Protokoll der Sitzung vom 24.11.2016

Wir haben in Europa den Emissionshandel. Dieser gibt dem CO2-Ausstoß einen Preis. Die Zertifikate werden so verknappt, dass man am Ende den CO2-Ausstoß einhält. Dieses Modell ist marktwirtschaftlich und setzt Anreize, den CO2-Ausstoß zu senken.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn aber ständig durch Maßnahmen, die das Doppelte an Geld kosten, der CO2-Ausstoß sinkt, dann führt das dazu, dass der Preis der Zertifikate am Boden liegt und es am Ende keine Anreize mehr gibt, den Ausstoß zu senken.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Im Gegenteil: Durch unsere teuren Maßnahmen, die wir auf Kosten unserer Bürger und unserer Wirtschaft und auf Kosten von Arbeitsplätzen durchführen, machen wir den CO2-Ausstoß in den anderen europäischen Ländern billig. Wir zahlen mit viel Geld dafür, dass Kohlekraftwerke in

Polen nicht die neuesten Standards einführen. Wir nehmen sozusagen den Druck aus dem Kessel.

Dass man in diesem Zusammenhang natürlich auch die Frage besprechen muss, wie der CO2-Zertifikatehandel auf die relevanten CO2-Emittenten ausgeweitet werden kann, das ist klar.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Aber jeder marktwirtschaftliche Anreiz ist sinnvoller und preiswerter als ein Klimaschutzplan, den ich nicht einmal mehr dem Zentralkomitee der DDR in dieser Detailtreue zugetraut hätte. Meine Damen und Herren, das ist Planwirtschaft und hat mit freier Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der FDP – Lachen des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Danke, Herr Kollege Lenders. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Dorn vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lenders, ich darf feststellen: Herr Trump hat ja schon seinen Schatten über Marrakesch geworfen.

(Torsten Warnecke (SPD): Was?)

Ich stelle fest, dass er leider den Schatten bis hierher geworfen hat. Ich hätte nicht gedacht, dass die FDP in dieser Legislaturperiode noch so weit kommt, dass sie Klimawandelleugner salonfähig macht. Herr Lenders, das ist schon ein ziemlicher Schritt, den Sie hier vollzogen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – René Rock (FDP): Klimaleugner – was soll denn das sein? – Vizepräsident Wolfgang Greilich übernimmt den Vorsitz.)

Herr Kollege Lenders, Ihr Beitrag war leider ein weiterer Beleg dafür, dass Sie Ihre Energiepolitik immer nach den Wählerstimmen ausrichten, die Sie gerade brauchen. Als Sie damals noch im Bundestag vertreten waren und die Bundesregierung mit gestellt haben, haben Sie die Stimmen bei der Großindustrie und bei den Konzernen gesehen. Sie haben an der Atomenergie festgehalten, und es war Ihnen egal, wie damals die Mehrheit der Bevölkerung dachte – Sie haben damals den Atomkonsens aufgekündigt, zusammen mit der CDU.

(René Rock (FDP): Sagen Sie doch einmal etwas zum Klimaschutzthema!)

Ich sage direkt etwas zum Thema.

(René Rock (FDP): Warum Sie es hier nicht besprechen!)

Nach Fukushima merkten Sie, dass der Druck der Bevölkerung immer größer wird, dass Sie dem nicht standhalten könnten, und dann konnten Sie gar nicht schnell genug aus der Atomenergie aussteigen. Es war auch hier in Hessen so: Sie wollten unbedingt schneller als die CDU sein.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Ich kann nur sagen, wir konnten uns als GRÜNE damals kaum die Augen reiben; wir konnten es nicht glauben, was für einen Tanz Sie da gerade vollführen. Die ersten Eindrücke von Fukushima verblasst, kamen vor Ort die ersten Windkraftgegner auf. Da haben Sie neues Potenzial gesehen. Also haben Sie Ihre eigenen Gesetze, Ihren eigenen Landesentwicklungsplan, Ihre eigenen Beschlüsse torpediert. Ich darf wieder feststellen: Nur die FDP dreht sich schneller als ein Windrad.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Es dreht sich ja gar nichts in Hessen, das ist ja das Problem!)

Meine Damen und Herren, es wäre ja völlig egal, welchen Klimaschutzplan wir hier vorlegen würden – egal, wie gut er wäre, egal, wie unternehmerfreundlich oder wie sonst er wäre: Sie würden ihn ablehnen; denn Sie sehen – –

(René Rock (FDP): Es interessiert Sie doch sonst auch nicht, ob wir etwas ablehnen oder nicht! – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Rock, Sie könnten sich ja beteiligen. Sie hätten sich ja beteiligen können.

(Florian Rentsch (FDP): Das schlägt dem Fass den Boden aus!)

