Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als die Frau Präsidentin den dieser Debatte zugrunde liegenden Tagesordnungspunkt aufgerufen hat, sagte ein Unionskollege: „Schon wieder Kali + Salz. Ich kann es nicht mehr hören.“ Dann ging er hinaus. Es ist häufig so, dass wir Debatten im Landtag haben, bei denen der eine oder andere denkt: Müssen wir schon wieder darüber diskutieren? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen deutlich: Auch wir hätten uns am heutigen Tag gewünscht, dass die heutige Debatte im Hessischen Landtag nicht notwendig gewesen wäre, und ich glaube, das hätten sich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von K+S gewünscht. Das wäre aber nur dann der Fall gewesen, wenn diese Landesregierung endlich einmal handeln würde – und zwar in die richtige Richtung.
Deshalb ist dieses „Und täglich grüßt das Murmeltier“ keine Frage dessen, was die Opposition macht oder ob fast 14.000 Leute – Kollege Schäfer-Gümbel sagte, es seien sogar über 14.000 Menschen gewesen – eine Menschenkette gebildet haben. Die Kollegen waren ja vor Ort. Wenn man gesehen hat, dass bei vielen Menschen – Mitarbeitern und ihren Angehörigen – Angst ins Gesicht geschrieben war, wie es mit den Arbeitsplätzen, mit der Region, mit der Kali- und Salzproduktion in dieser Region weitergeht, dann muss man doch ehrlich sagen: Dieses Thema verdient es, hier im Landtag debattiert zu werden. Es verdient es auch deshalb, weil sowohl die Oppositionsfraktionen als auch die Regierungsfraktionen die Pflicht haben, in dieser Angelegenheit das Regierungshandeln zu überprüfen und die Frage zu stellen, warum wir schon wieder über K+S diskutieren müssen. Diese Frage darf man wirklich berechtigterweise stellen.
Erstaunlich ist, dass nicht nur die Menschen, die dort demonstriert haben, ein sehr klares Bekenntnis zum Unternehmen abgegeben haben, sondern auch die Politiker der Oppositions- und der Regierungsfraktionen. Die Umweltministerin machte auf mich teilweise keinen ganz glücklichen Eindruck, als Herr Steiner, der Betriebsratsvorsitzende und vor allem Herr Vassiliadis geredet haben. Herr Vassiliadis hat in einer, wie ich finde, sehr beeindruckenden Rede klargestellt, worum es eigentlich geht. Es geht um die Frage, ob wir in Deutschland in der Lage sind, im Bereich der Bodenschätze einen Wirtschaftszweig überhaupt noch aufrechtzuerhalten, oder ob wir ihn mit Umweltauflagen sukzessive kaputt machen.
Die Frage ist, ob der gesunde Menschenverstand noch zählt, ob die Auflagen, die wir machen, in irgendeinem Verhältnis zu denen stehen, die in anderen Ländern gemacht werden.
Herr Kollege Boddenberg, ich habe bei der Aussage von Herrn Vassiliadis laut geklatscht, weil ich das für die Grundsatzfrage halte. Steht das, was dort passiert, noch in einem Verhältnis zueinander?
Herr Schäfer-Gümbel hat gerade gesagt: Es gibt auch auf der Unternehmensseite Menschen, die das Thema Umweltschutz ausblenden. – Ich will dazu sagen: Einem Unternehmen wie K+S, das in den vergangenen Jahren über 400 Millionen € investiert hat, das jetzt noch einmal 400 Millionen € investieren wird, also insgesamt 800 Millionen € in den Umweltschutz investiert, darf man hier im Hessischen Landtag nicht vorwerfen – das sollten auch die Regierungsfraktionen nicht tun –, dass es sich nicht für den Umweltschutz einsetzt.
Das Unternehmen investiert in einem überdimensionierten Maß, damit dort weiterhin eine Produktion stattfinden kann. Wir haben auf dem Parkplatz gestanden, wo die Kundgebung mit rund 14.000 Leuten stattgefunden hat. Im Hintergrund konnte man den Turm der KKF-Anlage sehen. 160 Millionen € werden in diese Anlage investiert. Diese Summe hat das Unternehmen – Kollege Lenders wies mich gerade noch einmal darauf hin – selbst finanziert und erwirtschaftet.
Da muss man doch sagen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an diesem Standort haben mehr als genug ihren Anteil dazu geleistet, dass dort auch in Zukunft eine Produktion stattfinden kann, ohne den Umweltgedanken auszublenden.
Herr Kollege Boddenberg, uns überrascht das, was hier passiert, nicht. Wir haben nämlich genau das vorausgesagt. Wir haben eine grüne Umweltministerin vorausgesagt, die nicht erst, seitdem sie im Amt ist, ihren Kampf gegen das Unternehmen führt, sondern schon vorher seit Jahren. Wer sich einmal anschaut, was die GRÜNEN zu diesen Themen publiziert haben, der wundert sich nicht. Ich lese einmal einen Satz vor:
Die Versenkung von Salzlauge muss mit dem Auslaufen der Genehmigung 2015 eingestellt werden. Eine weitere Versenkung bis 2021 ist vor dem Hintergrund, dass das Land
Thüringen die Versenkung bereits 2007 aufgrund der Umweltrisiken eingestellt hat, nicht vermittelbar. Der Entsorgungsweg der Versenkung führt schon jetzt zu Langzeitbelastungen für das Grund- und Trinkwasser. …
Die Einleitung von laugenhaltigen Abwässern in die Werra und die Verpressung von Salzlaugen in den Untergrund durch das Unternehmen K+S müssen aufhören. Wir GRÜNE wollen, dass die Laugenverpressung spätestens 2015 endet.
