-Dur. Die Klaviatur der Landesregierung hat nämlich finanzmusikalisch einiges zu bieten – und ist kein Streichquartett. Um im Bild zu bleiben, an dieser Stelle noch ein kleiner Hinweis an die Opposition: Wer die erste Geige spielen will, muss den richtigen Ton treffen.
Das gelingt dieser Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen. Wir werden auch weiterhin diesen Dreiklang aus Schutzschirm, KFA und KIP in orchestraler Größe harmonisch intonieren und verlässliche Partner der hessischen Kommunen bleiben. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Goldbach. – Als Nächster hat Herr Abg. Willi van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Finanzminister Dr. Schäfer, seit einigen Wochen schon sind Sie darum bemüht, die vermeintlichen Erfolge der Hessischen Landesregierung auf dem Feld der Kommunalfinanzen öffentlich darzustellen.
Wenn man sich die Powerpoint-Präsentationen, die Pressemitteilungen Ihres Hauses anschaut, dann könnte man fast glauben, nun sei alles gut.
Tatsächlich habe ich keinen Zweifel daran, dass die Zahlen über die Haushalte der Schutzschirmkommunen richtig sind, die Sie uns vorgestellt haben. Ich glaube Ihnen, dass es vielen Kommunen gelungen ist, ihre Haushalte wieder besser aufzustellen. Die Frage ist nur, woran das liegt, und da werden Sie stets sehr einsilbig.
Bisher haben Sie auch auf Nachfragen der Presse nicht konkret und systematisch zeigen können, wie die Schutzschirmkommunen ihre Haushalte konsolidieren konnten. Immer da, wo es politisch schwierig wird, wird die Landesregierung ziemlich leise. Es könnte ja der Eindruck entstehen, dass die Kommunen ihre Defizite notgedrungen auf dem Rücken der Menschen ausgleichen, die sich höhere Abgaben eigentlich nicht leisten können.
Wenigstens für die Steuern der Städte und Gemeinden haben wir uns anhand der öffentlichen Statistiken einen genaueren Überblick zu verschaffen versucht, was in den hessischen Kommunen in den letzten Jahren eigentlich passiert ist. Meine Vermutung war, dass die Schutzschirmkommunen ihre Steuern viel stärker angehoben haben als die restlichen Kommunen. Das kann man aber nun gerade nicht beobachten. Vielmehr ergibt sich das Bild, das sehr viele Kommunen unabhängig davon, ob sie unter dem Schutzschirm sind oder nicht, die Realsteuerhebesätze anheben. Anders ausgedrückt: Der Schutzschirm kann nicht der entscheidende Grund dafür sein, dass die Kommunen ihre Steuersätze anheben. So gerne ich heute den Kommunalen Schutzschirm für Steuererhöhungen in den Kommunen verantwortlich machen würde: Daran lag es nicht allein. Vielmehr scheint es so zu sein, dass die Kommunen landauf, landab an der Steuerschraube drehen mussten, weil die Landesregierung die Zuweisungen für die Kommunen zu gering bemessen hat.
Das trifft aber offensichtlich nicht nur auf die Schutzschirmkommunen zu, sondern auf alle Kommunen. Wenn man sich ansieht, wen das betrifft, dann sieht man, was das eigentlich für ein Skandal ist.
Während wir nämlich bei der Debatte um die Einführung eines Schutzschirms befürchtet haben, dass die Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der kleinen Leute stattfinden würde, müssen wir mittlerweile feststellen, dass dies bereits flächendeckend genau so passiert; denn es ist vor allem die Grundsteuer B, die von den Kommunen angehoben wurde. Sie stieg seit 2013 in den Städten und Gemeinden um durchschnittlich 80 Punkte, während es bei der Gewerbesteuer nur etwa 20 Punkte waren. Mit anderen Worten: Diese Landesregierung hat es aufgrund ihrer kommunalfeindlichen Politik zu verantworten, dass das Wohnen für Rentnerinnen und Rentner, für Studierende und Familien teurer geworden ist. Die Landesregierung ist dafür verantwortlich, dass in den Kommunen die kleinen Leute die Folgen der Finanzkrise ausbaden müssen.
