Sie haben Ihre traditionelle Beziehung zum Bergbau angesprochen. Das wird Ihnen keiner nehmen. Ich kann mit dieser Tradition, dieser Bindung und dem Kümmern aller Beteiligten, auch der Sozialdemokraten, nicht nur gut leben, sondern ich finde sogar, es ist eine tolle Geschichte, dass der Bergbau in unserem Land – übrigens bis 2060, wenn wir das alles jetzt hinbekommen – nicht nur eine Tradition, sondern auch eine Zukunft hat.
Ich möchte nur auf zwei Punkte, die Sie angesprochen haben, eingehen. Der eine ist das 360-Millionen-€-Programm. Ich glaube nicht, dass ich gesagt habe, das Land habe 360 Millionen € investiert.
Wie käme ich denn dazu, zu sagen, dass das Land 360 Millionen € investiert hat? Wenn wir das gemacht hätten, hätte ich sehen wollen, was Sie – vor allem die LINKEN – dann gesagt hätten: z. B. dass wir dem Konzern die Taschen vollmachen. Ich glaube, das ist selbstverständlich.
Es geht um ein 360-Millionen-€-Programm aus der Vergangenheit – Sie haben eben davon gesprochen, dass es mittlerweile 400 Millionen € geworden sind –, das im Rahmen des Dialogs, den die Landesregierung seit vielen Jahren mit dem Unternehmen führt, entstanden ist. In diesem Dialog wurde dem Unternehmen tatsächlich eine Reihe von Investitionen vorgegeben, die ein gewaltiges Volumen haben. Sie haben es angesprochen.
Ich will einen zweiten Punkt ansprechen. Sie haben die Nachbarländer erwähnt. Noch einmal: Könnten wir uns darauf verständigen, dass das Thema sehr vielschichtig ist? Ich bin weder Chemiker noch Physiker, noch Geologe: Wenn ich mir als Laie anschaue, wie die Entsorgung funktioniert, vom Einstapeln über das Einleiten, die Nordseepipeline, die kürzere Variante Oberweserpipeline bis zu den alten Kavernen – es gibt Verhandlungen mit der Niedersächsischen Landesregierung darüber, uns solche Räume zur Verfügung zu stellen; ich glaube, dazu liegt auch ein Brief der Frau Ministerin an ihren dortigen Kollegen vor –, komme ich zu dem Schluss, dass das sehr komplex ist und dass es an vielen Stellen auch technische Weiterentwicklungen gab, die hin und wieder dazu geführt haben, dass das Unternehmen seine Politik aus wirtschaftlichen Gründen verändern musste. Ich habe es eben angesprochen.
Frau Präsidentin, letzter Satz. – Lassen Sie deswegen uns alle darauf hinwirken, dass ein solcher Brief in Richtung Niedersächsische Landesregierung nicht wirkungslos bleibt, und lassen Sie uns alle – jede Fraktion für sich, je
der in seinem Beritt, in seiner Einflusssphäre – versuchen, dem Unternehmen zu helfen, dass es die Dinge, die zum Antragstellen notwendig sind, auch beibringt. Dann gibt es auch in Hessen einen Antrag, der dem Unternehmen Produktionssicherheit gibt und auch die Arbeitsplätze sicher macht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Viele von uns haben in der letzten Woche Tausende verunsicherter Kalikumpel und ihre Familien gesehen. Die sind sauer auf die Politik. Das ist zugleich richtig und falsch. Es ist falsch, weil sie glauben, die Politik müsste einfach für ein „Weiter so“ sorgen. Es ist richtig, weil die Politik das Unternehmen in den letzten Jahren nicht zu einer modernen Produktion gezwungen hat. Richtig wäre an dieser Stelle aber auch ein gerüttelt Maß an Kritik der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Management von Kali + Salz.
Schädlich ist es aber, wenn die selbst ernannten Kalikumpel-Versteher der letzten Wochen den Beschäftigten bei K+S vorgaukeln, das Land müsse einfach nur schneller genehmigen, um die Probleme zu beseitigen. Das muss man nach Recht und Gesetz machen; da bin ich ausnahmsweise bei Herrn Boddenberg.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Das lasse ich Ihnen gerade noch einmal durchgehen, dass Sie bei mir sind!)
Es ist auch schändlich, wie Sie mit Blick auf die nächsten Wahlen mit den Gefühlen der verunsicherten Bergleute spielen. Herr Rentsch, es wäre doch ehrlicher gewesen, zu sagen, dass Sie hier für die Aktionäre sprechen.
