Der integrierte Ansatz ist, zu sagen: Ich möchte die Kommunen in die Lage versetzen, diesen Spielraum vor Ort nutzen zu können. Dabei geht es um die Fragen: Wie gestalte ich die Beiträge? Wie gestalte ich die Qualität? Wie gestalte ich die Öffnungszeiten? – Man sollte den Kommunen mehr Möglichkeiten geben, indem man die finanzielle Unterstützung insgesamt erhöht.
Es ist zu fragen, ob ich mich am Ende wirklich nur auf die Beiträge der Eltern fokussiere und mich daran abarbeite oder ob ich sage: Der Gesamtbereich bedarf mehr Unterstützung. – Das sage ich an dieser Stelle immer wieder:
Die Kommunen sind eigentlich der Lastesel des gesamten staatlichen Verwaltungsaufbaus. Die Kommunen ermöglichen es den Familien, dass beide Partner arbeiten gehen können. Dadurch entstehen dem Staat enorme Einnahmen. Das ist so. In den Kommunen bleiben aber nur 15 % der Einnahmen aus der Einkommensteuer hängen.
Das heißt, die Leistungen erbringen die Kommunen zum großen Teil aus eigenen Mitteln. Wer sich bei der Steuerverteilung gut auskennt, weiß, dass insbesondere der Bund, aber auch das Land die besonders Begünstigten sind. Damit besteht ein logischer Grund, die Kommunen stärker zu unterstützen.
Ich würde es aber doch gerne in letzter Konsequenz in die Hand der Kommunen geben, wo sie den höheren Handlungsdruck sehen: bei der Frage der Öffnungszeiten, bei der Frage der Qualität oder bei der Frage der Beitragshoheit. Ich glaube, von daher ist die Überlegung entscheidend, die Kommunen besser zu unterstützen.
Die frühkindliche Bildung ist eine der Zukunftsfragen in unserem Land. Das haben wir auf dem silbernen Tablett. Wir müssen diese Zukunftsaufgaben meistern. Es ist sehr traurig, dass die Koalition aus CDU und GRÜNEN da überhaupt nichts zu bieten hat. Da wird gar nichts getan. Da wird keinerlei Investitionsbedarf gesehen.
Man muss bei der grundsätzlichen Entwicklung der frühkindlichen Bildung vorankommen. Der Übergang von der Kindertagesstätte zur Grundschule ist zu verbessern. Das, was in der letzten Legislaturperiode dort an Vorarbeiten geleistet wurde, haben Sie sogar noch stillgelegt. Dort machen Sie nichts. Dort machen Sie einen Rückschritt. Ich glaube, Sie haben da sogar die Evaluation und die Beobachtung eingestellt. Das ist sehr schade. Denn damit verbauen Sie die Zukunft.
Wir sollten wissen, dass unsere Kommunen Bildungsorte sind. Kommunen sind Bildungsorte. Dort stehen Bibliotheken. Dort gibt es Musikschulen. Dort gibt es vielfältige kulturelle Angebote. Es gibt die Bildungseinrichtung Kindertagesstätte. Als Vertreter des Landes sind wir in der Pflicht, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, diese Bildungsstätten angemessen zu entwickeln.
Ich glaube, da brauchen wir einen Konsens zwischen dem Land und den Kommunen, wie wir das gemeinsam nach vorne bringen können. Denn am Ende geht es um die Chancen unserer Kinder. Es geht um die Chancen jedes einzelnen Kindes in Hessen. Das ist aller Anstrengungen wert. Von daher möchte ich Sie alle – und vor allem die Mitglieder der Regierungsfraktionen – bitten, sich bei diesem Thema in den nächsten eineinhalb Jahren doch noch einmal dazu durchzuringen, mehr Geld zu investieren und dort einen politischen Schwerpunkt zu setzen.
Vielen Dank. – Das wäre für die Kinder in unserem Land ganz wichtig. Das ist auch eine politische Verpflichtung. – Vielen Dank.
Herr Kollege Rock, danke. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf hat im Wesentlichen zwei Stoßrichtungen: zum einen die Anhebung der Pauschalen und einzelner Qualitätskriterien. Zum Zweiten geht es um die Befreiung der Eltern von den Kosten für die Kinderbetreuung.
