Wenn man da hinschaut, müsste man vielleicht sehen, was man von dem, was die Bundesregierung gerade macht, mit dem, was wir gerade machen müssten, noch einmal in Einklang bringen kann, dass man nicht doppelt arbeitet. Vielleicht schaut man auch, was noch in anderen Ländern besser als bei uns gemacht wird.
Es ist nicht so, dass wir hier immer den Stein der Weisen haben. Das finde ich aber schon eine wichtige Aufgabe. Ich glaube, das zu ermitteln und dabei wirklich hinzuschauen, was mit unseren Kindern passiert, kann doch überhaupt nicht unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, zu viel Zeit zu verlieren. Es ist doch nicht so, dass wir während dieser Zeit nichts tun und dass vor Ort nichts stattfinden würde. Wir können doch nicht sagen: Weil es Zeit braucht, genau hinzuschauen, schauen wir lieber gar nicht hin, sondern machen so weiter. – Das ist doch ein Argument, das überhaupt nicht nachzuvollziehen ist.
Wir müssen doch genau das machen. Wir müssen nämlich parallel zu dem, was da geschieht, schauen, ob es sinnvoll ist, wie das gemacht wird, ob auf die richtigen Dinge geachtet wird und welche Methode die ist, die wir in Zukunft
vielleicht mehr anwenden sollten. Welches ist die Methode, die wir zukünftig besser weniger anwenden werden?
Man sollte hinschauen, wie das in den einzelnen Schulbezirken ist. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es in Städten so ist, dass die Kinder, die in die Grundschule kommen, bis dahin mit verschiedenen Methoden – ich sage das einmal in Anführungszeichen – behandelt wurden. In der Schule treffen sie dann noch einmal auf eine andere Methode. Das ist doch wahrscheinlich nicht besonders klug. Da wäre es doch sinnvoll, eine Abstimmung hinzubekommen. Aber dazu muss man erst einmal schauen.
Genau das ist es, worum es in diesem Antrag geht. Denn wir müssen darauf achten, wie die Sprachentwicklung der Kinder, auch mit Migrationshintergrund – es sind aber nicht nur diese Kinder –, festgestellt wird. Wie wird damit umgegangen, dass diese Kinder zwei- oder gar mehrsprachig sind? Man sollte also keinen monolinguistischen Blick darauf haben.
All das muss man einbringen und bewerten. Deshalb finde ich, wir sollten uns sehr genau mit diesem Antrag beschäftigen. Von der Regierungsbank sollte nicht hier und heute schon gesagt werden: Das brauchen wir alles gar nicht, weil wir gut sind. – Es sagt hier doch niemand: Wir sind schlecht. – Vielmehr geht es darum, hinzuschauen, um festzustellen, wo wir besser werden können.
Sicherlich wird man dafür Geld in die Hand nehmen müssen. Aber es ist doch eine Menge Geld in die Hand genommen worden, um diese Enquetekommission auf den Weg zu bringen, um sie über Jahre zu machen, um das alles auszuwerten und auf Papier zu bringen. Das kann doch nicht alles nur dafür gewesen sein, dass es schön ist, dass man das einmal aufgeschrieben hat.
Daraus muss man doch Schlüsse ziehen. Man muss es auswerten, gegebenenfalls auch auswerten lassen. Da kann doch das einfließen, was die Regierung schon tut. Das will hier doch niemand in Abrede stellen. Aber man muss doch schauen, wie es genau weitergehen soll. Deswegen fände ich es sinnvoll, wenn wir das beraten würden.
Ich bitte die Mitglieder der Regierungsfraktionen, nicht schon gleich von Anfang an auf diese Weise zu mauern, wie es hier gerade geschehen ist. Das finde ich im Interesse unserer Kinder, deren Sprachentwicklung und deren Bildung keinen guten Weg.
Frau Kollegin Schott, danke schön. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Rock von der FDP-Fraktion. Herr Kollege, bitte schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, für die Mitglieder meiner Fraktion und für die Mehrheit im Hessischen Landtag ist ganz klar: Die Sprachförderung und das Sprachscreening sind wichtige Aufgaben. Das wird in Hessen seit vielen Jahren intensiv vorangetrieben. Da wird mit viel Geld und viel Engagement gearbeitet.
