Protokoll der Sitzung vom 14.09.2016

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Deshalb abschließend meine klare Botschaft: Herr Ministerpräsident, eigentlich ist es heute Ihre Aufgabe, nachdem wir gemeinsam auf Ihrer Reise in Chile erlebt haben, dass das Unternehmen Kali + Salz dort investieren muss, um auch weiter Wertschöpfung zu erreichen, hier zu sagen, dass wir nicht gemeinsam wollen, dass das Unternehmen Kali + Salz eben nur noch im Ausland produziert, sondern, dass wir es gemeinsam schaffen, dass eines der wichtigsten Unternehmen in Hessen mit einer unglaublichen Wertschöpfung, aber auch mit einer unglaublichen Tradition und Bedeutung für die Region – das will ich hier noch einmal klar herausstellen – eine Zukunft hat und nicht in der

Legislaturperiode von Schwarz-Grün dem Ende entgegengeführt wird. Denn danach sieht es zurzeit aus.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb bin ich sehr gespannt, was Sie heute hier sagen, Frau Hinz. Wann wird denn von Ihrer Seite die Versenkerlaubnis erteilt? Was ist denn Ihr Zeitplan? – Sagen Sie uns doch heute einmal, wie Ihr Zeitplan aussieht. Spielen Sie weiter auf Zeit, und betreiben Sie weiter das Möhrchenspiel nach dem Motto „hinhalten und wegziehen“, oder greifen Sie irgendwann auch durch? – Ich bin sehr gespannt, was Sie heute konkret sagen oder ob Sie wie in jeder Debatte wieder den Eindruck erwecken, dass Sie auf Zeit spielen und dass Sie uns gar nicht an dem wirklichen Verfahren teilhaben lassen wollen. Dann hat der Herr CDU-Kollege auch recht, dass wir wieder über Kali + Salz – –

Herr Kollege Rentsch, denken Sie bitte an die Redezeit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wir wollen von Ihnen heute klare Aussagen und keine Rumgeeiere mehr. Wann wird die Versenkerlaubnis erteilt? – Das ist die Frage, die heute hier im Raum steht. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Boddenberg für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst zwei Vorbemerkungen machen. Kollege Rentsch hat gerade von den Ängsten der Betroffenen, der dort Beschäftigten und deren Familienangehörigen, gesprochen. Herr Rentsch, ich glaube, mit einer solchen Rede, wie Sie sie hier gehalten haben, tragen Sie genau zu diesen Ängsten bei, indem Sie nämlich viel weiter hinter dem zurückliegen, was Ihre Einschätzung der Situation anbelangt, als die Beschäftigten, beispielsweise Vertreter des Betriebsrates, die man bei dieser Gelegenheit in der letzten Woche sprechen konnte.

Sie liegen auch weit hinter den aus meiner Sicht zu Recht von Herrn Steiner angesprochenen Themen zurück, die wir heute hier diskutieren. Andererseits habe ich von Herrn Steiner, dem Vorstandsvorsitzenden, und auch von Beschäftigten gehört, dass sie glauben, dass wir die anstehenden Probleme zeitgerecht so lösen werden, dass es keine Einschränkungen mehr bei der Beschäftigung und beim Abbau von Kali und Kaliprodukten geben muss. Deren Optimismus sollten Sie sich vielleicht einmal zu eigen machen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch etwas sagen: Ich glaube, ich habe nicht gerufen, dass schon wieder K+S auf der Tagesordnung steht. Kollege Rentsch, wir haben früher einmal etwas en

ger zusammengearbeitet. Da gab es Wahlkämpfe, in denen ich noch eine andere Zuständigkeit hatte. Ich war derjenige, der auf Plakate geschrieben hat: „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“. Dabei bleibt es für die CDU-Fraktion und, ich glaube, auch für die GRÜNEN-Fraktion.

