In den Städten, in denen das Projekt bisher verwirklicht oder angedacht wurde, herrscht große politische Übereinstimmung über Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Einrichtung. Sowohl in Frankfurt als auch in Offenbach ist dies auch so von den Regierungsbündnissen in ihren Koalitionsverträgen festgehalten. Ich halte das für ein hervorragendes Beispiel einer guten und zielführenden Zusammenarbeit zwischen dem Land Hessen und seinen Kommunen.
Meine Damen und Herren, als erster Redner, der heute zu diesem Thema spricht, möchte ich noch einmal erläutern, was das Besondere an den Häusern des Jugendrechts ist. Dort arbeiten Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugend- bzw. Jugendgerichtshilfe eng und konstruktiv unter einem Dach zusammen. Durch diese enge Kooperation kann schnell auf Straftaten reagiert werden. Ein jugendlicher Straftäter wird so umgehend eine Reaktion auf seine Tat erfahren und die Folgen seines Handelns zeitnah spüren. Nur durch diesen erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen Straftat und Sanktion kann bei jungen Menschen die Einsichtsfähigkeit für ihr Fehlverhalten verstärkt und dem Beginn krimineller Karrieren entgegengewirkt werden.
Durch die schnelle, effektive und nachvollziehbare Bestrafung sowie den erhöhten Kontrolldruck werden viele Jugendliche von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten.
Sehr geehrte Damen und Herren, dies ist der wichtigste, aber nicht der alleinige Vorteil der Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen in den Häusern des Jugendrechts. Weiterhin von Bedeutung ist, dass der jugendliche Straftäter umfassend betreut werden kann. So wird beispielsweise sein familiäres Umfeld eingebunden, um mögliche Ursachen für das kriminelle Verhalten zu ergründen. Zentrale Voraussetzung dafür ist das sogenannte Wohnortprinzip, das dafür sorgt, dass alle Straftaten eines Jugendlichen in nur einem Haus des Jugendrechts zusammenlaufen und behandelt werden. So entsteht eine gute Kenntnis der Mitarbeiter von dem Jugendlichen und seinem Umfeld, die dazu beiträgt, entsprechend reagieren zu können und im besten Fall weitere Straftaten bereits im Vorfeld zu verhindern.
Es gibt sogar Fälle, in denen durch den Einbezug der Familie auch auf Geschwister des Straftäters eingewirkt werden konnte, die auffällig waren, ohne bereits konkret straffällig geworden zu sein. Die enge Begleitung durch die Mitarbeiter führt zudem dazu, dass die betroffenen Jugendlichen Vertrauen fassen, da sie einen Ansprechpartner wahrnehmen, von dem sie Hilfe erwarten können.
So sind die Häuser des Jugendrechts in den betreffenden Gebieten zu einem Anlaufpunkt geworden, an den sich sogar Jugendliche, die gar keine Vorladung haben, von sich aus mit der Bitte um Rat wenden. Auch dies trägt präventiv zur Vermeidung von Straftaten bei.
Meine Damen und Herren, die Arbeit der Häuser des Jugendrechts geht noch weiter. Sie helfen delinquenten Jugendlichen etwa bei der Berufswahl, indem sie mit den Jobcentern zusammenarbeiten. Sie bieten in Zusammenarbeit mit der Drogen- und Schuldnerberatung Hilfestellung bei Suchtproblemen oder Überschuldung, und sie wirken in den Stadtteilen, für die sie zuständig sind, vorbeugend durch Präventionsarbeit. Nicht zuletzt leisten die Frankfurter Häuser des Jugendrechts durch den Täter-Opfer-Ausgleich in Kooperation mit dem Evangelischen Regionalverband einen wichtigen Beitrag zur Konfliktlösung und -verarbeitung.
Das Haus des Jugendrechts in Frankfurt-Höchst arbeitet zudem seit einiger Zeit mit dem Violence Prevention Network zusammen. Dadurch sollen Jugendliche vor der Gefahr geschützt werden, sich politisch oder religiös zu radikalisieren. Jungen Menschen, die in extremistische Kreise geraten sind, bietet man Programme zur Deradikalisierung und Ausstiegshilfen an.
Werte Kolleginnen und Kollegen, da die Einrichtung in Frankfurt-Höchst in meinem Wahlkreis liegt, habe ich mich schon mehrfach persönlich von der hervorragenden Arbeit überzeugen können, die dort geleistet wird. Ich habe bei diesen Besuchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als hoch motivierte und in starkem Maße engagierte Personen kennengelernt. Sie gehen in ihrer Aufgabe auf, Jugendkriminalität zu bekämpfen, kriminelle Karrieren abzubrechen und den Jugendlichen einen Weg zu einem straffreien Leben aufzuzeigen.