Die hessischen Kommunen sind vor allem nach 2008 in finanzielle Nöte geraten, weil ihnen als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise die Steuereinnahmen wegbrachen. Dazu kam, dass die Landesregierung die KFA-Mittel in verfassungswidriger Weise gekürzt hat, um eigene Einnahmeausfälle zu kompensieren.
Wenn die Kommunen jetzt zu Grundsteuererhöhungen greifen, dann doch vor allem deshalb, weil sie vom Land nicht mehr Geld zu erwarten haben. Das ist die Folge einer Politik, in der Banken gerettet werden und die kleinen Leute draufzahlen müssen. Das ist die Folge der Politik schwarz-gelber und leider auch schwarz-grüner und schwarz-roter Politik. Wir LINKE lehnen diese Krisenpolitik auf dem Rücken der Mehrheit der Menschen ab.
Ich würde von der Landesregierung aber gerne einmal erfahren, welche Maßnahmen – neben den gestiegenen Hebesätzen – in den Schutzschirmkommunen sonst noch ergriffen wurden. Dazu gibt es aber – wie immer – nur Allgemeines. Anders gesagt: Über die sozialen Grausamkeiten, die Sie den Kommunalpolitikern aufgedrängt haben, reden Sie lieber nicht. Wo wurden z. B. die Friedhofsgebühren erhöht? Wo werden die Kosten für die Dorfgemeinschaftshäuser stärker auf die Vereine abgewälzt? Wo wurden wie viele Stellen gestrichen? Wo kosten die Wasserund die Müllentsorgung mehr? Wie weit wurden Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt, wo wurden die Öffnungszeiten von Ämtern oder Bibliotheken verkürzt oder diese Einrichtungen gleich ganz geschlossen? Dazu kein Wort, keine Zahl, nichts Konkretes, als ob Sie davon nichts wüssten. Dabei wissen Sie es. Ihnen ist all das bewusst, aber Sie schweigen darüber, weil Sie den Menschen nicht sagen wollen, wie unsozial die Politik dieser Landesregierung in Wahrheit ist.
Wenn wir heute eine Zwischenbilanz zum Kommunalen Schutzschirm ziehen sollen, dann müssten wir genau das alles endlich in Erfahrung bringen. Dazu schweigt die Landesregierung aber; denn es würde nicht ins rosige Bild eines erfolgreichen schwarz-grünen Projekts passen, wenn wir uns darüber unterhalten würden, in welchem Ausmaß dieses Projekt den wirtschaftlich und sozial benachteiligten
Menschen zusätzliche Benachteiligungen aufbürdet – wovon die Bestsituierten zusätzlich profitieren, indem sie, wieder einmal, verschont bleiben. Wer sich diesen Fragen aber verweigert, der verweigert sich der Realität. Die Realität sieht so aus, dass es in vielen Kommunen nach wie vor am Nötigsten fehlt, um die öffentlichen Aufgaben zu erfüllen.
Nur ein Beispiel: Während sich die schwarz-grüne Koalition darüber freut, dass der Schutzschirm „zu mehr Generationengerechtigkeit“ führe, kann von einer Generationengerechtigkeit tatsächlich keine Rede sein. Laut DLRG sind in Hessen in den vergangenen Jahren 46 Bäder geschlossen worden und 62 weitere von der Schließung bedroht. Die Zahl der schwimmfähigen Grundschulabgänger geht zurück, warnt die DLRG, und fordert Städte und Gemeinden auf, finanzpolitisch umzudenken. Die „Generationengerechtigkeit“, die wir vor Ort erleben, sieht so aus: Weil angeblich das Geld fehlt, lernen unsere Kinder und Enkel nicht mehr richtig, zu schwimmen. Böse Zungen behaupten da schon, Hessens Kommunen saufen ab, während sich die Landesregierung für ihre angeblichen Erfolge beim Schutzschirm feiern lässt.
