Ich möchte Ihnen unser wirklich nachdrückliches Bemühen bei Folgendem vortragen. Neben den jetzt 65 Branchen, die in Zukunft befreit werden, und denen, die als sehr energieintensive Betriebe eine Sonderregelung bekommen, gibt es auch Betriebe, die in Zukunft nach den bisherigen Kriterien voll zur Beihilfe herangezogen würden. Das halten wir nicht für vertretbar. Deshalb bin ich froh, dass wir gestern auch vereinbaren konnten, dass der Bundeswirtschaftsminister gegenüber der Europäischen Kommission vorschlagen wird – unabhängig von Branchen und Kap. 1 und 2, und was es da sonst noch alles gibt –, eine maxima
le Belastungsgrenze für solche Betriebe einzuziehen. Wir haben in Hessen einige davon, ich nehme an, die Fraktionen haben auch entsprechende Hinweise erhalten. Das unterstützten wir nachdrücklich. Ob es gelingt, wird man sehen. Aber wir sind da in einer Richtung.
Abschließend möchte ich sagen, dass die Landesregierung ihre Politik auf dem gemeinsam vereinbarten Energiegipfel aufgebaut hat. In dem Koalitionsvertrag der die Regierung tragenden Parteien haben wir daraus unsere Schlüsse gezogen. Wir wollen dort ganz konkret im Bereich der alternativen Energien und des Stroms im Laufe dieser Legislaturperiode aus heutiger Sicht eine Verdoppelung erreichen. Nach dem, was ich Ihnen heute berichten konnte, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir dieses Ziel erreichen. Deshalb war der gestrige Tag aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Schritt – sowohl, was die Frage der Gesamtverantwortung angeht, als auch bei der Wahrung hessischer Interessen. Zudem sind wir nicht allein auf der Welt: Viele um uns herum haben ähnliche, wenn auch nicht immer die gleichen.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit diesem neuen Gesetz und dem, was wir an Veränderungen vereinbart haben, unser großes Ziel erreichen: den Wohlstand zu erhalten und gleichzeitig die alternativen Energien so auszubauen, dass das Ziel – sicher, sauber und bezahlbar – erreicht werden kann. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Die vereinbarte Redezeit für die Fraktionen wurde um sechs Minuten überschritten. Gemäß der Geschäftsordnung wachsen damit den drei Oppositionsfraktionen jeweils zwei Minuten Redezeit zu, gleich zwölf.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, zunächst vielen Dank für die Unterrichtung des Landtags über die Ergebnisse der gestrigen Sitzung im Bundeskanzleramt. Ich will nicht verhehlen, dass wir alle natürlich sehr unterschiedlich auf diese Veranstaltung geschaut haben, weil es auch unterschiedliche Vorstellungen über diese Energiewende gibt. Ich möchte aber den Versuch machen, mich bei dieser Debatte ein Stück zur Seite zu stellen und zu schauen, wie eigentlich die anderen Länder und die Bürger das sehen, was wir hier tun.
Wenn andere Länder in Europa oder in der Welt auf Deutschland schauen, was wir hier als Energiewende bezeichnen und betreiben, sind die Menschen fassungslos, dass einer der erfolgreichsten Wirtschaftsstaaten, eine der erfolgreichsten Industrienationen eine Energiewende macht, die nicht mehr leise, sondern mittlerweile sehr laut dazu führt, dass die Wirtschaft vor allem in den Bereichen, die energieintensiv sind, sich zumindest die Frage stellt, ob sie weiter in Deutschland produziert. Während in vielen anderen Ländern der Welt die Energiepreise sinken, sind viele Bürgerinnen und Bürger in diesem Land fassungslos, wenn sie auf ihre Stromrechnung schauen und feststellen, dass Herr Trittin nicht die Wahrheit gesagt hat, als er ge
sagt hat, die Energiewende wird die Menschen in Deutschland maximal mit den Kosten einer Kugel Eis belasten.
Mittlerweile sind wir im dreistelligen Bereich. Die Menschen in diesem Land – das sind viele Bürger, die hier oben sitzen und jeden Monat ihre Stromrechnung bezahlen müssen – schauen mittlerweile fassungslos auf ihre Stromrechnung, weil diese Energiewende von Monat zu Monat teurer wird.
