Ich will nochmals in Erinnerung rufen, warum 1996 die Vollkostenabrechnung abgeschafft worden ist. Damals wurde nämlich in vielen Kommunen nach dem Motto verfahren: Es ist egal, was die Unterbringung kostet, das Land bezahlt die Rechnung sowieso. – Bei den Unterbringungskosten hatten wir Unterschiede von 780 bis zu 1.200 DM. Man höre und staune, bei der Unterbringung von Flüchtlingen hatten wir große Unterschiede zwischen Frankfurt und Offenbach: In Offenbach kostete der Unterbringungsplatz 200 DM mehr als in Frankfurt.
Sie sehen: Seinerzeit geschah diese Umstellung auf Pauschalen, weil es ein echtes Problem gab. Mit der Anpassung, die aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts gerade erfolgt ist, sehen wir die Probleme und handeln. Dazu wollen wir das Landesaufnahmegesetz evaluieren, und auf der Grundlage dieser Evaluation wollen wir ordentliche und richtige Entscheidungen treffen.
Meine Damen und Herren, wir erkennen die Leistungen und das Engagement der Kommunen an. Wir wollen die Kommunen unterstützen, um die besonderen Anstrengungen im Zusammenhang mit der Aufnahme der Asylbewerber und der Flüchtlinge zu schultern.
Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass sich die Koalition darauf verständigt hat, die Änderungen beim Asylbewerberleistungsgesetz zu unterstützen. Wir wollen Änderungen des Bundes zur Verbesserung beim Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber unterstützen, aber auch für die Geduldeten. Wir wollen bei der Lockerung der sogenannten Residenzpflicht etwas tun. In Hessen ist sie aufgehoben, aber in anderen Bundesländern gibt es sie noch. Auch das führt dazu, Asylbewerbern und Flüchtlingen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das ist eine echte Hilfe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, wir haben uns darüber Gedanken gemacht. Wir sagen, die Flüchtlingspolitik in Hessen soll sich an hohen Standards orientieren. Wir stellen Menschenrechte und Humanität in den Mittelpunkt.
Es wäre schön gewesen, wenn Sie unseren Antrag dazu hier heute diskutiert hätten. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Als nächster Redner spricht Kollege Rock von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Frömmrich, in dieser Diskussion über Asyl sind wir uns im Grundsatz einig: Die Humanität steht im Vordergrund.
Das ist nicht nur eine gemeinsame Aufgabe der Kommunen, der Landkreise und Städte, sondern das ist auch eine gemeinsame Aufgabe der gesamten Gesellschaft – und natürlich auch des Landes.
Ich glaube, bei diesem Thema könnten wir hier einen breiten Konsens schaffen. Es stellt sich natürlich die Frage: Wie können wir die voraussehbaren hohen Zuweisungen in irgendeiner Weise verträglich in die Kommunen integrieren?
Dabei ist auch immer schon der Ton wichtig. Herr Frömmrich, wenn wir etwas gemeinsam schaffen wollen, dann kann man der Diskussion auch einen etwas anderen Unterton geben, als Sie das immer tun.
Ich kann Ihnen aus dem Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss berichten, dass wir dort gerade bei solchen Themen bei allen Fraktionen einen sehr vernünftigen und sehr kollegialen Ton pflegen, dass wir dort oft nach gemeinsamen Lösungen und gemeinsamen Initiativen suchen und das eine oder andere gemeinsam sogar bis hier ins Plenum geschafft haben. Darum wäre mein Wunsch – das beantrage ich hiermit –, dass unser Antrag an den Ausschuss überwiesen wird, damit wir die drei Anträge und den Berichts
In Punkt 5 des Antrags der Koalitionsfraktionen sind kluge Initiativen und Anregungen formuliert. Das ist unbestritten. Die Initiativen und Anregungen überschneiden sich zum Teil mit dem, was wir in unserem Antrag fordern oder feststellen. Ich nenne als Beispiel die Arbeitsmöglichkeiten von Asylbewerbern. Von daher gesehen sind wir in vielen Punkten gar nicht weit auseinander.
Wir haben allerdings einen Dissens beim Antrag der LINKEN, denn das Motto „Bestelle dir was, das Land wird es schon bezahlen“, ist sicherlich nicht der angemessene Weg. Gemeinsame Verantwortung erfordert nämlich einen Dialog und auch Lösungen, die man gemeinsam stemmen kann. Die Aufteilung, dass der eine etwas umsetzt und der andere es bezahlt, ist meist nicht die richtige.
