Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

Vielen Dank, Herr Minister. – Keine weiteren Wortmeldungen, Tagesordnungspunkt 35 ist damit erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Landesregierung investiert 12 Millionen € zu- sätzlich in die Weiterbildung – „Pakt für Weiterbil- dung“ sorgt für nachhaltige Stärkung des lebenslangen Lernens in Hessen) – Drucks. 19/3869 –

Das Wort hat der Kollege Hugo Klein, CDU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem am 30. September 2016 unterzeichneten Pakt für

Weiterbildung für die Jahre 2017 bis 2020 hat die Hessische Landesregierung eine bundesweit einzigartige Initiative zur nachhaltigen Stärkung des lebenslangen Lernens ins Leben gerufen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gemeinsam mit dem Hessischen Volkshochschulverband, der Hessischen Heimvolkshochschule Burg Fürsteneck und den freien Trägern erarbeitete Abkommen schafft ein spürbares Maß an mehr Qualität und Ressourcen für die Weiterbildung in unserem Bundesland. Ab dem 1. Januar 2017 stehen den Trägern über einen Zeitraum von vier Jahren insgesamt 12 Millionen € über die bisherigen Fördermittel von knapp 8 Millionen € hinaus zur Verfügung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese jährlich durchschnittlich 3 Millionen €, eine Steigerung von annähernd 40 % der bisherigen Fördersumme, werden je zur Hälfte für eine Erhöhung der gesetzlichen Förderung von Unterrichtsstunden nach dem Hessischen Weiterbildungsgesetz und erstmals auch für ganz konkrete Projekte mit den Schwerpunkten Integration, Inklusion, gesellschaftliche Teilhabe und Chancengerechtigkeit eingesetzt.

Die anerkannten Träger der Weiterbildung in Hessen, die 32 Volkshochschulen, die Heimvolkshochschule Burg Fürsteneck und die neun freien Träger erhalten dadurch nicht nur deutlich mehr finanzielle Ressourcen als in der Vergangenheit, sondern auch optimierte Planungssicherheit und Verlässlichkeit.

In dem Vertragswerk selbst werden zahlreiche konkrete Handlungsfelder und Maßnahmen benannt, die das bestehende Angebot einer großen Zahl von Nutzern zugänglich machen und den erweiterten Anforderungen an qualitativ hochwertige Weiterbildungsangebote entsprechend Rechnung tragen.

Der Pakt für Weiterbildung für die Jahre 2017 bis 2020 geht somit nicht nur mit einer deutlich höheren finanziellen Förderung der Weiterbildungsträger einher, sondern bedeutet auch einen wesentlichen Beitrag zur inhaltlichen Weiterentwicklung und Qualitätsoptimierung bestehender Angebote des lebenslangen Lernens.

Angesichts des rasanten gesellschaftlichen Wandels für den Arbeitsmarkt und den Lebensalltag stellen sich besondere Anforderungen an hinreichende qualitativ hochwertige Angebote zur Weiterbildung. Mit dem abgeschlossenen Weiterbildungspakt stellen wir uns diesen Herausforderungen und sind gemeinsam auf dem richtigen Weg in eine erfolgreiche Zukunft.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Weg bis zur Unterzeichnung war beileibe nicht immer einfach. Es gab langwierige Verhandlungen und ungezählte Gespräche, es gab auch unterschiedliche Auffassungen über die inhaltliche Ausgestaltung, ich glaube, auch unterschiedliche Auffassungen vor allen Dingen über die finanziellen Ressourcen. Letztendlich war dieser ausgeprägte Dialogprozess jedoch immer von dem Willen aller Beteiligten geprägt, den Weiterbildungspakt zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen. Die gemeinsam in dem Pakt

