Protokoll der Sitzung vom 19.05.2016

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- rufe der Abg. Florian Rentsch und René Rock (FDP))

Frau Kollegin Dorn, Sie müssen zum Schluss kommen.

Meine Damen und Herren der FDP, vielleicht hören Sie einmal auf mit Ihrem „German Mimimi“, vielleicht versuchen Sie es einmal mit Argumenten aus der Moderne, wenn Sie unsere Klimaschutzmaßnahmen und -vorschläge kritisieren wollen. Wir werden das tun, wir werden Ökonomie und Ökologie versöhnen, für den Klimaschutz und für die nachfolgenden Generationen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn. – Das Wort hat der Abg. Peter Stephan, CDU-Fraktion.

(Beifall der Abg. Hugo Klein (Freigericht) und Ismail Tipi (CDU) – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Was hat die FDP mit ihrem Antrag doch für ein verzerrtes Bild über Hessen gezeichnet. Das beginnt schon mit dem Begriff „Umerziehungsstaat“. Schauen Sie bitte im Internet nach, dann finden Sie unter „Umerziehungsstaat“ Nordkorea. Wer Hessen mit Nordkorea vergleicht, der ist nicht mehr von dieser Welt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Florian Rentsch (FDP): Das haben Sie jetzt gesagt!)

Hessen ist wirtschaftsstark, unsere Wirtschaft boomt. Hessen hat wenige Arbeitslose. Der Frankfurter Flughafen ist ein Jobmotor. All diese Dinge werden auch mit einem Klimakonzept und einem Klimaschutzplan nicht außer Kraft gesetzt. Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Auch unter der schwarz-gelben Koalition gab es einen solchen Plan. Der ist aber nicht öffentlich mit vielen Menschen erarbeitet worden, sondern im normalen Verfahren. Was wir heute machen bzw. was das Ministerium heute macht, ist, die Erarbeitung dieses Klimaschutzplans breit aufzustellen.

(Timon Gremmels (SPD): Breit?)

50 Verbände aller Schattierungen beteiligen sich daran. Sie gehen auch mit ihren unterschiedlichen Ideen und Gedanken dort hinein. Wenn als Start für diesen Klimaschutzplan Fachinstitute beauftragt werden, ein paar Vorschläge – es waren über 200 – als Diskussionsgrundlage zu Papier zu bringen, dann sind sie eine Diskussionsgrundlage und nicht das Ergebnis eines langen Prozesses; denn dieser Prozess wird Ende dieses Jahres 2016 abgeschlossen sein. Da ist noch viel Zeit und es wird noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen.

Klimaschutzziele hat nicht nur Hessen beschlossen, sie sind für die Welt in Paris beschlossen worden, in der EU, in Deutschland. Überall wird über die Frage gerungen, welches der richtige Weg ist. Frau Dorn hat darauf hingewiesen: Wir kennen einen sogenannten Diskussionsstand 2.0, d. h. eine erste Überarbeitung, die allen Hessen im Internet zur Verfügung steht, um dazu Stellung zu nehmen und Meinungen zu äußern. Liebe FDP, aufgrund der Art, wie Sie eben aufgetreten sind – nach dem Motto: es kann nicht sein, dass in dem Klimaschutzplan etwas anderes steht, als wir von der FDP wollen –, fiel mir spontan ein, dass Sie aufpassen müssen, dass man Sie als FDP nicht irgendwann einmal als Freie Denkverbots-Partei beschreibt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Wir dagegen denken nach, in aller Breite.

Es ist kein einfacher Weg, Menschen und Gruppen einzubinden, da wird es immer Diskussionen geben. Sie wissen es auch ganz genau vom Energiegipfel, wo auch viele gesellschaftliche Gruppen eingebunden waren, wie lange gerungen worden ist.

(Florian Rentsch (FDP): Wie war denn das Parlament eingebunden?)

Es gab ein Ergebnis, das nachher alle unterschrieben haben, auch die FDP, und so werden wir es auch in diesem Falle machen.