Ja, Herr Kollege Rentsch. Es gab eine E-Mail an Sie persönlich, am 9. Juli 2015: Einladung zum Steuerungskreis. Da wurden Sie in den Steuerungskreis „Klimaschutz und Klimafolgenanpassung“ eingeladen. Da wurden Sie persönlich eingeladen. Alle anderen – Unternehmerverbände, Kammern, Kommunale Spitzenverbände, die Fraktionen der Regierung – haben verstanden: Hier geht es jetzt los. Wir hatten vorher eine Regierungserklärung abgegeben. Herr Kollege Rentsch, nur Sie haben anscheinend diese Einladung nicht wichtig genommen. Oder Sie wollten Sie von vorneherein nicht wichtig nehmen.

Herr Kollege Rentsch, danach hatten wir zwei Debatten, und Sie halten immer noch Ihren Vorwurf aufrecht.

(Heiterkeit des Abg. Marius Weiß (SPD))

Ich zitiere einmal aus Ihrem Antrag:

Der Landtag kritisiert, dass in die Arbeit des Steuerungskreises „Klimaschutz und Klimawandelanpassung“, dem insgesamt 48 Vertreter vor allem aus dem Umfeld der öffentlichen Verwaltung und von Naturschutzorganisationen angehören, nur zwei Landtagsabgeordnete, ausschließlich aus den Reihen der Regierungsfraktionen, einbezogen werden.

Das ist eine Frechheit, das ist schamlos gelogen: Sie waren eingeladen. Mehrfach haben wir hier darüber debattiert.

(Zurufe von der FDP und der SPD)

Sie haben sich nie darum gekümmert. Sie haben nicht gesagt, Sie wollen dazugehören.

(Zuruf des Abg. Marius Weiß (SPD))

Sie haben eine E-Mail verpasst. Es ist ein Skandal, dass Sie hier immer wieder die Unwahrheit verbreiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Kann ich dazu die Clearingstelle anrufen?)

Nebenbei: Wenn Sie sich einmal die Liste der zahlreichen Personengruppen – –

Frau Kollegin, wir haben uns darauf verständigt, dass wir andere hier nicht der Lüge bezichtigen. Ich würde Sie bitten, sich auch daran zu halten.

(Florian Rentsch (FDP): Ich würde jetzt gerne die Clearingstelle anrufen! – Michael Boddenberg (CDU): Oh! – Florian Rentsch (FDP): Das ist jetzt so ein Fall: die Unwahrheit gesagt!)

Ich würde Ihnen noch empfehlen, dass Sie einmal die Liste der verschiedenen Vertreterinnen und Vertreter anschauen. Da werden Sie sehen, dass nicht vor allem Naturschutzorganisationen hier beteiligt sind, sondern ganz viele: Unternehmerverbände, Kammern und die Kommunalen Spitzenverbände. Aber, wenn Sie sich nicht mit der Materie befassen, können Sie das leider auch nicht wissen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt sagen Sie, hier in Deutschland und hier in Hessen könnten wir nichts für den Klimaschutz tun; auf EU-Ebene wäre eigentlich der maßgebliche Punkt. Ich bin sogar ganz bei Ihnen: Auf EU-Ebene wäre der maßgebliche Punkt, und auf EU-Ebene wäre der Zertifikatehandel der wesentliche Punkt, um etwas zu tun. Dann frage ich Sie: Warum haben Sie damals, als Sie in der Bundesregierung waren, Umweltminister Altmaier immer daran gehindert, einen gescheiten Zertifikatehandel auf den Weg zu bringen? Sie haben das immer wieder blockiert. Sie können sich jetzt nicht verstecken, wenn Sie in der Regierungsverantwortung genau das Gegenteil getan haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – René Rock (FDP): Den gibt es doch schon ewig, den Zertifikatehandel, lange vor der Bundesregierung!)

Sie haben bei Ihrer Energiepolitik weder einen inneren Gradmesser noch ein Konzept.

(René Rock (FDP): Sie meinen die Verknappung der Zertifikate!)

Herr Kollege Rock, ich sage jetzt einmal: Sie sind gegen Windkraft und gegen Solarenergie. Sie sind gegen Stromtrassen. Sie kritisieren auch, dass die Speichermöglichkeiten noch nicht ausreichend sind. Sie sind gegen Windkraft vor Ort. Wie kommt eigentlich Ihr Strom nach Hessen? Das würde ich gerne einmal von Ihnen wissen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- rufe von der SPD)

Fahrräder finden Sie peinlich. Das haben Sie gerade wieder gesagt. Dass es gerade einen Boom an E-Bikes gibt und dass in großen Städten Fahrräder attraktiver werden, merken Sie gar nicht. Für Sie ist „Freie Fahrt für freie Bürger“

so etwas wie ein Grundrecht, wie für die Tea Party das Waffenrecht in den USA. Das ist das Allerwichtigste.