Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

Die Flughafen GmbH Kassel-Calden hat den Auftrag erhalten, das Geschäftsmodell dahin gehend anzupassen, dass der von der Landesregierung vorgesehene Abbaupfad im Hinblick auf die Gesamtbelastung eingehalten wird.

Zum Drehkreuz für Billigflieger wird Calden nicht mehr werden. Sorgen Sie also dafür, dass sich dieser Regionalflughafen nicht bald einreiht in eine Liste von ähnlichen Projekten. Fragen Sie nur einmal, was die Kolleginnen und Kollegen in Rheinland-Pfalz dazu erzählen können. Diese können Ihnen dazu sicherlich Näheres erläutern.

Es reicht Ihnen, lediglich die gröbsten Ungerechtigkeiten der Regierung Koch zurückzunehmen. Deshalb haben Sie sich zufriedengegeben mit dem einmal angehobenen Sozialpaket. Dieses Sozialbudget ist aber nur ein winziger Schritt, den Sie gemacht haben. Ein wirkliches, auf die sozialen Fragen eingehendes Sozialbudget verlangt andere Schritte als die, die im vergangenen Jahr eingeleitet wurden.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu kommt, dass die Große Koalition in Berlin mit schmutzigen Deals dafür sorgt, dass sich weniger Menschen zu uns in Sicherheit flüchten können. Auch für diesen Bereich steigen die Ausgaben für humanitäre Hilfe im Landeshaushalt nicht weiter.

Herr Dr. Schäfer, Sie sprachen in Ihrer Rede davon: „Wer nicht vor politischer Verfolgung, Krieg oder Terror flüchtet …, muss schnellstmöglich und konsequent in seine Heimat zurückgeführt werden.“ Dies erleben wir als eine zentrale politische Aussage, die weit in die Mitte der Gesellschaft hineinragt. Ich will in diesem Zusammenhang, um dazu eine grundsätzliche Bemerkung zu machen, einen Aufklärer zitieren. Immanuel Kant schreibt in seinem Werk „Zum ewigen Frieden“ Folgendes: Dass die Menschen

… vermöge des Rechts des gemeinschaftlichen Besitzes der Oberfläche der Erde, … sich nicht ins Unendliche zerstreuen können, sondern endlich sich doch nebeneinander dulden müssen, ursprünglich aber niemand an einem Orte der Erde zu sein mehr Recht hat, als der andere.

Kant spricht von einem „Hospitalitätsrecht“ auf der Erde, die der ganzen Menschheit gehört und die auf ein Weltbürgerrecht ausgerichtet sein müsse, zumal in einer zwischenzeitlich globalisierten Welt. Aber was haben Sie schon mit der Aufklärung zu tun?

(Dr. Walter Arnold (CDU): Ja, Weltbürger!)

Wir wollen einen solchen Humanismus für verbindlich erklären, der sich an den Forderungen der französischen Revolution, an Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, orientiert. Wir werden den rassistischen und nationalistischen Positionen von AfD, FDP, CSU und zunehmend auch von der CDU sowohl im Parlament als auch auf der Straße unsere politische Alternative entgegenstellen.

Daher ist dieser Haushalt nichts anderes als ein schwarzgrünes „Weiter so“. Es ist ein Haushaltsentwurf, der darauf aus ist, möglichst den Eindruck zu erwecken, als sei alles gut. Dabei ist nichts gut, und ein Politikwechsel wäre dringend notwendig – ein Politikwechsel, der die Spaltung der Gesellschaft kleiner werden lässt, der den Reichtum wieder von oben nach unten umverteilt, und eine Landesregierung, die sich dafür auch auf Bundesebene lautstark einsetzt. Stattdessen aber erleben wir GRÜNE, die sich langsam schwarz regieren und hoffen, dass es auf Bundesebene irgendwie reichen wird, um sich endlich mit CDU und CSU an den Kabinettstisch zu setzen.

Wir werden auch in diesem Jahr die Beratungen zum Landeshaushalt nutzen, um zu zeigen, wie wir uns einen Politikwechsel vorstellen. Wir werden das mit vielen klugen Anträgen – lieber Herr Kaufmann – wie in den letzten Jahren deutlich machen. Unsere Alternative heißt: Umverteilung und solidarische Teilhabe. Nur so wird der Politikwechsel möglich, der dringend erforderlich ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege van Ooyen. – Nächste Wortmeldung, Kollege Jörg-Uwe Hahn, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Haushaltspolitik von Schwarz-Grün lässt sich in den Augen der Freien Demokraten in einem Satz zusammenfassen: Der Landeshaushalt wird in diesen guten Zeiten ruiniert.

(Beifall bei der FDP)

Statt die aktuelle Situation zu nutzen, um die Zukunftsfähigkeit Hessens zu sichern, werden die üppigen Mehreinnahmen verfrühstückt. Schwarz-Grün hat im Jahr 2017 rund 6,5 Milliarden € mehr zur Verfügung, als es im Jahr 2013 die ehemalige Landesregierung hatte – 6,5 Milliarden € mehr.