In Thüringen hat der Kalibergbau eine Perspektive von ca. 15 Jahren. In Hessen rechnet man mit 30 Jahren. Danach bleiben, wenn es nach der Hessischen Landesregierung und K+S geht, ungenießbares Grundwasser und die Salzhalden mit ihren Abwässern zurück. Deswegen müssen wir schon in den nächsten fünf Jahren zu entscheidenden Verbesserungen bei der Entsorgung der Abfälle kommen, nicht erst in 50 Jahren.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass jeder Kubikmeter Lauge, der versenkt wird, unweigerlich zu noch größeren irreparablen Schäden am Grundwasser führt. Im hessischen Heringen zerstört das salzhaltige Grundwasser die Kanalisation und gefährdet das Klärwerk. Wegen versalzener Trinkwasserbrunnen musste die Gemeinde schon an die Fernwasserleitung angeschlossen werden. Auch im thüringischen Gerstungen versalzen die Trinkwasserbrunnen. Von der Hattorfer Halde in Hessen fließen mit Schwermetallen und Salz belastete Haldenabwässer in das Thüringer Grundwasser. Die Nutzung eines ganzen Grundwassergebiets ist im Juni verboten worden.
Es ist an Populismus kaum zu überbieten, wenn angesichts dieser Tatsachen Vertreter von SPD, CDU und FDP die
Behörden auffordern, die Anträge von K+S schneller zu bearbeiten und Versenkungen und Haldenerweiterungen zu genehmigen. Was da von der Politik in diesem Haus gefordert wird, ist nicht nur kurzsichtig, sondern es ist sogar ein Aufruf zur Begehung von Straftaten. Die Fortsetzung der Versenkung, die die FDP und nun auch die SPD fordern, verstößt gegen das Wasserhaushaltsgesetz.
Deswegen, weil es genau dagegen verstößt, wird doch nicht genehmigt. Daher müssen Sie doch nicht „Was?“ fragen, Herr Schäfer-Gümbel.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen aus dem Wirtschaftsressort, Umweltgesetze sind eben kein entbehrlicher Luxus. Wie die Schäden in Heringen und Gerstungen eindeutig zeigen, geht es um den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen – vor allem um unser Trinkwasser und um die Vermeidung hoher Kosten durch Umweltschäden.
Von 1977 bis heute hat die Gemeinde Heringen 74 Millionen € aus Steuergeldern allein für die Reparatur der Kanalisation aufwenden müssen. Wovon ist die denn kaputtgegangen? – Es ist erschreckend, dass den Genossen Sozialdemokraten die volkswirtschaftliche Perspektive fremd zu sein scheint. Während die Kosten für die Umweltschulden beim Steuerzahler verbleiben, fließen die Gewinne aus der Kaliproduktion zu den Aktionären. Wir haben es hier mit einem international agierenden Konzern zu tun, der sich zu 61 % in den Händen institutioneller Investoren befindet. Diesen Investoren sind die Umweltprobleme in Thüringen und Hessen so lange gleichgültig, bis sie zu einer Bedrohung ihrer Rendite werden; und Arbeitsplätze sind für diese ohnehin nur Mittel zum Zweck.
(Ernst-Ewald Roth (SPD): Das ist ein Sturm im Wasserglas! – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)
Hier muss eine moderne und nachhaltige Industriepolitik ansetzen, die die ökologische, soziale und ökonomische Dimension der Kaliproduktion auf der Höhe kapitalistischer Verwertungsprozesse sowie der Technik behandelt.
Es ist die Aufgabe der Politik, die Konzernleitung zur Einhaltung der Gesetzgebung zu zwingen und sie beim Aufbau umweltfreundlicher Produktionsverfahren zu unterstützen, und zwar bei zukunftsfähigen Entsorgungswegen, die nicht gleich vor Gericht landen oder bei der Europäischen Kommission ein Mahnverfahren befördern, weil sie die Gewässer weiter versalzen. Davon müssen wir weg, sonst ist dies für die Kaliproduktion das Ende.
Stattdessen setzen die Landesregierung und die Konzernspitze auf ein Modell, das nachweisen soll, dass das Abwasser unter Tage bleibt, wo doch jeder in der Region weiß, wo die Brühe wieder heraufkommt. Oder sie wollen Abwasser unter Tage stapeln, wo wiederum jeder Kumpel weiß, wie hoch riskant das ist.
Zu guter Letzt sollen die Halden abgedeckt werden. Das ist noch so eine Luftnummer, von der die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass sie nicht geht. Selbst wenn sie ginge, bliebe noch immer Abwasser übrig. Nichtsdestotrotz wer
den dafür Forschungsgelder verbrannt. Das ist nichts als Augenwischerei, die am Ende zulasten der Kalikumpel geht. Herr Schäfer-Gümbel, es ist auch völlig wurscht, ob es der Vier-Phasen-Plan, der Masterplan oder sonst irgendein Plan ist: Der Weg an sich ist falsch. Wir brauchen dringend einen anderen Weg.