Die Grundlagen sind gelegt, es wird diskutiert. Wir müssen darüber diskutieren, was aus diesen Vorschlägen heraus, nach diesen mehreren noch stattfindenden Prozessen und nach den Aussprachen praktikabel ist und was nicht, was sinnvoll ist, was effizient ist, was kostengünstig ist und was nicht. Wir müssen den Weg finden, wo wir die Klimaschutzziele so erreichen, dass wir mit möglichst wenig Aufwand den bestmöglichen Ertrag erzielen. Ein Plan ist das Ergebnis dieses Prozesses, und am Anfang steht die Diskussion.

Auch wir als CDU finden einige dieser Diskussionsvorschläge nicht so ganz gelungen, weil wir nicht dahinterstehen. Wir werden nichts mittragen können, was unseren Flughafen bzw. unsere Wirtschaft gefährdet. Wir werden nichts mittragen können, was auf großen Widerstand beispielsweise seitens der Landwirtschaft stößt. Wir müssen aber Kompromisse finden, und wir müssen darüber reden. Auch die VhU, die momentan am heftigsten argumentiert, hat Vorschläge eingebracht, und diese Vorschläge sind aufgenommen worden. Über diese Vorschläge wird auch diskutiert. Das ist explizit in der letzten Sitzungsrunde, in der die Unternehmen eingeladen waren, besprochen worden. Darauf können sich die Beteiligten auch verlassen.

Kolleginnen und Kollegen, in dieser Diskussion des Klimaschutzplans sind sicher alle Beteiligten in der Entwicklung deutlich weiter als die FDP, die hier rein destruktiv ein paar wenige Punkte herausgegriffen hat, mit denen sie glaubt, demagogisch eingreifen zu können. Viele Hundert Vorschläge liegen vor, das ist Fakt. Keiner dieser Vorschläge ist bislang beschlossen. Wenn man dann als FDP meint, sich als Retter Hessens hinstellen zu müssen, indem man etwas formuliert, was es gar nicht gibt, und sagt: „Davor retten wir Hessen“, dann ist das in meinen Augen auch unredlich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, unsere Koalition aus CDU und GRÜNEN ist angetreten, um Ökologie und Ökonomie zusammenzubringen.

(Florian Rentsch (FDP): Ohne das Parlament!)

Das ist unser Weg, und den lassen wir uns auch nicht kaputt machen. Wir als CDU werden die Interessen aller hessischen Gruppen dabei genau betrachten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lade die FDP ein, sich in Zukunft auch konstruktiv daran zu beteiligen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Abschließend, Herr Rentsch, danke ich Ihnen für das Kompliment, dass ich ein netter Kollege bin. Aber Sie können sich darauf verlassen, dass ich mit 30 Jahren Industrie- und Wirtschaftserfahrung sehr wohl weiß, worauf es ankommt, und ich werde auch in diesen Arbeitskreisen, in denen ich

mitarbeiten kann, diese Dinge einbringen. Ich glaube, meine Wirtschafts- und Berufserfahrung ist weitaus größer als bei den meisten in der FDP-Fraktion. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP)

Vielen Dank, Kollege Stephan. – Das Wort hat der Abg. Timon Gremmels, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn der Kollege Rentsch sich hier vorne hinstellt und sagt, Sie als FDP seien auch für den Klimaschutz, so ist die Glaubwürdigkeit nicht sehr hoch, wenn ich sehe, dass Sie mit SUVs in den Wald fahren, um gegen Windkraft zu demonstrieren, die klimafreundlichste Energieerzeugungsart, die es gibt. Ich glaube, da haben Sie das Glaubwürdigkeitsproblem.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Sie wissen, ich streite mich gerne mit Frau Hinz, sachlich, fachlich und gut. Das gehört im Parlament dazu. Aber Sie müssen auf die Wortwahl aufpassen. Ehrlich gesagt, ich finde, „Umerziehungsstaat“ geht nicht.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Das ist Wasser auf die Mühlen aller, die gegen unsere Demokratie und gegen unser Parlament kämpfen. „Umerziehungsstaat“ ist grenzwertig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU)

Eine der letzten Vertreterinnen eines Umerziehungsstaates war Margot Honecker, und die ist vor zwei Wochen gestorben. Insofern passen Sie bitte auf Ihre Sprachwahl auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Natürlich kann man sich ganz ohne Aufregung damit auseinandersetzen, was an Vorschlägen kommt. Ich habe 168 Maßnahmen auf 278 Seiten gezählt. Es ist eine bunte Sammlung von Ideen und Vorschlägen. Ich kann Ihnen fast schon zu jedem einzelnen Vorschlag sagen, welcher Verband, ob Bauernverband, ob Naturschutzverband, welchen Vorschlag gemacht hat. Das ist auch völlig legitim, diese Ideen in ein Verfahren einzubringen.

