(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir heute nach intensiver Beratung am Ende ein gutes Gesetz für den Hessischen Rundfunk beschließen. Wir haben die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, und wir haben die Zusammensetzung des Rundfunkrats den gesellschaftlichen Realitäten angepasst. Wir treffen Regelungen zu Transparenz, und wir nehmen den Jugendring und einen Vertreter der muslimischen Religionsgemeinschaften in den Kreis derer auf, die im Rundfunkrat vertreten sind.
Nicht alle sind mit den getroffenen Regelungen zufrieden. Das haben wir in der zweiten Lesung hier schon besprochen. Ich glaube aber, dass wir auch nach den aus der Anhörung aufgenommenen Änderungsvorschlägen insgesamt gute Regelungen für den Hessischen Rundfunk getroffen haben. Ich will noch einmal kurz auf besondere Punkte eingehen.
Erstens. Wir wollen, dass der Rundfunkrat zukünftig geschlechterparitätischer besetzt wird. Da haben wir deutlichen Nachholbedarf. Da sind wir uns, glaube ich, alle in diesem Hause einig.
Diese Unterrepräsentanz von Frauen in den Gremien muss beendet werden. Der Gesetzentwurf ist, finde ich, eine gute Grundlage dafür, dieses Missverhältnis endgültig zu beenden.
Wir haben ferner im Koalitionsvertrag vereinbart, dass zukünftig auch der Hessische Jugendring und die hessischen Muslime im Rundfunkrat eine Vertretung haben sollen.
Mit dem Gesetzentwurf setzen wir diese Vereinbarung der Koalition um. Es gab natürlich noch viele Wünsche von Verbänden, ebenfalls im Rundfunkrat vertreten zu sein. Wenn ich die Wünsche aus der Anhörung und die Vorschläge aus der zweiten Lesung hier zusammenzähle, kämen wir insgesamt auf 15 bis 20 zusätzliche Mitglieder, die als Wünsche vorgetragen wurden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Wünsche sind durchaus nachvollziehbar, und sie sind auch jeweils begründet. Aber letztendlich müssen wir uns auch Gedanken darüber machen, ab welcher Größe Gremien wie der Verwaltungsrat oder der Rundfunkrat noch arbeitsfähig sind, und von den Kosten will ich in diesem Zusammenhang erst gar nicht reden. Von daher ist es wohlfeil, sich hier vorne hinzustellen und zwei beachtenswerte Verbände aufzunehmen – dafür gibt es durchaus Begründungen –, aber 18 anderen, die auch da hinein wollen, zu sagen: Nein, ihr kommt da nicht rein. – Ich finde, da sollte man die Diskussion einmal offener führen.
Mit der Begrenzung der staatlichen und staatsnahen Mitglieder setzen wir die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur ZDF-Fernsehratsentscheidung auch beim Hessischen Rundfunk um. Zukünftig werden außer den entsandten Vertretern und Vertreterinnen der Landesregierung und den gewählten Abgeordneten des Hessischen Landtags keine weiteren Abgeordneten, keine Regierungsmitglieder, keine Kommissionsmitglieder, keine Wahlbeamten, keine Vertreter Kommunaler Spitzenverbände oder Vertreter von Parteivorständen im Hessischen Rundfunk vertreten sein. Meine Damen und Herren, das ist die Umsetzung dessen, was uns das Bundesverfassungsgericht aufgegeben hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben nach intensiven Beratungen, die ich auch inhaltlich sehr gut fand, und einer breite Diskussion darüber einen Gesetzentwurf vorliegen, der den Hessischen Rundfunk und seine Gremien nicht grundlegend umkrempelt. Aber er zieht die notwendigen Schlussfolgerungen aus dem, was wir als Vorgaben hatten, und nimmt notwendige Änderungen vor. Ich glaube, am Ende legen wir Ihnen hier einen guten und tragfähigen Gesetzentwurf vor, und wir bitten um ihre Zustimmung.
Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Wolff von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD hat die dritte Lesung beantragt. Das ist ihr gutes Recht. Die SPD hat zunächst einmal bekundet, das sei eigentlich ein Gesetz, das in vielen Fragen den richtigen Weg geht. Sie hat dann ein wenig in den Krümeln gesucht und gesagt, sie müsse noch einmal darüber beraten und sich deswegen enthalten.
Sie hat dann Änderungsanträge gestellt, die von ihrem Regelungsgehalt her überschaubar waren. Das will ich sehr deutlich sagen. Aufgrund dessen hat sich die SPD zu einer Neinstimme entschlossen. Meine Damen und Herren, ungefähr so stelle ich mir eine Echternacher Springprozession vor. Das ist die Glaubwürdigkeit bei der Auseinandersetzung mit dem Hessischen Rundfunk an dieser Stelle.
Der Vorschlag, der hier gemacht worden ist – gerade in der Frage der Repräsentanz der Frauen –, ist nicht praktikabler als das, was bereits im Gesetzentwurf steht. Herr Kollege Frömmrich hat zuletzt auch schon die Stellungnahme des Landesfrauenrats zitiert, und daran ändert sich nach meiner Einschätzung nichts.
