Protokoll der Sitzung vom 24.11.2016

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Genau! Dazu hat niemand aufgefordert! Niemand!)

Wir mischen uns da nicht ein. Aber der Ministerpräsident hat sich durch sein Verhalten in Ihr Verfahren eingemischt.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Genau das, was Sie uns vorwerfen und was wir nicht gemacht haben, hat der Ministerpräsident gemacht, weil er Ihnen gar keine andere Möglichkeit mehr lässt, als den Antrag zu genehmigen.

(Beifall bei der SPD – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Genau!)

Er hat das ja schon politisch präjudiziert. Also, liebe Leute, sich dann hinzustellen und so zu tun, als würden wir in Ihr Genehmigungsverfahren eingreifen, das finde ich schon äußerst bemerkenswert.

Ich lese Ihnen, Herr Al-Wazir, einmal einen Satz aus Ihrem eigenen Koalitionsvertrag vor. Ich finde es ein bisschen schade, dass Schwarz-Grün heute nicht darüber abstimmen lassen hat – sonst machen Sie das ja immer gerne.

(Michael Boddenberg (CDU): Bitte, was?)

Dort steht:

Die Koalitionspartner sind sich einig, dass eine grundsätzliche Öffnung des Marktzugangs zu Bodenverkehrsleistungen durch das Auftreten von Billiganbietern zu Verschlechterungen von Arbeitsbedingungen und Arbeitslöhnen, zu hoher Personalfluktuation und damit zugleich zu erheblichen Beeinträchtigungen der Präzision der Abläufe und der Sicherheitslage an den Flughäfen führen würde.

(Michael Boddenberg (CDU): Ja! Deswegen waren wir auch in Brüssel unterwegs!)

Wir sind der Auffassung, dass in einem so zentralen Kernbereich eines Flughafens wie den Bodenverkehrsdiensten Sicherheit und Qualität nicht verhandelbar sind.

Sie sind in Ihrem eigenen Koalitionsvertrag gegen Billiganbieter bei den Bodenverkehrsdiensten – aus Sicherheitsgründen.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es! – Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Aber wenn wir die Billiganbieter bei den Luftverkehrsunternehmen kritisieren, dann passt Ihnen das nicht. Herr Boddenberg, das ist völlig inkonsequent.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ich kann Ihnen da nur empfehlen, einmal in Ihren eigenen Koalitionsvertrag hineinzuschauen. Wenn Sie diesen Absatz modifizieren und zu den Bodenverkehrsdiensten auch noch die Luftverkehrsunternehmen mit dazuschreiben und das hier zur Abstimmung stellen, gebe ich Ihnen Brief und Siegel darauf: Dafür haben Sie unsere volle Unterstützung.

Denn wir wollen ja nicht in Ihr Verfahren eingreifen, Herr Minister. Wir wollen nicht in rechtstaatliche Verfahren eingreifen. Alles, was wir wollen, ist, ein politisches Statement abzugeben – des Landtags, der Landesregierung –,

(Zuruf von der CDU: Ach! – Unruhe bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

um nämlich zu sagen, dass wir uns bestimmte Arbeitsbedingungen nicht bieten lassen – nicht in diesem Land und erst recht nicht an einer Arbeitsstätte, an der das Land beteiligt ist.

(Zuruf von der CDU)

Wenn in den Weinbergen der Hessischen Staatsweingüter Billiglöhner beschäftigt würden, dann wäre das ein Skandal. Dann wären Sie die Ersten, die „Skandal!“ schreien und sagen würden: „Das geht nicht“. Aber in einer Arbeitsstätte wie dem Frankfurter Flughafen, an dem das Land Hessen der größte Anteilseigner ist, darf das sein, und das darf man nicht kritisieren.

(Zuruf von der CDU: Unglaublich, was Sie hier auf- führen!)

Ich finde, das ist nicht in Ordnung. Da können Sie sich ruhig auch einmal das Motto des Ministerpräsidenten zu eigen machen, der sich immer dafür ausspricht, Stärken zu stärken. Das hat er am Dienstag immer gesagt: Stärken stärken. Er redet immer viel und sagt relativ wenig,

(Lachen des Abg. Manfred Pentz (CDU))

aber „Stärken stärken“ ist ein Satz, den er am Dienstag gesagt hat. In diesem Fall gilt das nicht für Frankfurt.