Das Konzept der Häuser des Jugendrechts lebt maßgeblich von dieser Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unterschiedlichen Institutionen, eng und konstruktiv zusammenzuarbeiten. Dafür gebühren allen Bediensteten in den Häusern des Jugendrechts Dank und Anerkennung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den Häusern des Jugendrechts bietet die Hessische Landesregierung ein Modell an, das sich sehr erfolgreich entwickelt hat und bundesweit anerkannt ist. Nach den positiven Erfahrungen in Frankfurt und Wiesbaden würden wir es begrüßen, wenn das Modell auf weitere Städte und Gemeinden, in denen Bedarf besteht, ausgeweitet wird. Ich kann alle größeren Städte in Hessen nur ermutigen, sich mit der Frage der Einrichtung eines solchen Hauses intensiv zu beschäftigen. Aus meiner Sicht ist das Modell der Häuser des Jugendrechts ein gutes Beispiel, wie mit einem sinnvollen Projekt ein parteiübergreifender Konsens erreicht und zu einem Erfolg geführt werden kann.
Es würde mich freuen, wenn wir uns hier im Hessischen Landtag weiterhin einig darüber wären, diesen Weg gemeinsam fortzusetzen, und so mit dem Konzept der Häuser des Jugendrechts Hessen sicherer machen. – Herzlichen Dank.
Lieber Kollege Uwe Serke, herzlichen Dank für deinen Beitrag. – Das Wort hat jetzt Frau Abg. Hofmann, SPDFraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion begrüßt und unterstützt ausdrücklich den weiteren Ausbau der Häuser des Jugendrechts hier in Hessen; denn – der Kollege Serke hat es schon ausgeführt – es ist wirklich ein gelungenes Projekt, ein gelungenes Modell, das entscheidend dazu beiträgt, dass in einer vernetzten Zusammenarbeit der unterschiedlichen Professionen – der Staatsanwaltschaft, der Polizei, der Jugendgerichtshilfe, aber auch des Jugendamts und sonstiger Beteiligter, zum Teil freier Träger, die dort mitarbeiten – die Fälle jugendlicher Straftäter schneller bearbeitet und die Hintergründe erkannt werden können und dann auch interveniert wird.
Wir alle wissen, dass wir gerade im Bereich des Jugendstrafrechts besondere Anstrengungen unternehmen müssen, damit wir jugendliche Straftäter schnell erreichen. Besondere Anstrengungen deshalb, weil es unsere Hoffnung und Erwartung ist, dass wir auf Jugendliche noch einwirken können – das ist auch statistisch belegt. Ihre Persönlichkeitsbildung ist noch nicht abgeschlossen; zeitnahe und geeignete Interventionen sind hier noch am fruchtbarsten, am gewinnbringendsten.
Deshalb ist es sinnvoll, dass sich unterschiedliche Professionen vernetzen. Wir wissen das übrigens auch von Berichten und Besuchen: Anfänglich bestand Skepsis in den unterschiedlichen Bereichen. So haben Jugendamt und Polizei erst einmal skeptisch aufeinander geblickt, was der andere tut. Der andere hat ja einen anderen Auftrag, eine andere Aufgabe. Als man es ausprobiert und zusammengearbeitet hat, ist bei vielen die Erkenntnis gewachsen: Wir profitieren von der Zusammenarbeit. Wir können über den Tellerrand unserer eigenen Profession hinausschauen und profitieren dabei für unsere Arbeit. Das ist also auch für die Mitarbeiter der Häuser des Jugendrechts gewinnbringend. Das freut uns besonders.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Michael Bod- denberg (CDU) und Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Herr Serke hat es angesprochen: Gerade im Jugendstrafrecht ist es von besonderer Bedeutung, dass die Strafe schnell auf dem Fuß folgt. Wir kennen viele Fälle jugendlicher Straftäter, in denen ein Urteil womöglich erst nach einem Jahr kommt. Der Jugendliche hat bis dahin vielleicht so viel auf dem Kerbholz oder ist mit so vielem beschäftigt, dass er gar nicht mehr weiß, was damals eigentlich war, als er sein Moped frisiert hat. Daran kann er sich gar nicht mehr erinnern, weil schon so viel anderes passiert ist.