Nach der Verabschiedung heute in dritter Lesung werden entsprechend dem Gesetz die Verbände angeschrieben, mit genau dem Anspruch, in besonderer Weise über eine Kandidatur und eine Benennung von Frauen nachzudenken und diese entsprechend zu vollziehen. Das wird sehr bald der Maßstab dafür sein, ob wir mit einer stärkeren und dann in der Option auch gleich starken Präsenz von Frauen in den Gremien des Hessischen Rundfunks vorankommen.
Meine Damen und Herren, ich will nicht alles das wiederholen, was Kollege Frömmrich zu Recht schon zusammengefasst hat, aber auf eines noch einmal hinweisen, was mir in diesem Zusammenhang wichtig ist; denn hinter den Vorgaben auch der ZDF-Entscheidung, die wir umgesetzt haben, um die Modernisierung des hr voranzutreiben, steht doch eines: dass wir einen starken Sender im Lande Hessen brauchen und haben wollen. Ich denke, dass auch dies am heutigen Tag noch einmal gesagt werden soll, wenn es darum geht, für die nächste überschaubare Zeit die gesetzlichen Grundlagen für eben diesen Rundfunk zu verankern.
Wir haben, wie ich finde, ein Privileg, das zu erhalten aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht einfach ist. Aber es lohnt sich, das zu erhalten. Wir haben das Privileg, einen Sender zu haben, der identisch ist mit den Grenzen des Landes Hessen und der deswegen, weil er sich eben auch programmatisch in den letzten Jahren sehr intensiv dazu entschlossen hat, diesen Landesbezug in den Vordergrund zu stellen, die Chance bietet, über dieses Land in seiner unterschiedlichen Zusammensetzung, über dieses Land mit seinen Menschen und seinen gesellschaftlichen Gruppen, über seine Firmen und die Gewerkschaf
ten, über seinen Sport und über die Kultur zu berichten, Meinungen anzubieten und etwas darzustellen.
Auf der einen Seite bietet er eine Chance zur Identifikation mit diesem Land, und auf der anderen Seite bietet er die Chance, die Identifikation über die Vielfalt zu zeigen, die dieses Land seit seiner Gründung nach wie vor in sich birgt, der wir auf dem Hessentag begegnen, der aber auch der Hessische Rundfunk ganz bewusst begegnen will. Dies wollen wir in den Vordergrund stellen, und die Chancen, dies aufrechtzuerhalten, wollen wir auch mit einem solchen Gesetz, das wir heute in dritter Lesung verabschieden, dokumentieren, untermauern und unterstreichen.
Meine Damen und Herren, Folgendes will ich zum Schluss sagen: Wir haben einen Hessischen Rundfunk innerhalb der Grenzen des Landes Hessen. Manche, die im Bereich des Südwestrundfunks, des Norddeutschen Rundfunks, des Mitteldeutschen Rundfunks leben, die diesen Länderbezug in dieser Intensität nicht haben – bei aller Untergliederung –, und die diese Identität von Landesrundfunkanstalt und Land nicht haben, wären dankbar, so etwas zu haben. Deswegen kann ich mit Freude diesem Gesetzentwurf zustimmen. Und ich freue mich, dass er dann auch bald gilt.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wolff. – Als nächster Redner hat sich Kollege Rentsch von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte haben wir vor zwei Tagen intensiv geführt. Dazwischen gab es eine weitere Beratung im Ausschuss. Das ist jetzt die dritte Lesung. Ich glaube – das hat man bei den Vorrednern gemerkt –, dass sich die Positionen nicht verändert haben, trotz der, so denke ich, sehr konstruktiven Ausschussberatung. Alle bleiben bei ihren Positionen. Das ist zum Schluss einer Gesetzeslesung so, und das ist auch nicht überraschend. Wir bleiben bei unserer Kritik, dass auf der einen Seite der Versuch, möglichst viele Gruppen – wo auch immer sie herkommen, ob aus dem Koalitionsvertrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder woher auch sonst immer – in den Rundfunkrat zu implementieren – –
War das eine Zwischenmeldung, Her Reif? Oder wie darf ich das interpretieren? Wollen Sie sich beteiligen?
Vielen Dank, wenn Sie das schon als heftige Kritik sehen. Danke, dann nehme ich das einmal auf. Dann will ich das einmal konkretisieren.
Sie haben das, was die GRÜNEN Ihnen in den Koalitionsvertrag diktiert haben, jetzt im Gesetz umgesetzt. Das ist die Übersetzung. Vielen Dank dafür.
Das halte ich nicht für richtig, aber das ist nun einmal so innerhalb von Mehrheiten. Damit müssen wir dann auch umgehen. Das ist keine Frage. Trotzdem macht es die Zu
sammensetzung aus meiner Sicht nicht unbedingt besser. Herr Möller, Sie sind ja auch ein Experte im Rundfunkrecht. Insofern freue ich mich, dass Sie sich an der Debatte beteiligen.