Wir wissen, dass wir es nicht einfach haben, in der Trägerlandschaft einheitliche Standards durchzusetzen. Aber ich glaube, es besteht ein großer Konsens – der vielleicht nicht immer hier so war –, dass wir über die Sprachförderung reden und über die Förderung der deutschen Sprache gerade bei Migranten, aber auch bei deutschen Kindern, die auch immer mehr zwingend diese Förderung brauchen.
Hinsichtlich der Migrantenkinder sprechen wir nicht nur von Integrationsmöglichkeiten. Wenn wir die gesamte Gesellschaft betrachten, sehen wir, dass wir bei dieser Frage klar von Chancengerechtigkeit und von der Möglichkeit sprechen, sich selbst zu verwirklichen, von der Möglichkeit, dass junge Menschen überhaupt einen Weg durch dieses nicht einfache Leben finden. Darum geht es in diesem Antrag. Dass wir uns heute in diesem Landtag damit beschäftigen, ist absolut zu begrüßen. Es ist eine gute Initiative.
Von der SPD-Fraktion war es natürlich klug, als Begründung die Arbeit der Enquetekommission zurate zu ziehen. Denn dadurch müsste es eigentlich jedem sehr schwerfallen, diesen Antrag einfach beiseitezuschieben. Denn das, was dort mit viel Fleiß und Engagement über alle Fraktionen übergreifend diskutiert worden ist, ist, so glaube ich, etwas, womit wir uns im Ausschuss vernünftig und konstruktiv beschäftigen werden. Davon gehe ich zunächst einmal aus.
Bei meiner Fraktion ist es natürlich so, dass wir in Hessen schon vieles unterstützt haben. Wir glauben, dass wir auf einem ganz guten Weg sind.
Dennoch ist eines richtig. Da muss ich Herrn Bocklet vielleicht gar nicht widersprechen, möchte aber einen Aspekt in die Diskussion einführen. Wir brauchen nicht nur kurzfristige Erkenntnisse. Natürlich brauchen wir kurzfristige Erkenntnisse, weil wir handeln wollen.
Aber eines ist ganz wichtig. Es ist nur in sehr geringem Maße, wissenschaftlich untermauert, wirklich vorhanden. Wir müssen eine wissenschaftliche Betrachtung über längere Zeit haben. Herr Minister, wir hatten das bei der qualifizierten Schulvorbereitung schon einmal angeschoben. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, diese Aspekte mit einfließen zu lassen. Man sollte die Möglichkeit haben, gerade diese wichtigen Aspekte und Vorgänge, die für die Entwicklungschancen junger Menschen entscheidend sind, mit einzubringen.
Wir brauchen auf jeden Fall eine langfristige Betrachtung. Wir brauchen diese Erkenntnisse. Wir brauchen Referenzgruppen. Wir müssen uns dieses Thema, wissenschaftlich begleitet, noch einmal langfristig vornehmen. Denn ich glaube, das ist es, worauf die Enquetekommission gezielt hat. Wir müssen verbindliche, langfristig gewonnene Ergebnisse haben.
Es gibt einen gut gemeinten „Fördergarten“. In Deutschland gibt es über 30 Fördermaßnahmen. Sie sind alle unterschiedlich und alle gut gemeint. Vielleicht werden viele auch sehr gut vor Ort gemacht.
Dass wir deutlich mehr wissenschaftliche Erkenntnisse langfristig gewinnen müssen, ist, so glaube ich, bestimmt ein Ansatz, bei dem wir ein Stück weit zusammenfinden könnten. Denn das haben wir bei der qualifizierten Schul
vorbereitung schon einmal angeschoben. Das muss vielleicht gar nicht mit so großen Kosten verbunden sein.
Aus meiner Sicht ist natürlich klar, dass wir nicht unbedingt so viele kurzfristige Erkenntnisse brauchen, weil wir die in Hessen eigentlich schon haben. Wir haben gute Instrumente – KiSS ist da ein Beispiel –, die man einsetzen kann. Die Frage ist eben: Wie verbindlich können wir sie einsetzen? Da haben wir in Hessen bisher immer den Fördergedanken und den Motivationsgedanken vorangetrieben.