Herr Rentsch, übrigens hat auch die VhU einen Vorschlag gemacht: Cap and Trade. Auch der ist aufgenommen worden. Werfen Sie der VhU jetzt auch vor, sie wollte einen Umerziehungsstaat haben? – Das fällt doch auf Sie selbst zurück.

Die Ideen und Vorschläge, die gebracht wurden, sind eine lockere Ideensammlung von alten Aufgüssen und neuen Ideen. Natürlich haben Sie, Frau Hinz, ganz legitim, versucht, Sachen, die Sie im Koalitionsvertrag mit der CDU nicht durchbekommen haben, jetzt sozusagen durch die Hintertür wieder ins Gespräch zu bringen. Dazu gehört das Wärmegesetz. Das weiß ich. Das wird von der CDU anders

gesehen. Ich bin auch sehr sicher, dass dieser Vorschlag diese öffentliche Konsultation nicht überleben wird.

Ich sage Ihnen – da gebe ich der FDP in der Tat recht –, am Ende des Tages entscheiden wir als Parlament darüber. Am Ende des Tages wollen wir eine ordentliche Parlamentsanhörung. Diese Vorstufe ersetzt keine ordentliche Parlamentsbeteiligung.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und GRÜNEN, das Parlament muss gefragt werden. Gesetze werden hier beschlossen, und die erfordern dann auch eine ordentliche Parlamentsbeteiligung. Dann messen wir das, was Schwarz-Grün vorlegt. Dann schauen wir, ob das, auf das sie sich verständigt haben, wirtschaftsfreundlich ist, ob es wirtschaftsfeindlich ist, ob es die Dinge voranbringt oder eher behindert.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich sage Ihnen aber noch eines ganz deutlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Eigentlich haben Sie hier Schwarz-Grün einen Bärendienst erwiesen. Heute Morgen habe ich geschaut, wie viele öffentliche Konsultationen diese Vorschläge hatten. Es waren gerade einmal zwölf Teilnehmer.

(Günter Rudolph (SPD): Was, so viele?)

Ja, zwölf Teilnehmer. – Letzte Woche wurde das auf der Nachhaltigkeitskonferenz groß angekündigt mit viel PR, und gerade einmal zwölf Teilnehmer haben derzeit Beiträge abgegeben. Leider befürchte ich, dass heute, nachdem die FDP Werbung für das Konsultationsverfahren gemacht hat, noch viel mehr Leute zugreifen werden.

Wie Sie sehen, dazu gehören viel Show und PR. Das muss man einer Regierung allerdings auch zugestehen. Ich glaube, das hätten wir nicht anders gemacht. Aber wir werden Sie am Ende des Tages an den Ergebnissen messen. Bis dahin ist alles heiße Luft, was Schwarz-Grün hier abliefert.

Für die SPD ist ganz klar: Hessen ist ein Wirtschafts- und Industrieland. Wir wollen es auch bleiben. Wir wollen auch, dass am Ende des Tages Klimaschutz nicht etwas ist, was sich nur die Leute leisten können, die einen dickeren Geldbeutel haben. Wir wollen, dass Klimaschutz etwas ist, was auch den Haushalt betrifft, der nicht viel Einkommen hat. Wenn wir Vorschläge sehen, wie z. B. Kantinenessen so aufzustellen, dass auch Bioangebote gemacht werden, dass auch nachhaltig produzierte Lebensmittel angeboten werden, auch vegane, die natürlich teurer sind, dann kann man das machen. Aber es kann nicht sein, dass sich nur die Latte-Macchiato-Fraktion der GRÜNEN Klimaschutz leisten kann. Es muss ein Projekt sein, das für alle Menschen da ist, auch für die mit kleinerem Geldbeutel. Dafür wird die SPD kämpfen.

(Beifall bei der SPD)