Wir haben das Thema schon öfter diskutiert. Zum Thema Kostenfreiheit will ich noch einmal sagen: Das Ziel ist richtig. Ich glaube, am Ende des Tages muss Bildung kostenfrei sein. Die Fragen sind, in welchem Zeitraum man das macht, mit welcher Prioritätensetzung man das macht und wie man angesichts eines bestimmten historischen Rückstandes, den man aufzuholen hat, die finanzpolitischen Prioritäten setzt.
Das Beispiel Schule wurde genannt. Das deutsche Schulsystem befindet sich zumindest seit dem Zweiten Weltkrieg ordentlich im Aufbau. Ich will es einmal so datieren. Es gibt es schon länger. Aber seit dem Zweiten Weltkrieg haben wir ein Schulsystem, bei dem regelmäßig aufgebaut wurde. Von den gesetzlichen Standards her haben wir in der Kinderbetreuung eigentlich erst in den letzten 20 bis 25 Jahren angefangen, eine Professionalität einzuführen, die diesen Namen auch tatsächlich verdient.
Insofern haben wir da einen Nachholbedarf. Man kann sich sicherlich darüber streiten, ob das eine oder andere Gesetz der letzten Jahre unglücklich war. Auch wir GRÜNE haben das Kinderförderungsgesetz in der Form abgelehnt und massive Verbesserungen gefordert. Die Diskussion ist nicht neu. Die CDU hat noch zur dritten Lesung deutlich nachgebessert. Es bestehen nach wie vor Veränderungsbedarfe.
Wir haben vom Herrn Minister in der Antwort auf eine mündliche Frage gehört, dass wir noch im Dezember dieses Jahres die Evaluation des Kinderförderungsgesetzes erhalten werden. Ich finde, es wird ganz besonders spannend und auch sehr zielführend sein, welche Ergebnisse die Evaluation aufzeigt. Dann wird man in Ruhe darüber reden können, welche Ziele erreicht wurden und welche nicht erreicht wurden, wo sich die Sorgen in der Realität bestätigt haben, wo es eine Verschlechterung gegeben hat und wo etwas besser geworden ist.
Wir werden dann eine Zwischenbilanz ziehen. Sicherlich wird dann auch der runde Tisch mit allen Expertinnen und Experten und den Akteuren in diesem Feld tagen.
Dann wird es ganz sicher eine konstruktive Debatte darüber geben, was an Qualitätsstandards noch verbessert werden muss. Dafür stehen wir offen. Das ist auch im Sinne des Koalitionsvertrags, in dem wir formuliert haben, dass nach einer Evaluation des KiföG auch ein Nachsteuern möglich ist. Daran werden wir nach der Vorlage der Evaluation intensiv arbeiten. – Das ist das eine.
Das Zweite ist die Frage der Kostenfreiheit. Ich glaube nicht, dass wir in dieser Legislaturperiode – in diesem oder im nächsten Jahr – tatsächlich die finanziellen Ressourcen
Sie haben es auf jeden Fall beantragt – ich glaube, es waren für das zweite Jahr rund 60 Millionen €. Die Zahl teile ich ungefähr von der Größenordnung her. Ob man das bereits im Jahr 2017 oder 2018 dafür ausgeben sollte? Ich bin der Meinung, dass wir mehr Geld in die Hand nehmen sollten, um bei den Ergebnissen der Evaluation nachzusteuern. Da man das Geld nun nicht beliebig oft ausgeben kann – das gilt zumindest für den seriösen Teil dieses Hauses –, muss man eine finanzpolitische Schwerpunksetzung vornehmen. Deshalb sagen wir: Die Kostenfreiheit wird sicherlich irgendwann einmal in naher Zukunft kommen – das schätze ich so ein. Man muss irgendwann auch einmal einen Einstieg in eine Kostenfreiheit finden. Aber man muss vorher dafür gesorgt haben – das hat auch die Bertelsmann Stiftung gezeigt –, dass alle Eltern, die das wollen, tatsächlich auch einen Betreuungsplatz finden. Bei der Umfrage war es bei 84 % der Eltern die größte Sorge, dass sie einen Ganztagsbetreuungsplatz finden. Des Weiteren ist es natürlich die Qualität in der Weise, dass eine individuelle Förderung stattfindet. All das macht es aus Sicht der GRÜNEN und der CDU momentan aus finanzpolitischen Gründen nicht möglich – da wir das nicht beliebig oft machen können –, in die Beitragsfreiheit für die Eltern einzutreten. Ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, wann hier dazu eine neue Diskussion aufkommen wird.
