Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sollte die Aufgabe der Wirtschafts- und der Verkehrspolitik in Hessen sein? Eine verantwortungsvolle, gestaltende Landespolitik legt schon heute die Grundlagen für Wachstum, Beschäftigung und Wertschöpfung von morgen. Genau diesem Anspruch muss sich die Politik stellen. So viel sei gesagt: Diesen Anspruch unterläuft der schwarz-grüne Haushaltsplanentwurf auch in den Bereichen Wirtschaft und Verkehr wieder einmal bei Weitem.
Ich möchte trotz der beschränkten Redezeit auf ein paar wesentliche Themen eingehen. Bei der Fülle des Haushaltsentwurfs gäbe es vieles, wo man deutlich herausarbeiten könnte, wo die Unterschiede zwischen dem liegen, wie Sie Ihre Politik gestalten oder verwalten, und dem, wie es besser und gerechter für Hessen zugehen könnte.
Damit bin ich beim Thema Infrastruktur und Mobilität. Die Mobilität von Menschen, von Waren und von Daten ist im Umbruch begriffen und verlangt gestaltende Antworten. Die Mobilität von Menschen, Waren und Daten bildet den infrastrukturellen Rahmen für die künftige wirtschaftliche Entwicklung. Wenn man gedacht hat, dass die Vorstellungen der schwarzen Straßenbauer von ihrer bisherigen Politik und die Verkehrspolitik der GRÜNEN einander ergänzen, dann ist da Fehlanzeige zu vermelden. Anstatt zweimal plus gibt es zweimal minus, denn in beiden Bereichen kommen Sie den eigenen Ansprüchen bei Weitem nicht hinterher.
Sie unterlaufen die eigenen Ansprüche; das will ich an einem Beispiel klarmachen, das die Union immer vor sich herträgt, nämlich die Investition von 100 Millionen € in den Landesstraßenbau. Es kann doch nicht sein, dass sich der Ministerpräsident gestern hierher stellt und sagt: Es ist alles toll, was wir hier tun. – Ihr Ziel erreichen Sie um Längen nicht. Der Landesstraßenbauetat enthält nicht die Summen, die notwendig wären, um ordentlich in die Infrastruktur zu investieren. Wenn sowohl der DGB als auch die VhU Ihre Infrastrukturpolitik in der Luft zerreißen und deutlich machen, wo die großen Defizite in der Politik von Schwarz-Grün liegen, dann sollte das uns allen und insbesondere Ihnen, die Sie in der Koalition und der Regierung in der Verantwortung sind, zu denken geben, und Sie sollten Ihre Politik wirklich grundlegend überarbeiten.
Richtig absurd wird es, wenn der grüne Verkehrsminister beim Thema Landesstraßenbau das Wort Nachhaltigkeit in den Mund nimmt. Wir reden im Landesstraßenbau über die Investitionen, die unserer Auffassung nach zu gering sind. Da man an der Stelle immer nach den objektiven Rahmenbedingungen fragt, schauen wir uns einmal an, was jedes Jahr an Werteverzehr im Lande Hessen geschieht. Wenn ich mir anschaue, dass Sie die jahresbezogenen Abschreibungen bei 184 Millionen € angesetzt haben, und mir ansehe, wie viel Sie eigentlich investieren, dann muss ich sagen: Ihrem Ansatz, zu sanieren und zu erhalten, kommen Sie mit Ihrem Kleckerantrag in diesem Bereich bei Weitem nicht nach, weil das den Anforderungen an eine gute Infrastruktur nicht entspricht.
All das wäre wichtig, notwendig, richtig und auch nachhaltig, wenn die Investitionen auf das Niveau der Abschreibungen hochgezogen würden, wenn man mit den Investitionen nicht so lange auf kleinem Niveau abwarten würde, bis sich die Abschreibungen den Investitionen angenähert haben. Das ist vielleicht eine Form der Nachhaltigkeit, die Sie sich vorstellen, aber das hat mit einer guten Infrastrukturpolitik nichts zu tun.