Wir wissen aus der Sozialgesetzgebung der letzten Jahre, dass wir mit pauschalen Regelungen nicht mehr weit kommen, sondern dass man diese Pauschalen auch mit Leistungen hinterlegen muss. Am Ende muss es eine Regionalisierung der Leistungen geben. Von daher bin ich gespannt, was der Herr Minister aus den Gesprächen mit den Kommunalen Spitzenverbänden zu dem Thema berichtet. Ich denke, dass es angesichts der tatsächlichen Umsetzung – es wird natürlich eine Gruppenunterkunft sein und keine Einzelwohnung, darüber sind wir uns alle wohl klar – natürlich auch um entsprechende Standards gehen wird, die wir gemeinsam besprechen müssen. Da wird am Ende, davon gehe ich aus, im Dialog mit den Kommunen der eine oder andere Euro mehr erstattet werden.
Man darf auch nicht vergessen, dass die Landesregierung schon im Dezember zumindest das, was an Mehrkosten aufgrund der in Berlin beschlossenen Anpassung ersichtlich war, in der Verordnung zum Landesaufnahmegesetz übernommen hat. Das ist in der Diskussion manchmal ein bisschen untergegangen, aber das darf man an dieser Stelle nicht völlig übersehen.
Ich hoffe, dass man hier in einen Dialog kommt, denn wir sehen, dass die Bürgerschaft vor Ort bereit ist, einen Teil der Integrationsleistung zu erbringen. Ich glaube nicht, dass Integration allein von Sozialpädagogen und in staatlicher Aufsicht zu leisten ist. Ich glaube, wir müssen – auch für die Akzeptanz vor Ort – das Bürgerengagement ins Auge fassen, wir müssen die Bürgerinnen und Bürger motivieren und die Engagierten unterstützen, damit das Ziel, Integration vor Ort, umgesetzt und gelebt werden kann. Das ist doch der Wunsch, den wir alle haben. Dann haben wir viel Geld gespart und die Integration sowie das Verständnis füreinander gefördert. Für diesen Weg möchte ich werben. Das werde ich auch im Ausschuss tun. Wenn wir dort eine gemeinsame Initiative hinbekämen, hätten wir für Hessen viel erreicht.
Ich möchte an der Stelle auf eine Initiative aus der letzten Legislaturperiode hinweisen. Die unbegleiteten Jugendlichen sind eine spezielle Gruppe. Vielleicht wäre es möglich, dass wir als Land gerade bei dieser Gruppe einmal genauer schauen, ob man die Kreise nicht alle Lasten tragen lässt, sondern versucht, Erkenntnisse und Initiativen positiv umzusetzen. Ich erinnere daran, dass es in Gießen an einer Berufsschule eine Initiative gibt, die aus der letzten Le
gislaturperiode stammt, gerade diesen Jugendlichen zu einem frühen Zeitpunkt Angebote zur Integration, zur Ausbildung und zum Spracherwerb zu machen, sodass zeitnah und in räumlicher Nähe eine Möglichkeit der Integration besteht.
Mein Wunsch wäre: solche praktischen Initiativen und das Engagement der Bürger gepaart mit gemeinsamen Initiativen des Landtags. Wir hoffen, dass wir eine Initiative aller Fraktionen hinbekommen. Ich hoffe auf eine gute Diskussion im Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss.
Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Als nächster Redner spricht Kollege Roth von der SPD-Fraktion. Bitte schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Weltweit sind derzeit über 45 Millionen Menschen auf der Flucht. Mehr als die Hälfte dieser Flüchtlinge stammen aus fünf Krisengebieten: Afghanistan, Somalia, Irak, Syrien und Sudan. Das spricht eigentlich für sich. Es spricht vor allen Dingen für die Verantwortung, die wir angesichts dieser Situation übernommen und weiterhin zu übernehmen haben.
Im Schnitt verlassen täglich 23.000 Menschen ihre Heimat infolge von Krieg, blutigen Konflikten oder Verfolgung. Das besonders Bedrückende dabei ist, dass 46 % aller Flüchtlinge Kinder unter 18 Jahren sind. Im Jahre 2012 zählte der UNHCR die höchste Zahl von Asylanträgen unbegleiteter Flüchtlingskinder, die von ihren Eltern und Angehörigen getrennt worden und auf der Flucht waren.
