Das scheint mir jedenfalls eine risikogeneigte Vorgehensweise zu sein. Deshalb halte ich es für richtig und für klug, bei der soliden Variante zu bleiben, nämlich in der Rücklage Ausreichendes für Schwankungsprobleme der Zukunft herinnen zu lassen.
Zweite Bemerkung. Wie kommt man an die Steuermehreinnahmen dran, um sie ausgeben zu können? Denn das verbindet den einen oder anderen hier im Hause. Das war früher einmal möglich. Da konnte man sogar im laufenden Haushaltsjahr eintretende Steuermehreinnahmen für anderes verwenden.
In der von diesem Hause mit Ausnahme der LINKEN einmütig beschlossenen Regel zur Schuldenbremse sind zwei
Erstens. Konjunkturell bedingte Mehreinnahmen sind Einnahmen, mit denen man nicht rechnet. Diese kommen, ohne dass die gesetzlichen Grundlagen dafür verändert worden sind. Das sind die im Moment absehbaren – – Ich spreche bewusst von „im Moment absehbar“. Vor dem 31.12. mache ich aufgrund bitterer Erfahrungen vergangener Jahre keine Angaben dazu, wie viel am Ende in der Kasse sein wird. Solange es noch eine Nettoneuverschuldung gibt, sind diese Mehreinnahmen zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung einzusetzen. Wenn dann noch etwas übrig bleibt, wird dieses Geld entweder in die Reduzierung der bestehenden Altschulden gesteckt oder einer Konjunkturausgleichsrücklage zugeführt, die wiederum nur genutzt werden kann, um negative konjunkturelle Schwankungen in Folgejahren auszugleichen, aber nicht für irgendwelche politisch determinierten Entscheidungen für die Zukunft.
Insofern sind die Hoffnungen nach dem Motto, es werde schon etwas übrig bleiben, gegen die Regelungen unserer Schuldenbremse, lieber Herr Schmitt.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Was machen Sie mit den Haushaltsresten?)
Zweitens. Mit Blick auf die Gegenfinanzierungsvorschläge der FDP darf ich darauf hinweisen, dass es ein Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse gibt, dem die FDP zugestimmt hat. Für die Gegenfinanzierung von Ausgaben stehen Privatisierungserlöse ausdrücklich nicht zur Verfügung, meine sehr verehrte Kollegin und Kollegen von der FDP. Denn das sind Transaktionen im Sinne unseres Regelwerkes, die bei der Frage, ob eine Nettoneuverschuldung möglich ist oder nicht, ausdrücklich nicht mitgerechnet werden, um die Veräußerung von Tafelsilber zur Einhaltung der Schuldenbremse zu vermeiden.
Das haben wir in unserer gemeinsamen Regierungszeit beschlossen. Warum Sie sich jetzt davon verabschieden, erschließt sich mir überhaupt nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das steht jedenfalls darin. Ich rede jetzt darüber. Die 900 Stellen kann man anders regeln. Die Gegenfinanzierung soll aber im Wesentlichen durch Privatisierungserlöse erfolgen. Diese stehen aber nicht zur Verfügung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Zur Frage der Finanzverwaltung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr stolz, dass die Beamtinnen und Beamten der hessischen Finanzverwaltung – der Bericht der Oberfinanzdirektion für das letzte Jahr ist vor einigen Tagen vorgelegt worden – mit den Tätigkeiten der Außendienste zusammen fast 2 Milliarden € zusätzliche Steuereinnahmen generiert haben. 1,4 Milliarden € waren allein das Ergebnis der Betriebsprüfungen. Fast 500 Millionen € waren das Ergebnis der Steuerfahndung. Hier im Hause wird jedoch der Eindruck erweckt, in Hessen würde
Dafür haben wir etliches getan. Wir haben in den vergangenen Jahren über 100 Stellen in den Außendiensten geschaffen. Weitere 35 Stellen kommen nun hinzu. Fast 100 Stellen kommen hinzu, um im Innendienst Spezialisten noch besser ausbilden zu können, um der internationalen Steuerfallgestaltung und den Verschränkungen so weit wie möglich mit qualifiziertem Personal begegnen zu können, um die notwendigen Ergebnisse in der Betriebsprüfung erreichen zu können, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir haben die Möglichkeit, mit unserer nationalen Gesetzgebung Einfluss zu nehmen. Dabei haben wir uns immer mit sehr vielen praktischen Vorschlägen dafür eingesetzt, Steuerschlupflöcher zu schließen. Das haben wir sehr viel intensiver getan als der Kollege, der gerne öffentlich darüber redet.
Die Investmentbesteuerung, wahrscheinlich eines der wenigen größeren steuerpolitischen Vorhaben der Großen Koalition in dieser Legislaturperiode, ist im Wesentlichen in Zusammenarbeit des Bundesfinanzministeriums mit der hessischen Steuerverwaltung entstanden.
Der Abschluss von Cum-Cum-Geschäften ist Bestandteil dieses Gesetzespaketes, meine Damen und Herren. Jetzt können wir uns wechselseitig vorwerfen, dass wir das Gesetz nicht schon 2010, 2009 oder 2008 beschlossen haben. Bei solchen Diskussionen bin ich offen. In der Vergangenheit haben Sie mich auch nicht bei denen erlebt, die, als es um die Cum-Ex-Geschäfte ging, auf dem damals sozialdemokratisch geführten Bundesfinanzministerium herumgetrampelt haben.
