Protokoll der Sitzung vom 23.06.2016

Insofern sage ich, wir können diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht zustimmen. Ich glaube, dass es gute Gründe gibt, dagegen zu stimmen. Das, was der Datenschutzbeauftragte in – glaube ich – noch nicht da gewesener Klarheit zu diesem Punkt gesagt hat, sollte uns alle ein bisschen sensibel machen.

Wir können gern das Protokoll noch einmal auswerten. Ich jedenfalls war bei dieser Sitzung dabei. Ich weiß auch, dass viele Kollegen dabei waren. Lassen Sie sich keinen Druck von der Landesregierung machen. Sie sind unabhängige Abgeordnete und nicht Stimmvieh für einen Rundfunkänderungsstaatsvertrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Abg. Siebel für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte im Rahmen der ersten Lesung des Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages in der Tat die drei wesentlichen Säulen, die diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag ausmachen, durchaus nicht unkritisch, aber lobend seitens der SPD-Fraktion hervorgehoben.

(Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Das gilt zum einen für das onlinebasierte Jugendangebot, das jetzt im Rundfunkänderungsstaatsvertrag festgeschrieben wird. Wir haben dazu auch hier im Parlament durchaus

Debatten geführt. Wir hatten auch einen einstimmigen Beschluss des Hessischen Landtags, dass wir dieses onlinebasierte Jugendangebot machen wollen, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Seherinnen und Seher und die Hörerinnen und Hörer des öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebots nicht zur unteren Alterskohorte unserer Gesellschaft gehören, sondern eher zu den älteren, dass sie sich also eher in meiner Alterskohorte befinden.

(Zuruf von der SPD: Noch älter!)

Und teilweise noch älter. Vielen Dank für den Hinweis.

Das ist eine Chance, neue Nutzerinnen und Nutzer für den Hessischen Rundfunk und natürlich auch für dieses onlinebasierte Jugendangebot zu gewinnen.

Zweitens. Der seit vielen Jahren brachliegende Jugendmedienschutzstaatsvertrag findet, wie das bei Staatsverträgen denn so ist, jetzt eine Entsprechung, die nach unserem Verständnis in der Tat auch dazu beiträgt, dass dem Jugendschutz mehr und angemessener Rechnung getragen werden kann, als das vorher der Fall gewesen ist. Da sich das immer verändert, ist Jugendschutz natürlich auch eine Sache, die irgendwann einmal überarbeitet werden muss.

Die Evaluierung des Rundfunkbeitrages ist erfolgt. In diesem Zusammenhang ist dann in der Tat im Hauptausschuss bei dieser sehr schmalen Anhörung etwas passiert, was zumindest mir in parlamentarischen Abläufen eher selten passiert, dass nämlich aufgrund einer Anhörung sich etwas völlig verändert. Diese Veränderung hat Kollege Rentsch vorgetragen.

Aufgrund der Einlassung des Hessischen Datenschutzbeauftragten ist uns allen deutlich geworden – ich weiß nicht, ob es der Landesregierung im Rahmen der Beratungen zwischen den Ministerpräsidenten nicht deutlich geworden ist –, dass offensichtlich die Datenerhebung und der Datenabgleich in einer Art und Weise im Rundfunkänderungsstaatsvertrag geregelt sind, wie sie nach unseren Auffassungen und Anschauungen über den sparsamen Umgang mit Daten nicht vertretbar ist.

Das ist in aller Klarheit gesagt worden. Herr Prof. Ronellenfitsch hat auch zum Ausdruck gebracht, dass alle Datenschutzbeauftragten aller Bundesländer gesagt haben, dass es nicht geht, dass diese Intervention der Datenschutzbeauftragten offensichtlich auch in den Beratungen vorgelegen hat – so wurde es mir auch geschildert – und dass es dann nicht einmal eine Protokollnotiz gibt. Ich hätte dann zumindest erwartet – das habe ich auch in der Hauptausschusssitzung gesagt –, dass es an diesem Punkt eine Protokollnotiz der Hessischen Landesregierung und natürlich auch anderer Landesregierungen gibt. Ich finde, es sollte sie gerade von unserer Landesregierung geben, weil wir auch gemeinschaftlich mit der Frage des Datenschutzes immer mit großer Sensibilität umgegangen sind.

