Protokoll der Sitzung vom 15.09.2016

Die Änderung geschah aus der Erkenntnis heraus, dass immer mehr Menschen immer länger im Maßregelvollzug sit

zen müssen. In der Debatte gab es den Verweis der CDU an die GRÜNEN, die die Qualität der Unterbringung – –

(Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN unterhalten sich mit Abg. Florian Rentsch (FDP).)

Es wäre schon schön, wenn Sie zuhören würden. Ich spreche gerade mit Ihnen. Aber es ist in diesem Haus wohl nicht üblich, dass die Regierung irgendjemandem zuhört. Schon bedauerlich.

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin nicht eingeschnappt, sondern stelle sachlich fest, dass wir ein wichtiges Thema erörtern und dass sich die angesprochenen Menschen, die hier Regierungsverantwortung tragen – und ich entschuldige mich nicht für diesen Ausdruck –, einen Scheiß dafür interessieren.

(Unruhe bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch wahr. Es ist doch wirklich eine Farce, wenn wir hier stehen und ein Thema besprechen, ich Sie dreimal anspreche und niemand aus der GRÜNEN-Fraktion überhaupt nur eine Sekunde lang zuhört. Vielleicht wachen Sie bei Kraftausdrücken auf. Ja, das scheint hilfreich zu sein.

(Unruhe – Zuruf von der CDU: Das könnte ja mögli- cherweise am Redner liegen!)

Das kann auch an der Rednerin liegen, das will ich nicht bestreiten. Aber deswegen hat man mindestens inhaltlich zuzuhören. Es ist durchaus so, dass es hier ein bisschen – –

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das entscheiden wir immer noch selbst!)

Ja, das entscheiden Sie immer noch selbst. Daraus spricht wieder die Arroganz. Sie sollten hier zuhören, weil es Ihre Aufgabe ist, hier zuzuhören.

(Klaus Peter Möller (CDU): Was ist mit Ihnen eigentlich los heute? Haben Sie schlecht geschlafen? – Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren! Man kann vieles merken, nur ob jemand zuhört oder nicht, das merke ich von hier oben nicht. Deswegen ist das eine persönliche Einschätzung der Kollegin. – Sie haben weiterhin das Wort.

Die GRÜNEN haben im Bundestag also kritisiert, wie die Ausführung aussieht. Da musste die CDU sie im Bundestag darauf hinweisen, dass die Qualität der Ausführung bei den Ländern liegt und dass die GRÜNEN doch in einigen Ländern auch etwas mitzureden haben. Sie sollten sich also einmal einigen, ob Sie im Bund etwas kritisieren wollen, was Sie hier im Land nicht hinbekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade die Obergrenze der Unterbringung bei weniger schwerwiegenden Gefahren – sechs bis zehn Jahre – sollte amtlicherseits zur Überprüfung in allen Fällen dienen, in denen der Untergebrachte bereits länger im Maßregelvollzug ist.

Auch die Auswahl der Gutachter muss sorgfältiger erfolgen. Es kann nicht sein, dass immer dieselben Gutachter zu immer denselben Ergebnissen kommen. Ein Mensch, der so lange in einer solchen Einrichtung ist, muss die Chance haben, auch einmal von einem anderen Gutachter begutachtet zu werden.

Aber lassen Sie uns zu den Rechten der Untergebrachten kommen. Ob Patientenverfügungen immer Beachtung finden, bezweifle ich, da ich hierzu auch schon anderes erfahren habe.

Ein ständiges Ärgernis in den Einrichtungen des Maßregelvollzugs sind die Annahme von Post, Besuche, Telefonate, die Wahrung des Postgeheimnisses und der Zugang zu Informationen.

Damit Sie sich das vorstellen können, schildere ich Ihnen das Vorgehen einer Klinik bei der Annahme von Paketen oder Päckchen. Der oder die Untergebrachte muss im Vorhinein den Empfang des Pakets und aller Inhaltsstoffe beantragen. Wenn dies nicht passiert, wird die Annahme verweigert und das Paket mit diesem Vermerk zurückgeschickt, ohne den untergebrachten Menschen davon zu informieren. Verwandte oder Bekannte können ein Geschenk nur dann machen, wenn sie dem Untergebrachten zuvor detailliert mitteilen, was sie ihm denn schenken wollen und was sie in das Paket legen. Für Untergebrachte entstehen dabei am Ende auch noch Kosten, weil sie für Kopien bezahlen müssen.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Okay. – Es geht noch weiter, über Telefonkosten hin zu anderen Dingen.

Ich finde, diese Große Anfrage ist insgesamt so schlecht beantwortet worden, und die Reaktionen hier im Haus sind so eindeutig, dass man sagen muss: Man muss um diese 500 Menschen, die in diesem Land weggesperrt sind, wirklich Sorge haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält Frau Abg. Klaff-Isselmann für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Psychische Erkrankungen sind eine traurige, aber unumstößliche Realität. Bei allem Respekt für die Besorgnisse der Kollegin dürfen wir nicht vergessen, dass es Menschen gibt, die aufgrund ihrer Erkrankung ihr Leben nicht alleine meistern können. Sie können die Verantwortung für sich und ihre Taten nicht tragen. Es gibt Menschen, deren Leiden sie zu einer Gefahr macht, und zwar zu einer Gefahr für sich selbst und ihre Mitmenschen.