Wenn man sich anschaut, welche Infrastrukturmaßnahmen auf den Bundesstraßen und Bundesautobahnen nach den Vorgaben des letzten Bundesverkehrswegeplans im Lande Hessen durchgeführt werden sollten, und wenn man sich klarmacht, dass nur 5 % der geplanten Autobahnmaßnahmen und nur 30 % der Maßnahmen auf den Bundesfernstraßen umgesetzt wurden, dann muss man sagen: Es hat ein Umsetzungsproblem auf hessischer Ebene gegeben. Das hat doch etwas damit zu tun, wie beherzt man diese Themen angeht und ob man deutlich macht, dass man die Mittel, die der Bund in diesem Bereich zur Verfügung stellt, wirklich umsetzen will.
Wenn sich der Ministerpräsident gestern wieder hierhin stellt und sagt: „Wir geben 7 Millionen € mehr für Planungen aus“, dann bezieht er sich auf die Fremdvergaben für Planungen für Bundesprojekte. Ich finde das schon sehr, sehr dreist, auf der einen Seite die Mittel für externe Vergaben für Planungsleistungen zu erhöhen und auf der anderen Seite, dem Abbaupfad des schwarz-grünen Koalitionsvertrages folgend, die Infrastruktur der Verwaltung so abzubauen, dass diese überhaupt nicht mehr in der Lage ist, effektiv und zielgerichtet die Mittel, die für Investitionen zur Verfügung stehen, umzusetzen. Hessen Mobil hat immer weniger Mitarbeiter. Das ist doch genau das Gegenteil dessen, was Sie sagen, dass Sie nämlich die Planungskapazitäten erhöhen, um die Aufgaben besser abarbeiten und Investitionen da hinbringen zu können, wo sie hin sollen, nämlich auf die Straße, nicht in Entwürfe, in irgendwelche Zahlenwerke.
Ich bin natürlich sehr, sehr froh, dass 25 Ingenieure zusätzlich eingestellt werden sollen – für Brückenbauwerke und Ähnliches. Das ist aber schon in zwei Jahren hinfällig, weil Ihr schwarz-grüner Abbaupfad diese Stellen dann wieder gestrichen haben wird. Von daher ist das ein kurzes Aufwallen, ein Zeichen dafür, dass Sie vielleicht im Ansatz verstanden haben, wo das Problem ist. Aber machen Sie es doch bitte konsequent. Verlassen Sie den Abbaupfad. Hessen Mobil hat in den letzten Jahren so viel geblutet, dass es nur noch ganz schwer gelingen wird, die Investitionen umzusetzen. Sie wären aber dringend notwendig, um unser Land voranzubringen.
Wenn der grüne Verkehrsminister sogenannte grüne Verkehrspolitik engagiert umsetzen würde, dann wäre das alles wenigstens inhaltlich begründbar. Aber auch da: weit gefehlt. Was eine echte Verkehrswende und den Ausbau eines bezahlbaren ÖPNV in Hessen angeht, regiert in dem Bereich schwarz-grüne Lustlosigkeit statt Herzblut.
Herr Minister, gestern haben Sie sich gerühmt, dass Sie der gesetzlichen Verpflichtung, die Bundesmittel an die Verbünde weiterzureichen, nachkommen und dass der Bund so viel an Mitteln gibt, wie das bisher nicht der Fall war. Das ist die Kernbotschaft Ihrer Verkehrspolitik. Das ist sicherlich alles andere als der große Wurf.
Ich will deutlich machen, dass es in der Tat Ansätze gibt, wo wir sagen: Da bewegen wir uns in die richtige Richtung. – Da bin ich bei Themen wie dem Schülerticket, das wir in der Grundkonzeption richtig finden. Bei der finanziellen Ausgestaltung dieses Programms mache ich aber große Fragezeichen, gerade für die kommunale Ebene, ob das, was Sie hier an Mitteln vorgesehen haben, ausreicht, um das so hinzubekommen, wie wir uns das eigentlich vorstellen.