(Florian Rentsch (FDP): Unfassbar!)

Dass vor dem Hintergrund dieser außergewöhnlichen Situation immer noch 350 Millionen € neue Schulden aufgenommen und an dem veralteten Abbaupfad festgehalten werden soll, ist in den Augen der Freien Demokraten nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der FDP)

Hier soll ganz offensichtlich eine Wahlkampfkasse über Rücklagen finanziert werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, die Neuverschuldung zu beenden und in die Zukunft zu investieren.

(Beifall bei der FDP)

Ich kenne viele Haushaltsdebatten in diesem Haus. Natürlich gehört zu diesen Ritualen – der Ministerpräsident hat sich vorhin darüber aufgeregt –, dass der jeweilige Finanzminister alles gut findet, dass die ihn tragenden Fraktionen – oder die Fraktion, das hatten wir auch schon – das genau so sieht und dass die Oppositionsfraktionen – wir hatten auch schon nur eine Oppositionsfraktion – das nicht gut finden.

Sehr geehrter Herr Finanzminister, ich habe das Gefühl, dass Sie und das Kabinett uns in diesem Jahr mit Ihrem Antrag dazu zwingen wollen, in dieses Ritual zu verfallen. Ich musste vorhin grinsen, als ich aus Ihrem Mund gehört habe, dass es sich bei der Nettoneuverschuldung – also auf den Haufen von 44 Milliarden € Schulden kommen weitere 350 Millionen € Schulden obendrauf – um einen ehrgeizigen Abbaupfad handele.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein bisschen Intellektualität erfordert es von uns schon, das zu verstehen. Ich habe mich dazu durchgerungen, sehr viel Intellektualität zu investieren. Ich habe es trotzdem nicht verstanden.

Herr Dr. Schäfer, ich will Ihnen sagen, warum ich es nicht verstanden habe. Ich bitte auch alle, die uns begleiten und es kommunizieren, es zur Kenntnis zu nehmen. In diesem Haushalt gibt es bereinigte Einnahmen von 26,79 Milliarden €. Im Jahr davor waren es 24,997 Milliarden €. Also im Vergleich von 2016 zu 2017 sind es knapp 2 Milliarden € Mehreinnahmen. Das belegen auch Ihre Zahlen, die Sie vorhin stolz in Ihrer Pressemitteilung verkündet haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, muss man dann noch Schulden machen? Muss man dann wirklich noch 350 Millionen € neue Schulden aufnehmen, egal ob wir derzeit eine Nullzinsphase haben – ich komme nachher noch einmal darauf – oder nicht? Was treibt Sie denn dazu, uns dann auch noch zu erklären, es handele sich um einen ehrgeizigen Abbaupfad? – Ich bin mir sehr sicher, dass

Kollege Dr. Arnold gleich versucht, diese Melodie noch einmal zu intonieren. Herr Kollege Dr. Arnold, es wird nicht besser, wenn Sie auf der einen Seite knapp 2 Milliarden € zusätzliche bereinigte Einnahmen haben und auf der anderen Seite noch zusätzliche Schulden machen müssen. Das ist unverantwortlich und hat mit Nachhaltigkeit nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe nicht verstanden, was daran ehrgeizig sein soll. Vielleicht wird es uns Kollege Dr. Arnold noch einmal erklären.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alleine an diesem Beispiel – ich bringe noch einige andere – wird deutlich: Sie zocken auf die Nullzinspolitik und verdrängen ganz offensichtlich, dass Zocken auf die Nullzinspolitik bedeutet: Zocken auf Kosten der sparenden Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Das ist die Folge der Nullzinspolitik.

(Beifall bei der FDP – Dr. Walter Arnold (CDU): Na, na, na!)

Sie bekommen nichts mehr auf ihre Spareinlagen und müssen dafür bald noch bezahlen. Es kam gerade vorhin wieder eine Eilmeldung von der EZB. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Lebensversicherungen, die Altersvorsorge von vielen, sind auf alle Fälle in einer kritischen Phase. Kalt lächelnd nimmt die Landesregierung dieses die Bevölkerung schädigende Verhalten der EZB in Kauf.

Dritte Bemerkung. Sie zocken darauf, dass es in Zukunft schon gut gehen wird. Glauben Sie denn allen Ernstes, dass auch in den verbleibenden zweieinhalb Jahren Ihrer Regierungszeit die Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch ist, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verändern und zum Negativen gehen?

Haben wir nicht gerade in den letzten 48 Stunden mehrere entsprechende Hinweise sowohl von Landesbanken wie auch von Professoren und von Investmentbankern gehört? Sie können alleine am Klima der deutschen Wirtschaft ablesen, dass, bedingt durch den Brexit oder andere Verunsicherungen, nicht investiert wird und keine wirtschaftliche Aktivität besteht. Vielleicht liegt es auch an der Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika, vielleicht ist es die Unsicherheit hinsichtlich des Wahlausgangs in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Frankreich und in anderen Ländern, die in den kommenden zwölf Monaten eine neue Regierung wählen – dazu gehört auch die Bundesrepublik Deutschland –, dass die Investitionen zurückgehen. Der Maschinenbau und andere im wirtschaftlichen Bereich wichtige Player prognostizieren für die Zukunft schlechtere Zahlen und haben auch schon schlechtere Zahlen als in der Vergangenheit.