Das können wir ganz leicht sagen. Seit Jahren fordern wir im Parlament, es ist jetzt schon die dritte Landesregierung, die wir auffordern, Kali + Salz zu einer nachhaltigen Kaliproduktion zu verpflichten.
Die Salzhalden müssen unter Tage gebracht werden. Die Rohstoffe in den flüssigen Abfällen müssen optimal, also auf der Höhe des Standes der Technik, genutzt werden. Das würde auch noch Geld einbringen. Die restlichen Laugen müssen eingedampft werden. Durch die Verfüllung der Hohlräume könnten später unter Umständen sogar Stützpfeiler, die jetzt zur Stabilisierung stehen bleiben müssen, abgebaut werden. Damit würde zusätzlich unter Umständen auch der Abbauzeitraum verlängert werden.
Wie kurzfristig Übergangslösungen geschaffen werden können, hat die thüringische Landesregierung vorgemacht. Während die hessische Umweltministerin noch immer auf das versprochene Grundwassermodell wartet, wurde innerhalb weniger Wochen in Thüringen die Genehmigung für eine vorübergehende Einlagerung von Salzlaugen in ungenutzten unterirdischen Kavernen gegeben. Der thüringische Wirtschaftsminister Tiefensee hat sich bei der Firma K-UTEC über alternative Aufbereitungsverfahren informiert; und Ministerpräsident Ramelow lädt zu einem Kaligipfel ein, um über die Zukunft der Thüringer Kaliproduktion und über den Umgang mit den Altlasten zu verhandeln. Das ist etwas anderes als ein runder Tisch. Das ist nämlich bei der Landesregierung angesiedelt, und es hat eben nicht derjenige die Hoheit, der bezahlt, nämlich K+S.
Was macht Hessen? – Die hessische Umweltministerin hält weiterhin an dem nicht umsetzungsfähigen Vier-PhasenPlan mit Versenkung, Aufhaldung und Oberweserpipeline fest. Das ist ein Irrweg und ein Armutszeugnis.
Mit Ihrer Unterstützung bei der Kalibrierung des Grundwassermodells von K+S – da können Sie noch so stöhnen, es ist so –, der Einberufung einer Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Endkalibrierung“, dem Maulkorb für das HLNUG und mit der fortlaufenden Falschinformation der Öffentlichkeit begeben Sie sich, Frau Ministerin, auf ganz dünnes Eis.
Meine Damen und Herren, Schwarz-Grün setzt das Ökodumping der letzten Landesregierungen fort. Priska Hinz schafft an dieser Stelle die Wende leider nicht. Mehrfach haben wir dem Parlament den Dreistufenplan der WerraWeser-Anrainerkonferenz vorgestellt. Wir könnten in Hessen in sieben Jahren, nicht erst in 50 oder 60 Jahren, zu einer Kaliproduktion ohne Abgabe von Abwässern in die Umwelt und ohne neue Salzhalden kommen. Dass das
technisch machbar ist – deswegen kann ich Ihr Augenrollen langsam nicht mehr ertragen –, hat das Umweltbundesamt bestätigt. Also erzählen Sie hier nicht, es gehe nicht.
Aber CDU und GRÜNE in Hessen wollen diesen Weg nicht gehen. Warum das so ist, erschließt sich mir nicht. Allerdings stellt sich schon die Frage, wie lang der Arm von Kali + Salz an dieser Stelle ist.
Ich frage Sie auch: Wer wird für die Schäden, für die Halden und das versalzene Grundwasser, aufkommen, die nach dem Ende der Kaliproduktion noch verursacht werden? – Herr Kollege Warnecke bestimmt nicht. Wer kümmert sich um die arbeitslosen Bergleute? – Von einer verantwortungsvollen Industriepolitik für die Menschen in diesem Land kann daher nicht die Rede sein. Die Landesregierung hat auch kein Konzept dafür, wie eine solche Politik aussehen könnte.
Im Gegenteil: Wenn der Hessische Ministerpräsident Bouffier dem Vorstandsvorsitzenden von K+S auf einer Südamerikareise bei der Durchsetzung neuer Geschäftsideen in Chile die Hand hält, dann hat das mit einer Politik für die Menschen in Hessen nichts zu tun. Wie naiv muss man eigentlich sein, um zu glauben, dass es, wenn es dem Weltkonzern K+S gut geht, auch den Beschäftigten von K+S in Hessen gut geht? Das Einzige, was passiert, ist, dass die Boni der Topmanager steigen. Kein Arbeitsplatz in Hessen wird damit gerettet. Dafür produziert Kali + Salz nicht. Oder hat Ihnen Herr Steiner etwas Derartiges versprochen?