(Beifall bei der SPD)

All das ist nicht passiert. Ich finde, dass das, was dort geschildert worden ist, eindringlich ist. Es ist nicht so, wie Florian Rentsch eben zum Ausdruck gebracht hat, dass da ein Automatismus angelegt ist, dass in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch weitere Datenabgleiche automatisch passieren. Das muss man sagen. Es geht in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag um einen weiteren Abgleich der Daten. Aber es ist natürlich mit der Begründung, dass sich die Bevölkerung auch permanent verändert, ziemlich logisch, dass aus dem, wie es momentan gehand

habt wird, weitere Datenabgleiche automatisch erwachsen. Man müsste schon sehr drum herum argumentieren, um das anders zu sehen.

Deshalb sind wir sowohl im Hauptausschuss in unserer Abstimmung als auch dann noch einmal in der Beratung in der Fraktion zu dem Schluss gekommen, dass wir diesen Rundfunkänderungsstaatsvertrag trotz der vielen Punkte, die wir für richtig halten, wegen des Datenabgleichs für nicht zustimmungsfähig halten und dass wir auch finden, dass die Landesregierung nicht in ausreichendem Maß Vorsicht hat walten lassen. Deshalb werden wir uns der Stimme enthalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Wilken für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben mit diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch inhaltlich einige Probleme, bezogen auf das Jugendangebot und vor allen Dingen auch bezogen auf den Jugendmedienschutz. Das Ganze ist aber aufgrund der Argumentation, die hier jetzt schon zweimal vorgetragen wurde, etwas in den Hintergrund getreten. Deswegen will ich mich auch wegen der späten Stunde darauf beschränken, noch einmal zu begründen, warum wir offensichtlich im Gegensatz zu anderen eine Anhörung unseres Hessischen Datenschutzbeauftragten äußerst ernst nehmen.

Mir ist es jetzt zwar auch nicht das erste Mal passiert, dass in einer Anhörung gesagt werden kann, was man will, und ein bereits vorgelegter Gesetzentwurf trotzdem nicht verändert wird, obwohl es gute Gründe dafür gäbe, ihn zu verändern. Aber diesmal fehlt Ihnen – Sie werden gleich noch dazu reden – sogar der Hinweis darauf, dass andere Angehörte ja das Gegenteil behauptet hätten.

Nein, es gibt keine gegenteilige Behauptung. Es gibt keine gegenteilige Aussage, sondern der Hessische Datenschutzbeauftragte hat im Chor mit allen anderen Datenschutzbeauftragten klipp und klar gesagt: Dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag widerspricht dem Grundsatz der Datensparsamkeit, weil ein erneuter Meldedatenregisterabgleich erfolgt. Er hat auch ganz klar darauf hingewiesen, dass in der Begründung zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag – nun wissen wir alle, dass wir die Begründung nicht mit abstimmen –

(Zuruf von der CDU: Eben!)

schon der Verweis darauf ist, dass es zukünftig auf Dauer gestellt werden könnte, diesen Meldedatenregisterabgleich zu machen.

Lassen wir die Begründung noch einmal kurz beiseite. In der Anhörung ist von Herrn Prof. Ronellenfitsch auf Nachfrage ausdrücklich gesagt worden: Schon allein dieser erneute zweite Meldedatenregisterabgleich verstößt gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit. – Er hat uns eindringlich darauf hingewiesen, dass nach seiner Einschätzung und der Einschätzung der anderen Datenschutzbeauftragten aus diesem Grund dieser Rundfunkänderungsstaats

vertrag mit Erfolg beklagbar sei. Aus diesen Gründen lehnen wir als Fraktion diesen Änderungsstaatsvertrag ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Wolff für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es empfiehlt sich immer, die Zusammenhänge insgesamt darzustellen und nicht nur selektiv einzelne Dinge herauszugreifen. Ich will dies auch tun, indem ich den Datenschutzbeauftragten mit dem zitiere, was er im Ausschuss zunächst gesagt hat. Er sagte: Der Neunzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält datenschutzrechtliche Bestimmungen, „die eine gravierende Verbesserung zum bisherigen Status quo bedeuten, dass nicht der Zugriff auf alle Stellen mehr möglich ist oder nur sehr selektive Datenzugriffe möglich sind“.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Folge hat er an einem Punkt Kritik geübt. Das ist der Meldedatenabgleich, der jetzt hier in diesem Entwurf vorgesehen ist. Da sollte man ehrlichkeitshalber schon sehr deutlich machen, dass diese beiden Aussagen im Zusammenhang getroffen worden sind und nicht so selektiv, wie das bisher dargestellt worden ist.