Herr Ministerpräsident, deshalb ist es richtig, dass wir uns über die Details dieser Energiewende Gedanken machen. Aber wenn man sich ein Stück zur Seite stellt und auf das große Ganze schaut, kann man sagen: Eigentlich ist diese Energiewende, wie wir sie machen, wirtschaftspolitisch Blödsinn. Sie ist aber auch umweltpolitisch Blödsinn. Denn die Studie zeigt ganz klar, dass sich der CO2-Ausstoß in den letzten Jahren nicht verbessert hat, sondern dass durch den Ankauf gerade von Kohlestrom aus osteuropäischen Nachbarstaaten die CO2-Bilanz der Bundesrepublik schlechter wird. Während wir vorher diesen Kohlestrom noch in modernen Kraftwerken mit moderner Filtertechnik in Deutschland hergestellt haben, produzieren wir das mittlerweile nicht mehr, sondern kaufen es ein aus Kraftwerken, die umweltpolitisch schlechter dastehen. Das macht keinen Sinn.
Deshalb wird diese Energiewende nicht zu einem Problem, sondern sie ist mittlerweile ein großes Problem für die Bundesrepublik. Die Wirtschaft haut natürlich nicht sofort laut ab, sondern sie verlagert leise. Standorte werden heruntergefahren. Das sieht in Hessen, wer bei Unternehmen unterwegs ist. Allein im Industriepark Höchst kann man das sehen, wo zurzeit von den Unternehmen nicht mehr die angekündigten Investitionen gemacht werden, sondern sie sich zurückhalten. Teilweise werden Standorte verlagert. Beispiele, die wir hier schon diskutiert haben, wie SGL Carbon und andere zeigen, dass man sogar Sitze verlagert, Produktionsstätten verlagert, Arbeitsplätze im vierstelligen Bereich mitnimmt. Das sind Industriearbeitsplätze, die nie wieder nach Deutschland zurückkommen. Deshalb müssen wir uns nicht nur Sorgen machen, sondern wir brauchen dringend einen Systemwechsel und keine kleinen Korrekturen bei diesem Thema.
Deutschland hat bereits heute die zweithöchsten Industriestrompreise Europas, nach Dänemark. Die Folge davon ist, dass die Neuansiedlung von Unternehmen nicht mehr hier stattfindet. Die USA werden immer attraktiver. Dort sind die Kosten für Energie nur halb so hoch wie hier.
Ja, Kollege Gremmels, die fracken. Das ist richtig. Aber die Energiekosten sind dort halb so hoch wie in Deutschland. Erklären Sie einmal einem Unternehmen aus der Region, aus der wir beide stammen, aus Nordhessen, dass es nur hier bleiben soll, weil Nordhessen ein so schöner Bereich ist und weil die SPD eine so freundliche Partei ist.
Die entscheiden nach knallharten Fakten, wo günstiger produziert werden kann. Sie werden nachher die Rechnung dafür bezahlen müssen, zusammen mit den Menschen, die dann darunter leiden werden, dass wir in Deutschland weniger Arbeitsplätze haben werden. Das ist die Folge dieser Politik.
Bundesweit sind 2.098 Unternehmen von der sogenannten EEG-Umlage befreit. Für die Bürgerinnen und Bürger: Diese Umlage ist dafür da, dass wir das, was wir an Ausbau an erneuerbaren Energien machen, mit unglaublichen Margen denjenigen, die sich ein Windrad zulegen oder eine Solaranlage aufs Dach legen, bezahlen. Herr Kollege Arnold, wo kriegen wir sonst noch 20 Jahre garantierte Zinsen? Das gibt es nirgendwo, bei keiner Sparkasse, nicht einmal an der Börse. Aber beim EEG wird umverteilt von unten nach oben. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen mit ihrer Stromrechnung die Umlage, und diejenigen, die investiert haben, die Investoren, profitieren davon. Das kann doch nicht im Sinne dieses Landtags und der Parteien sein, die hier vertreten sind – ein völliger Blödsinn.