Es ist unsere Pflicht, die Verantwortung für jene Menschen zu übernehmen, die diese Verantwortung nicht selbst tragen können. Es ist unsere Pflicht, diejenigen zu schützen,

die Schutz brauchen, und denjenigen zu helfen, die Hilfe brauchen. Es ist unsere Pflicht, im Sinne derjenigen zu handeln, die selbst dazu nicht in der Lage sind.

Wie geht man in solchen Fällen fair und gerecht vor? Wie schützt man sowohl die Betroffenen als auch ihre Umgebung? Wie sieht Gerechtigkeit aus, wenn Schuldfähigkeit ausgeschlossen ist?

Darauf gibt es nur eine Antwort. Das sind die Maßregeln der Sicherung, der Besserung und der Heilung. Bis zur Genesung muss Schaden für alle verhindert werden. Für diese Prinzipien stehen wir ein. In Hessen tun wir genau das.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Patienten in Einrichtungen des Maßregelvollzugs erhalten in Hessen die bestmögliche Behandlung nach höchsten Standards. Zwei Ziele haben dabei oberste Priorität. Erstens geht es um die Heilung des Patienten. Zweitens soll die Unterbringung so lange wie notwendig erfolgen, aber so kurz wie möglich gestaltet werden.

Wir erfüllen unsere Pflicht auf hervorragende Art und Weise. Wir machen das vorbildlich, wie Sie gleich erkennen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Erfolg lässt sich an zwei Zahlen messen. Die erste Zahl lautet 2.368. Die zweite Zahl lautet 7,63.

Es sind nämlich 2.368 Tage, die die Unterbringung im Maßregelvollzug in Hessen im Schnitt beträgt. Das sind 589 Tage, sprich: gut eineinhalb Jahre, weniger als der bundesweite Durchschnitt. Ich wiederhole es: Es sind eineinhalb Jahre weniger als der bundesweite Durchschnitt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich komme zur zweiten Zahl. 7,63 Patienten pro 100.000 Einwohner sind in Hessen in Maßregelvollzugsanstalten untergebracht. Das sind 2,7 Personen pro 100.000 Einwohner weniger, als es bundesweit sind. Auch das ist eine äußerst bemerkenswerte Zahl.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das sind die Zahlen unseres Erfolgs in Hessen. Wir sind darin erfolgreich, Sicherheit für die Betroffenen und ihre Mitmenschen zu gewährleisten. Wir sind darin erfolgreich, hervorragende Rahmenbedingungen für die Therapie und die Heilung zu schaffen. Wir sind darin erfolgreich, betroffene Menschen zu behandeln und sie danach in reguläre Einrichtungen der Eingliederungshilfe zu entlassen. Im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt sind wir darin erfolgreicher.

Wir sollten uns allerdings nicht auf diesen Lorbeeren ausruhen. Mit der Überarbeitung des Hessischen Maßregelvollzugsgesetzes im vergangenen Jahr haben wir die Bedingungen noch weiter verbessert.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Erstens haben wir die Besuchskommission eingerichtet. Zweitens haben wir mit der Einführung der Patientenfürsprecher die Patientenrechte gestärkt. Drittens haben wir die Fachaufsicht gestärkt und das Geschehen transparent gemacht. Transparenz ist hier ein Schlüsselbegriff.

Es gibt eine geradezu historische öffentliche Debatte um die Unterbringungsdauer, die Freiwilligkeit der Behandlung und die Feststellung der Schuldunfähigkeit. Oft wird der Fall Mollath angesprochen. Die traurige Wahrheit ist: Es gab in der Geschichte der Medizin und der Rechtsprechung immer wieder Irrtümer und Fehler.

Wir haben alles getan, damit so etwas in Hessen nicht passiert. Wir sind verpflichtet, jeden Tag daran zu arbeiten, dass in Hessen niemand zu Unrecht in den Maßregelvollzug eingewiesen wird oder in irgendeiner Weise zu Unrecht verurteilt wird.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Menschen, die Schutz und Hilfe brauchen, müssen diese bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die von mir beschriebene vorbildliche Arbeit muss fortgeführt werden. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die bestehenden Regelungen besprochen und auch hinterfragt werden. Ich muss aber ausdrücklich davor warnen, mit dem bestehenden System experimentieren zu wollen. Da die Zahlen unseren hervorragenden Erfolg belegen, darf nichts leichtfertig verworfen werden. Wir dürfen mit der Sicherheit und dem Wohl unserer Bürger nicht leichtfertig umgehen.

Ich will zusammenfassend feststellen: Das aktuelle Recht gibt uns die besten Mittel an die Hand, um diejenigen zu sanktionieren, die gegen Gesetze verstoßen, um diejenigen zu schützen, die Schutz brauchen, und um diejenigen zu behandeln, die der Behandlung bedürfen. Unser Maßregelvollzug arbeitet transparent, patientenorientiert und nach höchsten Standards. Wir arbeiten gemeinsam daran, diese hohen Standards, die Transparenz und die Gerechtigkeit zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dafür stehen wir. Dafür steht die CDU. Dafür steht auch Hessen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)