Meine Damen und Herren, ich bin schon der Überzeugung, dass die komplette Umstellung des Beitragssystems es erforderlich macht, auch die erhobenen Daten zu konsolidieren, um zu sehen, ob das, was durch Umzüge, durch Versterben von Menschen, durch Wohnungsauflösungen und viele andere Dinge geschehen ist, sich mittlerweile in den Daten abbildet, die sowieso geliefert werden, oder ob Daten schlicht und einfach verloren gegangen sind und wir damit in eine Situation hineingekommen sein könnten, dass erneut eine Beitragsungerechtigkeit eingetreten ist.

Dies zu wissen, sollte bei aller Datensparsamkeit schon Anliegen eines Parlaments sein. Wir müssen beide Dinge im Blick behalten: auf der einen Seite die Datensparsamkeit, auf der anderen die Beitragsgerechtigkeit, für die wir die Verantwortung tragen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern will ich noch einmal betonen, was wir alle insgeheim gesagt haben, dass in diesem Staatsvertrag ein einmaliger Meldedatenabgleich vorgesehen ist. In der Begründung ist die Eventualität aufgezeigt, dass das vielleicht, je nach Ergebnis der Evaluation, weiterhin notwendig sein könnte. Aber dem steht zunächst einmal ein weiterer Staatsvertrag zwischen allen Ländern voran. Es muss erneut beschlossen werden. Ich denke, dass dies auch in einem derzeitigen Gesetzgebungsverfahren zu einem Rundfunkänderungsstaatsvertrag deutlich sein muss.

Ich will ein Weiteres sagen. Der Datenschutzbeauftragte hat diese Kritik geübt; und wir nehmen sie ernst. Aber ich will auch sagen: Die Datenschutzbeauftragten haben diese Kritik auch beim letzten Mal alle gemeinsam vorgetragen, und wir können mittlerweile feststellen, dass der Bayeri

sche Verfassungsgerichtshof, der Verfassungsgerichtshof von Rheinland-Pfalz und mehrere Oberverwaltungsgerichte dem in ihrer oberen Rechtsprechung letztlich stattgegeben haben. Auch das, meine ich, könnte man in die Waagschale werfen, wenn es um die Beurteilung geht.

Im Übrigen glaube ich, dass wir gewichten sollten, was dieser Staatsvertrag im Hinblick auf die Punkte vorsieht, die auch Kollege Siebel noch einmal angedeutet hat. Wir werden die Rundfunkbeiträge für privilegierte Einrichtungen auf höchstens ein Drittel absenken – für gemeinnützige Einrichtungen, für Einrichtungen der Sicherheitsorgane. Wir werden im Bereich des Jugendmedienschutzes auch eine Medienkonvergenz in die Rechtsform übernehmen. Dies bedeutet, dass, egal welcher Art das Medium ist, die gleichen Altersbeschränkungen gelten und dass diese Altersbeschränkungen mit Jugendschutzmaßnahmen entsprechend unterlegt werden können, die auch technikneutral sein sollen. Es muss also nicht für jede Neuerung, die sich technisch abbildet, wieder neu verhandelt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Punkte, die in diesem Staatsvertrag auch geregelt werden – mit der einigermaßen erfolgten Ausräumung der Bedenken, die in der Anhörung vorgetragen worden sind –, führen uns dazu, dass wir diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag doch sehr überzeugt zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Der nächste Redner ist Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Kollegin Wolff ausdrücklich dankbar, dass sie in dieser Debatte abgeschichtet und einmal ein paar Dinge klargezogen hat. Ich will auch gleich auf den Datenschutz eingehen. Es ist ein wichtiger Punkt, der angesprochen worden ist. In der Tat hat der Datenschutzbeauftragte dies in der Ausschusssitzung kritisiert und gesagt, dass dies den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten als Stellungnahme vorgelegen habe. Aber ich will einmal betonen, dass er vorab genau das gesagt hat, was Frau Kollegin Wolff hier angeführt hat. Er hat am Anfang gesagt, er wolle betonen, dass in diesem Staatsvertrag eine Fülle von Verbesserungen im Bereich des Datenschutzes umgesetzt wird und er dies ausdrücklich begrüße. Das kann man nicht einfach wegnuscheln, wenn man hier an einem anderen Punkt Kritik üben will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich nehme Kritik ausdrücklich sehr ernst. Es ist aber nicht so, wie es Herr Kollege Rentsch gesagt hat, dass er Herrn Ronellenfitsch noch nie so klar gesehen hätte. Ich finde aufgrund vieler Begegnungen mit dem Datenschutzbeauftragten, dass er immer sehr klar ist, immer sehr genau formuliert und die Rechte des Datenschutzes sehr genau vertritt und durchsetzt. Das hat er auch in diesem Falle getan.