vereinbarten Zielvorgaben und Handlungsempfehlungen bilden einen innovativen und zukunftsweisenden inhaltlichen Rahmen für eine erfolgreiche und von breiter Unterstützung getragene Stärkung der Weiterbildung in Hessen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich, weil dieser Weiterbildungspakt eine so wichtige Rolle in der Weiterbildung des Bundeslandes spielt, gerade im Bereich der Terminierung „Lebenslanges Lernen“, ganz herzlich im Namen der CDU-Fraktion bei den Beteiligten bedanken: Das ist einmal der Hessische Volkshochschulverband mit seinen Repräsentanten, dem Ehrenvorsitzenden und hoch geschätzten Baldur Schmitt, das ist unsere Kollegin Heike Habermann, die neue Vorsitzende – vielen Dank für die Unterstützung, Frau Habermann –, das ist die Heimvolkshochschule Burg Fürsteneck mit Prof. Aßmus und Prof. Metzler an der Spitze, das sind natürlich auch die freien Träger, an deren Spitze die Sprecherin Frau Roth und der Vorsitzende Herr Velten stehen.

Ganz besonders Danke sagen möchte ich auch unserem Hessischen Kultusminister. Herr Kultusminister, bei allen Gesprächen, die ich mit den Beteiligten führen durfte, kam immer wieder zum Ausdruck, dass die Menschen, die mit Ihnen verhandelt haben, erkannt haben, dass Weiterbildung für Sie ein hohes Gut ist und dass es für Sie eine Herzensangelegenheit war, hier zu einem Abschluss zu kommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich auch ausdrücklich bei den Kollegen und Kolleginnen bedanken: Bei Kerstin Geis von der SPD-Fraktion, bei Daniel May von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und meinem Freund Wolfgang Greilich von der FDP. Wir haben gemeinsam an einem Strang gezogen, und, was hier im Hause nicht immer so selbstverständlich ist, wir haben nicht nur an dem einen Strang gezogen, wir haben auch in eine gemeinsame Richtung gezogen. Wir haben alle durch Gespräche und zahlreiche Treffen dazu beigetragen, dass dieser Weiterbildungspakt erfolgreich abgeschlossen werden konnte, und dafür auch ein ganz, ganz herzliches Wort des Dankes. Bei all den unterschiedlichen Stellungnahmen, die wir hier oft abgeben, bei den Diskussionen, die wir oftmals im Bereich der beruflichen Bildung und Weiterbildung führen, denke ich, sind wir auf einem guten Weg und blicken nach vorne.

Ein letzter Satz sei mir erlaubt, Herr Präsident. Ich möchte heute noch einmal die Gelegenheit nutzten, unserem Freund Günter Schork Danke schön zu sagen.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Für ihn war dieser Weiterbildungspakt eine Herzensangelegenheit. Er hat sich intensiv darum gekümmert, und er war maßgeblich am Zustandekommen des Pakts beteiligt. Es ist ihm leider nicht mehr vergönnt gewesen, diese schöne Stunde am heutigen Tag zu erleben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Hugo Klein. – Das Wort hat Frau Abg. Geis, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lebenslanges Lernen gehört in Hessen, wie ich gelernt habe, zum Standard und nicht zur Kür. Das kann man deutlich im Weiterbildungsatlas der Bertelsmann Stiftung erkennen. Dort nimmt Hessen im Bundesvergleich nämlich den zweiten Platz hinsichtlich der Teilnahme an Weiterbildungsangeboten ein.

Leider nimmt Hessen hinsichtlich der derzeitigen Förderung und Unterstützung der hessischen Volkshochschulen und der freien Träger ebenfalls den zweiten Platz ein – und zwar von hinten. Mit einem Finanzierungsanteil des Landes von bisher 5,7 % an Angeboten der Weiterbildung hat Hessen gemeinsam mit Schleswig-Holstein die rote Laterne in der Hand. Deswegen ist es gut, wenn wir heute über den Pakt für Weiterbildung sprechen.