Ich will Ihnen als Letztes nur noch sagen, warum ich Ihren Gesetzentwurf für nahezu nicht zustimmungsfähig halte. Das, was Sie gemacht haben, bedeutet von den Kosten her die komplette Freistellung aller Elternbeiträge, und zwar sofort. Das würde nach konservativen Schätzungen mindestens 400 bis 500 Millionen € bedeuten. Wenn Sie Ihre Pauschalen noch dazurechnen – wir haben es nicht wirklich nachkalkuliert –, reden wir über einen Betrag von 400 bis 700 Millionen €. Wenn Sie auch noch die Kommunen von ihren Beiträgen entlasten wollen, würde ich sagen, dass wir mit einer halben Milliarde Euro in einem realistischen Bereich liegen. – Im Himmel ist Jahrmarkt, es kommt nicht so auf das Kleingedruckte an, die Schuldenbremse war Ihnen auch wurscht – das können Sie fordern. Ich finde, dass das keine seriöse Finanzpolitik ist. Man muss das Schritt für Schritt nach Quantität und Qualität abarbeiten. Dann werden wir uns sicherlich auch zum richtigen Zeitpunkt mit dem Einstieg in die Kostenfreiheit auseinandersetzen. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Grüttner. Bitte schön, Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Anbetracht der Redner der Regierungs- und Oppositionsfraktionen – mit Ausnahme der antragstellenden Fraktion – kann ich mich relativ kurz fassen und auf einige Punkte hinweisen, um das noch einmal zu verdeutlichen.
Erster Punkt. Wir haben es mit einem Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zu tun, der fast der gleiche ist, den wir hier vor ein paar Wochen behandelt haben. In dem damaligen Gesetzentwurf sind 520 Millionen € Mehrkosten angegeben worden. Im aktuellen Entwurf sind es gerade einmal 50 % weniger, obwohl gleichzeitig noch Leistungsausweitungen zu verzeichnen sind. – Also, das ist sehr erstaunlich und stark, wie man zu solchen Zahlen kommt. Sie sind nicht nachvollziehbar. Sie sind schlicht und einfach aus der Luft gegriffen, und sie verdeutlichen, dass man hier mit möglicherweise vorweihnachtlichen Forderungen auf den Markt kommt, die allerdings keinerlei Substanz haben.
Zweiter Punkt. Wir haben nachgerechnet, was die Beitragsfreiheit, aber auch die entsprechenden Veränderungen in den Pauschalen angeht. Letztendlich werden es Mehraufwendungen in einer Größenordnung von knapp 800 Millionen € sein, die dieser Gesetzentwurf beinhaltet. Auch an dieser Stelle kann ich sagen: Weihnachten ist relativ nahe, aber auch wir wissen, dass nicht jeder Wunsch, der zu Weihnachten gestellt wird, auch erfüllt wird.
Dritter Punkt. Ich finde es sehr bedenklich, dass bei einer pflichtgemäßen Anwendung des BEP die Trägerverantwortung schlicht und einfach ausgehebelt wird. Mit Fug und Recht haben wir ein System entwickelt, das dazu führt, den BEP auch mit Qualitätspauschalen – in Anführungszeichen – zu honorieren bzw. finanziell zu unterstützen, wenn er angewandt wird. Wir wollen damit sozusagen einen Anreiz für Träger schaffen, an dieser Stelle den BEP anzuwenden. Ich erinnere hier an die sehr intensiven Diskussionen, insbesondere mit den kirchlichen Trägern von Kindertagesstätten, was die Frage des Implementierens des BEP anbelangt. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die Trägerautonomie aushebeln, indem wir den BEP verpflichtend machen, und dass damit dem Qualitätsanspruch, den wir mit dem BEP verfolgen, eher ein Tort angetan wird und es an dieser Stelle eher zu einer negativen Entwicklung kommt. Unabhängig davon – ich gehe einmal davon aus, dass dieses Ergebnis durchaus schon aussagekräftig sein wird – haben die bisherigen Anreize durch die Qualitätspauschalen dazu geführt, dass der BEP so gut wie flächendeckend in Hessen angewendet wird. Das ist ein großer Erfolg.