Herr Kollege, die Redezeit ist abgelaufen.

Noch einen Satz, Herr Präsident. – In diesem Fall gilt das nicht für Frankfurt, weil die Stärken mit dieser Ansiedlung von Ryanair nicht gestärkt werden. Die Systempartnerschaft von Lufthansa und Fraport ist eine Stärke; sie wird dadurch nicht gestärkt. Die Tarifbindung – –

Herr Kollege!

Die Tarifbindung, in Frankfurt 95 %, wird dadurch nicht gestärkt. Von daher kann ich Ihnen nur sagen: Was bis jetzt hier vorgelegt wurde, ist keinesfalls eine Stärkung der Stärken des Frankfurter Standorts.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Deswegen haben wir, Herr Minister Al-Wazir – –

Vielen Dank, Herr Kollege. Ihre Redezeit ist definitiv und endgültig abgelaufen.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste spricht Frau Abg. Wissler für die Fraktion DIE LINKE. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, ich habe mich auch noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich schon ein bisschen irritiert bin, wenn Sie sich hierhin stellen und sagen: „Wir können das nur nach objektiven Kriterien genehmigen.“

(Zuruf von der CDU: Ja, wie denn sonst?)

Ich bin noch nicht fertig. – Dann kritisieren Sie diejenigen, die sagen, man dürfe diese Gebührenordnung nicht genehmigen, weil sie einem Lohndumping den Weg bereite. Sie sagen aber kein Wort zu den Äußerungen des Ministerpräsidenten. Ich habe mir das gerade noch einmal angeschaut. Der Ministerpräsident hat sich nicht nur dazu geäußert, dass es schön sei, wenn Billigfluglinien in Frankfurt angesiedelt würden. Er hat sich auch nicht nur zu Ryanair geäußert, sondern er hat sich ganz explizit zur Gebührenordnung geäußert.

(Marius Weiß (SPD): Genau so ist es!)

Er hat wörtlich gesagt, diese Gebührenordnung sei aus seiner Sicht „nachvollziehbar“.

(Marius Weiß (SPD): Unglaublich!)

Dann würde ich mir doch wünschen, dass Sie sich auch dazu einmal deutlich äußern, weil das natürlich wirklich eine Vorentscheidung ist bzw. in der Öffentlichkeit so wahrgenommen wird. Wenn der Ministerpräsident etwas sagt, könnte das ja die Meinung der Landesregierung sein. Deswegen hätte ich mir gewünscht, dass Sie auch dazu etwas sagen, Herr Minister.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wissen Sie, Herr Minister, Ihre Partei hat vor der Landtagswahl deutlich gemacht: So, wie es am Frankfurter Flughafen ist, kann es nicht bleiben. Wir brauchen mehr Lärmschutz.

(Zuruf von der CDU: Machen wir doch!)

In den letzten zweieinhalb Jahren haben Sie sich in den meisten Fällen hier vorne hingestellt und erklärt, was Sie alles nicht tun können. Sie haben gesagt, Sie könnten das achtstündige Nachtflugverbot nicht umsetzen. Sie sagten, Sie könnten das Terminal 3 nicht verhindern, obwohl Sie einmal geäußert haben, Sie wollten genau das verhindern. Jetzt ist es die Gebührenordnung, die Sie nicht verhindern können. Wissen Sie, manchmal frage ich mich: Wenn Sie glauben, gar nichts verändern zu können, warum sind Sie eigentlich noch Verkehrsminister?

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie erwecken den Eindruck, dass die Politik überhaupt nichts tun könne.

(Unruhe bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diesen Eindruck teile ich nicht. Ich glaube, die Landesregierung könnte sehr viel mehr tun. Ich glaube nicht, dass Sie nichts tun können, Herr Minister, sondern ich glaube, das Problem liegt darin, dass Sie nicht bereit sind, sich mit Fraport ernsthaft anzulegen. Ich glaube aber, dass wir Lärmschutz nicht durchsetzen werden, wenn eine Regierung nicht auch bereit ist, ein solches Unternehmen in die Schranken zu weisen, meine Damen und Herren.

(Michael Boddenberg (CDU): Was heißt das denn?)