(Beifall bei der SPD)

Der Hessische Volkshochschulverband hat, federführend auch für die Organisationen in freier Trägerschaft, mit uns allen lange und intensiv um die Bedingungen für den Pakt für Weiterbildung gerungen. Dazu hatte er auch allen Grund. Wir alle waren damit konfrontiert – Herr Klein hat das schon ausgeführt –, dass der Vorstand des Hessischen Volkshochschulverbandes nachdrücklich eine Erhöhung der bisher zugewiesenen Mittel gefordert hat – und zwar zu Recht. Wie der Vorstand ausführte, liegt die derzeitige Förderung um 50 % unter dem Niveau der Förderung im Durchschnitt aller Bundesländer. Die Volkshochschulen und die freien Träger benötigen nach Jahren der Kürzung aber zusätzliche Mittel, um ihre vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können. Insbesondere in den Programmfeldern Alphabetisierung und Grundbildung, in der Bildungsberatung und bei der Sicherung flächendeckender Angebote für alle Bevölkerungsgruppen sind mehr Mittel erforderlich.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Nicht zu vergessen ist die große Gruppe der Menschen, die in den vergangenen Jahren und Monaten zu uns geflüchtet sind. Für sie ist der Zugang zur Sprache das wesentliche Element für eine gelingende Integration. Der größte Teil von ihnen ist erwachsen und damit nicht schulpflichtig. Die hessischen Volkshochschulen erreichen schon jetzt etwa 40 % der rund 80.000 Flüchtlinge mit ihren Angeboten zum Spracherwerb und mit den Integrationskursen. Die Hauptgruppe sind aber Flüchtlinge im Alter zwischen 18 und 35 Jahren.

Daher haben die hessischen Volkshochschulen und auch die freien Träger beim Pakt für den Nachmittag eine tragende Rolle inne. Sie verfügen bereits über die Kenntnisse, die Erfahrungen und die Strukturen, um ein wohnortnahes Angebot zu ermöglichen. Das Ziel des Paktes ist es nämlich, Integration, Inklusion, Teilhabe und Chancengleichheit zu ermöglichen. Auch das hat Herr Klein schon ausgeführt. Das soll durch ein niedrigschwelliges, wohnortnahes und zielgruppenspezifisches Angebot erreicht werden. Das Ziel ist – wenn ich zitieren darf –, „Veranstaltungen der politischen Bildung, der Alphabetisierung, der kompensa

torischen Grundbildung, Angebote zur lebensgestaltenden und zur interkulturellen Bildung sowie Bildungsangebote zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft sowie für das Ehrenamt und zur sozialen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ zu schaffen. Das ist ein sehr, sehr anspruchsvolles Ziel.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Diesen Anspruch füllen die Volkshochschulen und die freien Träger aber bereits heute mit Leben, soweit sie dies mit der bisherigen Förderung schaffen. Wir freuen uns daher, dass der Pakt für Weiterbildung in den kommenden vier Jahren mit zusätzlich 12 Millionen € finanziert ist. Es zeigt sich dabei auch, dass bei einem so wichtigen Thema ein Ziel gemeinsam erreicht werden kann. Herr Klein, auch das haben wir zur Kenntnis genommen.

Dabei wurde im Übrigen auch dem Ansinnen der hessischen Volkshochschulen und der freien Träger Rechnung getragen, eine solidere Grundförderung anstelle einer anhaltenden Projektförderung zu bekommen.

Nun gilt es, das Angebot auszubauen und weiter zu verbreitern. Dazu müssen neue Lehrkräfte rekrutiert und qualifiziert werden. Dabei dürfte hilfreich sein, dass der Zuschuss je Unterrichtsstunde von 25 auf knapp 30 € erhöht wird. Das macht die hessischen Volkshochschulen und auch die freien Träger nach jahrelangem und schon legendärem Stillstand bei den Honoraren als Arbeitgeber wieder interessant. Auch deswegen tragen wir den Pakt für Weiterbildung in der vorliegenden Form gern mit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Geis. – Das Wort hat der Abg. Willi van Ooyen, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es hat einige Jahre gedauert, bis dieser Pakt endlich das Licht der Welt erblickt hat. Frau Geis hat darauf schon hingewiesen. Wir alle wissen, wie schwer die Verhandlungen waren. Nicht die Inhalte – diesbezüglich herrschte schnell Konsens –, sondern die finanziellen Fragen waren bis zum Schluss hart umkämpft.

