Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

die Bereiche, wo wir Leerstände in Hessen haben, für die Bereiche, wo wir die Bedarfe haben? Ich möchte das einmal mit einem Begriff benennen. Das nennt sich Landcampus. Das würde bedeuten, dass wir tatsächlich strukturiert danach suchen: In welchen Bereichen haben wir Leerstände, wo gibt es dorthin gute ÖPNV-Anbindungen, wo gibt es dort gute Breitbandversorgung, oder wo ist es möglich, dies dahin zu schaffen? Diejenigen von Ihnen, die etwas älter sind, kennen vielleicht noch die Idee der Landkommune. Das hätte übrigens auch für den ländlichen Raum einen belebenden Aspekt.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich habe da nie gewohnt. Ich kenne aber eine im Odenwald. Sie war übrigens dort initial für den ökologischen Landbau im Odenwald.

Nein, ernsthaft, ich fordere die Landesregierung auf, diese Idee im Rahmen des Bündnisses für Wohnraum in einer eigenen Arbeitsgruppe aufzugreifen, unter Beteiligung der Verkehrsverbünde, unter Beteiligung der Kommunen, die das machen wollen, und natürlich unter Beteiligung der Studierendenwerke und der Studierendenschaft, die dort auch etwas beizutragen haben.

Dann könnten dort Wohnungen zur Verfügung gestellt werden auf einem Preisniveau von 280 €, und zwar all-in, wie das übrigens im Studierendenwohnheimbau auch praktiziert wird. Dort gehört Breitband mit dazu, und die Nebenkosten sind mit drin.

Ich glaube, dass wir es damit schaffen können, zu einem Umdenken beizutragen, dass es nicht immer die Stadt sein muss, was auch vielen Studierenden immer vorgeworfen wird. So etwas zu aktivieren und das Land Hessen auch als Gesamtheit zu sehen ist ein Vorschlag, den ich hier unterbreiten möchte. Ich bitte, darüber nachzudenken.

Ich will noch einmal an das erinnern, was ich als Bild vor mir habe: Solche Ideen von Landwohngemeinschaften oder auch größeren Einheiten, die dort geschaffen werden, sind nicht neu. Es hat aktivierende Wirkungen gehabt. Es hat auch die klugen Köpfe dorthin gebracht, wo auch Kluges gedacht werden kann, nämlich auch auf dem Land. Ich finde, dass das ein Aspekt ist, der ernsthafterweise von der Landesregierung einmal aufgegriffen werden sollte. Das ist eine Teillösung.

Zum Abschluss: Natürlich müssen die Bemühungen weiter fortgeführt werden. Frau Ministerin, ich finde, sie müssen auch mit intelligenten Finanzierungsmodellen im Wohnheimbau fortgeführt werden. Wir wissen, dass wir auf der Basis des momentanen Zinsniveaus mit Darlehensregelungen nicht nur beim Studierendenwohnheimbau, sondern auch beim sozialen Wohnungsbau nicht weiterkommen.

Deshalb lautet meine Bitte an Sie, in der Tat in die Modelle reinzugehen und dort mit direkten Zuschüssen zu arbeiten. Ansonsten wird das Problem – zumindest was die Städte angeht – bei der real existierenden Situation auf dem Grundstücksmarkt nicht zu lösen sein. Aber man muss auch breiter denken, und zwar breiter im Sinne der Gesamtinteressen des Landes Hessen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Staatsministerin Hinz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hessen ist attraktiv für Studierende, die hierherkommen. Es ist auch toll für uns, dass unsere Hochschulen so gut ausgestattet sind und ein so attraktives Angebot bieten, sodass viele junge Menschen hierherkommen wollen. Das hat natürlich dann, wenn auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt die Situation angespannt ist, die Konsequenz, dass es dort für die Studierenden noch schwerer wird, Frau Wissler. Deswegen sind natürlich Darmstadt und Frankfurt im Ranking sozusagen ganz oben, was die Schwierigkeiten für Studierende angeht.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich verstanden!)

Darüber muss man nicht lange nachgrübeln, dass das damit zusammenhängt.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das habe ich schon verstanden!)

Ja, wunderbar. – Auch die Studenten-WGs sind keine günstigen Alternativen mehr, weil sie auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt natürlich auch eine allgemeine Konkurrenz zu Familien sind, die auf dem Wohnungsmarkt günstigen Wohnraum suchen. Wir haben darauf reagiert und haben das Wohnraumfördergesetz geändert. Wir haben eine Programmlinie dort hineingebracht, extra für den Ausbau von studentischem Wohnraum. Wir haben allein dafür 90 Millionen € reserviert, und wir werden diese Mittel auch, wenn es notwendig ist, erhöhen. Bislang wurden alle Anträge, die wir bekommen haben, positiv beschieden. Das heißt, es mangelt hier nicht an Finanzierungsmöglichkeiten. Finanzierungsmöglichkeiten sind vorhanden, Frau Wissler. Auch dies sollten Sie vielleicht einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch die Kombination mit Zuschüssen, wie wir sie wieder eingeführt haben, sind die Förderdarlehen auch sehr attraktiv und wettbewerbsfähig. Das zeigt Wirkung.