Hierzu ist derzeit ein Untersuchungsausschuss in Berlin tätig. Ich habe mich an dieser Diskussion nie beteiligt, weil ich glaube, dass es einfach nicht klug ist, uns insbesondere zwischen den großen Parteien immer wechselseitig vorzuwerfen, der andere habe für die Bekämpfung des Steuerbetrugs nicht genug übrig und unternehme deshalb zu wenig in diesem Bereich. Das hilft uns allen nicht, sondern das fördert am Ende das Geschäft derjenigen, die diese Demokratie nicht so wollen, wie wir sie haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Um solch einen Fall handelt es sich jetzt auch bei der Cum-Cum-Frage. Ich bin unglaublich stolz darauf, dass wir bei den Cum-Ex-Geschäften als hessische Finanzverwaltung jeden Prozess vor einem deutschen Finanzgericht gegen die Beteiligten gewonnen haben. Wir haben solide nachgewiesen, dass gegen Gesetze verstoßen worden ist.
Jetzt haben wir die Situation, dass der Bundesfinanzhof eine bestimmte Fallgestaltung der Cum-Cum-Geschäfte – das klingt so ähnlich, ist aber ein bisschen anders –, eine
bestimmte Fallgestaltung der sogenannten strukturierten Wertpapierleihe, für steuerrechtswidrig auch unter Vergangenheitsgesichtspunkten beurteilt hat. Daraus abzuleiten, dass alle Cum-Cum-Geschäfte der Vergangenheit rechtswidrig waren – in moralischer Hinsicht teile ich die Einschätzung von Walter Arnold –, ist eine andere Sache. Dazu gab es eine Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern. Die überwiegende Zahl der Landesfinanzverwaltungen – Sie wissen genau, wie die Mehrheitsverhältnisse sind; es muss also sehr deutlich über Parteigrenzen hinweggegangen sein – hat sich der Rechtsauffassung des Bundesfinanzministeriums angeschlossen. Nur die Initiative eines wahlkämpfenden Kollegen, der an dieser Stelle offensichtlich an seinem eigenen Denkmal arbeitet, sorgt für eine Debatte.
Meine Damen und Herren, deshalb sollten Sie sich einmal sachkundig nicht nur bei einem anderen Bundesland machen. Ich schlage Ihnen gerne vor, in welche Bundesländer Sie einmal blicken können, die anders entschieden haben.
So geht es nicht. Sie können nicht einfach nur die kleine parteipolitische Münze machen und am Ende die Arbeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die jeden Tag an der Front gegen Steuermissbrauch kämpfen, diskreditieren. So geht es nicht, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Minister. – Ich habe eine Frage. Zu diesem Thema stand in der „Frankfurter Rundschau“ ein Artikel, in dem nach meiner Erinnerung die Rede davon war, dass elf Bundesländer dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums an die Finanzverwaltung zugestimmt haben. Können Sie das bestätigen, oder habe ich das falsch in Erinnerung?
Es ist nicht üblich, das Abstimmungsverhalten einzelner Bundesländer und exakte Zahlen in der Öffentlichkeit zu benennen. Ich habe vorhin aber darauf hingewiesen, dass die überwiegende Zahl der Landesfinanzverwaltungen das so sieht. Ich glaube, darunter können Sie ungefähr diese Zahlen subsumieren.
Herr Finanzminister, können Sie bestätigen, dass es bisher völlig unüblich war, dass, wenn ein Land einem solchen Anwendungserlass widersprochen hat, dieser trotzdem in Kraft gesetzt wird?
Bisher war es üblich, wenn nach dem Abschluss von Fragestellungen auf der Ebene der Abteilungsleiter ein Bundesland erklärt, einen sogenannten FMK-Vorbehalt einzulegen, dass dann das weitere Verfahren bis zur Beratung der Finanzministerkonferenz nicht fortgesetzt wird.
Im konkreten Fall hatte aber die betroffene Landesfinanzverwaltung angekündigt, gegebenenfalls einen Vorbehalt einzulegen. Es war den Beteiligten innerhalb einer Frist von zwei bis drei Wochen nicht möglich, zu entscheiden, ob es einen Vorbehalt gibt oder nicht. Dann fand die nächste Sitzung der Finanzministerkonferenz statt. Das stand auf der Tagesordnung, obwohl der betreffende Vorsitzende der Finanzministerkonferenz nicht aufgetaucht ist. Da war es am Ende recht und billig und auch notwendig, damit sichergestellt wird, dass vor Ende dieses Jahres die notwendigen Bescheide herausgehen können und nicht der Verjährung anheimfallen, dass diese Fragestellung angegangen wird.
Meine Damen und Herren, so geht es nicht. Es kann nicht auf der einen Seite das Verfahren verzögert und auf der anderen Seite behauptet werden, es handele sich um ein politisches Problem. So geht es nicht.
Die hessische Finanzverwaltung ist gut aufgestellt. Wir arbeiten ständig daran, sie noch besser aufzustellen. 650 Anwärterinnen und Anwärter im kommenden Jahr einzustellen, das spricht eine unglaublich deutliche Sprache. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam fortsetzen.
Herzlichen Dank, Herr Minister. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen zum Einzelplan 06, zum Einzelplan 17 und zum Einzelplan 18.