Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

Ich komme zum Schluss. Deswegen ist es gut, dass die Hochschulen für angewandte Wissenschaften gestärkt werden. Auf die Hochschulen für angewandte Wissenschaften werden in den nächsten Jahren zusätzliche Aufgaben zukommen, insbesondere mit Blick auf die Akademisierung von Berufen im Bereich der Pflege und der Erziehung. Wir halten das Promotionsrecht für gut und notwendig. Insofern muss auch für die entsprechende Finanzierung Sorge getragen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollegin Wissler. – Das Wort hat nun der Abg. Andreas Hofmeister, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Am Montag und in den folgenden Tagen dieser Woche war die Hochschule Fulda auffällig oft Thema in hessischen Medien und darüber hinaus. Das erste eigenständige Promotionsrecht für eine ehemalige Fachhochschule und heutige Hochschule für angewandte Wissenschaften in einem forschungsstarken Bereich hat ein neues Kapitel in der hessischen Hochschulpolitik eröffnet.

Herr Grumbach, das ist bei Weitem kein Etikettenschwindel. Ich komme gleich dazu.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Maßnahme zeigt, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Lehre stets die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschulen im Blick haben – bei gleichzeitiger Qualitätssicherung und einem guten Miteinander von Universitäten und HAWs. Die staatliche Finanzierung steht mit dem Hochschulpakt bis 2020 auf einem sicheren Fundament. Der Hochschulbau erlebt mit dem HEUREKA-Programm eine besondere Dynamik. Die Forschungsförderung durch das LOEWE-Programm ist bundesweit beispielhaft.

Um auch weiterhin ein attraktives Hochschulangebot in unserem Bundesland zu erhalten und wo möglich fortzuentwickeln, müssen sich alle Beteiligten von den Präsidien über die Fachbereiche, die Lehrenden und die Forschenden, die Studierendenschaft und natürlich auch das Ministerium und wir als Landespolitik insgesamt neuen Herausforderungen stellen und sich neuen Wegen nicht verschließen.

Frau Kollegin Beer, Sie haben von einem Alleingang gesprochen. Man kann es auch anders ausdrücken: Wir sind bundesweit Vorreiter.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Fragestellungen und die Antworten, die wir im Bereich Wissenschaft und Forschung haben, sind im Koalitionsvertrag verankert. Die Eröffnung eines eigenständigen Promotionsrechts für forschungsstarke Bereiche unserer Hochschulen für angewandte Wissenschaften mit klaren Kriterien und Anforderungen sind eine Maßnahme, um dieser Hochschulform zusätzliche Chancen zur Profilbildung zu eröffnen.

Es geht nicht darum, dass wir kleine Universitäten entstehen lassen wollen. Auch soll es keinen „Dr. light“ geben. Schon gar nicht besteht der Zwang für die HAWs, einen Promotionsstudiengang nach dem anderen entstehen zu lassen. Dies würde auch kaum funktionieren angesichts des Katalogs an Forderungen zu personellen und qualitativen Leistungen der Hochschulen. Außerdem bestand – das ist schon mehrfach erwähnt worden – bisher schon für Fachhochschulen bzw. für HAWs durch enge Kooperationen mit Universitäten die Möglichkeit, Studierenden den Weg zur Promotion zu bieten. In Mittelhessen funktioniert die Kooperation der Technischen Hochschule mit der dortigen Universität sehr gut.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sehr richtig!)

Deshalb gibt es von dort aktuell auch keinen Wunsch, ein eigenständiges Promotionsrecht zu erlangen. Das kooperative Modell zur Promotion bleibt ja auch erhalten. In anderen Bereichen des Landes ist die Situation jedoch unterschiedlich und weicht von der Situation in Mittelhessen ab.

Die Fachhochschulen bzw. die Hochschulen für angewandte Wissenschaften haben erfreulicherweise in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend besondere Stärken in der anwendungsorientierten Forschung entwickelt. Diese Stärke der Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft gilt es weiter zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Hochschule Fulda ist Anfang dieser Woche als erster Hochschule für angewandte Wissenschaften ein eigenständiges Promotionsrecht im Bereich der Sozialwissenschaften zugesprochen worden. Die konkrete Ausgestaltung des entstehenden Promotionszentrums für die Themen Globalisierung, europäische Integration und Interkulturalität zeigt meines Erachtens allen Skeptikern, dass die Sorge um eine Entwertung des Doktortitels unbegründet ist. 15 Professoren aus vier Fachbereichen werden sich um die Doktoranden kümmern und damit mehr als nach den Richtlinien des Ministeriums vorgesehen. Zudem ist die Forschungsstärke über die Drittmitteleinwerbung sowie diverse Publikationen nachgewiesen.