Ich will aber noch einmal daran erinnern: Das haben die Datenschutzbeauftragten der Länder auch getan, als der Staatsvertrag von den Ministerpräsidentinnen und Minis

terpräsidenten beraten worden ist. Da gibt es Frau Kraft als Ministerpräsidentin, der das vorgelegen hat; da gibt es Frau Dreyer als Ministerpräsidentin, der das vorgelegen hat; da gibt es Herrn Ramelow als Ministerpräsidenten, dem das vorgelegen hat. Es gab offensichtlich auch innerhalb der Ministerpräsidentenrunde Überlegungen, zu sagen, dass man trotz der Einwendungen der Datenschutzbeauftragten zu der Regelung kommen sollte.

Diese Kritik ist auch beim ersten Staatsvertrag – Frau Kollegin Wolff hat es gerade gesagt – vorgetragen worden. Mittlerweile ist es auch gerichtlich ausgeurteilt, dass die Kritik, die seinerzeit meines Wissens von Gerichten in Rhein-Pfalz und Bayern geäußert wurde, so nicht gesehen worden ist. Gleichwohl will ich hier für mich und meine Fraktion hinterlegen, dass dieses Verfahren aus Erwägungen, die ich gleich erläutern werde, noch einmal akzeptiert werden kann. Aber ich will auch ganz deutlich sagen, dass ich nicht sehe, dass dieses Verfahren zum Regelfall werden sollte und dass es einen regelmäßigen Abgleich der Datenbestände geben kann. Das kann nicht sein, und das will ich hier für zukünftige Debatten ausdrücklich hinterlegen.

Ich will aber noch einmal in Erinnerung rufen, worum es hier geht. Es geht hierbei immerhin darum, dass man, nachdem man ein Gebührensystem vollkommen auf ein Beitragssystem umgestaltet hat, einmalig Daten abgeglichen hat. Jetzt will man noch einmal schauen, ob das, was man an Daten hat, valide ist, ob nachgesteuert werden muss und ob gewisse Leute beim Beitrag einfach durch das Raster fallen. Das hat auch etwas mit Beitragsgerechtigkeit zu tun. Wenn man das einmal kurz beiseiteschiebt, stelle ich fest: Es geht hier immerhin, wenn man die Begründung liest, um 200.000 beitragspflichtige Wohnungen, wo man schätzt, dass es dort Nachsteuerungsbedarf gibt. Daher schaut man dort noch einmal hin.

Es geht auch um ein Gebührenaufkommen bis zum Jahre 2020 von immerhin 750 Millionen €. Jetzt kann man sich natürlich hinstellen und sagen: Das interessiert mich erst einmal nicht. – Aber spätestens beim nächsten Beitragsstaatsvertrag, den wir hier diskutieren, wird die Frage zu stellen sein, um wie viele Euro, um wie viele Cent wir diese Beiträge erhöhen müssen. Dann weiß ich schon ganz genau, wie die Debatten hier aussehen werden. Von daher sage ich: Das ist eine Ausnahme, um noch einmal zu schauen und zu evaluieren, ob das Datenmaterial, das man hat, ausreicht. Aber dann ist auch Schluss. Wir wollen auf keinen Fall, dass das zur Regel wird.