Damit komme ich zu dem nächsten Punkt. Ich hätte mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfs vielleicht noch die Antwort auf die mündliche Frage vom gestrigen Tage, wann der Evaluationsbericht vorgelegt wird, und meine Antwort: „Im Dezember, so wie es das Gesetz vorsieht“, abgewartet, um vielleicht einmal aus einem Evaluationsbericht – – Ich kann nur sagen: Ich wünsche anregende Lektüre. Wir sind momentan beim Druck dieses Evaluationsberichts, damit er auch zugeleitet werden kann. Es dauert etwas länger; er beinhaltet 500 Seiten.
Ich muss ehrlicherweise sagen, dass ich ihn noch nicht gänzlich gelesen habe. Er ist erst jetzt fertiggestellt worden, und er ist das Ergebnis eines wissenschaftlichen Prozesses, begleitet durch einen Fachbeirat. Wir sind momentan eher der Administrator der Organisation der Weiterleitung dieses Berichts. Wir sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit der inhaltlichen Auseinandersetzung beschäftigt. Das werden wir tun. Ich habe an jeder Stelle sehr deutlich
gesagt, dass verabredungsgemäß spätestens Ende Januar oder Anfang Februar der runde Tisch zum Thema Kinderbetreuung erneut zusammenkommt, um sich mit dem Evaluationsbericht auseinanderzusetzen. Ich hätte zumindest erwartet – wenn man sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzt –, noch einmal drei Wochen zu warten, bis der Evaluationsbericht vorliegt, bevor ich einen solchen Gesetzesentwurf in den Hessischen Landtag einbringe.
(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Aber, Herr Schaus, das Kinderförderungsgesetz ist seit 2014 in Kraft. In dem Gesetz steht, dass dem Landtag bis zum 31.12.2016 der Evaluationsbericht vorzulegen ist. Sie unterstellen doch bitte schön der Landesregierung, dass sie sich gesetzeskonform verhält.
Nein. Also, es ist gut, dass wir hören, dass Ihr Abgeordneter das nicht unterstellt. An dieser Stelle ist das ganz erstaunlich, zu hören, aber an dem Punkt kann ich Ihnen sagen: Selbstverständlich wird sich da gesetzeskonform verhalten. Insofern hätte man durchaus noch die zwei Wochen abwarten können,
Das Schöne ist: Sie schreiben – und in der Begründung des Gesetzentwurfs haben es die Antragsteller gesagt –, Sie haben in den ersten Gesetzentwurf schon relativ viel Problematisches hineingeschrieben. Sie nennen es Dazulernen. Deswegen ändern Sie es. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Gesetzentwurf, wenn Sie den Evaluationsbericht gelesen haben – wie gesagt, ich kenne ihn nur in ganz minimalen Auszügen –, die gleiche Geschichte haben wird wie der erste. Sie werden ihn zurückziehen oder ablehnen lassen. Sie werden auf jeden Fall an dieser Stelle keinen Erfolg in irgendeiner Art und Weise haben.
Deswegen sage ich noch einmal: Die Trägerautonomie ist ein ganz wesentlicher Bestandteil. Mit den Qualitätspauschalen sind wir auf einem guten Weg.
An dieser Stelle möchte ich noch auf zwei Punkte eingehen. Dies betrifft erstens den Abg. Rock, der gesagt hat, dass wir uns doch eher dafür einsetzen müssten, die Akzeptanz des Besuchs einer Kinderbetreuungseinrichtung zu erhöhen. Ich verweise darauf, dass wir bei der Betreuungsquote bei unter Dreijährigen in der Zwischenzeit deutlich im Spitzenfeld im Vergleich der Bundesländer angekommen sind. Ich spreche jetzt von Bundesländern, weil man das dann besser versteht. Bei der Betreuung von Kindern im Kindergartenalter, also bei der Betreuung von Kindern zwischen drei und sechs Jahren, haben wir eine Betreuungsquote von über 93 % erreicht.
Eine Betreuungsquote von über 93 % zeigt doch ein hohes Maß an Akzeptanz unserer Kinderbetreuungseinrichtungen. Ich bin gern dabei, wenn es darum geht, gemeinsam mit Ihnen zu überlegen, die restlichen knapp 7 % auch noch zu erreichen. Ich bin aber auch der Überzeugung, dass es letztendlich den Familien freigestellt sein sollte, ob
sie eine Kinderbetreuungseinrichtung, die ihnen angeboten wird, nutzen oder ob sie sich entscheiden, ihre Kinder ohne Kinderbetreuungseinrichtung zu erziehen. Das eine ist nämlich genauso wertvoll wie das andere.