Wir haben die Schwerpunkt-Kitas mit dem Bundesprogramm „Frühe Chancen“. Auch dieses ist angesprochen worden. Hierdurch soll insbesondere die Sprachfähigkeit von Kindern aus bildungsfernen Familien oder aus Migrationsfamilien verbessert werden. Auch hier findet eine Evaluation statt; da es sich um ein Bundesprogramm handelt, auf Bundesebene. Die wissenschaftliche Evaluation, die von der Universität Bamberg, der Freien Universität Berlin und der PädQUIS gGmbH, Kooperationsinstitut der Freien Universität Berlin, durchgeführt wird, soll herausfinden, wie die einzelnen Schwerpunkt-Kitas die Elemente des Bundesprogramms umsetzen. Auch hierzu liegen Ende des Jahres die Ergebnisse vor.
Wir haben das Landesprogramm zur Sprachförderung im Kindergartenalter. Auch hierzu ist eine Evaluation vorgesehen und wird durchgeführt. Wir haben das Modellprojekt „frühstart“. An vielen Punkten sind wir genau dabei, die Sprachkompetenzen zu verbessern. Ich erinnere last, but not least auch an die Vorlaufkurse, die bereits 2002/2003 eingeführt worden sind und sich in der Zwischenzeit als echtes Erfolgsmodell herauskristallisiert haben.
Die Zahl der Vorlaufkurse und der Vorlaufkurskinder stieg seit Einführung kontinuierlich an. Ich will nur auch dazu noch eine Zahl nennen: Im Schuljahr 2012/2013 besuchten knapp 9.000 Kinder fast 1.100 Vorlaufkurse. Das sind, finde ich, beeindruckende Zahlen, auf denen wir aufbauen können.
Um die Wirkung all dieser Maßnahmen zu eruieren, hat die Landesregierung bereits viele erforderliche Maßnahmen ergriffen. Trotzdem dürfen wir in unseren Bemühungen nicht nachlassen. Wir müssen diese Module im Sinne eines gesamtheitlichen Systems weiterentwickeln. Allerdings wird die umfassende Evaluierung, wie sie der Antrag der SPD-Fraktion vorsieht, diesem Ansinnen nicht gerecht.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte angelangt.
Gut; dann machen wir das so. – Die Drucks. 19/132 geht also an den Ausschuss für Soziales und Integration.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend vollständige Übernahme der Kosten für Flüchtlinge durch das Land – Drucks. 19/142 –
Hierzu haben sich die parlamentarischen Geschäftsführer auf ein neues Verfahren geeinigt: Zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend vollständige Übernahme der Kosten für Flüchtlinge durch das Land, Drucks. 19/142, gibt es eine Redezeit von fünf Minuten. Der Tagesordnungspunkt 62 – Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Menschenrechte und Humanität als Mittelpunkt hessischer Asyl- und Flüchtlingspolitik, Drucks. 19/297 – wird nicht beraten, sondern geht direkt an den Sozial- und Integrationsausschuss. Die Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betreffend Land muss Bürger und Kommunen bei Asylthema unterstützen – Integrationsbemühungen vor Ort fördern, Drucks. 19/247, war ursprünglich für morgen vorgesehen. Auch dieser Antrag geht direkt an den Sozialund Integrationsausschuss.
Wir kommen nun zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. Vereinbarte Redezeit: fünf Minuten. Frau Kollegin Cárdenas, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Armut, Verfolgung und Kriege zwingen immer mehr Menschen zur Flucht. Viele von ihnen suchen Zuflucht auch bei uns
und treffen in Hessen auf ein System der Aufnahme und der Unterbringung, das immer noch vom Gedanken der Abschreckung gesteuert ist. Weder bestehen verbindliche Kriterien des Landes, wie eine menschenwürdige Unterbringung aussehen könnte, noch werden ausreichende finanzielle Mittel bereitgestellt, um eine solche Unterbringung auch nur ansatzweise zu ermöglichen.
Das Verhalten der Landesregierung folgt seit eh und je dem gleichen Schema: Die Verantwortung wird an die Landkreise und kreisfreien Städte weitergereicht. Das Land zahlt Pauschalen, die weit davon entfernt sind, kostendeckend zu sein. Mögen die Kommunen irgendwie damit klarkommen.
Die nun von der Landesregierung angekündigten zusätzlichen 50 Millionen € sind angesichts steigender Flüchtlingszahlen nichts weiter als ein Tropfen auf den sprichwörtlichen heißen Stein. Der Direktor des Landkreistages, Jan Hilligardt, hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Betrag lediglich ausreichen wird, um den Kommunen die gleiche Summe pro Asylbewerber auszuzahlen. Das heißt: Solange sich an der Höhe der Pauschalen nichts ändert, werden die Kommunen weiter draufzahlen müssen. So hat der Hessische Landkreistag ausgerechnet, dass die Kommunen jedes Jahr rund 30 Millionen € mehr ausgegeben haben, als sie vom Land erhalten haben.
Die Höhe der Pauschale berücksichtigt in keiner Weise, dass viele Flüchtlinge gerade in den ersten Monaten ihres Aufenthalts einen erhöhten Bedarf an medizinischer und psychologischer Unterstützung haben.
Viele Asylsuchende sind traumatisiert und befinden sich in einem für sie neuen sozialen Umfeld. Sie sind in hohem Maße auf therapeutische Unterstützung angewiesen, und das müssen wir hier endlich wahrnehmen.
Die meisten der Geflüchteten werden für einen längeren Zeitraum oder für immer bei uns bleiben. Daher benötigen sie Deutschkurse und Hilfen bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt.
