Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion wird dem vorliegenden Gesetzentwurf in der zweiten Lesung zustimmen, wie wir dies auch im Ausschuss getan haben. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass wir Gelegenheit hatten, die Anhörungsunterlagen der Regierung einzusehen. Uns ist beim Studium dieser Anhörungsunterlagen nichts aufgefallen, was zu substanziellen Änderungen an diesem Gesetzentwurf führen müsste. Ich will nicht wiederholen, was die Vorredner betreffend Einbeziehung bisheriger Verordnungslösungen in das Gesetz gesagt haben. Das ist sicherlich eine sinnvolle Sache.
Aber wenn wir heute noch einmal darüber debattieren, will ich einen Punkt aufgreifen, den wir im Ausschuss nachgefragt haben. Es gab einen Kritikpunkt der Arbeitsgemeinschaft der Berufsakademien zu § 11 des Gesetzes, „Abschlussbezeichnung“. Hier wurde darum gebeten, dass die Abschlussbezeichnung „Bachelor“, die an den Hochschulen verwendet wird, durch die Begrifflichkeit „Bachelorgrad“ oder „akademischer Grad“ ersetzt wird, um eine Gleichstellung auch in der Bezeichnung zu gewährleis
ten. Das Gesetz sieht zwar vor, dass dies hochschulrechtlich gleichgestellt ist, verwendet aber eine andere Bezeichnung.
Das ist für uns ein Hinweis darauf, dass Gleiches ungleich behandelt wird. Wir haben uns informieren lassen, dass dies auf einer Vereinbarung der Kultusministerkonferenz beruht und dass deswegen innerhalb des Gesetzesrahmens in Hessen zunächst keine Änderung möglich ist. Wir würden aber anregen, dass man sich darüber unterhält, im Rahmen der Kultusministerkonferenz einen entsprechenden Vorstoß zu machen.
Abschließend. Ich habe gesagt, wir stimmen dem Gesetzentwurf zu. Ich denke, es ist wichtig, die dualen Studiengänge weiter zu stärken. Darüber haben wir hier im Haus schon des Öfteren debattiert. Ich glaube, es sind weitere Anstrengungen notwendig, um die Zahl der Studierenden nicht nur an den Berufsakademien, sondern auch an den Hochschulen im dualen Studium weiter zu erhöhen, weil dies ein Weg ist, der mit Sicherheit in Zukunft in unserem Land eine wesentlich größere Rolle spielen wird. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist so viel Wichtiges und Richtiges gesagt worden,
insbesondere durch Herrn Hofmeister und Herrn May, dass ich das gar nicht ergänzen kann. Frau Wissler ist für ihre Verhältnisse ausgesprochen mild mit mir umgegangen. Verehrte Frau Habermann, Ihre Anregung nehme ich natürlich auf.
Insoweit schlage ich vor, dass ich, auch mit Blick auf die Uhr und den nächsten Tagesordnungspunkt, meine Rede zu Protokoll gebe. – Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, die Aussprache in zweiter Lesung ist beendet. Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.
Wer dem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, GRÜNE,
SPD. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Das sind DIE LINKE und die FDP. Dann stelle ich fest, dass mit der Mehrheit des Hauses der Gesetzentwurf in zweiter Lesung angenommen worden ist und zum Gesetz erhoben wird.
Große Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) und Fraktion betreffend Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB in Hessen – Drucks. 19/3133 zu Drucks. 19/2048 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei dieser Antwort auf unsere Große Anfrage sollten wir gemäß dem Motto handeln: Lasst uns lieber über Dinge reden, über die nichts gesagt wurde. Ansonsten wären wir auch schnell fertig.
Die Anfrage hat eineinviertel Jahre auf dem Rücken. Die Antwort der Landesregierung ist vom Februar dieses Jahres. Dann wurde sie von Sitzung zu Sitzung geschoben. Somit hatte insbesondere ich genug Zeit, mich von der Qualität der Nichtantworten zu erholen – bevor ich hier anfange, unparlamentarisch über diese Art von Antworten zu reden.
16 Fragen wurden überhaupt nicht beantwortet. Das ist fast ein Viertel der gestellten Fragen. Was ist der Hintergrund dieser Antwortverweigerung? Ist der Aufwand zu hoch, zu überprüfen, wie der Staat mit Menschen umgeht, die er nach einer Straftat aufgrund ihrer Erkrankung in einem geschlossenen, abgesicherten System Krankenhaus unterbringt, und dies meist viel länger, als sie wegen ihrer Straftat im Gefängnis hätten bleiben müssen?