Genau dort setzt das Haus des Jugendrechts an, damit die Strafe schnell auf dem Fuß folgt und der jugendliche Straftäter schnell die Möglichkeit hat, sich mit dieser konkreten Straftat auseinanderzusetzen. Natürlich wird auch besprochen, wie er es künftig schafft, keine Straftaten mehr zu begehen und sein eigenes Handeln zu ändern.
Als SPD-Landtagsfraktion finden wir es sehr löblich, dass diese Häuser des Jugendrechts in Hessen – Herr Serke hat es angedeutet – sehr unterschiedliche Wege mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten gehen. So hat das eine Haus des Jugendrechts – das ist angesprochen worden – etwa den Täter-Opfer-Ausgleich als Profil, wobei wir ausdrücklich sagen: Den Täter-Opfer-Ausgleich könnte man in Hessen in Gänze weiter ausbauen.
Ein anderes Haus des Jugendrechts setzt einen Schwerpunkt beispielsweise im Bereich der Berufsberatung und hat dort ein eigenes Profil. Auch das finden wir sehr gewinnbringend, weil es zur Weiterentwicklung der Häuser des Jugendrechts beiträgt.
Ich möchte an dieser Stelle auch ganz selbstbewusst daran erinnern, dass die Häuser des Jugendrechts keine Idee dieser Landesregierung sind.
Es gab sie zuvor schon in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Wir als SPD-Landtagsfraktion haben im Jahr 2006 eine Fahrt nach Ludwigshafen unternommen und haben uns dort exemplarisch ein Haus des Jugendrechts angeschaut. Nachdem wir das so überzeugend fanden, haben wir hier in diesem Hause einen entsprechenden Antrag eingebracht, der nach anfänglichem Zögern – –
(Norbert Schmitt (SPD): Nach anfänglichem Zögern! – Michael Boddenberg (CDU): Das bestreiten wir nicht!)
Dann kam es zu einem Erkenntnisgewinn seitens dieser Landesregierung. Die Landesregierung hat sich dieser Idee Gott sei Dank angeschlossen
(Norbert Schmitt (SPD): Nach zehn Jahren! Das ist immerhin zehn Jahre her! – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Es hat also eine Weile gedauert, bis auch Sie die Idee gut fanden, aber immerhin: Der Erkenntnisgewinn ist dann ja erfolgt.
Ich möchte noch auf einen weiteren zentralen Punkt eingehen, den Herr Serke ebenfalls angesprochen hat. Wir dürfen bei der Entwicklung der Häuser des Jugendrechts auch nach dem weiteren Schritt, jetzt ein solches Haus in Offenbach zu implementieren, nicht stehen bleiben. Wir müssen dieses Erfolgsmodell in Zusammenarbeit mit den Kommunen auch auf weitere Standorte, auf weitere Kommunen
Ganz wichtig finden wir aber, dass die erfolgreiche Idee des Hauses des Jugendrechts – nämlich das vernetzte Zusammenarbeiten, die interdisziplinäre Zusammenarbeit – auch auf andere Standorte übertragen wird, etwa Landgerichtsbezirke in Hessen. Das ist eine langjährige Forderung der deutschen Jugendgerichtsvereinigung, auch auf Landesebene. Deshalb fordern wir, dass dieses Erfolgsmodell in seinen methodischen Ansätzen auch an andere Standorte weitergetragen wird, wo wir aus finanziellen oder sonstigen Gründen kein eigenes Haus des Jugendrechts schaffen können – zumindest als konzeptionelle Idee.
Ich kann dieses Hohe Haus insgesamt nur ermutigen, die Idee des Hauses des Jugendrechts weiterzutragen, weiterzuverfolgen – im Sinne der jugendlichen Straftäter. Wir wollen jeden jugendlichen Straftäter mit dieser Idee erfolgversprechend erreichen, damit keiner dieser Jugendlichen wieder straffällig wird. Mit diesem Haus des Jugendrechts wollen wir die Jugendlichen dazu befähigen, künftig straffrei zu leben und gewinnbringend für ihre weitere Zukunft in unserer Gesellschaft aktiv zu sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Vielen Dank, Frau Kollegin Hofmann. – Bevor wir fortfahren, möchte ich für das Protokoll noch festhalten, dass Herr Kollege Markus Meysner von der CDU-Fraktion ebenfalls entschuldigt ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Häuser des Jugendrechts gehören mit schöner Regelmäßigkeit auf die Tagesordnungen unserer Plenarsitzungen, nur fehlt mir heute Morgen so ein bisschen der Bezug zur Aktualität dieses Themas.