2.098 Unternehmen sind von der EEG-Umlage befreit. Herr Staatssekretär Samson, wir haben immer gerade von den GRÜNEN gehört, und das war auch die Strategie – Herr Baake ist derjenige, der im Bundeswirtschaftsministerium für diese Reform zuständig ist; ich glaube, Sie haben selbst für ihn gearbeitet, und Herr Al-Wazir hat eine intensive Beziehung zu Herrn Baake, dem Erfinder des EEG –, dass man versucht, diese Ausnahmen anzugehen. 4 bis 5 Milliarden € wurden genannt, die diese Ausnahmen kosten.
Aber eines ist klar: Wenn wir diese Ausnahmen streichen würden, sind gerade die Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen und für die diese Ausnahmen gemacht sind, in einer noch schwierigeren Lage. Die Gefahr steigt, dass diese Unternehmen dann das Land verlassen. Das wäre volkswirtschaftlich Blödsinn, und deshalb ist es richtig, dass diese Ausnahmen bleiben.
Ich sage es ganz unumwunden und will auch dem Ministerpräsidenten klar sagen: Wir sind dankbar und froh darüber, dass er sich in der Koalition durchgesetzt hat, dass sich die GRÜNEN mit der Idee, diese Befreiung von der EEG-Umlage abzuschaffen, nicht durchgesetzt haben. Denn das hätte vielleicht zu einer kurzfristigen Stabilisierung des Preises geführt. Langfristig wäre aber der Schaden für die deutsche Volkswirtschaft massiv gewesen. Deshalb sage ich: sehr richtig, dass sich die Union an dieser Stelle durchgesetzt hat. Das war ein wichtiger Punkt, der für die deutsche Wirtschaft notwendig ist.
Ich will auch mit der Mär aufräumen, die Ausnahmen seien der Preistreiber bei der EEG-Umlage. Wir haben 2.098 Unternehmen, die von der EEG-Umlage ausgenommen sind. In Hessen sind es 135. Wir haben in Hessen knapp 2.800 Industriebetriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern. 95 % dieser Unternehmen zahlen jeden Monat brav mit ihrer Stromrechnung diese EEG-Umlage. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Mär anzuführen, die Ausnahmen würden dazu führen, dass die Strompreise so weit steigen,
Ich wundere mich aber und will auf eine Pressemitteilung der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände verweisen, die in einer interessanten Studie dargelegt hat, dass Ausnahmen bei der EEG-Umlage für Unternehmen oder Unternehmungen – so will ich das einmal ausdrücken – bestehen, bei denen man sich fragt, wo sie im internationalen Wettbewerb stehen. Das sind die Bahn und die Nahverkehrsverbünde, die wir in Hessen haben, RMV und NVV. Die sind von der EEG-Umlage ausgenommen. Allein die von der Ausnahme zu befreien, würde 500 Millionen € bringen. Warum wird gerade von grüner Seite nicht darüber diskutiert, warum diese 500 Millionen € notwendig sind?
Ich frage hier: Wo stehen unsere Unternehmen, die im Verkehrsbereich zu Hause sind, im internationalen Wettbewerb? Das muss man mir einmal erklären. Das ist eine rein politische Setzung. Ich hätte mich gefreut, wenn hier Aktivitäten entfaltet worden wären. Es ist aber nichts passiert.
Herr Ministerpräsident, Sie haben zur Eigenstromversorgung gesagt, dass das ein Erfolg ist. Ich will das bestätigen, weil ich auch fest davon überzeugt bin, dass die Unternehmen, die zurzeit ihren Strom selbst produzieren – den Industriepark Höchst will ich als Beispiel nennen –, eine Möglichkeit gefunden haben, in diesem Bereich durch eigene Stromproduktion die massiven Kosten einigermaßen stabil zu halten.
Deshalb ist es richtig, dass Anlagen, die vor dem 01.08.2014, also in diesem Jahr, in Betrieb gehen, davon nicht umfasst sind. Ich sage aber auch: Für alle diejenigen, die in Zukunft diesen Weg gehen wollten, wird dieser Weg jetzt verstellt. Das wird diese Unternehmen dazu bringen, sich zu überlegen, ob sie in Deutschland in den nächsten Jahren noch produzieren und investieren oder ob sie sich ein anderes Zuhause suchen.