Die Situation in den Städten und Gemeinden wird dadurch verschärft, dass die vom Land gewährten Pauschalen befristet sind. Ihre Zahlung wird nach zwei Jahren eingestellt. Kosten für medizinische Versorgung werden nur erstattet, wenn sie einen bestimmten Betrag übersteigen.
Aber die Leistungen des Landes sind nicht nur der Höhe nach unzureichend. Die Landespolitik ist nicht in der Lage, angemessene Mindeststandards für die Unterbringung zu gewährleisten. Wenn das Landesaufnahmegesetz einen menschenwürdigen Aufenthalt fordert, dann ist das kaum mehr als eine hohle Phrase, die in der Realität keine Entsprechung findet. Ob jemand dezentral in einer eigenen Wohnung untergebracht wird oder aber in einem Gemeinschaftslager in einem Industriegebiet, das ist in Hessen eine Frage des Glücks. Verbindliche Vorgaben dazu fehlen. Ausgerechnet der Hochtaunuskreis – einer der reichsten Kreise Deutschlands, wie wir wissen – bringt Flüchtlinge in einem Containerlager hinter einem Gewerbegebiet unter.
Wer dort mit einer anderen Person über Monate oder Jahre hinweg einen kaum 15 m² großen Container teilen muss, wird – anders, als es der Dringliche Antrag der Landesregierung suggeriert –
nicht der Ansicht sein, dass „Menschenrechte und gelebte Humanität im Mittelpunkt hessischer Asyl- und Flüchtlingspolitik stehen“ und standen.
Wir werden also Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Aber auf die Diskussion im Ausschuss freue ich mich. Wer in den Gemeinschaftslagern Hessens in überbelegten Zimmern und oft unter bedenklichen hygienischen Zuständen über Jahre sein Leben fristen muss, kann die von der schwarz-grünen Landesregierung angekündigte Willkommenskultur nur als Spott empfinden. Hier ist Handeln dringend erforderlich. Eine Reform des Landesaufnahmegesetzes ist mehr als überfällig.
Die Landesregierung hat eine umfassende Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung sicherzustellen und verbindliche Kriterien für die Art der Unterbringung festzulegen. Die Landesregierung darf sich angesichts der Forderungen der Kommunalen Spitzenverbände, der Wohlfahrtsverbände und der Flüchtlingsorganisationen nicht weiter taub stellen. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Cárdenas. – Als nächster Redner spricht Kollege Frömmrich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! So richtig kann ich nicht verstehen, warum man in diesem Zusammenhang und bei dieser Diskussion, die doch von Ihnen gewollt war, die anderen Anträge nicht auch diskutieren kann. Nach meinem Verständnis ist die parlamentarische Debatte der Austausch verschiedener Positionen. Aber vielleicht haben Sie andere Vorstellungen von parlamentarischer Debatte, meine Damen und Herren von der Linkspartei.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Koalition von CDU und GRÜNEN haben wir uns darauf verständigt, Menschenrechte und gelebte Humanität in den Mittelpunkt der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu stellen. Wir wollen Menschen, die in ihren Heimatländern verfolgt und bedroht werden, bei uns Schutz und Asyl mit einer humanen Lebensperspektive bieten.
Meine Damen und Herren, wer vor Krieg, Verfolgung und Not in seinem Heimatland flüchtet, der soll bei uns humanitäre Aufnahme finden. Das sollte in diesem Hause eine Selbstverständlichkeit sein.
Die Aufnahme von Flüchtlingen und deren Unterbringung verursacht natürlich Kosten für das Land, aber auch für die Kommunen. Das muss man sagen.
Das Land wendet beträchtliche Mittel auf. Ich will es im Stakkato ansprechen: Im Jahr 2013 waren es 48 Millionen € für Leistungen nach dem Landesaufnahmegesetz, 5,1 Millionen € für Flüchtlinge in der Erstaufnahme. Der Finanzminister hat angekündigt, bei der Vorbereitung des nächsten Haushaltes Mehrkosten in der Größenordnung von ungefähr 80 Millionen € einstellen zu wollen, natürlich inklusive der Erstaufnahme.
Meine Damen und Herren, daran erkennen Sie: Hessen kommt seiner humanitären Verpflichtung nach. Hessen stellt erhebliche Finanzmittel zur Verfügung.
Sie wissen, im Koalitionsvertrag haben wir uns auch darauf verständigt, das Landesaufnahmegesetz zu evaluieren und es entsprechend der bundespolitischen Neuregelung anzupassen. Des Weiteren soll die EU-Richtlinie für den besonderen Schutz von Flüchtlingen – also kranke, traumatisierte, alte Menschen, Menschen mit Behinderungen – aktiv umgestellt werden. Sie sehen: Unsere Flüchtlingspolitik orientiert sich an Humanität. Wir wissen, dass das Kosten verursacht, und wir wissen auch, dass die Kommunen dabei eine große Last tragen.
Natürlich wissen wir auch um die schwierige Situation der Kommunen. Für viele Kommunen ist die Unterbringung der Flüchtlinge eine wirkliche Herausforderung. Aber auch das muss man wissen: Staatsminister Grüttner ist unter Beteiligung des Finanz- und des Innenministeriums seit Monaten, genauer gesagt, seit Dezember, mit den Kommunen, mit den Kommunalen Spitzenverbänden dazu im Gespräch.
Meine Damen und Herren von der Linkspartei, wir hängen nicht nur die Wurst ins Fenster, was die Vollkostenabrechnung angeht, wir versuchen, für die Kommunen adäquate Lösungen zu finden. Das unterscheidet Oppositionspolitik von Regierungspolitik.