Ist es die Tatsache, dass es sich hier nur um knapp 500 Personen handelt, die aktuell im Maßregelvollzug untergebracht sind? Dabei gibt es auch in diesen Einrichtungen durchaus Fluktuation, weil es vorkommen kann, dass jemand ins Gefängnis zurückverlegt wird oder manchmal sogar in Freiheit entlassen wird. Aber selbst wenn es nur 500 Personen sind, der Grundrechtseingriff, der im Maßregelvollzug erfolgt, ist entscheidend. Dabei haben wir nur nach den Personen gefragt, die aufgrund ihrer Schuldunfähigkeit oder verminderter Schuldfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind.
Mit dem Maßregelvollzug geht einer der schwersten Grundrechts- und Menschenrechtseingriffe überhaupt einher: der Freiheitsentzug auf unabsehbare Zeit. Dieser macht es nach Ansicht der Landesregierung nicht nötig, Übersichten und Statistiken zu führen. Dieser macht es nicht nötig, festzustellen, wie überhaupt mit diesem Mittel und seinen Konsequenzen umgegangen wird. – Ich finde das ganz schön bemerkenswert.
Sie sehen mich an dieser Stelle einigermaßen fassungslos. Dies ist eines Rechtsstaats nicht würdig. Ich möchte noch einmal den ersten Staatenbericht Deutschlands der 13. Tagung des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen zitieren. Ich mache es langsam und deutlich, damit es wirklich jeder mitbekommt:
Der Ausschuss ist tief besorgt darüber, dass der Vertragsstaat die Verwendung körperlicher und chemischer Freiheitseinschränkungen, die Absonderung und andere schädliche Praktiken nicht als Folterhandlungen anerkennt.
Er ist fernerhin besorgt über die Verwendung körperlicher und chemischer Freiheitseinschränkungen, insbesondere bei Personen mit psychosozialen Behinderungen in Einrichtungen und älteren Menschen in Pflegeheimen.
Ich meine, das müssen wir uns anhören. Aber dann gibt es hier ein „Weiter so“, und wir haben noch nicht mal eine Ahnung, wie das ausgestaltet ist.
Im letzten Jahr wurde im Hessischen Landtag ein Gesetz zum Maßregelvollzug verabschiedet. Seitdem müssen die Gründe für die Anordnung einer Maßnahme, das Vorliegen der Voraussetzung sowie die ergriffenen Maßnahmen einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungsund Behandlungsverlauf dokumentiert werden. Außerdem steht darin, dass dies der Genehmigung durch die Fachaufsicht bedarf.
Zu Recht könnten Sie jetzt entgegnen, dass diese Regelung erst seit 2015 gilt. Aber Sie werden nicht so viel entgegnen; Sie hören mir eh nicht zu.
Allerdings gab es auch bei dem Vorgängergesetz durchaus Eingriffe der Einrichtungen, die von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden mussten. Dies galt bei der Einzelunterbringung bzw. unausgesetzten Absonderungen. Ab einem Monat war die Zustimmung der Aufsichtsbehörde erforderlich. Gibt es dazu im Sozialministerium keine Daten, oder warum wurde die diesbezügliche Frage 7 in Abschnitt V unserer Großen Anfrage mit dem Hinweis auf nicht vertretbaren Aufwand abgetan? Das muss mir schon einmal jemand erklären.
Aber auch darüber hinaus hat der Sozialminister die Fachaufsicht. Wie führen Sie diese aus, wenn Sie vieles nicht wissen, weil Sie nicht danach fragen?
Als Fachaufsichtsbehörde waren Sie auch bei der alten Gesetzgebung berechtigt, allgemeine Weisungen zu treffen. Auch wenn wir Sie hier sicherlich nicht aus der Verantwortung entlassen, werden wir besonders darauf schauen, wie die Aufsicht unter der neuen Gesetzeslage funktioniert.