Wir fordern ein Ende der kommunalfeindlichen Politik der Landesregierung. Dafür brauchen die Kommunen eindeutig mehr Mittel. Selbstverständlich muss dieses Geld aber von den Leuten kommen, die sich höhere Steuern leisten können.
Die zukünftigen und aktuellen Aufgaben der Kommunen können jedenfalls nicht durch immer weiter steigende Grundsteuern finanziert werden, die letztlich vor allem die treffen, die sich das überhaupt nicht leisten können. Zu tun gibt es nämlich einiges. Sie haben das – wenigstens ansatzweise – eingesehen und das Kommunalinvestitionsprogramm aufgelegt, wenngleich sich die Landesregierung hier weigert, überhaupt darüber zu reden, wie hoch der tatsächliche Bedarf ist. Herr Dr. Schäfer, das ist Ihre Methode, immer ein bisschen was zu tun, aber nie darüber zu reden, was das konkret bedeutet.
Gerade bei den Investitionen wäre es langsam an der Zeit, sich einmal damit zu befassen, wie viel hier überhaupt zu tun ist. Das würde aber zu Misstönen führen, weil dann klar würde, dass von einem Dreiklang aus KFA-Reform, Kommunalem Schutzschirm und Kommunalinvestitionsprogramm keine Rede sein kann. Es ist nun einmal so, dass man bei der finanziellen Ausstattung der Kommunen in Hessen eher von einer Kakofonie denn von einem harmonischen Dreiklang reden muss: Erstens reichen die Mittel aus dem KFA für die Kommunen nicht aus, zweitens ist der Kommunale Schutzschirm alles andere als großzügig, weil er die Kürzung des KFA durch die Landesregierung nur teilweise wieder ausgleicht, und drittens ist das Kommunalinvestitionsprogramm vor allem deshalb notwendig, weil die Kommunen schon für laufende Aufgaben nicht genügend Geld haben. Über den Umfang dieses viel zu kleinen Programms haben wir dabei überhaupt noch nicht geredet.
Tatsächlich hat sich bei den Kommunen ein riesiger Investitionsbedarf aufgetürmt, der durch dieses Kommunalinvestitionsprogramm eben nicht gedeckt wird. Es wird noch nicht einmal der bestehende Investitionsstau aufgelöst.
Seit 1994 hat sich die Investitionsquote bei den Kommunen halbiert. Daher ist doch klar, dass Brücken marode so
Dass man jetzt mit dem Kommunalinvestitionsprogramm überhaupt etwas getan hat, ist zwar ein Anfang, wie ich schon gesagt habe; wir fordern aber dauerhaft höhere Einnahmen für die Kommunen und dauerhaft mehr Mittel, um ihre Infrastruktur zu erhalten und für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen.
Dafür brauchen die Kommunen aber auch dauerhaft mehr Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich. Allein darauf zu verweisen, dass die Kommunen so viel Geld bekommen wie noch nie, reicht nicht. Bisher hatten die Kommunen nämlich auch noch nie so große Bedarfe. Immer mehr Aufgaben müssen sie übernehmen, und diese neuen Aufgaben können sie eher schlecht als recht erledigen.
Dafür benötigte man natürlich auch eine Landesregierung, die überhaupt bereit ist, darüber zu reden, woher für die Länder aus dem Steueraufkommen mehr Geld kommen könnte. Dafür ist im schwarz-grünen Projekt dieser Landesregierung kein Platz.
Herr Minister Schäfer, wir haben Sie verstanden: Sie wollen Reiche und Konzerne nicht stärker zur Kasse bitten. So ist das, was wir in Hessen als schwarz-grünes Projekt erleben, vielleicht die Blaupause für den Bund.