Das übergeordnete Ziel des Promotionsrechts ist ein qualitativer und quantitativer Schub für die anwendungsbezogene Forschung, insbesondere in Kooperation mit kleinen und mittleren Unternehmen oder auch sozialen Einrichtungen, wie dies in diesem konkreten Fall in Teilen geplant ist. Damit steigern wir die Zukunftschancen des wissenschaftlichen Nachwuchses und fördern die Innovationskraft unseres Landes insgesamt. Das sind gute Nachrichten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss möchte ich hervorheben, dass es wichtig ist, festzuhalten, dass die Verleihung des Promotionsrechts für zunächst fünf Jahre und die fest vorgesehene Bewertung der Leistungen des jeweiligen Promotionszentrums nach vier Jahren den neuen Weg für die HAWs zuverlässig flankieren werden, um die Qualität stets im Blick zu halten. In diesem Sinne wird die CDU-Landtagsfraktion die Entwicklung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften sowie der gesamten hessischen Hochschullandschaft weiter positiv und zukunftsorientiert begleiten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Hofmeister. – Das Wort hat der Wissenschaftsminister, Staatsminister Boris Rhein. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Weg hat der Hessische Landtag mit der Novelle des Hessischen Hochschulgesetzes freigemacht. Am Rande will ich hinzufügen, dass die entsprechende Forderung auch im CDU-Landtagswahlprogramm stand und nun umgesetzt wird. Nicht einmal ein Jahr später konnte ich auf der Grundlage des neuen Hochschulgesetzes, nämlich auf der Grundlage von § 4, der Hochschule Fulda die Einrichtung des bundesweit ersten Promotionszentrums an einer Fachhochschule am Montag genehmigen.

Ich glaube, man kann festhalten: Damit ist Hessen bildungs- und wissenschaftspolitisch nicht nur vorne, sondern ganz vorne; denn einen solchen Schritt ist vor dem Bundesland Hessen noch kein anderes Bundesland gegangen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema Etikettenschwindel will ich nur so viel sagen, werter Herr Grumbach: Das ist kein Etikettenschwindel. Darauf hat Kollege Hofmeister bereits hingewiesen. Ich finde die Gespräche über die Themen Kooperation und kooperative Promotion hochinteressant, weil diese nie so betont worden sind, bevor es dieses neue Promotionsrecht gab.

(Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Wenn nicht kooperiert wird, wenn Fachhochschulen und insbesondere die Studierenden von Fachhochschulen in die Rolle von Bittstellern kommen, dann ist das nicht im Interesse von CDU und GRÜNEN. Das wollen wir nämlich nicht. Genau deswegen haben wir diese Gesetzesänderung vorgenommen.

Ich will noch eines hinzufügen. Es kann doch nicht wahr sein, dass wir Studenten einer Hochschule nach Cork in Großbritannien schicken müssen, obwohl es fußläufig erreichbar vor der Haustür eine Universität gibt, mit der eine Kooperation möglich wäre.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir betreten mit dieser Regelung Neuland. Wir sind aber sehr gut vorbereitet. Wir haben in vertrauensvoller und sehr konstruktiver Zusammenarbeit mit den Hochschulen für angewandte Wissenschaften die konkreten Voraussetzungen für die Verleihung des Promotionsrechts festgelegt. Verehrte Frau Kollegin Beer, Sie wissen, dass wir außergewöhnlich strenge Richtlinien festgelegt haben. Dazu gehört beispielsweise – das will ich hervorheben –, dass wir das Promotionsrecht nicht mit der Gießkanne vergeben. Die Hochschulen haben auch gar kein Interesse daran, selbst mit der Gießkanne das Promotionsrecht auszuüben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Promotionsrecht wird in Hessen nur dem zugesprochen, der eine besondere Forschungsstärke nachgewiesen hat. Wir messen das natürlich auch an der Einwerbung von Drittmitteln. Natürlich ist das ein Parameter unter anderen, um Forschungsstärke zu messen. Das gilt insbesondere für eine Hochschule für angewandte Wissenschaften.

Herr Grumbach, Sie sagen, das müsse jemand dort hineingeschrieben haben, der von Wissenschaftspolitik gar keine Ahnung habe. Dem halte ich entgegen: schöne Grüße. Das ist gemeinsam mit den Hochschulen dort hineingeschrieben worden. Wir hätten nichts dort hineingeschrieben, was die Hochschulen nicht hätten darin sehen wollen.

Wir messen das aber vor allem auch an der Dichte von Veröffentlichungen. Wir messen das aber auch an der Mindestanzahl forschungsstarker Wissenschaftler.