Die Frage ist: Ist das ausreichend? – Ist es ausreichend, einfach auf Kooperation zu setzen, da wir erlebt haben, dass viele freie Träger – ich sage es einmal so – sehr eigene Wege gehen? Die müssen nicht zwingend schlecht sein. Wir, das Land Hessen, haben aber einen guten Weg entwickelt. Ich glaube, viele Träger könnten an diesem guten Weg partizipieren.
Da gibt es auch die Frage der Kosten. Das kann man nie ausblenden. Meiner Ansicht nach ist das eine wichtige Investition, weil es um Zukunftschancen geht und weil uns das am Ende viele Probleme ersparen könnte.
Daher ist der Wunsch nach großer Pluralität, wie es im Antrag genannt wurde – das ist eine Hintertür im Hinblick auf die Verbände –, nicht meine oberste Priorität. Ich könnte mir z. B. Folgendes vorstellen: Wenn wir das Kinderförderungsgesetz evaluieren, könnten wir einen Einstieg zu einer verbindlicheren Regelung zum Screening und der Förderung finden.
Die Frage hinsichtlich der Finanzen müssen wir uns immer ehrlich beantworten. Da können wir nicht „Wünsch dir was“ machen. Da haben Sie natürlich recht. Da müssen wir schauen, wie wir das Geld, das vorhanden ist, effizient einsetzen können. Wir müssen aber auch fragen, wie wir Verbindlichkeit erreichen können.
Für die Mitglieder meiner Fraktion ist das ein ganz wichtiges Thema. Ich hoffe, das wird nicht einfach zur Seite gewischt. Vielmehr sollten wir den Einstieg in die Debatte finden. Das wird dann vielleicht mit der Evaluation des Kinderförderungsgesetzes enden. Da wird es vielleicht seinen ersten Niederschlag finden. Damit hätten wir dann einen guten Weg gefunden.
Die Erkenntnisse aus der qualifizierten Schulvorbereitung sollten nach Möglichkeit natürlich auch dort einfließen. Da halten wir schon etwas in den Händen. Denn da spielen das Screening und die Förderung auch eine entscheidende Rolle. Es ist also nicht so, dass es nichts gibt. In Hessen sind bereits hervorragende Instrumente vorhanden.
Zusammenfassend bleibt für die FDP-Fraktion festzustellen: Wir wünschen uns hessenweit verpflichtende Sprachtests für alle Kinder. Sie sollten so frühzeitig, wie es wissenschaftlich sinnvoll ist, eingesetzt werden, um dann reagieren zu können. Es sollte dann auch eine verbindliche Sprachförderung geben,
damit wir auch das Erreichen der Ziele und der Chancen garantieren können. Das ist unser Wunsch. Wir werden bei allen Initiativen konstruktiv mitarbeiten. – Vielen Dank.
Herr Kollege Rock, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatsminister Grüttner. Herr Minister, bitte schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, vollkommen unbestritten ist, dass die sprachliche Bildung eine zentrale Querschnittsaufgabe der Elementarpädagogik und damit ein ganz wesentlicher Bestandteil frühkindlicher Bildung ist. Eine gezielte, in den Alltag integrierte sprachliche Bildung sollte Teil des pädagogischen Handelns jeder Kindertagesstätte sein. Ich sage ganz bewusst: Das sollte sie nicht nur sein, sondern alle Rückmeldungen zeigen mir, dass dies bereits so ist.
Mit welchen Konzepten und gegebenenfalls Sprachförderprogrammen Kinder gezielt gebildet, gefördert und unterstützt werden, liegt jedoch im Ermessen des Trägers. Das gehört damit zu einer Regelaufgabe der Träger der Kindertagesstätten.
Wir müssen sehr vorsichtig sein, wenn wir an der Stelle mit entsprechenden Eingriffsmaßnahmen beginnen. Trotzdem – das ist sehr deutlich geworden – sieht das Land hier einen besonderen Schwerpunkt, der auch im Koalitionsvertrag für die 19. Wahlperiode explizit formuliert ist. Auch in dieser Legislaturperiode legt die Landesregierung einen eindeutigen Schwerpunkt auf Qualitätssicherung und Weiterentwicklung sowie den Ausbau der frühkindlichen Bildung im Kontext des Hessischen Bildungs- und Erziehungsplans und hier insbesondere den Fokus auf die sprachliche Förderung und Bildung. Wir haben – das muss man sehr deutlich sagen – bereits ein vorbildliches Unterstützungssystem etabliert und installiert. Darauf bauen wir auf und entwickeln Vorhandenes ganzheitlich weiter. Die vorhandenen Strukturen müssen wir nutzen.
