Protokoll der Sitzung vom 13.07.2016

Schauen wir uns das doch einmal an. Zuletzt war ich bei einem Spatenstich eines KIM-Projekts, wahrscheinlich eines der letzten in Hessen, in Ebsdorfergrund im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Wenn Sie sich mit den Kollegen unterhalten, was dieser Straßenbau, dieses KIM-Projekt, für diese Region bedeutet, dann stellen Sie fest, das ist nicht alleine die Straße, sondern die Gemeinde plant dabei zugleich ein Gewerbegebiet. Die Förderung von Infrastruktur ist gelebte Wirtschaftsförderung. – Hier macht die CDU genau das Gegenteil von dem, was wir einmal gemeinsam gemacht haben.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU) – Günter Rudolph (SPD): Aus den Augen, aus dem Sinn!)

Meine Damen und Herren, das Gleiche gilt übrigens auch für die Bildungsmaßnahmen. Natürlich sind wir nicht der Bildungsträger, aber die Investitionen in die Schulen sind natürlich Investitionen in die Zukunft. Vor allem in die digitale Infrastruktur hineinzugehen – –

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das wird doch mit den Konjunkturprogrammen gemacht!)

Herr Arnold, was wir noch nachholen müssen, wenn wir wirklich von einer Generation 4.0 reden wollen: Da haben wir noch einen erheblichen Nachholbedarf, gerade in die Investitionen für die Schulen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das ist Aufgabe des Landes, damit können wir die Schulträger nicht alleinlassen.

Leider geht meine Redezeit zu Ende. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell zehn Minuten herumgehen.

Meine Damen und Herren, Hessen liegt bei der Investitionsquote wirklich auf einem der hintersten Plätze. Die Kernaufgaben in der Infrastruktur – Landesstraßen, Bildung – werden vernachlässigt. Die privatwirtschaftlichen Investitionen müssen wieder richtig angeschoben werden. Hier wäre ein Gegensteuern richtig und notwendig, ansonsten landen wir wirklich in einem Investitionsstau, und das will doch niemand. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Lexika und anderen klugen Büchern kann man Informationen über die speziellen Aufgaben der Opposition im Parlament finden. Es geht dabei hauptsächlich um zwei Dinge, nämlich darum, die Regierung und die Mehrheit zu kritisieren, sowie darum, realitätstaugliche Alternativen zu entwickeln und darzustellen.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was?)

Schließlich will die Opposition doch die nächste Regierung sein und sich mit ihren Konzepten darum bewerben.

Meine Damen und Herren, wenn man sich jetzt die Debatte über den zuletzt gestellten Antrag der SPD anschaut, dann kann man mit großem Wohlwollen vielleicht noch den Kritikaspekt erkennen und durchgehen lassen – immerhin kommt das Wort „kritisieren“ in fünf von elf Absätzen dieses Antrags vor. Aber die zweite Aufgabe der Opposition, nämlich die Formulierung von Alternativen, findet sich in diesem Antrag genauso wenig wie in der Rede des Kollegen Schmitt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Günter Rudolph (SPD): Nicht so bescheiden!)

Hier sucht man vollständig vergebens nach Lösungsvorschlägen – ein Zustand, den wir übrigens nicht erst seit heute der SPD ankreiden.

(Manfred Pentz (CDU): Das ist wohl wahr! – Günter Rudolph (SPD): Oh, der Oberlehrer!)

Meine Damen und Herren, Kritik ist die Würze der parlamentarischen Auseinandersetzung. Aber, lieber Kollege Rudolph, diese Kritik wird fad und nervig, wenn sie nicht wenigstens zugleich eine Andeutung machen kann, wie denn die kritisierten Zustände verändert werden sollen,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

außer dem litaneimäßig vorgetragenen Vorschlag der SPD, mehr Geld auszugeben.

(Widerspruch des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE))

Meine Damen und Herren, darin ist die SPD, was Vorschläge angeht, unschlagbar. Allein in diesem Jahr wurden von ihr Forderungen – teilweise sind es Wiederholungen – in folgender Höhe öffentlich erhoben, ich nenne nur Stichworte: 20.000 zusätzliche Sozialwohnungen bilanzieren sich auf 2 Milliarden €; mehr KFA-Mittel für die Kommunen – 1 Milliarde €; kostenfreie Kitas – mindestens 400 Millionen €; Besoldungserhöhung, das hatten wir gestern – rund 230 Millionen €; zusätzliches Personal – 50 Millionen €; mehr Landesstraßenbau – mindestens 20 Millionen €; den Kollegen Schmitt habe ich eben so verstanden, dass es dabei eigentlich um 80 Millionen € geht, nämlich darum, von 90 Millionen € auf 170 Millionen € aufzustocken; Breitbandversorgung auch mindestens 20 Millionen €; Sozialbudget – mindestens 20 Millionen €; mehr für den Schulbereich – mindestens 80 Millionen €; mehr für den Hochschulbereich – mindestens 80 Millionen €.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, damit landen wir bei knapp 4 Milliarden €, die von der SPD einfach so, zwischen Suppe und Kartoffeln, zwischen Januar und Mai gefordert werden. Und das wollen Sie als eine seriöse Politik darstellen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Günter Rudolph (SPD): Oh! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine Damen und Herren, es scheint sich hier um eine Sucht nach Geldausgeben zu handeln. Dieser berüchtigte