(Beifall bei der FDP)

Wenn das richtig ist, dann kann man doch nicht blind darauf vertrauen – Sie merken, ich bin immer noch beim Grundansatz, bei der Statik des Haushalts –, dass es schon wird, und einfach das Geld nehmen, das wir zusätzlich haben, nämlich 2 Milliarden €, um Dinge zu machen, die mit Nachhaltigkeit, mit Perspektive und mit Effizienz wenig zu tun haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben einen Haushalt vorgelegt, der allein auf mehr Einnahmen, mehr Ausgaben und Stellenzuwachs baut. Strukturelle und zu

kunftsgerichtete Dinge haben Sie nicht gemacht. Kollege Schmitt hat darauf hingewiesen, Investitionen: sehr lau. Eine strukturelle Veränderung in der Verwaltung, also einen Hinweis darauf, wo Sie denn strukturell in der Landesverwaltung einsparen wollen – das müssen Sie als Regierung machen, das ist nicht Aufgabe der Opposition – haben Sie nicht vorgelegt.

Wir, Florian Rentsch, Nicola Beer und ich, haben das, als wir als Staatsminister Verantwortung getragen haben, in unseren Ressorts jeweils getan.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass das Justizministerium in der Antwort auf eine Parlamentsinitiative – nicht von der FDP – bestätigt hat, dass sich die Maßnahmen im Justizbereich erheblich positiv gerechnet haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf auch wieder ohne Polizeischutz nach Schlüchtern und nach Usingen fahren. Das Problem der Schließung der Gerichte dort hat sich ganz offensichtlich ausgesetzt.

(Beifall bei der FDP)

Warum sage ich das? Das ist ein weiteres Symbol Ihrer Politik, nirgendwo negative Entscheidungen zu treffen.

Man muss nur einmal das Ressort des Justizministeriums anschauen – Kollege Rentsch wird es in der zweiten Lesung noch viel fundierter vortragen können –, dann fragt man sich, ob man wirklich die Zahl der Justizvollzugsanstalten an den Orten, an denen sie sind, braucht. Ist die Gerichtsorganisationsstruktur wirklich schon abgeschlossen, oder kann man nicht noch an anderer Stelle effizient arbeiten?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wieso eigentlich wurde das Landesschulamt abgeschafft? Damit jetzt zusätzliche Bürokratie entsteht? Wieso werden die Maßnahmen, die Kollege Rentsch in einem Teil der Straßenbauverwaltung fortgeführt hat, die Dieter Posch begonnen hat, nicht weiter betrieben? Überall dort, wo strukturelle Veränderungen notwendig sind, um Einsparungen zu erreichen, kneifen Sie, machen Sie nichts. Ich nenne Limburg als Beispiel für die Justizvollzugsanstalten. Sie wollen dort nicht anecken, haben Angst vor den negativen Meldungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese negativen Meldungen sind aber nur Eintagsfliegen, wie Sie z. B. bei den Wahlergebnissen meiner Partei in den Orten erkennen können, in denen entweder Florian Rentsch oder ich Behörden geschlossen haben. Das hat sich in keiner Weise negativ ausgewirkt. Man muss halt nur Mut haben. Das ist mein vierter Punkt: Dieser Haushalt ist mutlos.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Er rollt Ergebnisse über. Er setzt noch etwas im Sinne von: „Darf es ein Viertel mehr sein?“ obendrauf.

Lieber Kollege Kaufmann, ich habe ordentlich aufgepasst, als Sie mich angesprochen haben. Ich habe auch sonst aufgepasst, als Sie geredet haben. Aber ich verstehe immer noch nicht die rote Linie im Haushalt, es sei denn, Sie sind mit dem einverstanden, was ich eben am Anfang gesagt habe: Es ist ein Haushalt, der in guten Zeiten vieles verfrühstückt und der ein ganz großes Risiko für schlechte Zeiten ist. Die schlechten Zeiten werden irgendwann einmal kommen. Da kann ich nur hoffen, dass das noch in Ihrer Amtszeit ist, damit Sie mit den von Ihnen eingebrockten Problemen selbst umgehen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben neben den hohen Mehreinnahmen eine Neuverschuldung von 350 Millionen €. Sie feiern das als Sieg. Ich bin ein bisschen überrascht, dass ich das eben als Überschrift einer dpa-Meldung lesen kann. Was ist daran ein Sieg? Was ist ein Sieg, wenn auf der einen Seite eine Mehreinnahme von 2 Milliarden € da ist und man auf der anderen Seite trotzdem Schulden machen muss? Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ein Armutszeugnis, dass Sie noch Schulden aufnehmen, es ist kein Sieg.