Jetzt komme ich zu den Fragen, die zumindest teilweise beantwortet wurden. Wenn wir uns die Anzahl der Menschen anschauen, die nach § 63 des Strafgesetzbuchs untergebracht sind, fällt eine kontinuierliche Steigerung auf. Wir können fast von einer Verdoppelung innerhalb von 20 Jahren sprechen. Hier muss die Gesellschaft doch einmal fragen: Weshalb passiert das? Gibt es mehr Menschen, die statt im Gefängnis in der Forensik landen, weil ihre psychische Erkrankung erkannt worden ist? Das wäre ja gut. Oder sind die Gefängnisse weniger in der Lage, mit Menschen umzugehen, die eine psychische Beeinträchtigung haben?
Obwohl ein großer Teil der Gefangenen darunter leidet, sind die therapeutischen Angebote in den Justizvollzugsanstalten bei Weitem nicht ausreichend – das wissen wir hinlänglich –, und dies, obwohl die Rückfallwahrscheinlichkeit nach einer Therapie, statistisch betrachtet, deutlich
sinkt. Auch die Bedingungen, unter denen Therapie im Vollzug stattfindet, sind höchst fragwürdig. Erhebungen, die von 50 % weniger Rückfällen bei Sexualstraftätern sprechen, sind jedoch schon beeindruckend.
Die gestiegene Zahl von Untergebrachten nach § 63 des Strafgesetzbuchs lässt uns auch an den präventiven Maßnahmen zweifeln, und dies, obwohl es heute viel bessere und wirksamere psychotherapeutische Möglichkeiten gibt, als es früher der Fall war. Sie müssten aber auch zur Verfügung stehen. Darüber haben wir am gestrigen Tag schon einmal geredet.
Parallel zu der steigenden Anzahl an Untergebrachten hat sich in den letzten sechs Jahren, aus denen Daten vorliegen, die Anzahl der Ärzte und Ärztinnen aber um 30 % verringert. Auch die Zahlen beim Pflegepersonal sind nicht so gestiegen, dass dies ausgeglichen worden wäre. Gleichzeitig sind die Tagessätze in fünf Jahren um 17 % gestiegen. Das können ja wohl nicht die Sachkosten sein, die hier zu Buche schlagen.
Um Missverständnisse auszuschließen: Wir fragen danach, ob der Einsatz der Mittel im Maßregelvollzug sinnvoll ist. Wir fragen, ob es nicht Anreize für eine längere Unterbringung als notwendig gibt. Wir wollen nicht die zum Teil besseren Personalschlüssel und die Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kritisieren – nur um das deutlich zu machen und dem ganz sicher kommenden Vorwurf entgegenzuwirken. Das liegt uns nämlich wirklich fern.
Wir fragen uns eher, ob die Anzahl der Psychologinnen und Psychologen ausreichend ist. Auf die Fragen 5 und 6, wie viele vorhanden sind, haben wir überhaupt keine Antwort erhalten. Dabei wäre es erforderlich, zu wissen, wie viele Therapieangebote es in den Einrichtungen gibt und wie sie von den Untergebrachten genutzt werden können. Denn es geht schließlich darum, dass diese Menschen eine Therapie machen; deshalb sind sie in dieser Einrichtung – sage ich jetzt einmal – „weggesperrt“. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht und die Statistik noch nicht einmal ergibt, wie viele von den Ärzten Psychotherapeuten sind, dann kann man diese Frage nicht beantworten.
Wie kann man denn einem Menschen, der eine Straftat begangen hat und aufgrund seiner Erkrankung behindert oder schuldunfähig ist, anders helfen als durch Behandlung? Dann muss diese Behandlung aber auch stattfinden können. Deshalb ist derjenige in diesem Krankenhaus. Am Geld scheint es nicht zu liegen, da die Kliniken wohl auch Gewinne erwirtschaften und da auch Gelder in den Maßregelvollzug fließen.
Der Personalschlüssel hört sich scheinbar gut an, wird aber nicht umgesetzt. In den vier Einrichtungen fehlen ca. zwölf Ärztinnen und Ärzte, das ist ein Drittel. Beim medizinischtechnischen Dienst und beim Funktionsdienst fehlen 20 Personen. Zum Pflegedienst fehlen die Zahlen, um das beurteilen zu können.
Nicht ohne Grund wurde § 63 des Strafgesetzbuchs vor Kurzem reformiert – nicht unbedingt zu unserer Zufriedenheit, das muss ich auch sagen. Deshalb hat sich unsere Fraktion – wie die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – im Bundestag bei der Entscheidung darüber enthalten.
Die Änderung geschah aus der Erkenntnis heraus, dass immer mehr Menschen immer länger im Maßregelvollzug sit