Ich sage einmal: Die hessischen GRÜNEN und die Thüringer GRÜNEN waren ihrem Ziel nie so nah wie heute, und das ist der eigentliche Skandal.
Deshalb, Herr Kollege Wagner, müssen Sie jetzt nicht „Meine Name ist Hase“ spielen, als ob Sie nicht wüssten, worum es geht.
Das ist doch die alte grüne Strategie, Ihre politischen Positionen über Verwaltungshandeln umzusetzen. Wie läuft denn das Spiel? – Kali + Salz liefert Unterlagen, und das Regierungspräsidium sagt: Das ist uns nicht genug. – Wenn das einmal passiert, würden wir Ihnen, Frau Hinz, noch glauben.
Aber wenn das über Jahre passiert, dann glauben Sie doch nicht ernsthaft, dass noch irgendein Bürger in diesem Land daran glaubt, dass das ein Zufall wäre. Das ist doch kein Zufall mehr, was hier passiert.
Dieses Spiel nach dem Motto: „Wir halten die Möhre hin, und wir ziehen die Möhre immer weiter weg“, haben wir uns genau so vorgestellt. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Hessen und Thüringen, dass nämlich die Thüringer Landesregierung unter der Führung von Bodo Ramelow – ich muss sagen, dass es mir schwerfällt, das zu sagen;
ja, es fällt mir aus mehreren Gründen schwer, das zu sagen – es geschafft hat, jetzt einen Rechtszustand herbeizuführen, damit die Kurzarbeit in Thüringen beendet werden kann, während die Hessische Landesregierung unter Volker Bouffier diesen Zustand nicht beendet. Das zeigt, wem das Thema wichtig ist und wem es nicht wichtig ist.
Hinter mir passiert gerade folgendes: Der hessische Wirtschaftsminister, Herr Kollege Al-Wazir, lacht.
Das ist eine Gestik, die wir von Herrn Kollegen Al-Wazir kennen. Herr Al-Wazir, ich sage Ihnen: Dieses Thema Kali + Salz ist nicht nur ein Umweltthema. Es ist auch ein Wirtschaftsthema,
weil es eines der Unternehmen in Hessen mit der größten Wertschöpfung ist. Wenn Sie demnächst einmal Zeit haben, können wir gern gemeinsam hinfahren. Das war eine spannende Veranstaltung. Ich konnte dort noch viel lernen. Ich habe auch gelernt: Es ist nicht nur ein Umwelt-, sondern auch ein Wirtschaftsthema. Da lachen wir doch dort einmal gemeinsam mit den Mitarbeitern. Das wäre doch einmal eine klare Botschaft.
Ich hatte das Gefühl, Herr Al-Wazir – ich glaube, Frau Hinz als Umweltministerin hatte es auch –, dass die Mitarbeiter dort gar nicht lachen konnten. Die 14.000 Menschen,
die dort gestanden haben, die Angehörigen und Familienmitglieder, hatten an dem Tag gar nichts zu lachen, weil sie Angst um ihre Arbeitsplätze und ihre Zukunft haben, Herr Al-Wazir.
Wenn man diesen Landtag nutzt, um sich sozusagen über die aktuelle Situation lustig zu machen, dann hat man die Situation, so glaube ich, nicht ernsthaft verstanden.
Dass wir im Bereich der Industriearbeitsplätze in unserem Land bei über 400.000 Arbeitsplätzen Probleme haben, sollte, so glaube ich, unbestritten sein. Die Auftragslage in der Industrie geht zurück. Energieintensive Unternehmen kämpfen mit der Energiewende. Der Flughafen kämpft in zwei Wochen, wie wir hören, mit einem anderen Thema, nämlich mit dem von Schwarz-Grün erfundenen – wahrscheinlich sehr durchdachten – Lärmdeckel. Dazu kommen wir in den nächsten Wochen.
Das alles sind Punkte, bei denen Sie möglicherweise Ihren Themen aus dem grünen Wahlprogramm zur Realität verhelfen. Ob es dem Wirtschaftsstandort und den Menschen in Hessen weiterhilft, daran habe nicht nur ich Zweifel, sondern das ist das Gegenteil von dem, was die Menschen in Hessen wirklich brauchen.
Abschließend meine Bitte an den Hessischen Ministerpräsidenten: Bodo Ramelow, der auch bei der Veranstaltung kurz da war, hat dort auch zum Thema Umweltschutz ein bilaterales Gespräch angesprochen. Ich hatte nicht das Gefühl – und das gilt, so glaube ich, für jede Fraktion in diesem Haus, für die eine mehr und für die andere weniger –, dass irgendeiner von uns in diesem Haus das Thema Umweltschutz bei einem so wichtigen Thema wie Kali + Salz außer Acht lassen kann. Das ist absolut unbestritten. Aber auf der anderen Seite muss irgendwann einmal wieder der gesunde Menschenverstand zurückkommen und ideologisches Verwaltungshandeln beendet werden. Das wird nicht dadurch gehen, dass man Frau Hinz in dieser Frage freie Hand lässt.
Es ist zum Schluss die Frage, ob Kali + Salz auch in Hessen Chefsache wird wie bei Herrn Ramelow oder ob es in Hessen, aus welchen Gründen auch immer, im grünen Bereich bleibt und ob Frau Hinz dort sozusagen mit ihren Leuten in diesem Bereich ihre Vorstellung, die im grünen Wahlprogramm steht – ich glaube, das haben Sie mit unterstützt, Frau Hinz, oder nicht? –, mittlerweile durch Verwaltungshandeln umsetzt.