Wir haben in den Jahren 2015 und 2016 bis zum heutigen Tag die Förderung von insgesamt 1.400 Wohnplätzen neu in unser Programm aufnehmen können – nur für diese eineinhalb Jahre. Die bereitgestellten Fördermittel sind auch auf ganz Hessen verteilt. Sowohl die großen Städte wie Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Marburg und Gießen als auch Projekte an kleineren Hochschulstandorten wie Fulda, Offenbach und Friedberg wurden berücksichtigt.

Ich habe neulich einen Förderbescheid für ein Studentenwohnheim in Fulda überbringen können. Da stand elf Jahre lang eine Investitionsruine mitten in der Stadt in der Nähe des Bahnhofs. Das war einmal als Bürogebäude geplant. Das ist jetzt in ein Studentenwohnheim umgewandelt worden. Da gibt es 84 Studierendenzimmer mit Gemeinschaftswohnfläche. Das ist von einem privaten Investor umgewandelt worden.

Auch hier sind wir also schon dabei, den Vorschlag, den Herr Siebel gemacht hat, aufzunehmen und zu schauen, wo

eigentlich leer stehende Häuser sind, die umgewandelt werden können. Hier hatten wir einen privaten Investor. Auch das war erfolgreich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, darauf einzugehen, dass die Zusammenarbeit mit den Studentenwerken in Hessen hervorragend ist. Wir haben ein sehr großes Engagement seitens der Studentenwerke. Sie waren auch an der Erarbeitung unserer Richtlinien für die Programmlinie Studentisches Wohnen beteiligt. Wir unterstützen die Studentenwerke nicht nur dabei, dass sie dann Studierendenwohnheime errichten können, sondern auch durch kostenlose Überlassung von Landesgrundstücken in zumeist sehr guten hochschulnahen Lagen. Das nehmen sie gern in Anspruch. Da gibt es vonseiten der Studentenwerke auch keine Klagen.

Ich möchte aber an dieser Stelle noch auf den Vorschlag von Herrn Siebel eingehen. Denn das klingt ja so nett: Wir machen mal einen Landcampus. Wir gehen ein bisschen aufs Land, wo die Infrastruktur noch einigermaßen gut ist.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Wir wissen von den Zielgruppen der Studierenden, dass sie möglichst nah an der Hochschule wohnen wollen, weil sie dort auch abendliche Angebote haben, weil sie da die anderen Studierenden treffen und weil da einfach etwas los ist. Die meisten ziehen von zu Hause dorthin, wo etwas los ist. Wie Sie die irgendwohin verschicken wollen, das erschließt sich mir nicht.

Frau Staatsministerin, die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.

Ich komme zum Schluss. – Wir brauchen nicht nur die Studierenden, die dort wohnen wollen, sondern wir brauchen auch diejenigen, die die Studierendenwohnheime dort bauen oder Häuser umfunktionieren. Das heißt, wir brauchen die Träger dafür. Auch die müssten wir dafür finden.

Herr Siebel, ich bin für jedes Gespräch offen, aber bislang ist mir noch keiner untergekommen, der gesagt hätte: Ich mache im hintersten Bereich der Wetterau ein Studierendenwohnheim.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nichts gegen die Wetterau! – Weitere Zurufe)

Ich habe nichts gegen die Wetterau, ich wohne im LahnDill-Kreis. – Aber für Studierende ist das schlicht nicht attraktiv, auch nicht für die Investoren. Von daher müssen wir uns weiter darum bemühen, dass wir kostengünstige Grundstücke und Investoren bekommen, die bauen – am liebsten die Studentenwerke, damit die Studierendenwohnheime auf Dauer gesichert sind.

Wir haben die Aufholjagd begonnen, und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auch in den nächsten Jahren viele Studierendenwohnheime in Hessen neu eröffnen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich habe eine weitere Wortmeldung. Herr Kollege Schaus, Sie haben noch 1:30 Minuten.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt im Fernsehen immer den Faktencheck. Weil jetzt Thüringen angesprochen wurde, will ich mit Ihnen den Faktencheck machen, was Studierendenwohnungen angeht. Im Übrigen finde ich es immer interessant, wenn GRÜNE auf Thüringen verweisen, weil sie dort selbst Mitglied in der Regierung sind. Aber sei es drum.

Wir haben in Hessen nach dem statistischen Bericht des Deutschen Studentenwerks über die Wohnbausituation von Studierenden 2016, also aktuell, für 249.000 Studierende insgesamt 15.180 Wohnungen. Das ist eine Quote von 6,85 %.

In Thüringen haben wir etwas weniger Studierende, und zwar 67.000.

(Ministerin Priska Hinz: Etwas weniger?)

Für die haben wir 7.593 Wohnungen. Das ist eine Quote von 14,98 %, man könnte auch fast 15 % sagen.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Hessen auf der Thüringer Quote läge – ich weiß, jetzt wird es unruhig, auch auf der Regierungsseite – –

(Ulrich Caspar (CDU): Was ist denn in der Zeit gebaut worden?)

Wie lange sind Sie an der Regierung, Herr Caspar, wenn Sie fragen: „Was ist denn in den letzten Jahren gebaut worden?“? Was ist das für eine Frage?

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Turgut Yük- sel (SPD))

Das ist Ihre Verantwortung, gerade Ihre Verantwortung, dass diese Zahlen so sind, wie sie sind. Hessen ist hinten, und Thüringen ist vorne.

Herr Kollege Schaus, bitte kommen Sie zum Schluss.

Das ist der Fakt.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank.

(Zurufe von der CDU – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Wir haben nicht mit dem Vergleich mit Thüringen angefangen!)