Ich glaube aber, dass Sie bei der Frage, was jetzt zu tun wäre, ein Problem erzeugt haben. Das Problem – das habe ich letztes Mal schon gesagt, Herr Kollege Reif – ist das, was wir vom Landkreistag und auch von anderen bekommen haben. Es gibt verschiedene Interessengruppen in diesem Land, die jetzt nach Ihrer Berufungsaktion sagen, dass sie jetzt eigentlich auch berufen werden müssten.
Kollege Frömmrich hat das vorhin auch selbst ein bisschen angesprochen. Es ist schwer zu erkennen, nach welchen Kriterien jetzt Berufungen stattfinden und welche Kriterien dafür zugrunde gelegt werden. Das ist der Grund, warum auch andere Interessenverbände sagen: Eigentlich sind wir jetzt auch der Auffassung, wir müssten berufen werden. – Ich glaube, das ist auch ein bisschen eine Folge Ihrer eigenen fehlenden Begründung, warum einige Gruppen hinzugezogen werden und andere nicht.
Zum Thema DITIB habe ich vor zwei Tagen schon etwas gesagt, und das möchte ich wiederholen. Meine Fraktion und ich sind, offen gesagt, sehr skeptisch, dass wir mit DITIB – wenn die Entscheidung für DITIB fällt – einen zurzeit sehr verlässlichen Partner im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks haben würden. Das liegt auch an den Diskussionen, die wir zurzeit mit der Türkei haben und die die Türkei und ihr Ministerpräsident mit einem Satiriker führen. Ich habe das schon einmal hier gesagt: Man muss das Gedicht nicht gut finden, aber man muss trotzdem nicht gut finden, was Herr Erdogan aus dieser Aktion gemacht hat.
Ich denke, dass wir mit DITIB dann einen Verband haben, der sehr stark in der Nähe der türkischen Regierung steht. Es ist klar, dass das nicht unproblematisch ist. Deshalb haben wir diesen Passus auch kritisiert. Ich weiß, dass es da auch aus Teilen der Union, aber auch aus anderen Parteien, z. B aus den Reihen der Sozialdemokraten, kritische Stimmen gibt. Ich denke, das sollten wir berücksichtigen.
Denn eines sollte zum Schluss gewährleistet bleiben: Der Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks ist ein unabhängiges Gremium, das dafür eintreten soll, dass wir eine plurale und gute Berichterstattung – Kollegin Wolff hat das gerade sehr schön gesagt – über unser Land, über unsere Historie und über die Unterschiede haben, und es sollte nicht ein Gremium werden, wo andere Interessen, ferngesteuert aus anderen Ländern, möglicherweise Platz greifen. Darauf sollten wir gemeinsam achten. Auch wenn wir dem Gesetzentwurf jetzt nicht zustimmen werden, werden wir trotzdem gemeinsam diese Verantwortung übernehmen müssen, zu schauen, dass die Pluralität im Rundfunkrat auch in Zukunft gewährleistet ist. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Wintermeyer. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zur dritten Lesung könnten wir auf das, was wir in der ersten und der zweiten Lesung als Landesregierung schon beigetragen haben, Bezug nehmen. Ich möchte dennoch sagen, dass wir und der Hessische Landtag intensiv über detaillierte Fragen der Größe und auch der Struktur des Rundfunkrates gesprochen haben. Es ist viel über Geschlechterparität in den Debatten hier diskutiert worden. Darüber kann man auch in jeder Form diskutieren. Ich bin auch vorbereitet, hier noch etwas zur Geschlechterparität zu sagen. Aber darum allein geht es nicht bei dem entsprechenden Entwurf des hr-Gesetzes. Die Geschlechterparität ist nur einer der Mosaiksteine des neuen hr-Gesetzes.
Tatsächlich gilt es aber festzuhalten, was letztlich auch zu einem ganz überwiegenden Teil in der Anhörung zur Novelle des hr-Gesetzes als Ergebnis festzustellen gewesen ist: Der Gesetzentwurf hat breite Zustimmung in den tragenden Regelungen erfahren – sowohl bei den Fachleuten als auch bei den Betroffenen und an sich auch hier im Plenum, wenn man die Detailfragen, die teilweise hier angesprochen wurden, einmal ausblendet.
Mit dem heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf erhält der hr mit seinen Gremien eine Struktur, die ihm auch in Zukunft auch nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts eine effiziente Aufgabenwahrnehmung ermöglicht. Insgesamt wird er ebenso unabhängig sein wie bisher und transparent – ich sage auch: noch transparenter – seine Arbeit machen können.
Die Pluralität ist im hr-Rundfunkrat gestärkt worden. Der Versteinerung ist entsprechend vorgebeugt worden. Die Gremien werden in Zukunft weiblicher, und sie bleiben dabei voll arbeitsfähig, weil sie nicht zu Monsterrundfunkräten aufgebläht werden, die keine Arbeitsfähigkeit mehr gewährleisten.