Ich weise bei der Behandlung des Tagesordnungspunktes ausdrücklich auf diese Situation hin, damit wir wissen: Wir reden hier nicht nur über Geld. Wir werden der weltweiten Flüchtlingssituation nicht gerecht, wenn wir uns auf das Finanzieren beschränken.
Wir werden den Flüchtlingen aber auch nicht gerecht, wenn wir angesichts dieser Zahlen nicht über Geld reden – insbesondere dann nicht, wenn wir erleben, wie viel gutes Engagement es vor Ort gibt. Das war zu früheren Zeiten schon einmal anders. Es gibt eine Vielzahl von Initiativen, es gibt viele Gruppen, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren. Denen gilt unser Dank. Wir dürfen sie nicht im Regen stehen lassen, wenn es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Kommunen auf der einen und dem Land auf der anderen Seite kommt. Wir dürfen diese Initiativen nicht gefährden.
Herr Frömmrich, es ist zutreffend, dass es vernünftig ist, mit den Kommunen vor Ort im Gespräch zu sein. Im Gespräch zu sein ist das eine; die Lösung der konkreten Fragen vor Ort ist das andere. Die Kommunen schreien nicht nur bei dieser Frage, sondern auch bei vielen anderen Fragen laut auf, was die finanzielle Unterstützung durch das
Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir jetzt alle Anträge zusammen mit unserem Berichtsantrag im Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss besprechen können und womöglich zu einer Lösung kommen, wie wir sie beim Thema Asyl und Flüchtlinge schon oft gemeinsam gefunden haben. Im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU sind viele Punkte genannt, über die wir in der letzten Legislaturperiode bereits diskutiert haben, zu denen es unsererseits Initiativen gab: Ich nenne nur die Residenzpflicht und die Verkürzung der Frist bis zur Zulassung zum Arbeitsmarkt. Diese Vorschläge werden wir auch jetzt unterstützen. Wir müssen aber möglichst schnell handeln. Die Menschen stehen vor der Tür, und die Gemeinden sind angesichts dieser Situation in großer Not.
Vielen Dank, Herr Kollege Roth. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Dr. Bartelt von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Nachtragshaushalt 2014 werden deutlich über 50 Millionen € zusätzlich für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern eingestellt: Diese Aussage von Finanzminister Schäfer ist ein klares Signal an die Kommunen, dass sie nicht alleingelassen werden. Das ist kein Tropfen auf den heißen Stein, sondern das sind ein großes Engagement und viel Geld.
Die Asylbewerber- und Flüchtlingsbetreuung wird als gemeinschaftliche Herausforderung von Bund, Land und Kommunen verstanden. Wir würdigen das Engagement der Kommunen bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe.
Die Zahl der Flüchtlinge stieg in den letzten Jahren deutlich an, und die weitere Entwicklung ist nicht richtig kalkulierbar. Im Jahr 2009 nahm Hessen 1.930 Menschen auf, Ende 2012 waren es 5.010, und in diesem Jahr werden vielleicht 10.000 erwartet. Deutschlandweit sind die entsprechenden Zahlen 23.000, 70.000 und über 100.000.
Das Land unterstützt die Kommunen bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe durch die Zahlung einer Pauschale pro Monat und pro Person. Sie wurde im Dezember letzten Jahres deutlich erhöht und beträgt je nach Region zwischen 521 € und 630 € pro Monat. Vor der Anpassung waren es 407 € und 515 €. Das ist also eine deutliche Erhöhung des Betrags.
Im Ländervergleich liegt Hessen im oberen Mittelfeld. Die Vergleichbarkeit ist allerdings schwierig, weil das Abrechnen von Krankheitskosten unterschiedlich gehandhabt wird. Aber in Rheinland-Pfalz beträgt die Pauschale etwa 430 €.
Die Abrechnung über eine Pauschale erfolgt in zwölf der 16 Bundesländer. Nur Bayern und die Stadtstaaten haben eine andere Abrechnungssystematik. In Hessen wurde sie – aus gutem Grund, wie Herr Kollege Frömmrich darlegte – 1996 eingeführt. Das brauche ich jetzt nicht zu wiederholen.