Mit Recht ist eben auch das Modellprojekt qualifizierte Schulvorbereitung angesprochen worden, das wissenschaftlich begleitet und evaluiert wird. Spätestens im Herbst dieses Jahres werden die Ergebnisse vorliegen. Die ersten Zwischenergebnisse machen bereits sehr deutlich, dass der Kontext, in dem qualifizierte Schulvorbereitung auch gesehen wird, ein guter Kontext ist, der auf den unterschiedlichen Modulen der Sprachförderung in den Kindertagesstätten unseres Landes aufbaut. Die einzelnen Module, die wir an dieser Stelle haben – –
Herr Rock, nur nicht so schnell klatschen. – Die Verbindlichkeit von Sprachtests für alle Kinder wird an dieser Stelle nicht durch QSV bestätigt. Insofern ist an dieser Stelle eines der Schwerpunktthemen der liberalen Fraktion im Hessischen Landtag nicht unbedingt durch die qualifizierte Schulvorbereitung abgedeckt. So zumindest das neutrale wissenschaftliche Institut, das dieses Modellprojekt begleitet.
Aber wir werden uns mit diesen Themen auseinandersetzen, und wir wollen uns mit ihnen auseinandersetzen, weil vollkommen klar ist: Wir müssen versuchen, unseren Kindern die bestmöglichen Startchancen zu geben, und wir müssen ihnen die besten Chancen im Übergang vom Sys
tem Kindertagesstätte zum System Schule geben, dabei aber auch alle Kinder, nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, in den Blick nehmen. Denn wir machen immer mehr die Erfahrung, dass auch Kinder aus deutschen Familien, die insbesondere bildungsfernen Schichten angehören, beim Start in der Schule massive Probleme haben. Diese Kinder müssen wir, um das sehr deutlich zu sagen, genauso in den Blick nehmen wie Kinder aus Migrantenfamilien.
Dazu haben wir unterschiedliche Module im Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan, der der praktischen Sprachförderung, Sprachbildung und Sprachentwicklung von Kindern von null bis zehn Jahren eine ganz besondere Bedeutung beimisst. Ein Schwerpunktmodul innerhalb des BEP – das muss man immer wieder betonen – ist das Modul Sprache. Das haben wir bereits seit 2008 fast flächendeckend implementiert. Wir haben eigens geschulte Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. Wir haben in der Zwischenzeit 1.988 Fachkräfte hessischer Einrichtungen des Elementar- und Primärbereichs fortgebildet, und die Evaluation aller Modulfortbildungen zur Qualifizierung der Praxis nimmt einen hohen Stellenwert ein. Weit über 90 % der Teilnehmenden haben sich hieran beteiligt. Dies führte natürlich dazu, dass sich die Kursqualität deutlich verbessert hat.
Wir haben KiSS – das ist angesprochen worden – ebenfalls 2008 eingeführt, und im Ländervergleich, unabhängig bewertet, schneidet KiSS als Kinder-Sprachscreeninginstrument ausgesprochen gut ab. Insbesondere wird dieses durch Universitätsgutachten bestätigt. Zurzeit optimieren wir KiSS in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Kindervorsorgezentrum. Auch eine weitere Evaluierung speziell dieses Moduls sehen wir als nicht unbedingt vordringlich an.
Wir haben die Schwerpunkt-Kitas mit dem Bundesprogramm „Frühe Chancen“. Auch dieses ist angesprochen worden. Hierdurch soll insbesondere die Sprachfähigkeit von Kindern aus bildungsfernen Familien oder aus Migrationsfamilien verbessert werden. Auch hier findet eine Evaluation statt; da es sich um ein Bundesprogramm handelt, auf Bundesebene. Die wissenschaftliche Evaluation, die von der Universität Bamberg, der Freien Universität Berlin und der PädQUIS gGmbH, Kooperationsinstitut der Freien Universität Berlin, durchgeführt wird, soll herausfinden, wie die einzelnen Schwerpunkt-Kitas die Elemente des Bundesprogramms umsetzen. Auch hierzu liegen Ende des Jahres die Ergebnisse vor.