Überhaupt nichts mit einer wirklichen Verkehrswende zu tun hat der Werbeetat für den Verkehrsminister, der landauf, landab mit seinem Konterfei das Schülerticket bewirbt und damit deutlich macht, dass er etwas für die Menschen in diesem Land tut. Stimmen Sie deshalb unserem Änderungsantrag zu, das Geld statt in PR in Zukunftsaufgaben, wie die Digitalisierung, zu stecken. Dann wird eine ordentliche und gestaltende Politik daraus.
Wenn der Ministerpräsident gestern von „dieselfreiem ÖPNV“ gesprochen hat, dann muss ich sagen: Es ist doch schön, wenn er diesen Begriff in den Mund nimmt. Ich würde mir aber gerne die Details anschauen, wie er das – außer in Worten – umsetzen und gestalten will. Wenn wir unserem Anspruch, Vorreiter in der Verkehrswende, bei alternativen Antriebsformen – das ist nicht nur die Elektromobilität, das ist viel mehr – zu sein, dann müssen wir bei der Entwicklung an der Spitze stehen.
Mit den 5 Millionen € für Elektrobusse – das hat er gestern gesagt – sind wir bei ungefähr elf bis zwölf Bussen für ganz Hessen. Dann wissen wir, wie die Zeithorizonte ausgestaltet sind, die wir haben, um sozusagen Druck auf die Fahrbahn zu bringen und im ÖPNV wirklich Veränderungen hinzubekommen. Auch da geben wir Ihnen mit unseren Änderungsanträgen freundliche Hinweise, wie Sie, wenn Sie es ernst meinen, auch im investiven Bereich wirklich Akzente setzen können.
Was diesen Bereich angeht, bleibt zusammenzufassen: Außer den Überschriften und den großen Worten, wie wir das gestalten können, brauchen wir in Zahlen gegossene Ansätze, wie wir es wirklich voranbringen können. Deswegen sage ich – Sie sehen das auch an unseren Anträgen, die das deutlich machen –: Es gibt wichtige Themen, die es anzupacken gilt. Da sind wir durchaus an Ihrer Seite. Aber ich glaube, da bedarf es bei Ihnen noch der einen oder anderen Veränderung nach oben.
Zu dem Thema Flughafen werden wir morgen in diesem Haus noch einmal eine lebendige Debatte haben. Auch da kann man entweder gute Politik machen, oder man kann es so machen wie Sie.
Man kann es machen wie Sie und die Ansätze für berufliche Bildung kürzen, statt für die Zukunft in den Nachwuchs unseres Landes zu investieren. Man kann es so ma
chen wie Sie und die Industriepolitik vor sich hin dümpeln lassen. Man kann sie aber auch beherzt angehen. Man kann es machen wie Sie und den Status quo in vielen Bereichen beibehalten, ansonsten aber erzählen, wie man es eigentlich besser machen müsste. Da hätte ich die herzliche Bitte: Machen Sie es doch, und nutzen Sie Ihre Gestaltungskompetenzen, um nicht nur zu beschreiben, wie die Politik zu sein hätte, sondern sie auch tatsächlich umzusetzen.
Als Beispiel für diesen Bereich will ich ein Thema herausgreifen: Völlig richtig auf den ersten Blick ist eine Erhöhung der Mittel für die Kultur und für die Kreativwirtschaft. Aber wenn ich mir anschaue, was Sie machen wollen, stelle ich fest, die Mitarbeiter im Ministerium und der Minister können mir noch nicht einmal sagen, worauf sie sich fokussieren, was sie vorantreiben und in welchen Teilbranchen unseres Landes sie wirklich Wirtschaftsförderung betreiben wollen. Ich finde, wenn man nicht weiß, wohin man will, ist es etwas schwierig, gestaltende Politik zu fokussieren und sie umzusetzen. Deshalb wäre ein klarer Kompass da hilfreicher.