Zum Schluss kann man sagen, dass die Strategie von Herrn Baake relativ einfach war: Wir sammeln alle Ausnahmen ein, wir versuchen von denen so viel Geld wie möglich zusammenzusammeln, die bisher noch nicht genug zahlen, damit der Preis der EEG-Umlage einigermaßen stabil gehalten werden kann. – Denn auch die GRÜNEN haben mittlerweile bemerkt, dass das, was in Deutschland passiert und mit unglaublichen Margen verzinst wird wie keine Aktienanlage und kein Sparbuch, die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stromrechnung zu zahlen haben.
Deshalb ist der Versuch der GRÜNEN, das stabil zu halten, aus grüner Sicht nachvollziehbar. Dass Herr Baake das EEG nicht abschafft, ist auch nachvollziehbar. Er hat es erfunden. Aber dass wir dringend einen Systemwechsel in Deutschland brauchen, wie Herr Kommissar Oettinger zu Recht gesagt hat, hin zu mehr Marktwirtschaft und heraus aus der Planwirtschaft, das ist auch mit diesem Versuch von Herrn Gabriel komplett gescheitert. Das ist ein Problem für unser Land, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Deshalb kommen wir zurück zu dem, was Hessen betrifft. Ich sage, für die Bürgerinnen und Bürger, die heute hier sind – diese Wette gehe ich heute ein –, wird die EEG-Umlage im Jahr 2020 nicht mehr im einstelligen, sondern im zweistelligen Centbereich sein. Diese Wette gehe ich heute ein. Ich weiß nicht, was Sie trinken, Herr Samson, aber ich wette gerne mit Ihnen um eine ordentliche Flasche Rotwein. Ich trinke gerne italienischen Rotwein, aber ich lasse mich gerne auf das ein, was Sie trinken. Ich bin mir sicher, dass wir sie trinken werden und die Bürgerinnen und Bürger zu dieser Zeit unter den großen, massiven Kostenanschlägen zu leiden haben und die Zeche zahlen.
Die Bürgerinnen und Bürger müssen die Zeche für das zahlen, was in diesem Land falsch läuft: kein Systemwechsel zu mehr Marktwirtschaft, weiter Planwirtschaft. Das ist aber nur das eine Problem, über das wir hier diskutieren, Herr Kollege Gremmels, der Kostenanstieg. Die Frage der Stromtrassen ist das andere Thema, bis hin zu den Windparks, die bei Menschen in der Umgebung gebaut werden, wo ich Gott sei Dank vernehme, dass sich Unionskollegen vor Ort dagegen wenden. Den Kollegen Bellino will ich ausdrücklich loben, der in Neu-Anspach klar gesagt hat, dass das mit ihm vor Ort nicht zu machen ist. Ich kann nur sagen: Herr Bellino, weiter so,
richtig, dass Sie dort die Fahne der Vernunft hochhalten. So kenne ich Sie. Ich hoffe, dass Sie die Fahne der Vernunft jetzt nicht verlieren, nur weil die GRÜNEN Ihr Koalitionspartner sind.
(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Netter Versuch! – Norbert Schmitt (SPD): So einer ist das!)
Das sind die Windparks. Ich habe gemeinsam mit dem Kollegen Beuth hier im Taunus gegen einen Windpark auf dem Taunuskamm gekämpft, wo idiotisch drei Windkrafträder, die auf dem Taunuskamm installiert werden sollten, nicht nur das Landschaftsbild völlig verschandeln, sondern für die Energieproduktion absolut obsolet sind. Hauptsache, man hat noch den Systemüberleitungsbonus mitgenommen. Alles völliger Blödsinn. Auch hier hoffe ich, dass Kollege Beuth in seiner neuen Funktion weiter standhaft ist, so wie wir das von der Union gewohnt sind.
Deshalb hoffe ich, dass wir nicht eines machen, wofür ich ein bisschen das Gefühl habe: die Union, die den Menschen offiziell sagt, wir müssten die Zahl der Windräder in Hessen verdoppeln, aber sich vor Ort an diesen Koalitionsvertrag nicht erinnern kann.