Nun haben wir den ersten hessischen Weiterbildungspakt, und er ist 12 Millionen € schwer. Immerhin 12 Millionen € – da noch vor Kurzem über gerade einmal 6 Millionen € debattiert wurde –, aber nicht genug. Wir müssen bedenken, dass die Erwachsenenbildung in Hessen in den letzten zwei Jahrzehnten von Kürzungen geprägt war, die am Stellenwert des lebenslangen Lernens zweifeln ließen – nicht nur deshalb, weil die Zuschüsse zurückgefahren wurden, sondern auch deswegen, weil das Salär der vielen engagierten Dozentinnen und Dozenten seit Jahren stagniert. Für diese Menschen ist es sicherlich erfreulich, endlich ein etwas höheres Stundenhonorar zu erhalten. Aber seien wir ehrlich: Alles in allem sind diese 12 Millionen € nicht ausreichend.

(Beifall bei der LINKEN)

Es sind nicht nur die geflüchteten Menschen – Frau Geis hat darauf hingewiesen –, denen wir zeitnah ein fundiertes Bildungsangebot unterbreiten müssen, vom Erlernen der

deutschen Sprache bis hin zu akademischen Ausbildungen. Wir müssen nach wie vor auch die traditionellen Bildungsaufgaben wahrnehmen und bedienen. Ich spreche hier z. B. von der politischen Bildung, die von den Weiterbildungsträgern in immer geringerem Umfang angeboten werden konnte. Dabei ist die politische Bildung doch ein Pfeiler der Bildungsgesellschaft; es mangelt an Aufklärung über Politik und historische Zusammenhänge. Das ist in der Bundesrepublik ganz offensichtlich.

Ich spreche auch von den Alphabetisierungsprogrammen; denn immerhin 7,5 Millionen Menschen in Deutschland können laut einer Studie der Universität Hamburg nicht oder nicht ausreichend lesen und schreiben. Für Hessen ermittelten die Autoren einen Schätzwert von etwa 550.000 Menschen, die davon betroffen sind. Hier ist die Erwachsenenbildung gefragt. Es wäre notwendig, hessenweit und flächendeckend Angebote zum Erwerb der Lese- und Schreibfähigkeit zu machen. Die Volkshochschulen, die etwa 90 % der Alphabetisierungskurse für Erwachsene anbieten, erreichen mit ihren Programmen jährlich etwa 6.000 Menschen. Sie würden also fast 100 Jahre brauchen, um alle Analphabeten zu erreichen, die zurzeit in Hessen leben.

Das sind nur zwei grundlegende wichtige Beispiele dafür, was in der Erwachsenenbildung langfristig und zuverlässig finanziert werden müsste. Herr Lorz, da kommen Sie mit 12 Millionen € sicherlich nicht sehr weit. Sie werden uns aber sicherlich vorschwärmen, dass das ein großartiger Erfolg sei. Sicherlich ist dies ein erster Schritt, das will ich konzedieren, doch darf man hier nicht stehen bleiben. Die Finanzierung der Weiterbildung ist immer auch eine Frage der Wertschätzung und des Stellenwerts, den man ihr beimisst.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es in Hessen viele Akteure gibt, die Weiterbildungsangebote machen – sowohl private als auch öffentliche Träger –, aber nicht alle werden in gleichem Maße von den Mitteln profitieren können. Allein 6 Millionen € sollen in die Förderung der Unterrichtsstunden und somit in die Stundenhonorare fließen. Das ist ein dringend notwendiger Schritt; denn die Nachfrage nach kompetenten Dozenten, die Deutsch als Zweitsprache lehren können, ist derzeit enorm.

Der Pakt ist erst einmal bis 2020 befristet. Ich gehe davon aus, dass alle Akteure – auch der Kultusminister – nach 2020 an der Weiterführung des Pakts interessiert sind. Sicherlich werden bis dahin erste Erkenntnisse vorliegen, was mit diesen 12 Millionen € zu erreichen und zu leisten war, aber eben auch, was nicht zu erreichen war.