rote Faden zieht sich durch diesen Antrag. Selbstverständlich aber kommt keine einzige Aussage vor, woher denn das Geld zu nehmen wäre. Ich darf nochmals daran erinnern: Die einzige Möglichkeit des Landes, eine Erhöhung durchzuführen, haben wir in der schwarz-grünen Koalition genutzt – und die SPD hat sich dem verweigert. Das war für den Landeshaushalt immerhin eine Summe von 155 Millionen € – auch das ist nicht zu verachten.

(Norbert Schmitt (SPD): Meinen Sie die Industriewasserabgabe?)

Meine Damen und Herren, deswegen sagt dieser Antrag wenig bis nichts über Zustände und Perspektiven für Hessen, sehr viel aber über den erbärmlichen Zustand der SPD in unserem Land.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Günter Ru- dolph (SPD): Wichtigtuer!)

Angesichts des heute einmal wieder enttäuschenden Auftritts, lieber Kollege Schmitt, kann man nur in tiefe Wehmut verfallen.

(Günter Rudolph (SPD): Ein Wichtigtuer spricht!)

Wir erinnern uns sehnsüchtig an den letzten sozialdemokratischen Regierungschef Hessens,

(Günter Rudolph (SPD): Das ist die grüne Arroganz!)

der später ein Vorgänger von Wolfgang Schäuble in Berlin wurde. Unter seiner Führung war die SPD-Politik noch berechenbar und finanzwirtschaftlich tragfähig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das steht ganz im Gegensatz zur augenblicklich vorherrschenden Wurstthekenmentalität nach dem Motto: Darf es ein bisschen mehr sein?

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, dieses Verhalten mag gut sein für die Ladenkasse, aber es ist kein Ausdruck finanzpolitischer Verantwortung.

(Dr. Walter Arnold (CDU): So ist es! – Weitere Zurufe)

Wer wie die SPD bald regieren will, der braucht Konzepte, die auch im Regierungsalltag tauglich sind und nicht nur kurzfristig wirkende Stimmungsmacher sind. Wer nämlich auf Stimmung setzt, der begibt sich auf einen Schlingerkurs, und genau den können wir bei der SPD gut beobachten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine Damen und Herren, „Jedem wohl und niemand weh, Finanzierung à la SPD“ funktioniert eben nicht in Verantwortung. Das funktioniert vielleicht auf dem Fastnachtsmarkt oder auch von einer Tribüne aus, wenn demonstrierende Menschen vor einem stehen. Aber das funktioniert nicht, wenn man die Verantwortung wirklich haben will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD – Weitere Zurufe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Sie sind dann zu einem Schlingerkurs verurteilt. Genau in diesen Zustand sind Sie offensichtlich geraten. Es kommt noch hinzu: Wir haben oft genug erlebt, wie es ist, gleichzeitig gegen und für etwas zu sein. Wir haben es in diesem Haus – wie ich schon sagte – immer wieder erlebt, dies bei der SPD auch noch als vollständig widerspruchsfrei wahrzunehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu solcher Entrücktheit vom Irdischen kann man Ihnen nur gratulieren. Oder muss man Sie nicht eher bemitleiden?

(Norbert Schmitt (SPD): Haben Sie die Jahreszeit verwechselt? – Zuruf von der SPD: Es reicht jetzt! – Weitere Zurufe)

In der realen Politik erlangt man nämlich keine Unterstützung, wenn man höhere Ausgaben fordert, die höheren Einnahmen gleichzeitig verweigert und, wie ich gerade angesprochen habe, dann noch treuherzig versichert – wir haben es hier erlebt –, man stehe selbstverständlich weiterhin fest zur Schuldenbremse. Merke: Contradictio in adiecto ist kein Beitrag zur politischen Glaubwürdigkeit, sondern lediglich ein politischer Offenbarungseid.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Haben Sie die Jahreszeit verwechselt?)

Meine Damen und Herren, deswegen schauen wir uns jetzt einmal den SPD-Antrag an zwei Beispielen konkreter an. Aber zunächst muss ich mein Bedauern darüber ausdrücken, dass die SPD im Antrag auf einen Investitionsbegriff zurückgreift, den sie selbst lange als überholt und nicht zukunftsorientiert gegeißelt hat. Es wird wieder der Beton in der Landschaft als einzig wegweisende Investition propagiert, ohne dabei die wichtigen Investitionen, nämlich die in das sogenannte Humankapital, zu betrachten.

(René Rock (FDP): Wenn Sie wollten! – Weitere Zurufe von der SPD und der FDP)