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

Ich hoffe, dass es für alle anderen Fraktionen in diesem Hessischen Landtag auch dabei bleibt. Wir kämpfen um jeden einzelnen Arbeitsplatz, und wir müssen uns nicht wechselseitig absprechen, dass wir uns darum kümmern, dass jeder Einzelne, der von einem Arbeitsplatzverlust bedroht ist, und seine Familie Sorgen haben. Das halte ich für selbstverständlich. Das muss man nicht jedes Mal wiederholen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Schäfer-Gümbel, zu der Frage, was bisher passiert ist, kann ich nur so viel sagen: Herr Warnecke sitzt heute neben Ihnen. Er hat in der Vergangenheit mehrfach hier zu diesem Thema gesprochen. Ich erinnere mich, dass Sie völlig zu Recht darauf hingewiesen haben, dass das Unternehmen schon so viel gemacht hat. Es hat die Einleitmengen von 14 Millionen m³ auf 7 Millionen m³ halbiert. Das haben Sie hier gelobt. Wo kamen denn diese Verringerungen der Einleitmengen her? – Sie kamen aus einem 360-Millionen-€-Programm auch früherer Landesregierungen.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Es ist also völlig falsch, hier zu behaupten, in der Vergangenheit sei nichts unternommen worden. Im Gegenteil: Wir haben dem Unternehmen seit vielen Jahren dabei geholfen, diesen schwierigen Weg am Ende so zu gestalten – und das ist entscheidend –, dass wir es mit einer Perspektive für die nächsten Jahrzehnte ausstatten, die darauf beruht, dass es die Regeln und Gesetze der Europäischen Union, die Richtlinien der Europäischen Union und die deutschen Gesetze einhält. Rechtssicherheit muss für dieses Unternehmen und für die dort Beschäftigten ein hoher Wert an sich sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war eine ganze Reihe von Kollegen dort, und das fand ich auch mehr als notwendig. Wenn 12.000 bis 14.000 Menschen auf die Straße gehen und das Bewusstsein verstärken wollen, dass es um Arbeitsplätze und um die ganze Region geht, dann halte ich es für selbstverständlich, dass wir als Abgeordnete dort sind, nicht nur Solidarität zeigen, sondern auch mit den Menschen ins Gespräch kommen. Ich will noch einmal sagen: Mein Eindruck ist, dass die Beschäftigten dort sehr wohl wissen, dass sich diese Landesregierung, nicht nur die Umweltministerin Priska Hinz – Vier-Stufen-Plan als Stichwort –, sondern auch der Ministerpräsident selbst, nahezu wöchentlich mit diesen Fragen beschäftigt. Das Unternehmen kann sich darauf verlassen, dass das auch so bleiben wird.

Kolleginnen und Kollegen, hier ist Herr Ramelow gelobt worden. Jetzt muss ich einmal einen kleinen Schlenker nach Thüringen machen, wenn Sie es schon ansprechen. Herr Rentsch, dass Sie Herrn Ramelow loben, ist wirklich bemerkenswert – aber geschenkt. Herr Ramelow ist Chef einer Regierung, in der es eine Umweltministerin gibt – die GRÜNEN hören gerade einmal weg; aber ich darf das,

auch wenn es eine grüne Kollegin in Thüringen ist, kritisieren –,

(Zuruf der Ministerin Priska Hinz)

die sich seit Jahren gegen die Versenkerlaubnis ausspricht, die dringend erforderlich ist, und die Hessische Landesregierung in Person von Priska Hinz auffordert, diese Versenkerlaubnis zu versagen. Dann wollen Sie uns hier erklären, dass Herr Ramelow derjenige sei, der dieses Unternehmen rettet. Das ist abenteuerlich. Ihn hier als weißen Ritter zu bemühen, das ist schon bemerkenswert.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Schäfer-Gümbel, Sie sagen häufig zu Recht, wir dürfen die Menschen nicht gegeneinander ausspielen. Zu dem, was das bedeutet, will ich nur so viel sagen: Es gibt Menschen in dieser Region, parteiübergreifend, in jeder Partei, politisch verantwortliche, aber auch Bürger, die in dieser Region wohnen, die auch noch eine andere Sorge haben. Sie haben nämlich die Sorge um ihr Grundwasser, um ihr Trinkwasser.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das habe ich gesagt!)

Ich erinnere daran: Wir haben einmal eine Petition in der Europäischen Union gehabt, die hatte innerhalb weniger Tage über eine Million Unterzeichner. Da ging es um die Frage der Privatisierung der Unternehmen im Bereich Trinkwasser. Das zeigt höchste Sensibilität der Menschen, wenn es um das Trinkwasser geht. Das wiederum bedeutet für das Thema, das Sie angesprochen haben: Wir dürfen die einen nicht gegen die anderen ausspielen, wir müssen beides zusammenführen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, das habe ich doch gesagt!)

Zu dem Zusammenführen gehört – ich habe es eben schon einmal angesprochen –, dass das, was der Gesetzgeber, also wir als diejenigen, die auch Hüter eines so wertvollen Lebensmittels sind, in Gesetze gegossen hat, am Ende auch umgesetzt und nicht einfach so zur Disposition gestellt wird.

Herr Rentsch, wie dürfen wir denn Ihren Antrag, Ihren Brief an den Ministerpräsidenten verstehen? Der Ministerpräsident wird von der FDP aufgefordert, heute von Herrn Rentsch wiederholt, er soll jetzt doch einmal dafür sorgen, dass in den nächsten vier Wochen die Genehmigung erteilt wird.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das kann doch nicht wahr sein!)