Eines ist mir ganz besonders wichtig, auch als Replik auf das, was Frau Kollegin Beer gesagt hat: Wir legen natürlich die Prinzipien des Wissenschaftsrates – ich betone das – zur sogenannten guten Promotion zugrunde. Da müssen unsere Hochschulen für angewandte Wissenschaften mehr leisten, als einige unserer Universitäten leisten müssen. Denn unsere Richtlinien sehen vor, was international gang und gäbe ist, was in Deutschland aber keineswegs selbstverständlich ist, dass eben Betreuungs- und Gutachterfunktion personell getrennt sind. Das heißt, wir gehen sogar noch einen Schritt mehr mit der Hürde, die wir einziehen.

Im Übrigen unterlegen und flankieren wir das natürlich mit Geld, verehrte Frau Wissler. Das erste Mal in der Geschichte des Landes Hessen gibt es einen eigenen Forschungsetat im Rahmen des verhandelten Hochschulpaktes 2016-2020 für Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Es gibt einen extra abgegrenzten Forschungsetat für Hochschulen für die Flankierung des Promotionsrechts an Fachhochschulen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hierzu gehört natürlich auch, dass wir im Rahmen von LOEWE bereits seit langer Zeit gerade in der dritten Förderlinie auch die Fachhochschulen besonders bei der Verteilung der Forschungsgelder in Hessen bedenken.

Meine Damen und Herren, es geht bei der Verleihung des Promotionsrechts an Fachhochschulen eben nicht darum, den Universitäten ein als exklusiv empfundenes Recht zu nehmen. Es geht auch nicht um den Erwerb oder den Verlust von Prestige, sondern es geht einzig und allein darum, dass wir starken Absolventen von Fachhochschulen – ich betone es – die ihnen zustehende Berufs- und Karrierechancen eröffnen und zugunsten von Fachhochschulen einen wichtigen Beitrag zur Nachwuchsförderung leisten möchten.

Diese Aufteilung, die es in Wirklichkeit nie gegeben hat und die, wenn es sie gegeben hätte, sehr antiquiert gewesen wäre – die einen forschen, und die anderen lehren –, ist eben eine Aufteilung, die so nicht akzeptabel gewesen wäre. Wenn Bereiche in Fachhochschulen Forschungsstärke wie Universitäten beweisen, wenn junge Wissenschaftler, die sich bewusst für eine anwendungsorientierte Hochschule entschieden haben und diese dieselben Voraussetzungen erfüllen und dieselben Leistungen erbringen – ich sage nicht „die gleichen“, ich sage „dieselben“ –, wie das ihre Kommilitonen an Universitäten tun, dann fehlen je

denfalls mir jegliche Argumente, ihnen die Promotion an exakt dieser Hochschule zu verwehren

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

es kommt ja noch etwas anderes hinzu –, und zwar an einem Hochschultyp, mit dem wir im Hochschulpakt 2016-2020 vereinbart haben, dass er eben eine noch wichtigere Rolle im Hochschulsystem des Landes Hessen spielen soll.

Für das Bundesland Hessen und für den Wissenschaftsstandort Hessen hat die Entscheidung, die der Hessische Landtag mit § 4 getroffen hat, eine hohe Bedeutung. Wir erhalten wichtige neue Impulse zur Behandlung spezieller anwendungs- und lösungsorientierter gesellschaftspolitischer Fragestellungen – das ist das, worauf Herr May hingewiesen hat –, die wir möglicherweise in dieser Forschungstiefe nicht erlangen würden, in speziellen Bereichen, die schwerpunktmäßig so eben nur in Hochschulen für angewandte Wissenschaften erforscht werden.

Zum neuen Promotionsrecht möchte ich einmal Herrn Präsidenten Stengler zitieren, laut dem dieses einen wichtigen Stimulus im Wissenschaftssystem setze.

Herr Minister, Sie denken an die Redezeit.

Ich komme sofort zum Ende. – Im Berufungsverfahren von Professoren an Fachhochschulen habe man eine ganz neue hessische Dynamik entfacht, die dazu führe, dass man im Wettbewerb um die besten Köpfe die Nase ganz vorne habe.

Fragen Sie einmal die Damen und Herren an der Fachhochschule in Fulda, welche Dynamik das Bekanntwerden dieses neuen Promotionsrechts schon jetzt entfacht hat. Insoweit ist das neue Promotionsrecht für alle ein Gewinn – für die Studierenden, für die Hochschulen und ganz besonders für das Land Hessen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Vielen Dank, Herr Minister. – Keine weiteren Wortmeldungen, Tagesordnungspunkt 35 ist damit erledigt.