Protokoll der Sitzung vom 15.09.2016

Wir haben in den letzten Jahren immer wieder Anträge zum Landeshaushalt eingebracht. Wir wollten mindestens 4.000 neue Sozialwohnungen schaffen und im letzten Jahr 10.000 neue Wohnungen. Mit unseren Anträgen hätten wir wenigstens den Ausgleich der in den letzten Jahren aus der Sozialbindung gefallenen Wohnungen erreicht. Diese Anträge haben Sie leider abgelehnt.

Wir sagen: Wohnen ist ein Menschenrecht. Die Versorgung der Menschen mit Wohnraum ist zu wichtig, um sie dem Markt zu überlassen. In Städten wie Frankfurt sehen wir, wohin das führt. Es entsteht immer mehr hochpreisiger Wohnraum, es entstehen immer mehr Büroräume, und das, obwohl in Frankfurt über 2 Millionen m2 Bürofläche leer stehen.

Kriminalisiert werden aber nicht diejenigen, die Gebäude grundlos leer stehen lassen und damit Wohnraum weiter verknappen. Wir fordern seit Jahren, dass die Kommunen endlich wieder gegen Leerstand vorgehen. Kriminalisiert werden die Menschen, die durch Hausbesetzungen auf die Misere hinweisen und leer stehende Gebäude einer sinnvollen Nutzung zuführen. Es kann doch nicht sein, dass mit Wohnraum spekuliert wird, während andere obdachlos sind. Deshalb unterstützen wir Initiativen wie Project Shelter, die durch ihre Aktionen auf die Misere hinweisen und sagen, wie man Wohnraum sinnvoll nutzen könnte.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Die Frage lautet: Wem gehört die Stadt? – Es ist höchste Zeit, die derzeitigen Eigentumsverhältnisse auf dem Wohnungsmarkt zu hinterfragen und zu verändern. Wir brauchen mehr sozialen Wohnungsbau und keinen Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften der öffentlichen Hand. Es kann doch nicht sein, dass Hartz-IVBezieher zu Umzügen gezwungen werden, weil ihre Wohnungen ein paar Quadratmeter zu groß sind, während Eigentümer ihre Gebäude leer stehen und verfallen lassen.

Die Maßnahmen von Bund und Land reichen überhaupt nicht aus. Die Mietpreisbremse ist unwirksam, sie wird systematisch unterlaufen. Deswegen brauchen wir endlich auf der Ebene des Bundes und der Länder eine Wohnungsbauoffensive, die einen solchen Namen auch verdient hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Das Wort hat Herr Abg. Caspar, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dankbar, dass sie zur Aktuellen Stunde das Thema Wohnungsbau und Wohnungspolitik aufgerufen haben. Es ist für die Menschen in Hessen ein sehr wichtiges Thema. Als Koalition stehen wir dafür, dass wir alles tun werden, dass alle Menschen in Hessen angemessen wohnen können.

Ich bin Ihnen auch deswegen dankbar, weil wir die Möglichkeit hatten, die Opposition zu diesem Punkt zu erleben, die sich sehr unterschiedlich aufgestellt hat. Die FDP hat erklärt, die Landesregierung gebe für diesen Bereich zu viel Geld aus. Die Linkspartei hat erklärt, die Landesregierung gebe in diesem Bereich zu wenig Geld aus. Die SPD hat es gar nicht verstanden, wie sich das Geld zusammensetzt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Ah!)

Meine Damen und Herren, man kann ja sagen: Mit so einer Opposition ist kein Staat zu machen und der Wohnungspolitik in Hessen auch nicht zu helfen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Schmitt, Sie sollten zuhören, vielleicht hilft es dann, dass Sie Dinge besser nachvollziehen können. Aufgrund Ihrer Fragen konnte man sehen, dass es da noch sehr viele Defizite gibt.