Herr Rentsch, in welchem Rechtsstaat leben Sie denn? Das entscheidet doch nicht der Ministerpräsident par ordre du mufti. Das entscheiden Behörden auf der Grundlage von Recht und Gesetz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein Vorgang, der am Ende auch gerichtsfest sein muss. Was nützt es denn Kali + Salz und den Beschäftigten, wenn wir hoppladihopp zu einer vermeintlichen Lösung kommen und am Ende des Tages vor Gericht landen? Sie können sicher sein, dass es Klagen gegen eine solche Genehmigung geben wird – das haben wir bisher schon erlebt –, sei es von Kommunen oder auch von Bürgerinnen

und Bürgern. Wir brauchen Rechtssicherheit, wir brauchen Klarheit und einen Rechtsstaat. Ich wundere mich, dass Sie diese Verfahren und diese Grundsätze so infrage stellen.

Weil wir gerade dabei sind: Herr Gremmels hat in einer der letzten Debatten – ich glaube, es war schon 2015 – sehr klare Worte gesagt. Ich empfehle der SPD-Fraktion, einfach einmal zu verinnerlichen, was Herr Gremmels damals gesagt hat – ich darf das mit Erlaubnis der Frau Präsidentin zitieren –, und noch einmal darüber nachzudenken, ob es klug ist, hier solche Auftritte zu haben, bei denen auch Sie insinuieren, es müsse jetzt der Ministerpräsident auf den Tisch hauen, damit das vorankommt.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wer hat das gesagt?)

Herr Schäfer-Gümbel, Ihr Kollege Herr Gremmels hat seinerzeit gesagt:

Ich will für meine Fraktion deutlich machen, dass wir in erster Linie Kali + Salz in der Verantwortung sehen, dass die umweltrechtlichen Vorgaben bei der Förderung, bei der Produktion und auch bei der Abwasserbeseitigung eingehalten werden.

(Norbert Schmitt (SPD): Selbstverständlich!)

Weiter stelle ich für die SPD-Fraktion fest, dass eine weitere Versenkung nur dann erlaubt werden kann, wenn der Trinkwasserschutz gewährleistet ist. … Die zwingende Voraussetzung dafür ist das Vorliegen des sogenannten 3-D-Grundwassermodells.

Wir alle in diesem Hause, die wir uns mit diesen Fragen beschäftigen, wissen, dieses 3-D-Grundwassermodell liegt bis heute nicht vor. Ich sage das ohne Schuldzuweisung; es ist ein hoch komplexes Thema. Insofern wäre ich dankbar, wenn Sie sich der Meinung Ihres Fraktionskollegen Gremmels einfach anschließen würden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Norbert Schmitt (SPD): Wo bleibt jetzt der angebliche Widerspruch?)

Der gleiche Herr Gremmels sagt, es dürfe kein Druck auf die Behörden aufgebaut werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage zum Schluss sehr klar: Wir haben eine ganze Reihe von Aufgaben zu erledigen, auch politische Aufgaben. Bei dieser Veranstaltung sind nicht nur von Herrn Vassiliadis, sondern auch vom Betriebsratsvorsitzenden Döll sehr klare Worte gesagt worden, auch in Richtung unserer Nachbarländer. Die Beschlussfassungen des Niedersächsischen Landtags kennen wir. Ich sage gleich dazu, weil es sonst von Ihrer Seite zu Recht kommt: auch mit Unterstützung der CDU. Aber unter der Regierungsverantwortung von SPD und GRÜNEN ist es Politik in Niedersachsen, gegen vieles zu votieren, was bei der Lösung des Problems helfen könnte. Stichwort: Werra-Bypass; so heißt das mittlerweile im Fachjargon.

Dieser Ministerin ist ein komplexes Gesamtwerk gelungen: Vier-Stufen-Plan und gemeinsame Verabredungen mit der Anrainergemeinschaft: Was muss denn jetzt alles passieren, und was machen wir optional noch für den Fall, dass Versenkungen und andere Dinge nicht stattfinden können? – Es ist dieser Ministerin Hinz gelungen, alle zueinanderzuführen und dem Unternehmen einen glasklaren Weg für die nächste Zukunft aufzuzeigen.

Deswegen komme ich abschließend zu einem wesentlichen Punkt, den wir in dieser Debatte nicht außer Acht lassen dürfen. Herr Kollege Rentsch hat auch noch den Flughafen hineingerührt. Hier geht es nicht darum, schwarz-weiß zu malen. Hier geht es nicht darum, nur den ökonomischen Teil oder nur den ökologischen Teil zu sehen.

Herr Schäfer-Gümbel, ich will einen Satz sehr klar kritisieren, den Sie gesagt haben.