Abschließend will ich noch ein wesentliches Thema ansprechen: die Digitalisierung. Da nachher wieder die Weihrauchschwaden aufsteigen und alle bekräftigen, wie toll wir in Hessen doch sind, was den Breitbandausbau und Ähnliches angeht, empfehle ich Ihnen einen Blick in die Antwort auf eine Kleine Anfrage der GRÜNEN im Deutschen Bundestag. In der Antwort wird sehr dezidiert beschrieben, dass Hessen unter den Flächenländern dasjenige ist, in dem gerade einmal 6,8 % der Haushalte mit FTTH versorgt sind, und dass wir bei den 50-MBit/s-Anschlüssen mit einem Anteil von 72 % deutlich hinter NRW, Niedersachsen und Baden-Württemberg liegen.
Bei den 50-MBit/s-Anschlüssen handelt es sich eigentlich nur um einen Zwischenschritt. Da vermissen wir immer noch eine klare Vorgabe. Es geht darum, nicht nur darüber zu reden, sondern auch zu sagen, wie im Rahmen einer weiteren Strategie die Entwicklung hin zu 100-MBit/s-Anschlüssen und darüber hinausgehend gefördert wird. Da liegen wir noch weiter hinten. Die Anfrage und vor allem die Antworten darauf sind sehr lesenswert. Deswegen sage ich: Für unseren Anspruch, dass Hessen ein Bundesland in der Mitte dieser Republik ist, das sich mit internationalen Wirtschaftsstandorten misst, ist das zu wenig und zu überschaubar.
Um das wirklich hinzubekommen und Stadt und Land nicht auseinanderzudividieren, sondern gemeinsam in die digitale Zukunft zu führen, braucht man eine Infrastruktur und Ansätze zu nicht nur unternehmensbezogenen Beratungsleistungen. Vielmehr fände ich es ganz wichtig und spannend, die arbeitnehmerbezogenen und mitbestimmungsorientierten Beratungsangebote endlich in Hessen zu implementieren, damit man die Menschen, die mit der Digitalisierung umgehen müssen, fit macht, sodass sie die Digitalisierung mitgestalten und umsetzen können. Deswegen sage ich: Digitalisierung gestalten – ja, aber richtig und mit Einsatz.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Es gibt in diesem Haushalt viele Themen, die Sie beschreiben. Aber am Ende des Tages ist der große Wurf ausgeblieben. Sie machen nicht genug für die Infrastruktur. Die Zukunftsaufgaben unseres Landes bleiben liegen. Dabei habe ich viele Themen noch gar nicht angesprochen.
Vielleicht sollte es zu dem Thema einmal wieder eine Regierungserklärung geben. Sie geben schließlich immer Regierungserklärungen ab. Es wäre ein spannendes Thema, wie die Wirtschaftspolitik in diesem Lande eigentlich auszusehen hätte. Bei Ihnen gibt es noch Luft nach oben. Die können Sie nutzen, um nicht nur noch zu verwalten, sondern auch zu gestalten. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Eckert. – Als Nächster spricht Kollege Klose, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechen über den Einzelplan 07 und damit über Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung. Dieser Bereich ist einer der zentralen Schwerpunkte unserer gemeinsamen Landesregierung. Unsere Wirtschaftspolitik folgt dem Grundsatz, dass Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch sind. Im Gegenteil, gerade gemeinsam sorgen sie für Innovation und für Fortschritt. Wohlstand im Sinne der sozialen Marktwirtschaft zu bewahren und Ressourcen zu schonen geht bei uns Hand in Hand. Genau das bedeutet es, mit grünen Ideen schwarze Zahlen zu schreiben.