Für die Wohnungspolitik ist das Land aufgrund der Föderalismusreform zuständig. Das Land bringt hierbei sehr viele Förderprogramme auf den Weg. Es unterstützt den Wohnungsbau, wo immer es möglich ist. Man muss aber auch ganz klar sagen: Es gibt auch andere Ebenen, die auch das Ihre auf ihren Ebenen leisten müssen.

Jeder kann feststellen, dass es keinen Mangel an Eigentumswohnungen und auch nicht an Büroflächen gibt, allerdings aber einen Mangel an Mietwohnungen, weil viele Investoren sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten zurückgezogen haben. Bestimmte Dinge, die z. B. Herr Maas

da wären Sie von der SPD gefragt – auf Bundesebene momentan auf den Weg bringen will, würden dazu beitragen, dass noch weniger Investoren bereit sind, sich im Mietwohnungsbau zu engagieren.

Sie können das daran sehen, dass wahrscheinlich genauso wenig wie zu mir zu Ihnen jemand gekommen sein wird, der gesagt hätte, er finde im Ballungsraum keinen Büromietraum oder keinen Gewerbemietraum. – Da haben wir ein anderes Mietrecht. Da haben wir genug Investitionen. Da haben wir einen funktionierenden Markt. Dort, wo der Bund immer wieder massiv in das Mietrecht eingreift, haben wir die Probleme, dass sich die privaten Investoren zurückziehen.

(Zurufe von der SPD)

Das Zweite ist die kommunale Ebene. Auch das muss angesprochen werden. Wir hatten bis in die Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts die Regelung, dass auch Private Wohnbauflächen ausweisen und entwickeln durften. Das hat der damalige Reichsgesetzgeber mit der Begründung eingestellt, man müsse etwas gegen den Bodenpreisverfall tun. Seitdem haben die Kommunen das Monopol bei der Ausweisung von Wohnbauflächen. Aber wenn man das Monopol hat, dann hat man meiner Ansicht nach auch die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diejenigen, die Mietwohnungsbau leisten wollen, und diejenigen, die öffentlich geförderten Wohnungsbau leisten wollen, wie z. B. die Nassauische Heimstätte, die ABG oder andere, sagen uns: Der Engpass sind momentan nicht Förderprogramme des Landes Hessen, sondern der Engpass sind die Flächen. – Hier sind die Kommunen gefragt. Deswegen mein Appell auch von dieser Stelle aus an die Kommunen,

(Norbert Schmitt (SPD): Da sind wir uns ausnahmsweise einig!)

in den Gebieten, in denen zusätzlicher Wohnraum gebraucht wird, entsprechende Flächen auszuweisen oder auch Verdichtungen zuzulassen. Denn natürlich wollen wir eine Innenentwicklung in den Städten stärken. Aber dazu bedarf es auch der Mitwirkung der Kommunen, die die Verdichtung zulassen müssten. Das ist kommunale Verantwortung.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das reicht nicht aus, Herr Caspar! Das wissen Sie auch!)

Insoweit kann das Land das nicht alleine regeln, sondern Kommunen und Bund müssen hier mitwirken. Das, was das Land in dem Bereich machen kann, macht es hervorragend.

Herr Siebel, wenn Sie zig Fragen haben – Sie haben einen Faktencheck angesprochen –: So etwas gibt es im Hessischen Landtag, das heißt Kleine Anfrage, das heißt Große Anfrage, das heißt Dringlicher Berichtsantrag. Das können Sie alles machen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Aber nur, wenn wir auch Antworten kriegen! – Zurufe von der SPD)

Dann bekommen Sie die Fakten mitgeteilt. Wenn Sie es dann noch lesen, besteht wenigstens die Chance, dass Sie es verstehen. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Caspar. – Das Wort hat Frau Ministerin Priska Hinz. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass wir heute über dieses Thema diskutieren; denn es ist tatsächlich ein ernstes Thema, und wir haben im Land eine Verantwortung gegenüber den Menschen, die niedrige Einkommen haben. Aber selbst bei mittleren Einkommen ist es im Ballungsraum schwierig, eine angemessene Wohnung zu finden. Hier trägt das Land Verantwortung. Wir wollen heute Morgen deutlich machen, dass wir diese Verantwortung auch wahrnehmen.

Die Wohnungsbedarfsprognose bis 2020 zeigt, dass wir etwa 37.000 Wohnungen jährlich brauchen, nicht 20.000, wie Sie vermutet haben, Frau Wissler.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist noch schlimmer! – Janine Wissler (DIE LINKE): Manchmal untertreibe ich auch!)

Aber es sind nicht nur Sozialwohnungen, die man braucht. Hier ist es so, dass auch frei finanzierter Wohnungsbau dringend notwendig ist, damit es insgesamt eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt gibt. Auch dadurch werden Mietpreisniveaus wieder gesenkt. Von daher ist es notwendig, dass hier alle an einem Strang ziehen, egal ob es private Investoren sind, Kommunen oder Wohnungsbaugesellschaften.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wofür wir die Verantwortung tragen, ist, dass der soziale Wohnungsbau gefördert wird, und das tut das Land nachhaltig. Ich bin verblüfft, dass die SPD so einfache Sachen wie die Zahlen nicht versteht, die wir für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen.

(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Wir haben zwischen 2015 und 2018 im Land Hessen 1 Milliarde € für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung. Weil wir wissen, dass es noch mehr Sozialwohnungen braucht, stocken wir diese Mittel um weitere 130 Millionen € in den Jahren 2018 und 2019 auf.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei diesen Mitteln handelt es sich um Landesmittel aus dem Sondervermögen inklusive Kommunalinvestitionsprogramm von 865 Millionen €

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

und Bundesmittel, und zwar nur Kompensationsmittel, in Höhe von 268 Millionen €. Das heißt, das Land stellt die Hauptmittel zur Verfügung. Wenn Sie das KIP ansprechen, dann genügt ein Blick in das Landesgesetz zum Kommunalinvestitionsprogramm. Darin steht: Das Land stellt 230 Millionen € für die Kommunen für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Ein Blick ins Gesetz genügt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Aber die Mittel kommen vom Bund!)

Herr Kollege Schmitt, die Bundesmittel würden dazu gar nicht ausreichen. – Ich bin froh, dass auch die Bundesregierung erkannt hat, dass die Kompensationsmittel erhöht werden müssen, auch noch in den nächsten Jahren. Aber wichtig ist, dass das Land hier seiner Verantwortung gerecht wird und wir nicht nur die normalen Sonderprogramme fahren, sondern auch mit dem KIP unbürokratisch Landesmittel für die Kommunen zur Verfügung stellen.

Wie Sie wissen, haben wir die Programme den gegenwärtigen Marktbedingungen noch einmal angepasst. Wir haben die Zinsen um ein Drittel gesenkt. Wir haben eine Zuschusskomponente in die Programme eingeführt. Wir haben ein Programm für mittlere Einkommen aufgelegt und nachholend ein Programm für den studentischen Wohnraum, weil wir wissen, dass wir hier Nachholbedarf haben.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist unglaublich!)

Dieses Programm wird unglaublich gut angenommen; denn die Studierenden sind ansonsten Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt für Familien, und das halten wir nicht für sinnvoll.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen sagen, was wir allein in diesem Jahr für einen Erfolg haben. In diesem Jahr wurden Vorhaben mit einem Umfang von rund 230 Millionen € angemeldet. Fast 130 Millionen € – das habe ich vorhin bei der mündlichen Frage gesagt – entfallen auf das KIP. Das sind Fördermittel für rund 2.800 Wohnungen. Das sind sechsmal so viele Wohnungen wie vor meinem Amtsantritt. Das mag der SPD wehtun. Deswegen reagieren Sie da so angestochen.

(Lachen des Abg. Timon Gremmels (SPD))